Irak kann jederzeit biologische Waffen herstellen
Nach Informationen des Bundesnachrichtendienstes (BND) ist der Irak bei Massenvernichtungswaffen weiter als vermutet. Uno-Inspekteure können die Produktion von Bio-Waffen nur bedingt verhindern.
Viel Zeit bleibt der internationalen Gemeinschaft nicht, um den irakischen Diktator Saddam Hussein wieder an die Leine der Uno-Waffenkontrolleure zu legen. Nach Informationen des Bundesnachrichtendienstes (BND) ist Irak wesentlich weiter als bisher vermutet und könnte schon bald wieder in der Lage sein, Massenvernichtungswaffen herzustellen. Der BND hat außerdem identifizierbare Verbindungen zu Nordkorea und China festgestellt; dorthin hat Irak offenbar Kontakt aufgenommen, um fehlende Materialien zu kaufen.
Die USA wollen diplomatischen Kreisen zufolge dem Uno-Sicherheitsrat außerdem Belege vorlegen, dass die Iraker Lastwagen in mobile Raketenabschussrampen umgebaut haben. Die Einschätzung, wie gefährlich Irak ist und welche Konsequenzen man daraus ziehen muss, könnte sich folglich sowohl in Europa, als auch international bald verändern.
Biologische Massenvernichtungsmittel gelten als nahezu unkontrollierbar. "Eine Regierung, die fest entschlossen ist, biologische Waffen zu produzieren, kann man nicht daran hindern", sagt die Biowaffenexpertin Gabriele Kraatz-Wadack. "Uno-Inspekteure können sie nur abschrecken." Die gelernte Tierärztin und Mikrobiologin gehörte zwischen 1995 und 2001 zum Team der United Nations Special Commission (Unscom) und war als Inspekteurin viele Male in Irak unterwegs. Anders als bei chemischen Waffen braucht man für die Herstellung biologischer Kampfstoffe keine großen, schwer zu tarnenden Anlagen. Die tödlichen Bakterien können praktisch fast überall hergestellt werden. Biologisch gefährliche Substanzen kann man auch nicht, wie bei Chemikalien, mit Suchgeräten aufspüren. Hinzu kommt das große Problem des "dual use" - der militärisch wie zivil nutzbaren Geräte. Ein Fermentierapparat etwa kann eingesetzt werden, um Hefe als eines der Ausgangsmaterialien für die Bierproduktion herzustellen - oder aber für Milzbrandbakterien. "Im Biobereich ist alles ,dual use‘", sagt Kraatz-Wadsack.
Detektivische Fähigkeiten gefragt
Die von den Irakern rund um die Uhr bespitzelten Inspekteure, die wichtige Informationen der Wanzen wegen nur schriftlich austauschten und ihre Unterlagen stets im Safe wegschlossen, mussten und müssen neben Fachwissen vor allem detektivische Fähigkeiten mitbringen. Was ist beispielsweise mit den Biowaffen-fähigem Grundmaterialien passiert? Laut Exportbelegen waren es 42 Tonnen, aber nur 22 Tonnen wurden unter Uno-Aufsicht vernichtet. Über den Rest hat Irak nie komplett Rechenschaft abgelegt. "Für Behauptungen, die sie nicht aufrecht erhalten konnten, haben sie Standarderklärungen abgeliefert: verloren, gestohlen, durch Fehlproduktion unbrauchbar geworden." Warum wurde an Kamelpockenviren geforscht? Sollten womöglich auch für Menschen gefährliche Pocken daraus entwickeln werden? Wie passt das Leberkrebs erzeugende Pilzgift Aflatoxin ins Bild, das erst nach zehn Jahren wirksam wird?
Viele Fragen konnten nicht beantwortet werden. Das Gesamtkonzept der Iraker, sagt Kraatz-Wadsack, sei im Nebel geblieben. "Wir haben nie feststellen können, wann und ob das Biowaffenprogramm je geendet hat."
Fachleute befürchten, dass die Überprüfung heute sogar noch schwieriger ist. Auf Grund der Uno-Sanktionen produziert Irak viele Grundmaterialien und Geräte selbst. Denn am Know-how mangelt es nicht. Die irakischen Fachleute, heißt es in den Analysen des kalifornischen Center for Nonproliferation Studies (CNS), seien ausgezeichnet - auch im nuklearen und chemischen Bereich.
Saddam Hussein verfügt über Nervengift
Der US-Geheimdienst CIA zieht den Schluss, dass "Irak das Fachwissen und die industrielle Infrastruktur hat, um jederzeit schnell große Mengen biologischer Waffen produzieren zu können". Besonders heikel ist dabei die Frage der irakischen Trägerraketen für Massenvernichtungswaffen. Die Geheimdienste gehen davon aus, dass Irak noch immer über Langstreckenraketen verfügt. Saddam Hussein könnte auch "die Produktion von Al-Hussein-Raketen wieder aufnehmen", so das CNS.
Da das biologische Waffenarsenal den Uno-Inspekteuren verborgen blieb, liegt nahe, dass Saddam Hussein auch noch über Milzbrandbakterien sowie das Nervengift Botulinumtoxin verfügt. Mit den Substanzen wurden Sprengköpfe gefüllt, die vermutlich nicht alle zerstört sind.
Das Regime in Bagdad sei "offenbar weiter als man gedacht hat", sagt die Grünen-Bundestagsabgeordnete Rita Griesshaber, Mitglied des Uno-Unterausschusses. Die Mission der zukünftigen Uno-Inspekteure werde "viel schwieriger als beim letzten Mal, ist aber trotzdem einen Versuch wert". Schließlich sei Unscom in Irak "sehr effektiv" gewesen, fügt ihr sozialdemokratischer Kollege Christian Moosbauer hinzu. "Wir haben uns in den letzten Jahren zu wenig darum gekümmert."
Und das könnte sich im Fall eines US-Angriffs rächen. "Wenn Saddam Hussein weiß, dass er fällig ist", so Moosbauer, "wird er so viele wie möglich mit in den Tod reißen wollen."
Nach Informationen des Bundesnachrichtendienstes (BND) ist der Irak bei Massenvernichtungswaffen weiter als vermutet. Uno-Inspekteure können die Produktion von Bio-Waffen nur bedingt verhindern.
Viel Zeit bleibt der internationalen Gemeinschaft nicht, um den irakischen Diktator Saddam Hussein wieder an die Leine der Uno-Waffenkontrolleure zu legen. Nach Informationen des Bundesnachrichtendienstes (BND) ist Irak wesentlich weiter als bisher vermutet und könnte schon bald wieder in der Lage sein, Massenvernichtungswaffen herzustellen. Der BND hat außerdem identifizierbare Verbindungen zu Nordkorea und China festgestellt; dorthin hat Irak offenbar Kontakt aufgenommen, um fehlende Materialien zu kaufen.
Die USA wollen diplomatischen Kreisen zufolge dem Uno-Sicherheitsrat außerdem Belege vorlegen, dass die Iraker Lastwagen in mobile Raketenabschussrampen umgebaut haben. Die Einschätzung, wie gefährlich Irak ist und welche Konsequenzen man daraus ziehen muss, könnte sich folglich sowohl in Europa, als auch international bald verändern.
Biologische Massenvernichtungsmittel gelten als nahezu unkontrollierbar. "Eine Regierung, die fest entschlossen ist, biologische Waffen zu produzieren, kann man nicht daran hindern", sagt die Biowaffenexpertin Gabriele Kraatz-Wadack. "Uno-Inspekteure können sie nur abschrecken." Die gelernte Tierärztin und Mikrobiologin gehörte zwischen 1995 und 2001 zum Team der United Nations Special Commission (Unscom) und war als Inspekteurin viele Male in Irak unterwegs. Anders als bei chemischen Waffen braucht man für die Herstellung biologischer Kampfstoffe keine großen, schwer zu tarnenden Anlagen. Die tödlichen Bakterien können praktisch fast überall hergestellt werden. Biologisch gefährliche Substanzen kann man auch nicht, wie bei Chemikalien, mit Suchgeräten aufspüren. Hinzu kommt das große Problem des "dual use" - der militärisch wie zivil nutzbaren Geräte. Ein Fermentierapparat etwa kann eingesetzt werden, um Hefe als eines der Ausgangsmaterialien für die Bierproduktion herzustellen - oder aber für Milzbrandbakterien. "Im Biobereich ist alles ,dual use‘", sagt Kraatz-Wadsack.
Detektivische Fähigkeiten gefragt
Die von den Irakern rund um die Uhr bespitzelten Inspekteure, die wichtige Informationen der Wanzen wegen nur schriftlich austauschten und ihre Unterlagen stets im Safe wegschlossen, mussten und müssen neben Fachwissen vor allem detektivische Fähigkeiten mitbringen. Was ist beispielsweise mit den Biowaffen-fähigem Grundmaterialien passiert? Laut Exportbelegen waren es 42 Tonnen, aber nur 22 Tonnen wurden unter Uno-Aufsicht vernichtet. Über den Rest hat Irak nie komplett Rechenschaft abgelegt. "Für Behauptungen, die sie nicht aufrecht erhalten konnten, haben sie Standarderklärungen abgeliefert: verloren, gestohlen, durch Fehlproduktion unbrauchbar geworden." Warum wurde an Kamelpockenviren geforscht? Sollten womöglich auch für Menschen gefährliche Pocken daraus entwickeln werden? Wie passt das Leberkrebs erzeugende Pilzgift Aflatoxin ins Bild, das erst nach zehn Jahren wirksam wird?
Viele Fragen konnten nicht beantwortet werden. Das Gesamtkonzept der Iraker, sagt Kraatz-Wadsack, sei im Nebel geblieben. "Wir haben nie feststellen können, wann und ob das Biowaffenprogramm je geendet hat."
Fachleute befürchten, dass die Überprüfung heute sogar noch schwieriger ist. Auf Grund der Uno-Sanktionen produziert Irak viele Grundmaterialien und Geräte selbst. Denn am Know-how mangelt es nicht. Die irakischen Fachleute, heißt es in den Analysen des kalifornischen Center for Nonproliferation Studies (CNS), seien ausgezeichnet - auch im nuklearen und chemischen Bereich.
Saddam Hussein verfügt über Nervengift
Der US-Geheimdienst CIA zieht den Schluss, dass "Irak das Fachwissen und die industrielle Infrastruktur hat, um jederzeit schnell große Mengen biologischer Waffen produzieren zu können". Besonders heikel ist dabei die Frage der irakischen Trägerraketen für Massenvernichtungswaffen. Die Geheimdienste gehen davon aus, dass Irak noch immer über Langstreckenraketen verfügt. Saddam Hussein könnte auch "die Produktion von Al-Hussein-Raketen wieder aufnehmen", so das CNS.
Da das biologische Waffenarsenal den Uno-Inspekteuren verborgen blieb, liegt nahe, dass Saddam Hussein auch noch über Milzbrandbakterien sowie das Nervengift Botulinumtoxin verfügt. Mit den Substanzen wurden Sprengköpfe gefüllt, die vermutlich nicht alle zerstört sind.
Das Regime in Bagdad sei "offenbar weiter als man gedacht hat", sagt die Grünen-Bundestagsabgeordnete Rita Griesshaber, Mitglied des Uno-Unterausschusses. Die Mission der zukünftigen Uno-Inspekteure werde "viel schwieriger als beim letzten Mal, ist aber trotzdem einen Versuch wert". Schließlich sei Unscom in Irak "sehr effektiv" gewesen, fügt ihr sozialdemokratischer Kollege Christian Moosbauer hinzu. "Wir haben uns in den letzten Jahren zu wenig darum gekümmert."
Und das könnte sich im Fall eines US-Angriffs rächen. "Wenn Saddam Hussein weiß, dass er fällig ist", so Moosbauer, "wird er so viele wie möglich mit in den Tod reißen wollen."