Betrug, Fälschung und Insolvenzen: der tiefe Sturz der Wunderkinder
Einst gefeiert wie Popstars, sind die Helden der New Economy zu Aktenzeichen geworden. Jetzt kümmert sich die Justiz um die Gescheiterten
von Thomas Heuzeroth
Am Ende ging alles ganz schnell. Kaum war die zweimotorige Privatmaschine auf dem Flughafen Fuhlsbüttel gelandet, machte sich Verlagserbe und Internet-Unternehmer Alexander Falk auf den Weg ins Hamburger Polizeipräsidium. Die Nacht durfte er dann im Untersuchungsgefängnis verbringen: auf neun Quadratmetern. Im "Planquadrat L52" des patentgefalteten Falk-Stadtplans, wie die "Bild"-Zeitung titelte. Der vorläufige Höhepunkt des New-Economy-Scherbenhaufens.
Jetzt wird zusammengekehrt: Hausdurchsuchungen, Ermittlungsverfahren, Verurteilungen, Schadenersatzklagen, Bilanzfälschungen, Aktienbetrug, Pfändungsbeschlüsse und Privatinsolvenzen. Die einstigen Vorzeigeunternehmer haben den Durchblick und die Bodenhaftung verloren - und finden sich in den Regalwänden der Gerichte als Aktenzeichen wieder.
Alexander Falk ist das jüngste Beispiel. Einst unter den 100 reichsten Deutschen zählt er heute mit einem geschätzten Vermögen von über 400 Millionen Euro immerhin noch zu den ärmeren Reichsten. Dass Falk trotz eines prallen Bankkontos und Luxusvilla an der Hamburger Alster seine Tage und Nächte in der Zelle verbringt, hat nur einen Grund: Fluchtgefahr. So sieht es zumindest das Gericht. Unnötig, meint dazu Falks Anwalt Gerhard Strate. Schließlich habe sich Falk ja gestellt. Die Beschwerde gegen den Haftbefehl ist unterwegs. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Durch betrügerisches Manipulieren von Umsätzen - so genannte Luftbuchungen - haben Falk und sechs weitere Manager den Börsenkurs seiner Firma Ision AG vor dem Verkauf an das britische Unternehmen Energis künstlich in die Höhe getrieben. Energis übernahm Ision für 812 Millionen Euro und ging anschließend in die Insolvenz. Die Kleinaktionäre von Ision bekamen Energis-Aktien, die später wertlos waren. Falk - inzwischen Mehrheitseigner und Aufsichtsratschef bei der Frankfurter Wertpapierhandels- und Investmentbank Hornblower Fischer - bestreitet die Vorwürfe.
Fast ließe sich die Regel aufstellen: Je schillernder die Figuren, desto tiefer ihr Sturz. Mobilcom-Gründer Gerhard Schmid zählte noch im vergangenen Jahr zu den 100 reichsten Deutschen. Jetzt musste der Telekom-Herausforderer aus Büdelsdorf in die Privatinsolvenz gehen. Pleite. Schlimmer noch: Der ehemalige Eishockey-Trainer soll rund 300 Millionen Euro Schulden haben. Ein großes Bauprojekt in Kiel liegt auf Eis. Schmid ist aus dem operativen Geschäft seines Unternehmens herausgedrängt worden, seine Mobilcom-Aktien liegen als Sicherheit für Kredite bei Banken und werden treuhänderisch verwaltet. Der einstige Milliardär steht mit leeren Händen dar. Und nun ermittelt die Kieler Staatsanwaltschaft gegen Schmid wegen des Verdachts auf Untreue. Hausdurchsuchung inklusive. Eine Anklageerhebung stehe kurz bevor, heißt es. Schmid soll als Mobilcom-Chef unrechtmäßig 70 Millionen Euro Firmengeld auf Konten der Millenium GmbH überwiesen haben, einer Firma, die seiner Ehefrau Sybille Schmid gehört.
Anscheinend im freien Fall befindet sich auch Lars Windhorst. Kaum ein Titel, den der 26-Jährige nicht für sich in Anspruch nahm: deutscher Bill Gates, Unternehmer-Wunderkind, Teenager-Tycoon. Tatsächlich war Windhorsts Aufstieg rasant. Bevor er 13 Jahre alt war, las er unter der Schulbank das Handelsblatt, mit 14 Jahren baute er in der Garage seines Vaters Computer zusammen, mit 16 Jahren gründete er seine erste Firma und mit 19 Jahren meldete Windhorst mit seiner in Deutschland und Asien operierenden Windhorst-Gruppe einen Umsatz von 180 Millionen Mark. Kanzler Helmut Kohl duzte den Jungunternehmer und nahm ihn auf Auslandsreisen mit. "Deutschland braucht mehr Wunderkinder wie ihn", sagte Kohl damals. Windhorst handelte mit Schmierstoffen, Filmen, ganzen Fabriken, Elektronikteilen und Computern. Sogar den Filmstar Michael Douglas und Ex-Schachweltmeister Garri Kasparow konnte der Jungunternehmer für sich einspannen. Mit Sushi und Champagner weihte Windhorst noch im Oktober 2000 sein Luxusbüro im Kollhoff-Hochhaus am Potsdamer Platz in Berlin ein. Dann begann der Abstieg. Der Windhorst-Tower, ein 100-Millionen-Dollar-Projekt in Vietnam, stürzte in sich zusammen, noch ehe er gebaut wurde. Zuletzt scheiterten seine Pläne im Internet- und Elektronikgeschäft. Die Windhorst AG zog sich auf Finanzdienstleistungen zurück. Die Windhorst Electronic GmbH hat nach Angaben von Windhorst die Geschäftstätigkeit eingestellt. Im Herbst 2002 erklärte sich Windhorst erst nach Androhung der Zwangsvollstreckung bereit, die letzten Mitarbeiterabfindungen zu zahlen.
Für den Unternehmer aus Rahden in Ostwestfalen wird es jetzt noch unangenehmer. Gerüchte über Liquiditätsprobleme wollte Windhorst gegenüber dieser Zeitung nicht kommentieren. Nur so viel: "Wir nehmen das aber ernst." Tatsächlich steht das "Wunderkind" vor der Pfändung. Eine Millionenforderung zweier Geschäftsleute aus Marokko hat er trotz eines Urteils des Landgerichts Bielefeld vom vergangenen März nicht bedient. Ein Besuch Windhorsts am vergangenen Wochenende in Marokko blieb nach Informationen dieser Zeitung ergebnislos. Rechtsanwalt Ulrich Arlt von der Sozietät Knauthe-Eggers betreibt inzwischen eine Zwangsvollstreckung. "Windhorst hat unsere Vergleichsgespräche abgebrochen", sagt Arlt. Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss für seine Bankkonten liegt den Angaben zufolge bereits vor. In den nächsten Wochen könnte auch der Gerichtsvollzieher bei Windhorst im vornehmen Berliner Stadtteil Grunewald anklopfen. Sollten auch so die zwei Millionen Dollar nicht zusammenkommen, könnte es sogar zum Offenbarungseid kommen. Dann ist der Ruf des einstigen Vorzeigeunternehmers vollends hin.
Den Spießrutenlauf haben die Haffa-Brüder bereits hinter sich. In einem spektakulären Showdown wurden Thomas und Florian Haffa vor dem Landgericht München im April zu 1,4 Millionen Euro Geldstrafe wegen Bilanzfälschung verurteilt. Ihre Medienfirma EM.TV galt als Symbol für die rasante Erfolgsgeschichte des Neuen Marktes. Der Börsenwert stieg innerhalb von etwas mehr als zwei Jahren um 25 000 Prozent, das kleine Unternehmen war zwischenzeitlich mehr wert als die Lufthansa. Das Geschwisterpaar aus Pfaffenhofen schien nichts aufzuhalten. Doch die "Haffa-Jünger" halfen etwas nach. Bei den Halbjahreszahlen 2000 haben sie die Aktionäre vorsätzlich falsch über die wahre Lage des Unternehmens informiert und insgesamt rund 200 Millionen Mark zu viel Umsatz ausgewiesen. Durch unrealistische Geschäftsprognosen war der Aktienkurs in Schwindel erregende Höhen gestiegen. Und später kräftig abgestürzt. Schadenersatzklagen von Aktionären sind allerdings in mehr als 40 Verfahren abgewiesen worden.
Fast spiegelt die Liste der - zum Teil mutmaßlichen - Verfehlungen die Anzahl der Erfolgsgeschichten aus den Boomjahren wider. Paulus Neef lässt bei seinem Internet-Dienstleister Pixelpark die Umsatzerlöse explodieren und treibt das Unternehmen zu scheinbar enormem Reichtum durch den Börsenwert von über 3,4 Milliarden Euro. Dann stürzt die Aktie, und Neef verlässt nach dem Vorwurf der Vetternwirtschaft den Chefposten. Neef soll für die Schweizer ZLU-Gruppe einen überhöhten Preis bezahlt haben. Zu den ZLU-Gründern zählt Helmut Baumgarten, ein früherer Pixelpark-Investor und damals der Vater von Paulus Neefs Freundin. Inzwischen liegt eine Schadenersatzklage von Pixelpark gegen Neef vor.
Brisant dürfte auch der Augsburger Prozess gegen die beiden Infomatec-Manager Gerhard Harlos und Alexander Häfele werden, der in knapp zwei Wochen wieder aufgenommen wird. Die Staatsanwaltschaft hat eine ganze Reihe von Vorwürfen auf die Ex-Vorstände des Software-Hauses niedergehen lassen: Gründungsschwindel, Kapitalanlagebetrug und Insiderhandel. Das Unternehmen soll bei seinem Börsengang statt 100 Millionen Euro weniger als drei Millionen Euro wert gewesen sein.
Gerichte nehmen solche Anschuldigungen nicht auf die leichte Schulter und reagieren gerade bei Kursbetrug äußerst allergisch. So verbüßt derzeit der Gründer des Neue-Markt-Unternehmens Comroad, Bodo Schnabel, eine siebenjährige Freiheitsstrafe. Er hatte rund 98 Prozent der Umsätze frei erfunden und einer Hongkonger Scheinfirma zugeschrieben. Vor drei Wochen sprach sogar das Landgericht Frankfurt einem Comroad-Anleger 7500 Euro zum Ausgleich für den abgestürzten Börsenkurs zu. Ein seltener Fall: Meist gehen die Aktionäre leer aus.
Einst gefeiert wie Popstars, sind die Helden der New Economy zu Aktenzeichen geworden. Jetzt kümmert sich die Justiz um die Gescheiterten
von Thomas Heuzeroth
Am Ende ging alles ganz schnell. Kaum war die zweimotorige Privatmaschine auf dem Flughafen Fuhlsbüttel gelandet, machte sich Verlagserbe und Internet-Unternehmer Alexander Falk auf den Weg ins Hamburger Polizeipräsidium. Die Nacht durfte er dann im Untersuchungsgefängnis verbringen: auf neun Quadratmetern. Im "Planquadrat L52" des patentgefalteten Falk-Stadtplans, wie die "Bild"-Zeitung titelte. Der vorläufige Höhepunkt des New-Economy-Scherbenhaufens.
Jetzt wird zusammengekehrt: Hausdurchsuchungen, Ermittlungsverfahren, Verurteilungen, Schadenersatzklagen, Bilanzfälschungen, Aktienbetrug, Pfändungsbeschlüsse und Privatinsolvenzen. Die einstigen Vorzeigeunternehmer haben den Durchblick und die Bodenhaftung verloren - und finden sich in den Regalwänden der Gerichte als Aktenzeichen wieder.
Alexander Falk ist das jüngste Beispiel. Einst unter den 100 reichsten Deutschen zählt er heute mit einem geschätzten Vermögen von über 400 Millionen Euro immerhin noch zu den ärmeren Reichsten. Dass Falk trotz eines prallen Bankkontos und Luxusvilla an der Hamburger Alster seine Tage und Nächte in der Zelle verbringt, hat nur einen Grund: Fluchtgefahr. So sieht es zumindest das Gericht. Unnötig, meint dazu Falks Anwalt Gerhard Strate. Schließlich habe sich Falk ja gestellt. Die Beschwerde gegen den Haftbefehl ist unterwegs. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Durch betrügerisches Manipulieren von Umsätzen - so genannte Luftbuchungen - haben Falk und sechs weitere Manager den Börsenkurs seiner Firma Ision AG vor dem Verkauf an das britische Unternehmen Energis künstlich in die Höhe getrieben. Energis übernahm Ision für 812 Millionen Euro und ging anschließend in die Insolvenz. Die Kleinaktionäre von Ision bekamen Energis-Aktien, die später wertlos waren. Falk - inzwischen Mehrheitseigner und Aufsichtsratschef bei der Frankfurter Wertpapierhandels- und Investmentbank Hornblower Fischer - bestreitet die Vorwürfe.
Fast ließe sich die Regel aufstellen: Je schillernder die Figuren, desto tiefer ihr Sturz. Mobilcom-Gründer Gerhard Schmid zählte noch im vergangenen Jahr zu den 100 reichsten Deutschen. Jetzt musste der Telekom-Herausforderer aus Büdelsdorf in die Privatinsolvenz gehen. Pleite. Schlimmer noch: Der ehemalige Eishockey-Trainer soll rund 300 Millionen Euro Schulden haben. Ein großes Bauprojekt in Kiel liegt auf Eis. Schmid ist aus dem operativen Geschäft seines Unternehmens herausgedrängt worden, seine Mobilcom-Aktien liegen als Sicherheit für Kredite bei Banken und werden treuhänderisch verwaltet. Der einstige Milliardär steht mit leeren Händen dar. Und nun ermittelt die Kieler Staatsanwaltschaft gegen Schmid wegen des Verdachts auf Untreue. Hausdurchsuchung inklusive. Eine Anklageerhebung stehe kurz bevor, heißt es. Schmid soll als Mobilcom-Chef unrechtmäßig 70 Millionen Euro Firmengeld auf Konten der Millenium GmbH überwiesen haben, einer Firma, die seiner Ehefrau Sybille Schmid gehört.
Anscheinend im freien Fall befindet sich auch Lars Windhorst. Kaum ein Titel, den der 26-Jährige nicht für sich in Anspruch nahm: deutscher Bill Gates, Unternehmer-Wunderkind, Teenager-Tycoon. Tatsächlich war Windhorsts Aufstieg rasant. Bevor er 13 Jahre alt war, las er unter der Schulbank das Handelsblatt, mit 14 Jahren baute er in der Garage seines Vaters Computer zusammen, mit 16 Jahren gründete er seine erste Firma und mit 19 Jahren meldete Windhorst mit seiner in Deutschland und Asien operierenden Windhorst-Gruppe einen Umsatz von 180 Millionen Mark. Kanzler Helmut Kohl duzte den Jungunternehmer und nahm ihn auf Auslandsreisen mit. "Deutschland braucht mehr Wunderkinder wie ihn", sagte Kohl damals. Windhorst handelte mit Schmierstoffen, Filmen, ganzen Fabriken, Elektronikteilen und Computern. Sogar den Filmstar Michael Douglas und Ex-Schachweltmeister Garri Kasparow konnte der Jungunternehmer für sich einspannen. Mit Sushi und Champagner weihte Windhorst noch im Oktober 2000 sein Luxusbüro im Kollhoff-Hochhaus am Potsdamer Platz in Berlin ein. Dann begann der Abstieg. Der Windhorst-Tower, ein 100-Millionen-Dollar-Projekt in Vietnam, stürzte in sich zusammen, noch ehe er gebaut wurde. Zuletzt scheiterten seine Pläne im Internet- und Elektronikgeschäft. Die Windhorst AG zog sich auf Finanzdienstleistungen zurück. Die Windhorst Electronic GmbH hat nach Angaben von Windhorst die Geschäftstätigkeit eingestellt. Im Herbst 2002 erklärte sich Windhorst erst nach Androhung der Zwangsvollstreckung bereit, die letzten Mitarbeiterabfindungen zu zahlen.
Für den Unternehmer aus Rahden in Ostwestfalen wird es jetzt noch unangenehmer. Gerüchte über Liquiditätsprobleme wollte Windhorst gegenüber dieser Zeitung nicht kommentieren. Nur so viel: "Wir nehmen das aber ernst." Tatsächlich steht das "Wunderkind" vor der Pfändung. Eine Millionenforderung zweier Geschäftsleute aus Marokko hat er trotz eines Urteils des Landgerichts Bielefeld vom vergangenen März nicht bedient. Ein Besuch Windhorsts am vergangenen Wochenende in Marokko blieb nach Informationen dieser Zeitung ergebnislos. Rechtsanwalt Ulrich Arlt von der Sozietät Knauthe-Eggers betreibt inzwischen eine Zwangsvollstreckung. "Windhorst hat unsere Vergleichsgespräche abgebrochen", sagt Arlt. Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss für seine Bankkonten liegt den Angaben zufolge bereits vor. In den nächsten Wochen könnte auch der Gerichtsvollzieher bei Windhorst im vornehmen Berliner Stadtteil Grunewald anklopfen. Sollten auch so die zwei Millionen Dollar nicht zusammenkommen, könnte es sogar zum Offenbarungseid kommen. Dann ist der Ruf des einstigen Vorzeigeunternehmers vollends hin.
Den Spießrutenlauf haben die Haffa-Brüder bereits hinter sich. In einem spektakulären Showdown wurden Thomas und Florian Haffa vor dem Landgericht München im April zu 1,4 Millionen Euro Geldstrafe wegen Bilanzfälschung verurteilt. Ihre Medienfirma EM.TV galt als Symbol für die rasante Erfolgsgeschichte des Neuen Marktes. Der Börsenwert stieg innerhalb von etwas mehr als zwei Jahren um 25 000 Prozent, das kleine Unternehmen war zwischenzeitlich mehr wert als die Lufthansa. Das Geschwisterpaar aus Pfaffenhofen schien nichts aufzuhalten. Doch die "Haffa-Jünger" halfen etwas nach. Bei den Halbjahreszahlen 2000 haben sie die Aktionäre vorsätzlich falsch über die wahre Lage des Unternehmens informiert und insgesamt rund 200 Millionen Mark zu viel Umsatz ausgewiesen. Durch unrealistische Geschäftsprognosen war der Aktienkurs in Schwindel erregende Höhen gestiegen. Und später kräftig abgestürzt. Schadenersatzklagen von Aktionären sind allerdings in mehr als 40 Verfahren abgewiesen worden.
Fast spiegelt die Liste der - zum Teil mutmaßlichen - Verfehlungen die Anzahl der Erfolgsgeschichten aus den Boomjahren wider. Paulus Neef lässt bei seinem Internet-Dienstleister Pixelpark die Umsatzerlöse explodieren und treibt das Unternehmen zu scheinbar enormem Reichtum durch den Börsenwert von über 3,4 Milliarden Euro. Dann stürzt die Aktie, und Neef verlässt nach dem Vorwurf der Vetternwirtschaft den Chefposten. Neef soll für die Schweizer ZLU-Gruppe einen überhöhten Preis bezahlt haben. Zu den ZLU-Gründern zählt Helmut Baumgarten, ein früherer Pixelpark-Investor und damals der Vater von Paulus Neefs Freundin. Inzwischen liegt eine Schadenersatzklage von Pixelpark gegen Neef vor.
Brisant dürfte auch der Augsburger Prozess gegen die beiden Infomatec-Manager Gerhard Harlos und Alexander Häfele werden, der in knapp zwei Wochen wieder aufgenommen wird. Die Staatsanwaltschaft hat eine ganze Reihe von Vorwürfen auf die Ex-Vorstände des Software-Hauses niedergehen lassen: Gründungsschwindel, Kapitalanlagebetrug und Insiderhandel. Das Unternehmen soll bei seinem Börsengang statt 100 Millionen Euro weniger als drei Millionen Euro wert gewesen sein.
Gerichte nehmen solche Anschuldigungen nicht auf die leichte Schulter und reagieren gerade bei Kursbetrug äußerst allergisch. So verbüßt derzeit der Gründer des Neue-Markt-Unternehmens Comroad, Bodo Schnabel, eine siebenjährige Freiheitsstrafe. Er hatte rund 98 Prozent der Umsätze frei erfunden und einer Hongkonger Scheinfirma zugeschrieben. Vor drei Wochen sprach sogar das Landgericht Frankfurt einem Comroad-Anleger 7500 Euro zum Ausgleich für den abgestürzten Börsenkurs zu. Ein seltener Fall: Meist gehen die Aktionäre leer aus.