Der Börsenkrimi 2003: Ende gut - alles gut
Mutige Anleger können nach drei Jahren Bärenmarkt wieder dicke Gewinne einfahren - J.P. Morgan bestes Dax-Analysehaus
von Thomas Exner und Holger Zschäpitz
Berlin - Wenn sich das Börsenjahr 2003 einen Superlativ verdient hat, dann den des wohl bisher verrücktesten Börsenjahres überhaupt. Nie zuvor mussten die deutschen Börsianer eine solch höllische Berg-und-Tal-Fahrt durchstehen. Nach einem alle Dimensionen sprengenden Ausverkauf im Februar und März und einem Acht-Jahres-Tief im Dax, steht nun in der Schlussbilanz des heimischen Leitbarometers ein Plus von sage und schreibe 35 Prozent zu Buche. Das Jahr 2003 ist damit für die Freunde deutscher Standardwerte zwar kein Spitzenjahrgang, aber immerhin ein sehr guter geworden.
Wer die Lese nun genießen kann, musste zuvor seinen Mut und sein Durchhaltevermögen unter Beweis stellen. Denn zu Jahresbeginn schien die Welt grau in grau: Der bevorstehende Irak-Krieg, die grassierende Sars-Furcht und die Sorge vor einer deflationären Entwicklung versetzten die Finanzmarktakteure in Angst und Schrecken. Vielen institutionellen Investoren fehlten die Nerven oder auch schlicht die Rücklagen, um diese Zitterpartie durchzustehen. Sie warfen ihre verbliebenen Aktienpakete zu Discount-Preisen über Bord. Die Folge: Der Dax stürzte am 12. März auf nur noch 2188 Punkte ab - der tiefste Stand seit dem 22. November 1995.
Der Dax bot schlicht ein Bild der Verheerung. Ab Ende Januar notierte mit dem Absturz der Münchener-Rück-Aktie keines der Aushängeschilder des deutschen Aktienmarktes mehr dreistellig. Viele der Gesellschaften wurden an der Börse zu einem Bruchteil ihres Buchwertes gehandelt. In drei Jahren Bärenmarkt hatten sich beinahe 400 Mrd. Euro Anlegergelder in Luft aufgelöst.
Doch mit dem Beginn des Krieges im Irak drehte die Stimmung komplett. Die zuvor verzagten und zermürbten Investoren gewannen auf einmal neues Vertrauen und setzten auf ein rasches Ende des Konfliktes. Die Wette lautete, dass dann sinkende Ölpreise die Weltkonjunktur endlich würden anspringen lassen. Tatsächlich dauerte es zwar lange, bis sich die Anzeichen für eine wirtschaftliche Erholung verdichteten. Doch an den Börsen nahm eine imposante Erholungsrallye ihren Anfang, die den Dax in mehreren Wellen bis heute um beinahe 80 Prozent von seinem Tief ansteigen ließ.
Inzwischen ist die längste und schwerste Baisse seit der Weltwirtschaftskrise in den dreißiger Jahren zur Geschichte geworden. Bei 27 von 30 Dax-Werten finden sich in der Jahresbilanz nun positive Vorzeichen - die von Übernahmespekulationen getriebene Commerzbank und die neu in den deutschen Aktienadel aufgestiegene Continental haben ihre Kurse vom Jahresbeginn sogar verdoppelt. Die Notierungen von MAN und SAP weisen Aufschläge von rund 80 und 75 Prozent auf. Selbst beim vermeintlich eher langweiligen Papier der Deutschen Post, das von trüben Konjunkturaussichten und den Ängsten um den Irak-Krieg heftig gebeutelt wurde, steht inzwischen ein Plus von über 60 Prozent zu Buche.
Nur die Münchener Rück, der weltweit größte Rückversicherer, fällt mit einem dicken Minusstrich aus dem positiven Bild heraus und belegt damit den letzten Platz im Dax-Performancevergleich. Unzureichende Renditen im Rückversicherungsgeschäft, Probleme beim Erstversicherer Ergo und hohe Abschreibungen auf die Kapitalanlagen sind aus Sicht der Investoren offenbar gewichtige Hypotheken. Auch die Aktionäre von Schering, Henkel und der von der flauen Tourismuskonjunktur geplagten TUI dürften kaum zufrieden sein. Und beim vorjährigen Dax-Sieger Adidas-Salomon fällt das Plus 2003 mit knapp acht Prozent ebenfalls eher karg aus.
Rückblickend ist der Anleger am besten gefahren, der auf die Verlierer des Vorjahres gesetzt hat. Wer dagegen auf Analystentipps setzte, verpasste die besten Chancen. Vor allem die Aufholjagd der Finanzwerte wurde von den Profis komplett verschlafen. Von den zehn führenden Investmentbanken hatte zum Jahresanfang keine einzige diesen Sektor auf ihrer Kaufliste. Und auch sonst landeten die Experten in den Analyseabteilungen augenscheinlich eher Zufallstreffer. So wurden die Kursziele bei SAP und Deutscher Post durchweg zu niedrig gesetzt, die Schwäche von Henkel und Schering sowie die Underperformance der Deutschen Börse waren bei keinem auf dem Radar.
Einige wenige Analysten erwiesen sich in dem schwierigen Umfeld allerdings als wahre Propheten. So prognostizierte Thomas Aney, Auto-Analyst von Dresdner Kleinwort Wasserstein (DrKW) nicht nur die Kursverdoppelung bei Conti bis auf 20 Cent genau, sondern er erwies sich auch bei Volkswagen als Klassenbester. Und Michael Huttner von J.P. Morgan warnte die Anleger bei der Münchener Rück bereits im Dezember 2002 vor einem zweistelligen Minus. Sein Kursziel damals: 94 Euro. Der Kurs heute: gut 95 Euro.
Auch insgesamt hat sich J.P. Morgan das Prädikat des führenden Analysehauses 2003 bei den Dax-Titeln verdient. Bei sechs Titeln waren die Vorhersagen des US-Hauses am treffsichersten. Mit jeweils vier "goldenen" Prognosen rangieren DrKW, UBS und Deutsche Bank gemeinsam auf Platz zwei.
Welt.de
Mutige Anleger können nach drei Jahren Bärenmarkt wieder dicke Gewinne einfahren - J.P. Morgan bestes Dax-Analysehaus
von Thomas Exner und Holger Zschäpitz
Berlin - Wenn sich das Börsenjahr 2003 einen Superlativ verdient hat, dann den des wohl bisher verrücktesten Börsenjahres überhaupt. Nie zuvor mussten die deutschen Börsianer eine solch höllische Berg-und-Tal-Fahrt durchstehen. Nach einem alle Dimensionen sprengenden Ausverkauf im Februar und März und einem Acht-Jahres-Tief im Dax, steht nun in der Schlussbilanz des heimischen Leitbarometers ein Plus von sage und schreibe 35 Prozent zu Buche. Das Jahr 2003 ist damit für die Freunde deutscher Standardwerte zwar kein Spitzenjahrgang, aber immerhin ein sehr guter geworden.
Wer die Lese nun genießen kann, musste zuvor seinen Mut und sein Durchhaltevermögen unter Beweis stellen. Denn zu Jahresbeginn schien die Welt grau in grau: Der bevorstehende Irak-Krieg, die grassierende Sars-Furcht und die Sorge vor einer deflationären Entwicklung versetzten die Finanzmarktakteure in Angst und Schrecken. Vielen institutionellen Investoren fehlten die Nerven oder auch schlicht die Rücklagen, um diese Zitterpartie durchzustehen. Sie warfen ihre verbliebenen Aktienpakete zu Discount-Preisen über Bord. Die Folge: Der Dax stürzte am 12. März auf nur noch 2188 Punkte ab - der tiefste Stand seit dem 22. November 1995.
Der Dax bot schlicht ein Bild der Verheerung. Ab Ende Januar notierte mit dem Absturz der Münchener-Rück-Aktie keines der Aushängeschilder des deutschen Aktienmarktes mehr dreistellig. Viele der Gesellschaften wurden an der Börse zu einem Bruchteil ihres Buchwertes gehandelt. In drei Jahren Bärenmarkt hatten sich beinahe 400 Mrd. Euro Anlegergelder in Luft aufgelöst.
Doch mit dem Beginn des Krieges im Irak drehte die Stimmung komplett. Die zuvor verzagten und zermürbten Investoren gewannen auf einmal neues Vertrauen und setzten auf ein rasches Ende des Konfliktes. Die Wette lautete, dass dann sinkende Ölpreise die Weltkonjunktur endlich würden anspringen lassen. Tatsächlich dauerte es zwar lange, bis sich die Anzeichen für eine wirtschaftliche Erholung verdichteten. Doch an den Börsen nahm eine imposante Erholungsrallye ihren Anfang, die den Dax in mehreren Wellen bis heute um beinahe 80 Prozent von seinem Tief ansteigen ließ.
Inzwischen ist die längste und schwerste Baisse seit der Weltwirtschaftskrise in den dreißiger Jahren zur Geschichte geworden. Bei 27 von 30 Dax-Werten finden sich in der Jahresbilanz nun positive Vorzeichen - die von Übernahmespekulationen getriebene Commerzbank und die neu in den deutschen Aktienadel aufgestiegene Continental haben ihre Kurse vom Jahresbeginn sogar verdoppelt. Die Notierungen von MAN und SAP weisen Aufschläge von rund 80 und 75 Prozent auf. Selbst beim vermeintlich eher langweiligen Papier der Deutschen Post, das von trüben Konjunkturaussichten und den Ängsten um den Irak-Krieg heftig gebeutelt wurde, steht inzwischen ein Plus von über 60 Prozent zu Buche.
Nur die Münchener Rück, der weltweit größte Rückversicherer, fällt mit einem dicken Minusstrich aus dem positiven Bild heraus und belegt damit den letzten Platz im Dax-Performancevergleich. Unzureichende Renditen im Rückversicherungsgeschäft, Probleme beim Erstversicherer Ergo und hohe Abschreibungen auf die Kapitalanlagen sind aus Sicht der Investoren offenbar gewichtige Hypotheken. Auch die Aktionäre von Schering, Henkel und der von der flauen Tourismuskonjunktur geplagten TUI dürften kaum zufrieden sein. Und beim vorjährigen Dax-Sieger Adidas-Salomon fällt das Plus 2003 mit knapp acht Prozent ebenfalls eher karg aus.
Rückblickend ist der Anleger am besten gefahren, der auf die Verlierer des Vorjahres gesetzt hat. Wer dagegen auf Analystentipps setzte, verpasste die besten Chancen. Vor allem die Aufholjagd der Finanzwerte wurde von den Profis komplett verschlafen. Von den zehn führenden Investmentbanken hatte zum Jahresanfang keine einzige diesen Sektor auf ihrer Kaufliste. Und auch sonst landeten die Experten in den Analyseabteilungen augenscheinlich eher Zufallstreffer. So wurden die Kursziele bei SAP und Deutscher Post durchweg zu niedrig gesetzt, die Schwäche von Henkel und Schering sowie die Underperformance der Deutschen Börse waren bei keinem auf dem Radar.
Einige wenige Analysten erwiesen sich in dem schwierigen Umfeld allerdings als wahre Propheten. So prognostizierte Thomas Aney, Auto-Analyst von Dresdner Kleinwort Wasserstein (DrKW) nicht nur die Kursverdoppelung bei Conti bis auf 20 Cent genau, sondern er erwies sich auch bei Volkswagen als Klassenbester. Und Michael Huttner von J.P. Morgan warnte die Anleger bei der Münchener Rück bereits im Dezember 2002 vor einem zweistelligen Minus. Sein Kursziel damals: 94 Euro. Der Kurs heute: gut 95 Euro.
Auch insgesamt hat sich J.P. Morgan das Prädikat des führenden Analysehauses 2003 bei den Dax-Titeln verdient. Bei sechs Titeln waren die Vorhersagen des US-Hauses am treffsichersten. Mit jeweils vier "goldenen" Prognosen rangieren DrKW, UBS und Deutsche Bank gemeinsam auf Platz zwei.
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