Im Rheinland wackelte heute morgen um 7.41 Uhr die Erde. Nach noch unbestätigten Informationen hatte das Beben eine Stärke von 4,9 auf der Richterskala. Das Epizentrum lag in Eschweiler. Verletzt wurde nach ersten Informationen niemand. Das Erdbebenzentrum in Bensberg berichtet jedoch von zahlreichen Gebäudeschäden. Zwischen Köln und Mönchengladbach schepperte Geschirr in den Schränken. Auch im Ruhrgebiet war das Beben zu spüren. Bei der Aachener Polizei blockierten Anrufer die Notleitungen. Die Feuerwehren in Herzogenrath und Würselen sind im Einsatz. Im Dürener Raum sind Schornsteine auf zwei Wohnhäusern umgeknickt. In den Niederlanden bebte die Erde bis nach Arnheim.
Die Erdstöße dauerten nur wenige Sekunden. Experten zufolge ist es schwer abschätzbar, ob es im Laufe des Tages zu Nachbeben kommt.
Erdbeben im Rheinland nichts neues
Erdbeben im Rheinland sind nicht neues. Besonders betroffen waren in der Vergangenheit die Region Niederrhein von Düren über Jülich nach Aachen. Sie ist Teil der Rheinischen Erdbebenzone, die von Basel bis nach Belgien reicht - und in ganz Nordeuropa das am meisten gefährdete Gebiet für Erdbeben ist. Zwar liegt die Region nicht über den Rändern von zwei Erdplatten wie Seattle oder Kalifornien, wo durch ihre Verschiebungen die Erde bebt, sondern direkt auf einer Platte.
Aber auch hier ist die Bebengefahr groß, weil sich die Spannungen vom Rand auf das Innere der Platten auswirken können. "Wenn sie eingezwängt oder auseinandergezerrt werden, entladen sich diese Spannungen in Schwächezonen - wie dem Rheintal", erklärt Klaus-Günter Hinzen, Leiter der Erdbebenstation Bensberg, im Gespräch mit wdr.de . "Das Fatale ist, dass auch hier starke Erdbeben vorkommen können, man aber nicht darauf vorbereitet ist wie etwa in Kalifornien." Es gibt im Ernstfall weder Einsatzpläne für Feuerwehren, noch ist bekannt, welche Brücken oder Krankenhäuser erdbebensicher gebaut sind.
Über 2000 Beben seit 1955 registriert
Die Erdbebenstation Bensberg registrierte über 2000 Erdbeben im nördlichen Rheinland und in angrenzenden Gebieten seit 1955. Die Erdbebenstärke variierte zwischen schwachen Beben von unter 2 bis hin zum stärksten Beben in Roermond im April 1992 mit einer Stärke von 5,9 nach der Richterskala. Auswirkungen dieses Bebens spürte man sogar noch in London und München. Da sich das Erdbeben früh morgens um 3 Uhr ereignete, wurden keine Menschen verletzt.
Der Sachschaden war umso größer: Einige Häuser waren abbruchreif, Schornsteine und Giebelteine stürzten auf die Straßen. Eine 500 Kilo schwere Kreuzblume vom Kölner Dom durchschlug dessen Dach. Folgen eines heftigen Bebens, das aber harmlos ist im Vergleich zu dem in Seattle. Dort wurden 60 Mal stärkere Erdbewegungen, und eine etwa 600 Mal größere Energie der Erschütterungen als in Roermond gemessen, schätzt Klaus-Günter Hinzen.
Gefahr wird unterschätzt
Der Leiter der Erdbebenstation findet, dass die Gefahr im Raum Niederrhein unterschätzt wird. Denn hier kommt hinzu, dass die Region auf einem weichen Untergrund steht. Je instabiler der Boden beschaffen ist, desto stärker wirken sich Bodenschwankungen aus. Doch wer ein Haus besitzt oder eines bauen möchte, kann sich wappnen: wenn er sich an die Vorgaben der DIN-Norm "Bauten in deutschen Erdbebengebieten" hält.
Fachleute wie Architekten oder Bauingenieure müssten diese Norm eigentlich kennen, ist sich Klaus-Günter Hinzen sicher. Er bemängelt nur, dass diese Norm in NRW nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Daher bleibt es jedem selber überlassen, ob er sich danach richtet oder nicht - viele tun es nicht. Dabei zahlen sich die vorbeugenden Baumaßnahmen im Fall der Fälle aus. "Wären in Seattle in den vergangenen zehn Jahren nicht so viele Gebäude nachträglich erdbebensicher gemacht worden, hätten die Leute dort jetzt mit schlimmeren Folgen zu kämpfen", vermutet Hinzen.
"Festes Material" im Ruhrgebiet
Für das Bergische Land, Münsterland, Sauerland, Ruhrgebiet und die restlichen Regionen in NRW gibt die Erdbebenstation norrmalerweise Entwarnung. Auswirkungen würden zwar auch dort bemerkt. Aber da diese Gegenden zum einen "festes Material" als Untergrund haben und zum anderen auch weit genug von der "Erdbebenzone" entfernt sind, würden sie von größeren Schwankungen verschont bleiben.
Diese Erkenntnisse erlangten die Forscher über jahrzehntelange Messungen sowie über die Auswertung von Zeitungs- und Klosterarchiven der vergangenen drei Jahrhunderte. Das bislang schwerste Beben ereignete sich demnach 1756 in Düren: es war deutlich stärker als das in Roermond 1992.