Reichlich überflüssig war das Statement von Kai-Uwe Ricke, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom [ WKN: 555750 ] , dass die Planzahlen des Konzerns für 2003 auch im Falle eines Irak-Krieges gelten. Niemand hatte ernsthaft geglaubt, die Menschen würden nach dem Beginn der Angriffe nicht mehr zum Hörer greifen. Davon abgesehen wird aber so ziemlich alles vom Irak beeinflusst, es weiß nur niemand genau wie sehr.
SAP [ WKN: 716460 ], BASF [ WKN: 515100 ] und Oracle [Nasdaq: ORCL ] sind nur einige Beispiele für Unternehmen, die sich wegen des unklaren Verlaufs der Krise nicht mehr exakt bei ihren Prognosen festlegen können. Die Kunden sind in jüngster Zeit zurückhaltend und die Manager glauben, dass ein direkter Zusammenhang zum Nahen Osten besteht. Der ist sicherlich unbestreitbar, das Ausmaß der Beeinflussung ist indes umstritten.
Die Unsicherheit bei den einzelnen Unternehmen lässt sich auf ganze Länder übertragen. Gerade im Februar wurden in den USA viele schwache Konjunkturindikatoren veröffentlicht. Die Volkswirte der Deutschen Bank haben daraufhin ihre Prognosen für das Wirtschaftswachstum ordentlich nach unten revidiert, ohne Gewissheit zu haben, bis wohin sie gehen sollen - wegen des Krieges. Die Bank hat die Veröffentlichung ihres Quartals-Updates zur Wirtschaft zunächst verschoben, weil es momentan keinen Sinn macht, sich festzulegen.
Zwei Szenarien
Zwei Alternativen sind nach Kriegsende denkbar: Im besten Falle kehren USA und Euroland nach Lösung des Konflikts auf den Wachstumspfad zurück, der Ende des Jahres unterbrochen wurde, das BIP setzt den moderaten Anstieg aus 2002 fort und 2004 gewinnt die Konjunktur richtig an Fahrt. Dieses Szenario haben Börsianer im Kopf, die gegenwärtig wieder in Aktien und den Dollarraum investieren.
Im schlimmsten Fall verbessern sich die Daten trotz eines gewonnenen Krieges nicht wesentlich. Vor allem beim privaten Konsum in den Vereinigten Staaten sagen viele Experten einen weiteren Rückgang voraus, selbst wenn wieder Frieden in der Welt herrscht. Falls dann auch noch die Unternehmensinvestitionen auf niedrigem Niveau verharren, wird es kritisch. Schwache Kurse an Wall Street und ein schwacher Dollar wären wahrscheinliche Folgen.
Es gibt noch zu viele Unbekannte, um sich auf ein Szenario festzulegen. Beispielsweise spielt die Entwicklung des Ölpreises eine große Rolle. Die Schätzungen für den "Nachkriegspreis" liegen aber Meilen auseinander, die Spanne reicht von unter 20 bis über 30 Dollar je Barrel.
Fazit: Investoren dürfen den Blick nicht ausschließlich auf den Verlauf des Irak-Kriegs richten. Die Konjunktur-Indikatoren spielen mindestens eine ebenso wichtige Rolle. In Europa investierte Anleger können der Dinge die da kommen etwas gelassener entgegensehen, weil die Schätzungen für das Wachstum schon stark gesenkt wurden und die Aktien im Schnitt niedrig bewertet sind. In Nordamerika investierte Anleger sollten haargenau auf die weiteren Perspektiven achten, weil die Aktien in vielen Fällen ambitionierter bewertet sind und eine positive Wende in der Wirtschaft antizipieren.