Der Börsenkrimi 2003

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Nassie:

Der Börsenkrimi 2003

 
24.12.03 13:46
Der Börsenkrimi 2003: Ende gut - alles gut
Mutige Anleger können nach drei Jahren Bärenmarkt wieder dicke Gewinne einfahren - J.P. Morgan bestes Dax-Analysehaus
von Thomas Exner und Holger Zschäpitz

Berlin -  Wenn sich das Börsenjahr 2003 einen Superlativ verdient hat, dann den des wohl bisher verrücktesten Börsenjahres überhaupt. Nie zuvor mussten die deutschen Börsianer eine solch höllische Berg-und-Tal-Fahrt durchstehen. Nach einem alle Dimensionen sprengenden Ausverkauf im Februar und März und einem Acht-Jahres-Tief im Dax, steht nun in der Schlussbilanz des heimischen Leitbarometers ein Plus von sage und schreibe 35 Prozent zu Buche. Das Jahr 2003 ist damit für die Freunde deutscher Standardwerte zwar kein Spitzenjahrgang, aber immerhin ein sehr guter geworden.


Wer die Lese nun genießen kann, musste zuvor seinen Mut und sein Durchhaltevermögen unter Beweis stellen. Denn zu Jahresbeginn schien die Welt grau in grau: Der bevorstehende Irak-Krieg, die grassierende Sars-Furcht und die Sorge vor einer deflationären Entwicklung versetzten die Finanzmarktakteure in Angst und Schrecken. Vielen institutionellen Investoren fehlten die Nerven oder auch schlicht die Rücklagen, um diese Zitterpartie durchzustehen. Sie warfen ihre verbliebenen Aktienpakete zu Discount-Preisen über Bord. Die Folge: Der Dax stürzte am 12. März auf nur noch 2188 Punkte ab - der tiefste Stand seit dem 22. November 1995.


Der Dax bot schlicht ein Bild der Verheerung. Ab Ende Januar notierte mit dem Absturz der Münchener-Rück-Aktie keines der Aushängeschilder des deutschen Aktienmarktes mehr dreistellig. Viele der Gesellschaften wurden an der Börse zu einem Bruchteil ihres Buchwertes gehandelt. In drei Jahren Bärenmarkt hatten sich beinahe 400 Mrd. Euro Anlegergelder in Luft aufgelöst.


Doch mit dem Beginn des Krieges im Irak drehte die Stimmung komplett. Die zuvor verzagten und zermürbten Investoren gewannen auf einmal neues Vertrauen und setzten auf ein rasches Ende des Konfliktes. Die Wette lautete, dass dann sinkende Ölpreise die Weltkonjunktur endlich würden anspringen lassen. Tatsächlich dauerte es zwar lange, bis sich die Anzeichen für eine wirtschaftliche Erholung verdichteten. Doch an den Börsen nahm eine imposante Erholungsrallye ihren Anfang, die den Dax in mehreren Wellen bis heute um beinahe 80 Prozent von seinem Tief ansteigen ließ.


Inzwischen ist die längste und schwerste Baisse seit der Weltwirtschaftskrise in den dreißiger Jahren zur Geschichte geworden. Bei 27 von 30 Dax-Werten finden sich in der Jahresbilanz nun positive Vorzeichen - die von Übernahmespekulationen getriebene Commerzbank und die neu in den deutschen Aktienadel aufgestiegene Continental haben ihre Kurse vom Jahresbeginn sogar verdoppelt. Die Notierungen von MAN und SAP weisen Aufschläge von rund 80 und 75 Prozent auf. Selbst beim vermeintlich eher langweiligen Papier der Deutschen Post, das von trüben Konjunkturaussichten und den Ängsten um den Irak-Krieg heftig gebeutelt wurde, steht inzwischen ein Plus von über 60 Prozent zu Buche.


Nur die Münchener Rück, der weltweit größte Rückversicherer, fällt mit einem dicken Minusstrich aus dem positiven Bild heraus und belegt damit den letzten Platz im Dax-Performancevergleich. Unzureichende Renditen im Rückversicherungsgeschäft, Probleme beim Erstversicherer Ergo und hohe Abschreibungen auf die Kapitalanlagen sind aus Sicht der Investoren offenbar gewichtige Hypotheken. Auch die Aktionäre von Schering, Henkel und der von der flauen Tourismuskonjunktur geplagten TUI dürften kaum zufrieden sein. Und beim vorjährigen Dax-Sieger Adidas-Salomon fällt das Plus 2003 mit knapp acht Prozent ebenfalls eher karg aus.


Rückblickend ist der Anleger am besten gefahren, der auf die Verlierer des Vorjahres gesetzt hat. Wer dagegen auf Analystentipps setzte, verpasste die besten Chancen. Vor allem die Aufholjagd der Finanzwerte wurde von den Profis komplett verschlafen. Von den zehn führenden Investmentbanken hatte zum Jahresanfang keine einzige diesen Sektor auf ihrer Kaufliste. Und auch sonst landeten die Experten in den Analyseabteilungen augenscheinlich eher Zufallstreffer. So wurden die Kursziele bei SAP und Deutscher Post durchweg zu niedrig gesetzt, die Schwäche von Henkel und Schering sowie die Underperformance der Deutschen Börse waren bei keinem auf dem Radar.


Einige wenige Analysten erwiesen sich in dem schwierigen Umfeld allerdings als wahre Propheten. So prognostizierte Thomas Aney, Auto-Analyst von Dresdner Kleinwort Wasserstein (DrKW) nicht nur die Kursverdoppelung bei Conti bis auf 20 Cent genau, sondern er erwies sich auch bei Volkswagen als Klassenbester. Und Michael Huttner von J.P. Morgan warnte die Anleger bei der Münchener Rück bereits im Dezember 2002 vor einem zweistelligen Minus. Sein Kursziel damals: 94 Euro. Der Kurs heute: gut 95 Euro.


Auch insgesamt hat sich J.P. Morgan das Prädikat des führenden Analysehauses 2003 bei den Dax-Titeln verdient. Bei sechs Titeln waren die Vorhersagen des US-Hauses am treffsichersten. Mit jeweils vier "goldenen" Prognosen rangieren DrKW, UBS und Deutsche Bank gemeinsam auf Platz zwei.


Welt.de
Nassie:

Das Jahr des Euro

 
24.12.03 13:52

Symptome der amerikanischen Krankheit

Im Jahr 2003 ist die gemeinsame europäische Währung schier unaufhaltsam gestiegen. Der Aufschwung spiegelt die Probleme der US-Wirtschaft wider.
Von Martin Hesse

 
(SZ vom 23.12.03) - Die Akteure an den billionen-schweren Devisenmärkten haben sich im Jahr 2003 auf den Dollar eingeschossen. Der Kursverfall der amerikanischen Währung trieb den Euro auf immer neue Höhen. Und kaum ein Marktbeobachter kann sich vorstellen, dass sich das im kommenden Jahr bald ändert.

„Der Euro ist ein Weichei“, lautete noch vor zwei Jahren ein verbreitetes Urteil. Damals dümpelte der Kurs weit unterhalb der viel beschworenen Parität zum Dollar.

Doch spätestens 2003 sind die Klagen über die Schwäche des Euro dem Jammern über seine Stärke gewichen. Um fast 20 Prozent hat sich die Gemeinschaftswährung allein in diesem Jahr im Vergleich zum Dollar verteuert. Am Montag vor Weihnachten erreichte der Euro kurzzeitig ein neues Rekordhoch von 1,2447 Dollar.



Roter Faden
Doch spätestens in diesem Jahr hat sich auch gezeigt, dass der Euro-Dollar-Kurs nicht in erster Linie Ausdruck europäischer Wirtschaftskraft ist, sondern vor allem ein Indikator für die Probleme der Vereinigten Staaten. Die Eurostärke ist eine Dollarschwäche, werden Volkswirte nicht müde zu betonen. Das Thema zieht sich wie ein roter Faden durch das Jahr 2003.


Außenansicht
US-Wirtschaft — Sanierung auf Kosten anderer
 
 

Am Anfang war die Kriegsangst. Greifen die USA den Irak an oder nicht? Schlägt die Weltmacht allein zu oder bekommt George Bush ein UN-Mandat? „Die Unsicherheit hat damals den Dollar belastet“, sagt Carsten Fritsch, Devisenanalyst bei der Commerzbank. Anleger fürchteten, ausufernde Kriegskosten könnten die US-Wirtschaft überfordern.

Trotzdem erholte sich der Dollar zunächst, als sich abzeichnete, dass die USA von einem Angriff nicht abzuhalten sein würden. Doch obwohl der Krieg kurz und aus Sicht Amerikas erfolgreich verlief, geriet die Währung rasch wieder unter Druck.

„Die Hoffnung auf einen Aufschwung der amerikanischen Wirtschaft erfüllte sich zunächst nicht“, erinnert sich Fritsch. Die Angst vor einer Abwärtsspirale aus dauerhaft fallenden Preisen und einer schrumpfenden Wirtschaft machte sich breit.



Geldregen
Das Deflationsgespenst verscheuchte die US-Notenbank, indem sie den Leitzins bis auf ein Prozent heruntersetzte. Und weil parallel dazu die Regierung unter George Bush den Geldhahn aufdrehte und die Amerikaner mit Steuererleichterungen verwöhnte, erholte sich die US-Wirtschaft tatsächlich und mit ihr zunächst der Dollar.

Doch mit dem Geldregen ging eine neue, für den Dollar gefährliche Saat auf: Die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben des Staates öffnete sich immer weiter, die Diskrepanz zwischen Einfuhren und Exporten wurde größer und größer.

 
Klaffen aber Löcher in Haushalt und Leistungsbilanz, können nur Ausländer sie mit ihrem Geld stopfen. „Der Rest der Welt wird nicht auf Dauer Tag für Tag 1,5 Milliarden Dollar in die USA verschieben, um den amerikanischen Konsum zu finanzieren“, sagt Holger Sandte, Volkswirt bei der WestLB. So viel wäre schon jetzt nötig, um das Defizit in der Leistungsbilanz auszugleichen.

Doch private Investoren legen nur an, wenn Rendite winkt. Solange die Stimmung so eindeutig gegen den Dollar spricht, schrecken schon drohende Währungsverluste Anleger ab.



Kurzfristige Anlagen unattraktiv
Hinzu kommt, dass der Leitzins in den USA bei 1,0 Prozent liegt, so dass kurzfristige Anlagen völlig unattraktiv sind, selbst zehnjährige Staatsanleihen werfen bei einer Inflationsrate von 1,8 Prozent real gerade mal etwas mehr als zwei Prozent ab. Bleibt der Aktienmarkt.

Doch angesichts der vergleichsweise hohen Bewertung amerikanischer Aktien erscheint vielen Anlegern ein Einstieg zu riskant. Sie investieren daher woanders, zum Beispiel in Japan. „Seit 33 Wochen fließt mehr ausländisches Geld in den japanischen Aktienmarkt als abgezogen wird“, sagt der Devisenspezialist Fritsch.

Wer also kauft Dollars, um einen Absturz zu verhindern? Es sind die Zentralbanken der Länder, die unter der Dollarschwäche leiden. Die Bank von Japan etwa stockt seit Monaten die Dollarreserven auf, damit der Yen nicht zu stark wird und den japanischen Exporteuren das Leben schwer macht.

Dagegen hält sich die Europäische Zentralbank (EZB) bislang zurück, auch wenn sich die Stimmen mehren, die eine Intervention fordern. Weil aber Japan interveniert und Chinas Währung an den Dollar gekoppelt ist, liegt die Hauptlast der Dollarabwertung auf dem Euro.



Wette auf den kurzfristigen Trend
Ist also die Spekulation auf einen weiteren Euroanstieg im Jahr 2004 eine sichere Wette? „In so einer Dynamik lohnt es sich fast immer, auf den kurzfristigen Trend zu setzen“, sagt Volkswirt Sandte. Das tun derzeit etwa die Eigenhändler der Banken und Hedge Fonds.

Besonders sicher sind sich die Spekulanten seit dem 20. September. An diesem Tag erklärten die Chefs der sieben größten Wirtschaftsnationen (G7), dass sie flexiblere Wechselkurse für wünschenswert hielten, und gaben damit ein Signal, dass eine Dollarabwertung politisch gewünscht ist.

„Das Statement klingelt den Devisenhändlern noch in den Ohren“, sagt der Marktbeobachter Sandte. Bis zur Präsidentschaftswahl im November 2004 hat die Regierung Bush kein Interesse daran, Haushalt und Leistungsbilanz durch eine restriktivere Finanz- oder Geldpolitik ins Gleichgewicht zu bringen. Nur wenn der Dollar fällt, werden daher die US-Importe sinken und die Ausfuhren steigen, bis die Schieflage begradigt ist.

Eine Umfrage der SZ unter 22 Banken ergab allerdings Mitte Dezember, dass die Analysten den Euro Ende 2004 etwa auf dem aktuellen Niveau sehen. Drei Dinge sprechen nach Einschätzung des WestLB-Volkswirtes Sandte dafür, dass sich die Dollarabwertung zumindest verlangsamt: „Die asiatischen Währungen werden künftig einen größeren Teil der Dollarabwertung tragen.“

Zweitens werde im Jahresverlauf die Konjunkturentwicklung an den Devisenmärkten wieder stärker wahrgenommen. Wenn die US-Wirtschaft weiterhin schneller wachse als die europäische, spreche dies für den Dollar.



Markt braucht neue Themen
Schließlich sieht der Marktbeobachter noch ein weiches Argument für einen härteren Dollar: „Alle halbe Jahr brauchen die Devisenhändler ein neues Thema.“ Vielleicht spekulieren sie dann darauf, dass der marode Stabilitätspakt und der Zank um die Osterweiterung der EU den Höhenflug des Euro beenden.


Süddeutsche.de  



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