Von Diane Brady, BusinessWeek Online
5. April 2002 Howard Schilit sagt, seine 13-jährige Tochter hält ihn für „weltfremd“. Da sind die Analysten und Fondsmanager, die sich am 2. April im Princeton Club in New York drängen, allerdings ganz anderer Meinung. Viele, die keine der Eintrittskarten für 45 Dollar mehr ergattern konnten, kommen trotzdem und hoffen, doch noch einen Platz bei dem ausverkauften Seminar des Bilanzgurus über die Aufdeckung von Bilanzierungstricks zu bekommen.
Und das weiß Schilit auch. 3.700 Einzelpersonen und 470 institutionelle Kunden nehmen bereits die Dienste seiner Gesellschaft in Anspruch. Schilits Angaben zufolge sind im Januar doppelt so viele Kunden hinzugekommen als im Vorjahr. Seine Dienste sind auch nicht billig - über die Details schweigt sich Schilit zwar aus, doch die Kosten für institutionelle Anleger liegen bei „mehreren zehntausend Dollar“.
Fachmann bei Aufdeckung von Bilanzmauscheleien
Schilit selbst ist in den Medien mittlerweile als absolute Autorität für Bilanzmauscheleien von Unternehmen allgegenwärtig. Darüber hinaus hat er gerade eine aktualisierte Fassung seines Buchs Financial Shenanigans: How to Detect Accounting Gimmicks and Fraud in Financial Reports aus dem Jahr 1993 veröffentlicht. Unter anderem wurde die neue Fassung durch ein Kapitel über Enron mit dem Titel „Schlimmer geht's nicht“ ergänzt. Schilit bemerkte die Schwindeleien bei Enron auch nicht vor dem großen Zusammenbruch - er war nach eigenen Aussagen zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt - er hat aber bei den Bilanzdebakeln bei Cendant und anderen Unternehmen Alarm geschlagen.
Trotz aller Befürchtungen über unklare Bilanzierungsmethoden und irreführende Zahlen ist es Schilit zufolge relativ einfach, Problembereiche zu erkennen. Für ihn ist der erste Hinweis eine plötzliche Umstellung des Rechnungslegungsverfahrens. Derartige Umstellungen können Tricks sein, mit denen eine Verschlechterung im Kerngeschäft verschleiert werden soll, so Schilit.
Starke Schwankungen machen hellhörig
Das Gleiche gilt für Unternehmen, deren Kennzahlen - wie zum Beispiel Cashflow, Forderungen oder Vermögenswerte - dramatische Schwankungen verzeichnen. Schilits Erfahrung nach bleibt der ungefähre prozentuale Anteil jedes Teilbereichs in der Regel stabil. Wenn sich ein Teil der Gleichung ändert, könnte das ein erstes Anzeichen für Probleme sein - insbesondere wenn sich die Ergebnisse dadurch deutlich verbessern. Schilit formuliert es so: „Wenn Sie gestern noch krank im Bett gelegen haben, werden Sie heute wohl kaum einen Marathon laufen.“
Er erinnert sich daran, wie er vor ein paar Jahren in den Jahresabschlüssen von IBM vergeblich nach Hinweisen auf einen außerordentlichen Gewinn in Höhe von 3,7 Milliarden Dollar fahndete. Der Gewinn tauchte in der Kapitalflussrechnung nirgends auf. Stattdessen hatte „Big Blue“ den Gewinn als Reduzierung der Vertriebs- und Verwaltungskosten verbucht. Damit, so Schilit, wurde den Anlegern der Eindruck vermittelt, dass IBM nicht etwa durch einen großen Kapitalzufluss, sondern durch Effizienzverbesserungen eine deutliche Kostenreduzierung erreicht hatte.
Anleger sollten generell misstrauisch sein
Schilit rät zudem, besonders auf vage formulierte Posten zu achten, mit denen die Unternehmen ihre Zahlen schönen können. Zu Schilits Favoriten zählen hier „im Voraus bezahlte Aufwendungen und sonstige Gegenstände des Umlaufvermögens“, „nicht einnahmenwirksame Umsätze“ oder „nicht fakturierte Forderungen“. Stille Reserven stellen ebenfalls eine praktische geheime Geldquelle dar, die in schlechten Zeiten angezapft werden und eine irreführende Steigerung des Gewinns bewirken kann.
Kurz gesagt: Die Anleger sollten allen Faktoren mit Misstrauen begegnen, mit denen die wahre Gewinnsituation des Unternehmens verschleiert werden kann. Das heißt, dass man einerseits Umstellungen der Rechnungslegung aufgrund von so genannten „strategischen Änderungen“ anzweifeln und andererseits auch verstehen sollte, worin die Unterschiede zwischen den verschiedenen Posten eines Jahresabschlusses bestehen.
Damit sich die Anleger im Dickicht der Bilanzierung besser zurechtfinden, hat Schilit die häufigsten Tricks in sieben Kategorien zusammengefasst:
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5. April 2002 Howard Schilit sagt, seine 13-jährige Tochter hält ihn für „weltfremd“. Da sind die Analysten und Fondsmanager, die sich am 2. April im Princeton Club in New York drängen, allerdings ganz anderer Meinung. Viele, die keine der Eintrittskarten für 45 Dollar mehr ergattern konnten, kommen trotzdem und hoffen, doch noch einen Platz bei dem ausverkauften Seminar des Bilanzgurus über die Aufdeckung von Bilanzierungstricks zu bekommen.
Und das weiß Schilit auch. 3.700 Einzelpersonen und 470 institutionelle Kunden nehmen bereits die Dienste seiner Gesellschaft in Anspruch. Schilits Angaben zufolge sind im Januar doppelt so viele Kunden hinzugekommen als im Vorjahr. Seine Dienste sind auch nicht billig - über die Details schweigt sich Schilit zwar aus, doch die Kosten für institutionelle Anleger liegen bei „mehreren zehntausend Dollar“.
Fachmann bei Aufdeckung von Bilanzmauscheleien
Schilit selbst ist in den Medien mittlerweile als absolute Autorität für Bilanzmauscheleien von Unternehmen allgegenwärtig. Darüber hinaus hat er gerade eine aktualisierte Fassung seines Buchs Financial Shenanigans: How to Detect Accounting Gimmicks and Fraud in Financial Reports aus dem Jahr 1993 veröffentlicht. Unter anderem wurde die neue Fassung durch ein Kapitel über Enron mit dem Titel „Schlimmer geht's nicht“ ergänzt. Schilit bemerkte die Schwindeleien bei Enron auch nicht vor dem großen Zusammenbruch - er war nach eigenen Aussagen zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt - er hat aber bei den Bilanzdebakeln bei Cendant und anderen Unternehmen Alarm geschlagen.
Trotz aller Befürchtungen über unklare Bilanzierungsmethoden und irreführende Zahlen ist es Schilit zufolge relativ einfach, Problembereiche zu erkennen. Für ihn ist der erste Hinweis eine plötzliche Umstellung des Rechnungslegungsverfahrens. Derartige Umstellungen können Tricks sein, mit denen eine Verschlechterung im Kerngeschäft verschleiert werden soll, so Schilit.
Starke Schwankungen machen hellhörig
Das Gleiche gilt für Unternehmen, deren Kennzahlen - wie zum Beispiel Cashflow, Forderungen oder Vermögenswerte - dramatische Schwankungen verzeichnen. Schilits Erfahrung nach bleibt der ungefähre prozentuale Anteil jedes Teilbereichs in der Regel stabil. Wenn sich ein Teil der Gleichung ändert, könnte das ein erstes Anzeichen für Probleme sein - insbesondere wenn sich die Ergebnisse dadurch deutlich verbessern. Schilit formuliert es so: „Wenn Sie gestern noch krank im Bett gelegen haben, werden Sie heute wohl kaum einen Marathon laufen.“
Er erinnert sich daran, wie er vor ein paar Jahren in den Jahresabschlüssen von IBM vergeblich nach Hinweisen auf einen außerordentlichen Gewinn in Höhe von 3,7 Milliarden Dollar fahndete. Der Gewinn tauchte in der Kapitalflussrechnung nirgends auf. Stattdessen hatte „Big Blue“ den Gewinn als Reduzierung der Vertriebs- und Verwaltungskosten verbucht. Damit, so Schilit, wurde den Anlegern der Eindruck vermittelt, dass IBM nicht etwa durch einen großen Kapitalzufluss, sondern durch Effizienzverbesserungen eine deutliche Kostenreduzierung erreicht hatte.
Anleger sollten generell misstrauisch sein
Schilit rät zudem, besonders auf vage formulierte Posten zu achten, mit denen die Unternehmen ihre Zahlen schönen können. Zu Schilits Favoriten zählen hier „im Voraus bezahlte Aufwendungen und sonstige Gegenstände des Umlaufvermögens“, „nicht einnahmenwirksame Umsätze“ oder „nicht fakturierte Forderungen“. Stille Reserven stellen ebenfalls eine praktische geheime Geldquelle dar, die in schlechten Zeiten angezapft werden und eine irreführende Steigerung des Gewinns bewirken kann.
Kurz gesagt: Die Anleger sollten allen Faktoren mit Misstrauen begegnen, mit denen die wahre Gewinnsituation des Unternehmens verschleiert werden kann. Das heißt, dass man einerseits Umstellungen der Rechnungslegung aufgrund von so genannten „strategischen Änderungen“ anzweifeln und andererseits auch verstehen sollte, worin die Unterschiede zwischen den verschiedenen Posten eines Jahresabschlusses bestehen.
Damit sich die Anleger im Dickicht der Bilanzierung besser zurechtfinden, hat Schilit die häufigsten Tricks in sieben Kategorien zusammengefasst:
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