Leitzins
Die EZB hat es nicht eilig
10. Januar 2006 Die Fachwelt ist sich einig wie selten: Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) wird auf seiner Sitzung am Donnerstag den Leitzins unverändert bei 2,25 Prozent belassen. Wie es danach weitergeht, ist allerdings umstritten: Die Mehrheit der Bankvolkswirte sagt für Anfang März eine Anhebung des EZB-Leitzinses um 25 Basispunkte und dann noch zwei darauffolgende Zinsschritte im weiteren Jahresverlauf voraus. Doch einige Fachleute gehen davon aus, daß der Euro-Leitzins nicht über 2,5 Prozent steigen wird; wieder andere sehen eine wachsende Wahrscheinlichkeit, daß die EZB im März den Leitzins gleich um 50 Basispunkte anhebt.
Auch die Anleger an den Zins-Terminmärkten setzen auf eine Leitzinsanhebung auf 2,50 Prozent Anfang März. Noch unentschlossen sind die Zinsspekulanten aber über das weitere Vorgehen der EZB. Derzeit hat der Terminkontrakt auf Dreimonatsgeld mit Lieferung im Juni einen Zins von 2,83 Prozent. Dieser Zins liegt typischerweise um etwa 15 Basispunkte über dem Leitzins; daraus läßt sich ableiten, daß der Markt eine Leitzinsanhebung auf 2,75 Prozent für Juni noch nicht vollständig eingepreist hat, wohl aber für September. Diesen Spekulationen zufolge wird die EZB den Euro-Refinanzierungssatz frühestens im Herbst 2007 auf 3 Prozent anheben (siehe Graphik).
Abwarten
Nach der Leitzinserhöhung im Dezember dürfte der EZB-Rat jetzt erst einmal die weitere Entwicklung von Konjunktur und Inflation abwarten, meint Thomas Mayer, Chefvolkswirt Europa der Deutschen Bank in London. Der nächste Zinsschritt sei erst bei der Ratssitzung am 2. März zu erwarten. Mayers Begründung: An diesem Tag werden die Volkswirte der EZB und der nationalen Zentralbanken ihre neuen Projektionen veröffentlichen. Diese dürften bekräftigen, daß die Wirtschaft des Euro-Raums 2006 mit rund 2 Prozent wachsen wird und daß die Jahresinflation bei mehr als 2 Prozent liegen dürfte. Dies werde der EZB-Rat zum Anlaß nehmen, die Zinsen um 25 Basispunkte zu erhöhen, sagt Mayer. Im Juni und September dürften weitere Trippelschritte auf einen Leitzins von dann 3 Prozent folgen.
Auch für Elga Bartsch, Volkswirtin bei Morgan Stanley in London, ist dies das wahrscheinlichste Szenario für 2006. Allerdings nimmt ihrer Einschätzung nach die Wahrscheinlichkeit zu, daß der EZB-Rat den Leitzins im März gleich um einen halben Prozentpunkt auf 2,75 Prozent anhebt. Denn die jüngsten Konjunkturdaten deuteten darauf hin, daß die Wirtschaft derzeit kräftiger wachse als erwartet, meint Bartsch. Jüngstes Glied in dieser Kette von positiven Überraschungen ist der am Dienstag veröffentlichte ZEW-Index für die Konjunkturerwartungen in Europa: Er ist überraschend stark von 51,2 auf 66,1 Punkte gestiegen.
Zins-Trippelschritt zu langsam?
Angesichts des kräftigen Wachstums der Kreditvergabe im Euro-Raum könne man sich in der Tat fragen, ob ein Zins-Trippelschritt jedes Quartal nicht zu langsam sei, gibt Mayer zu bedenken. Als Grund hierfür gilt weithin, daß die realen kurzfristigen Zinsen (Leitzins minus Inflationsrate) derzeit immer noch nahe null Prozent liegen und damit die Aufnahme von Krediten attraktiv machen. Weil sich die Konjunktur nun jedoch normalisiere, sei der EZB daran gelegen, auch ihren Leitzins dem „neutralen Niveau” von etwa 3,5 Prozent anzunähern, sagt Mayer.
Andrerseits schreckten die Währungshüter vor einer energischeren Straffung ihrer Geldpolitik zurück. Der Grund: Die billige Liquidität hat dazu geführt, daß die Preise vieler Vermögensgüter, insbesondere von Immobilien und Anleihen, übermäßig stark gestiegen sind. Eine abrupte Verteuerung der Liquidität könnte diese Märkte in Turbulenzen stürzen und mittelbar auch den Dollar gegenüber dem Euro abstürzen lassen. Dieses Risiko wolle die EZB möglichst gering halten, meint Mayer.
Abweichend von der Mehrheitsprognose sieht Michael Schubert, ein EZB-Beobachter bei der Commerzbank in Frankfurt, für den Euro-Leitzins mit 2,5 Prozent bereits das Ende der Fahnenstange erreicht. Im Sommer werde der Ölpreis unter 50 Dollar je Barrel (rund 159 Liter) fallen, erläutert er. Dies werde die Jahresinflation im Euro-Raum von derzeit gut 2 Prozent auf dann nur noch 11/4 Prozent fallen lassen. Das aber werde es den „Falken” im EZB-Rat wie Bundesbankpräsident Axel Weber, die Zinserhöhungen befürworten, schwermachen, eine Mehrheit der Währungshüter für weitere Leitzinsanhebungen zu gewinnen.
Quelle: faz.net
...be invested
Der Einsame Samariter
Die EZB hat es nicht eilig
Auch die Anleger an den Zins-Terminmärkten setzen auf eine Leitzinsanhebung auf 2,50 Prozent Anfang März. Noch unentschlossen sind die Zinsspekulanten aber über das weitere Vorgehen der EZB. Derzeit hat der Terminkontrakt auf Dreimonatsgeld mit Lieferung im Juni einen Zins von 2,83 Prozent. Dieser Zins liegt typischerweise um etwa 15 Basispunkte über dem Leitzins; daraus läßt sich ableiten, daß der Markt eine Leitzinsanhebung auf 2,75 Prozent für Juni noch nicht vollständig eingepreist hat, wohl aber für September. Diesen Spekulationen zufolge wird die EZB den Euro-Refinanzierungssatz frühestens im Herbst 2007 auf 3 Prozent anheben (siehe Graphik).
Abwarten
Nach der Leitzinserhöhung im Dezember dürfte der EZB-Rat jetzt erst einmal die weitere Entwicklung von Konjunktur und Inflation abwarten, meint Thomas Mayer, Chefvolkswirt Europa der Deutschen Bank in London. Der nächste Zinsschritt sei erst bei der Ratssitzung am 2. März zu erwarten. Mayers Begründung: An diesem Tag werden die Volkswirte der EZB und der nationalen Zentralbanken ihre neuen Projektionen veröffentlichen. Diese dürften bekräftigen, daß die Wirtschaft des Euro-Raums 2006 mit rund 2 Prozent wachsen wird und daß die Jahresinflation bei mehr als 2 Prozent liegen dürfte. Dies werde der EZB-Rat zum Anlaß nehmen, die Zinsen um 25 Basispunkte zu erhöhen, sagt Mayer. Im Juni und September dürften weitere Trippelschritte auf einen Leitzins von dann 3 Prozent folgen.
Auch für Elga Bartsch, Volkswirtin bei Morgan Stanley in London, ist dies das wahrscheinlichste Szenario für 2006. Allerdings nimmt ihrer Einschätzung nach die Wahrscheinlichkeit zu, daß der EZB-Rat den Leitzins im März gleich um einen halben Prozentpunkt auf 2,75 Prozent anhebt. Denn die jüngsten Konjunkturdaten deuteten darauf hin, daß die Wirtschaft derzeit kräftiger wachse als erwartet, meint Bartsch. Jüngstes Glied in dieser Kette von positiven Überraschungen ist der am Dienstag veröffentlichte ZEW-Index für die Konjunkturerwartungen in Europa: Er ist überraschend stark von 51,2 auf 66,1 Punkte gestiegen.
Zins-Trippelschritt zu langsam?
Angesichts des kräftigen Wachstums der Kreditvergabe im Euro-Raum könne man sich in der Tat fragen, ob ein Zins-Trippelschritt jedes Quartal nicht zu langsam sei, gibt Mayer zu bedenken. Als Grund hierfür gilt weithin, daß die realen kurzfristigen Zinsen (Leitzins minus Inflationsrate) derzeit immer noch nahe null Prozent liegen und damit die Aufnahme von Krediten attraktiv machen. Weil sich die Konjunktur nun jedoch normalisiere, sei der EZB daran gelegen, auch ihren Leitzins dem „neutralen Niveau” von etwa 3,5 Prozent anzunähern, sagt Mayer.
Andrerseits schreckten die Währungshüter vor einer energischeren Straffung ihrer Geldpolitik zurück. Der Grund: Die billige Liquidität hat dazu geführt, daß die Preise vieler Vermögensgüter, insbesondere von Immobilien und Anleihen, übermäßig stark gestiegen sind. Eine abrupte Verteuerung der Liquidität könnte diese Märkte in Turbulenzen stürzen und mittelbar auch den Dollar gegenüber dem Euro abstürzen lassen. Dieses Risiko wolle die EZB möglichst gering halten, meint Mayer.
Abweichend von der Mehrheitsprognose sieht Michael Schubert, ein EZB-Beobachter bei der Commerzbank in Frankfurt, für den Euro-Leitzins mit 2,5 Prozent bereits das Ende der Fahnenstange erreicht. Im Sommer werde der Ölpreis unter 50 Dollar je Barrel (rund 159 Liter) fallen, erläutert er. Dies werde die Jahresinflation im Euro-Raum von derzeit gut 2 Prozent auf dann nur noch 11/4 Prozent fallen lassen. Das aber werde es den „Falken” im EZB-Rat wie Bundesbankpräsident Axel Weber, die Zinserhöhungen befürworten, schwermachen, eine Mehrheit der Währungshüter für weitere Leitzinsanhebungen zu gewinnen.
Quelle: faz.net
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