Debatte
Kursdebakel der T-Aktie belebt Diskussion um den Nutzen von Analysten
Gewinnwarnung der Deutschen Telekom erwischt die Mehrheit der Zunft auf dem falschen Fuß - Experten müssen eigene Prognosen kräftig zurückstutzen.
Berlin - Die Gewinnwarnung bei der Deutschen Telekom und der folgende Absturz der T-Aktie lässt die alte Diskussion über Sinn oder Unsinn von Analysten neu aufleben. Denn kein Profi hatte ein solches Debakel auf der Rechnung. Entsprechend unvorbereitet traf die Botschaft die Märkte, was den heftigen Kurssturz erklärt.
Dabei ist die T-Aktie eines der meistbeobachteten Papiere überhaupt. Über 20 Researchhäuser widmen sich dem Wert. Beinahe täglich werden umfangreiche Studien unters Anlegervolk gebracht. Doch anscheinend sind die meisten Expertisen nicht das Papier wert, auf dem sie stehen und die hoch bezahlten Analysten überflüssig. So musste nach der Gewinnwarnung nicht nur der optimistischste Analyst, Sven-Erik Hintz von der Berenberg Bank, sein Kursziel von 20 auf 16,50 Euro stutzen. Auch Telekom-Pessimisten wie Joeri Sels von der DZ Bank und Oddo-Experte David Strauch sahen sich angesichts des Kursrutsches gezwungen, ihren fairen Wert zu reduzieren.
Insgesamt lässt sich am Verlauf der T-Aktie fast lehrbuchhaft ablesen, dass die Profis mit ihren Empfehlungen den Kursen hinterher hecheln. Rieten vor der Gewinnwarnung noch sieben Analysten zum Kauf, waren es danach - und minus zehn Prozent bei der Aktie später - nur noch drei. Unter den Rückstufern war etwa der aus Funk und Fernsehen bekannte Sal. Oppenheim-Mann Frank Rothauge, die UBS oder BNP Paribas. Die Deutsche Bank, vor dem Donnerstag noch mit einer Kaufen-Empfehlung und einem aggressiven Kursziel von 17 Euro am Markt, musste kleinlaut die Prognose um knapp ein Drittel auf zwölf Euro zurücknehmen.
Damit liegen die Profis zum wiederholten Male bei der Telekom schief. Bereits im Frühjahr folgte einem Aktieneinbruch eine Analysten-Revision. Experten machen dafür zwei Gründe verantwortlich. Zum einen hingen die meisten Strategen zu sehr an den Verlautbarungen der jeweiligen Unternehmenslenker. Und das Telekom-Management bekräftigte im November 2005 noch einmal seine Prognosen bevor nun die Gewinnwarnung folgte. Zum zweiten sind die Experten bei der Telekom im Zweifelsfall zu optimistisch. Schließlich machen die meisten Banken mit Anleiheemissionen oder Aktienplatzierungen gute Geschäfte mit den Bonnern, die durch negative Analysen nicht gefährdet werden sollen.
Artikel erschienen am Di, 15. August 2006
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