Brüssel/Lüttich, 21. Sep (Reuters) - Die Bekräftigung ihrer Solidarität mit den USA nach den Anschlägen in New York und Washington war wichtigstes Anliegen eines Sondergipfels, zu dem sich die Staats- und Regierungschefs der EU kurzfristig für Freitagabend in Brüssel verabredet hatten. In seiner Einladung schrieb der belgische Ministerpräsident und Konferenzleiter Guy Verhofstadt, andere Themen seien die Sicherheitsmaßnahmen in der Europäischen Union und die Lage auf den verunsichert wirkenden Märkten. In beiden Fällen müsse die Konferenz beruhigend wirken. Weiterer EU-Tagungsort war am Freitag Lüttich mit einer Konferenz der Finanzminister und Zentralbankchefs.
"Wir müssen zuerst und vor allem unsere Botschaft der Solidarität mit dem amerikanischen Volk und der amerikanischen Führung bestätigen und konkretisieren", schrieb Verhofstadt seinen Kollegen. Der britische Premierminister Tony Blair, der französische Staatspräsident Jacques Chirac und eine Delegation unter Leitung des belgischen Außenministers Louis Michel wollten über ihre Besuche in den USA und die dortigen Pläne für das politische, wirtschaftliche und militärische Vorgehen darlegen.
Verhofstadt schrieb, die EU-Regierungen müssten "die Notwendigkeit unterstreichen, eine europäische Politik des Kampfes gegen den Terrorismus zu entwickeln und verwirklichen". Europäer müssten sicher sein können, dass alle notwendigen Sicherheitsmaßnahmen getroffen würden. Nötig sei auch eine beruhigende Botschaft an die Märkte, die von den Auswirkungen des schwersten Angriffes auf die USA in Friedenszeiten stark erschüttert worden sind.
Eine Bewertung des israelisch-arabischen Konfliktes stand ebenso auf der Tagesordnung wie die Möglichkeiten zu verhindern, dass amerikanische Vergeltungsschläge die moslemische Welt gegen den Westen aufbringen. Nach der Rückkehr von der Vereinbarung eines "Paktes gegen den Terrorismus" mit US-Außenminister Colin Powell sagte der belgische EU-Ministerratsvorsitzende Michel, er habe sich vergewissern können, dass eine militärische Reaktion angemessen sein und sich nur gegen diejenigen richten werde, die unmittelbar für die Anschläge verantwortlich seien. Michel kündigte an, die EU werde ihre guten Beziehungen zur arabischen Welt nutzen, um die Auswirkungen der Krise zu mildern.
Der Koordinator der EU-Außenpolitik, Javier Solana, der zu Michels Delegation gehörte, sagte, der Kampf gegen den Terrorismus werde nicht in erster Linie mit militärischen Mitteln geführt werden. Er werde auch mit Finanzinstrumenten, mit Informationsaustausch und polizeilicher Zusammenarbeit gearbeitet werden, und "es wird zweifelsohne ein langer Kampf werden, weil es Terroristen in verschiedenen Ländern gibt".
Vor dem Gipfel Vereinbarten die Innen- und Justizminister der EU Maßnahmen gegen den Terrorismus und billigten den umgehenden Ausbau der Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden in der Union und in den USA. Zu den Maßnahmen sollen auf Vorschlag der EU-Kommission eine gemeinsame Definition dessen sein, was unter Terrorismus zu verstehen ist, sowie unionsweit geltende Durchsuchungs- und Haftbefehle. Die Harmonisierung soll bis Anfang Dezember vollzogen werden. Doch gibt es Zweifel, da neun der 15 Staaten keine speziellen Anti-Terror-Gesetze haben und einige EU-Mitglieder ihre Verfassung ändern müssten, um eigene Bürger ausliefern zu dürfen.
Ungewiss war die Befassung der Staats- und Regierungschefs mit den Sorgen der Fluggesellschaften, die wegen höherer Versicherungsprämien, zusätzlichen Sicherheitsaufwandes und sinkender Auslastung unter Druck geraten sind. Ihr europäischer Verband hatte darüber am Donnerstag mit der EU-Kommission beraten. EU-Verkehrskommissarin Loyola de Palacio sagte, für die besonderen Sicherheitsmaßnahmen müssten die Regierungen aufkommen. Das Thema Versicherungen werde sie den Finanzministern unterbreiten.
Vor den zweitägigen Beratungen der Finanzminister und Zentralbankchefs in Lüttich über die Folgen der Anschläge in den USA und die Euro-Einführung gingen mehrere tausend Menschen auf die Straße, um mehr Arbeitsplätze zu fordern. Seit Januar seien in der EU 200.000 Arbeitsplätze verloren gegangen, beklagten die Gewerkschafter.