Leichenfledderer bei eBay, Kondolenzbotschaften auf Pornoseiten
Nach den schockierenden Terroranschlägen von New York und Washington kocht es im Web. Selbst Porno-Websites machten sich Dienstagnacht zu News-Seiten. In den Newsgroups herrscht Trauer und Wut. Zugleich versuchten zahlreiche Leichenfledderer, bei eBay WTC-Memorabilien zu versteigern.
Kondolenz: In den Morgenstunden sperrte eBay alle WTC-Auktionen
Gegen 21 Uhr deutscher Zeit bestand die wohl beste Gelegenheit, schnell und preiswert an ein echtes Bruchstück des World Trade Center zu gelangen. Die Zahl der Auktionen bei eBay war bis dahin auf mindestens 16 angewachsen. Im Angebot: Videos des Desasters, Metallstücke, Glassplitter, Fetzen verschiedener Materialien - doch so recht wollten die Preise nicht steigen, denn schon wenige Minuten nach dem Auftauchen der Auktionen liefen erste Boykottaufrufe durch das Web.
Denn als die News-Sites in Amerika unter dem Surfer-Andrang in die Knie gingen, als der Wegfall der New Yorker Knoten das Web selbst zeitweilig um Entwicklungsjahre zurückwarf, da funktionierte nur ein Bereich des Internet zuverlässig und schnell: die Newsgroups des Usenet und die IRC-Chats.
Gerade die Newsgroups erlebten in Amerikas schlimmster Stunde ein erschütterndes Revival. Tausende von Menschen in aller Welt verbrachten die Nacht damit, miteinander zu reden. Die Rufe nach Vergeltung, nach Krieg, nach nuklearen Schlägen "gegen Afghanistan, Israel und Palästina" dominieren. Die Wellen irrationalen Hasses, die durch das Web liefen und noch laufen, erschütterten fast noch mehr als die der Trauer. Was bleibt im Gedächtnis: die Aufrufe zu gemeinsamen Gebeten, zu Besonnenheit - oder die, alle Muslims zu töten und "ihre Frauen zu vergewaltigen"?
Es gab auch diese kurzen, wütenden Absprachen von Diskutanten in der Newsgroup soc.culture.usa und anderswo, es den "Palis" bei soc.culture.palestine "zu zeigen. Ein Welle E-Mail-Bomben wird denen schon zeigen, woher der Wind weht". Und ja, die Palästina-Gruppe ging unter in einer Hass-Mail-Welle, in der nach der Nuklearbombardierung Palästinas gerufen wurde.
Menschliche Nähe
Doch es gab auch ganz andere Szenen. Es gab diesen hektischen Austausch von Nachrichten, wie es ihn seit Jahren im Usenet nicht mehr gegeben hatte. Spätestens als die ersten New Yorker den Weg zurück ins Web gefunden hatten, begannen diese Nachrichten zum Teil die Aktualität von Fernsehen und Radio zu überholen. Dass dabei die Gerüchteküche überkochte und verlässliche Nachricht nicht mehr von Hörensagen zu trennen war, steht auf einem anderen Blatt - aber darum geht es ja auch gar nicht.
In der Nacht von Dienstag zu Mittwoch tauschten Menschen Nachrichten nicht, um damit Geschwindigkeitsrekorde zu brechen, sondern weil sie das unbegreifliche, barbarische Massaker von New York zutiefst betroffen machte. Und bald schon gingen immer mehr Postings genau in diese Richtung: Menschen in aller Welt rückten sich virtuell näher und sprachen sich gegenseitig ihre Anteilnahme aus.
Und wirkten konstruktiv. Als bereits weniger als vier Stunden nach dem Terroranschlag von New York erste "WTC"-Auktionen bei eBay aufkamen, da machte das Wort in den Newsgroups binnen Minuten die Runde: Protestiert gegen diese Leichenfledderei!
Einige Stunden noch stieg die Zahl der Angebote - und traf auf kaum eine Nachfrage. Eine Lektion in Anstand, die in den frühen Morgenstunden des Mittwochs in der Zensur der betreffenden Auktionen bei eBay resultierte. Auf ihr Geschäft verzichteten im Laufe der Nacht aber nicht nur Auktionsseiten, sondern selbst manche hartgesottene Schmuddelanbieter.
So hatten die Betreiber von Whitehouse.com, der notorischen Porno-Website mit der so "regierungsnahen" Web-Adresse, kurzerhand entschieden, ihre Homepage umzufunktionieren. Den Surfer empfing dort nicht mehr als eine nüchterne Kondolenzadresse und dahinter ein persönlicher Erlebnisbericht aus den Außenbezirken von New York.
Erschütterndes Zeitdokument: die Newsgroups, Dienstagnacht
Die Diskussionen laufen nach wie vor, Tausende von Postings dokumentieren die Reaktionen von Menschen in aller Welt direkt nach den Anschlägen. Derzeit besonders frequentierte Newsgroups:
alt.security.terrorism
alt.disasters.aiation
soc.culture.arabic
soc.culture.palestine
soc.culture.usa
talk.politics.mideast
WWW auf Halbmast
Einen Tag nach dem Terrorangriff auf die USA dominiert der Schock über die Dimensionen des Terrorangriffs die Berichte und Diskussionen im Internet. Selbst auf ausgesprochen technisch orientierten Websites wie scripting.com, Slashdot oder Hardcore-Gamer-Sites wie Bluesnews dreht sich alles nur um die gestrigen Anschläge. 3dchipset.com etwa meldet: "Bei dem, was gerade in den Vereinigten Staaten vorgeht, wird es heute keine News mehr geben. Das ist so ziemlich das Schlimmste, was jemals passiert ist. Wir widmen unsere Gebete denen, die Opfer dieser Katastrophe wurden."
Über die Zahl der Toten und Verletzten kann derzeit nur spekuliert werden. Nach unbestätigten Angaben sollen 200 Feuerwehrleute und 80 Polizisten bei Rettungseinsätzen den Tod gefunden haben. In den Trümmern des zerstörten Teils des Pentagon werden bis zu 800 Opfer vermutet. Tausende sollen unter der Ruine des World Trade Center begraben sein. In den entführten Passagiermaschinen kamen mindestens 266 Menschen ums Leben. Der New Yorker Bürgermeister Rudolph Giuliani spricht von weiteren 1100 Verletzten, die derzeit von Ärzten und Pflegern versorgt werden.
Nach dem ersten Ansturm sind US-Medien wie CNN, ABCNews, die New York Times oder das Wall Street Journal wieder erreichbar – obwohl sich die Nachrichtenlage langsam klärt, herrscht offenbar ein großer Bedarf in der geschockten Netzwelt, sich über das Geschehen auszutauschen. Nachdem das Internet in den ersten Stunden nach den Anschlägen von vielen dazu genutzt wurde, um mit Angehörigen Kontakt aufzunehmen oder sich unmittelbar über das Geschehen zu informieren, überwiegen mittlerweile – teilweise sehr emotionale – Diskussionsbeiträge. So berichtet etwa der US-Nachrichtensender CNN, dass zahlreiche islamische Websites in den USA derzeit vom Netz gehen, weil die Server dem Ansturm wütender E-Mails nicht gewachsen sind.
Nach Angaben des Internet-Newsdienstes Network World Fusion reagieren einige Anbieter von anonymen E-Mail-Services mit der zeitweisen Einstellung ihres Dienstes. Sie sehen sich angesichts der Katastrophe einem unmöglichen Spagat zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung und der Verbreitung von Rache- und Hasstiraden ausgesetzt. Es gehe nicht darum, dass das Remailer Network in irgendeiner Weise von Terroristen genutzt werde, so einer der Operatoren. Vielmehr befürchte er, dass falsche Drohungen, Tipps und anderer "Müll" an die Newsgroups, staatliche Einrichtungen oder offiziell Verantwortliche gesendet würden.
Über die Folgen der Anschläge für die US-Wirtschaft und insbesondere die IT-Wirtschaft kann zur Stunde nur spekuliert werden. Die gestrigen Anschläge haben die US-Finanzwelt vorerst zum Erliegen gebracht – die US-Börsen bleiben bis auf weiteres geschlossen. Die asiatischen und europäischen Börsen hingegen setzen den Handel fort. Die Talfahrt des US-Dollars gegenüber dem Euro – unmittelbar nach Bekanntgabe der Terroranschläge hatten Devisenhändler panikartig Dollarbestände verkauft – ist vorerst gestoppt. Finanzexperten fürchten, die Anschläge könnten eine weltweite Rezession auslösen: In Krisenzeiten suchten Anleger immer sichere Häfen für ihre Gelder und würden dazu tendieren, ihr Geld aus den unsicheren Aktienmärkten abzuziehen.
Gemäßigter Raab und kein Schmidt
Lustig wird's zunächst nicht zugehen im deutschen Fernsehen. Stattdessen kommt es wegen der Attentate in den USA in dieser Woche zu zahlreichen Programmänderungen.
Eine Sat.1-Sprecherin kündigte an, dass die «Harald Schmidt Show» ausfalle. soviel steht fest. Ob allerdings Schmidts Kollege Stefan Raab in dieser Woche seine Sendung «TV Total» auf ProSieben moderieren wird, war bis Dienstagnachmittag unklar. Doch entgegen zunächst anderslautender Berichte, hieß es dann beim Sender, Raab werde am Donnerstag nun eine «ruhige, angemessene und gemäßigte» Ausgabe ohne Studiopublikum produzieren, in der er Stellung zu den aktuellen Ereignissen nehmen werde. Die ProSieben-Comedys «Smack The Pony» und «Bullyparade» dagegen entfallen.
Auch RTL entschloss sich, die für Freitag geplanten Comedyreihen «7 Tage, 7 Köpfe» und «Freitag Nacht News» aus dem Programm zu nehmen. Die Rückkehr von «Ritas Welt» mit Gaby Köster und der Start der neuen Serie «Mein Leben & ich» sollen aber über die Bühne gehen. Sat.1 wiederum wollte sich zum geplanten Neustart der Comedyreihe «Wochenshow», die am Samstag mit vier neuen Komikern loslegen will, noch nichts sagen.
Sicher ist, dass Günther Jauch mit seinem Quiz «Wer wird Millionär?» nach dreieinhalb Monaten Pause wieder auf die RTL-Bildschirme zurückkehren wird.
Volksmusik aufgezeichnet, nicht ausgestrahlt
Die für Freitag und Sonntag angesetzten Katastrophenfilme «Das große Inferno» und «Katastrophenflug 243» auf ProSieben werden nicht ausgestrahlt.
Das ZDF sagte für Mittwochabend «Die große Show der Sieger» ab, die als Aufzeichnung zu einem späteren Zeitpunkt zu sehen sein. Auch «Die volkstümliche Hitparade», vorgesehen als Live-Sendung für Donnerstag wird in München aufgezeichnet und an einem anderen Tag ausgestrahlt. Die für Mittwochabend vorgesehene Aufzeichnung der Wies'n-Eröffnung aus dem Hofbräuhaus-Zelt, die am 21. September gezeigt werden sollte, hat das ZDF abgesagt.
Darüber hinaus aber hieß es beim ZDF ebenso wie bei der ARD, man könne im wesentlichen nur den laufenden Tag planen.
Das Web solidarisiert sich mit den Opfern
Das Internet ist Drehscheibe bei der Information über die Katastrophe, der Suche nach Vermissten und der Hilfe für die Opfer. Besonders nachgefragt sind Angebote die helfen wollen, Gewißheit über Leben oder Tod von Verwandten oder Freunden zu schaffen. So hat die Uni Berkeley eine Datenbank online gestellt, in der man nach Angehörigen suchen oder als Überlebender eine Nachricht hinterlassen kann. Die Seite ist allerdings zurzeit schwer zu erreichen.
Shunn.net mußte seine Registrierungsseite bereits unter der "überwältigenden Nachfrage" schließen, so Betreiber Ben Shunn. Jedoch findet sich dort eine Liste mit den Namen von sehr vielen Überlebenen sowie Links zu weiterführenden Seiten. Wichtige Telefonnummern, wie die der New Yorker Polizei und Feuerwehr hat die Schweizer Internet-Agentur Kaufcom auf einer "gespendeten" Website zusammengefasst.
Um den Kontakt zu Freunden und Verwandten in Amerika zu erleichtern, haben einige Telefon-Anbieter in Österreich Gratisverbindungen in die USA geschaltet, meldet der ORF auf seiner Internetseite Futurezone. Angesichts der schon aufgestockten, aber wohl zeitweilig immer noch zu knappen Transatlantik-Leitungen gewinnen die sofort im angeschlossenen Forum erhoben Forderungen Gewicht, den Null-Tarif für Gratisgespräche in die USA nicht zu nutzen, wenn man nicht wirklich in Sorge sei.
Ein Tag nach dem Terroranschlag ist immer noch unklar, wer dahinter steckt. Auch die Auswertung der Passagierlisten und die von verschiedenen Seiten gemeldeten Handy-Telefonate, die aus den entführten Maschinen geführt worden sind, haben offenbar noch keine heiße Spur ergeben. Die US-Bundespolizei FBI möchte nun Hinweise und Beobachtungen zum Attentat und den Flugzeugentführungen auch über eine eigens eingerichtete Website entgegennehmen. Das Angebot ist jedoch wenige Sekunden nach seiner öffentlichen Bekanntgabe zusammengebrochen. Es gibt zwar noch keine Täter, aber es werden bereits Stimmen laut, die der US-Regierung eine gewisse Mitschuld geben. So hat cnet news das Aussenministerium bezichtigt, durch den fortgesetzten Einsatz veralteter Computer in den Botschaften und Konsulaten, keine wirklich wasserdichte Kontrolle von Visa-Anträgen ermöglicht zu haben.
Zwischen die üblichen Geschäftsmeldungen mischen sich nun vermehrt Mitteilungen vom Tod von Firmenangehörigen, die sich in einem der Flugzeuge oder getroffenen Gebäude befanden (wir berichteten).
Aus verständlichen Gründen steht in den USA nur Wenigen der Sinn nach "Business as usual" und so reagieren auch die IT- und Internetfirmen dort unterschiedlich. Während der Online-Shopping-Anbieter Amazon prominent zur Blut- und Geldspende auffordert (siehe Meldung vom Nachmittag) dürfen beim virtuellen Auktionshaus Ebay keine Gegenstände mehr versteigern werden, die irgendetwas mit dem Pentagon und dem World Trade Center zu tun haben.
Internettechnik erweist sich als krisenfest
Inmitten von Chaos und überlasteten Telefonnetzen nach den Anschlägen in den USA hat sich das Internet als ein krisenfester Kommunikationskanal für Unternehmen und das US-Militär erwiesen.
"Das Internet hat gezeigt, dass es seine Funktion als Kommunikationsmittel während einer Krise erfüllen kann", schrieb Analystin Maurene Grey vom US-Marktforschungsunternehmen Gartner in einer noch am Dienstag veröffentlichten Analyse.
Bei Internetdiensten wie E-Mail und Kurznachrichten (Instant Messaging) war auch während des größten Chaos keinerlei Ausfall zu verzeichnen gewesen, obwohl in den Untergeschossen des eingestürzten World Trade Center Leitungen und Netzelektronik der Telekommunikationsunternehmen Sprint und Worldcom zerstört wurden und auch Nachrichten-Websites teilweise unerreichbar blieben.
Moderne Telefon- und Datennetze sind so ausgelegt, dass zerstörte Leitungen und Vermittlungscomputer nach gewisser Zeit automatisch erkannt und durch Umgehungsstrecken ersetzt werden. Im Gegensatz zum Telefonnetz ist das Internet jedoch durch umfangreiche Investitionen in den vergangenen Jahren um ein Vielfaches leistungsfähiger, als es der normale Bedarf erfordern würde.
Der zentrale Internet-Knotenpunkt in Manhattan liegt zudem in der Hudson Street, etwa einen Kilometer nördlich des zerstörten World Trade Center. Ein Anschlag auf dieses Rechenzentrum, durch das etwa ein Fünftel des weltweiten Internet-Datenverkehrs geleitet wird, hätte Teile von Manhattan vollständig vom Internet abgeschnitten.
In den Minuten direkt nach dem Einschlag des ersten Jets im World Trade Center war das Datenaufkommen an den Netzknoten in Frankfurt und London plötzlich gesunken, anscheinend, weil durch die Nachrichten aufgeschreckte Nutzer gebannt die Bilder auf den Fernsehschirmen verfolgten.
Danach jedoch begann der Run auf die Nachrichten im Netz. Unternehmen wie CNN oder MSNBC waren von der Masse der Abfragen zunächst überrumpelt, reagierten dann mit abgespeckten Notausgaben völlig ohne Werbung, die weniger Übertragungskapazität beanspruchen. Die Übertragung von E-Mail oder Kurznachrichten war durch diese Ausfälle nicht beeinträchtigt.
Auch das interne Kommunikationsnetz des US-Militärs, das vom Telekomunternehmen Worldcom betrieben wird, war zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt, da die Technik nicht im zerstörten Westflügel des Pentagon untergebracht ist.
Trauer- und Ermittlungs-Websites
Unterdessen wird das Netz nach den Anschlägen zu einem Medium für Trauernde, Überlebende, Betroffene und Ermittler. Die Universität Berkeley richtete eine Website ein, die Lebenszeichen von Betroffenen sammelt, die dann von Angehörigen oder Kollegen nach Namen durchsucht werden können. Am Abend waren dort Einträge von etwa 1800 Überlebenden zu finden.
Unter der Adresse worldtradecenter.com - deren Eigentümer zuvor mit einem Verkauf des profitträchtigen Namens geliebäugelt hatte - entstand am Dienstag eine Seite für spontane Trauerbekundungen, auf der sich bis Mittwoch Abend etwa 2200 Internetnutzer aus aller Welt eingetragen hatten. Am Dienstag hatten Freiwillige in einem eigenen Chat-Kanal eine Live-Mitschrift der Fernsehnachrichten verbreitet und sich über die schrecklichen Bilder ausgetauscht.
Auch die US-Bundespolizei FBI richtete eine Website ein, auf der die Behörde Hinweise zu den Anschlägen entgegennimmt.
Die unwirkliche Stille im World Wide Web
Ereignisse wie das schreckliche Drama am Dienstagnachmittag in New York und Washington lassen alle anderen Geschehnisse in den Hintergrund treten und sind mit den Mitteln der Medien kaum zu fassen. Auch das Internet, das sonst als verlässliches Informationsmedium gilt, war in den dramatischen Stunden am World Trade Center nicht in der Lage, jene Zusatzinformationen bereit zu stellen, für die die Menschen dieses Medium normalerweise nutzen. Über Stunden blieben sämtliche Aufrufe von Seiten wie cnn.com oder msnbc.com erfolglos, meldeten die Server, dass die gewünschten Seiten nicht aufgerufen werden können. Noch am späten Abend blieb den Online-Journalisten nur eine Chance, ihrer Aufgabe dennoch nachzukommen: Wo sonst beispielsweise auf CNN online ein umfassender Überblick über alle Themenbereiche gegeben wird, wurde gestern die normale Tagesordnung über Bord geworfen. Ein einziges Bild von Menschen, die vor den einstürzenden Gebäuden in Manhatten flüchten, ein kurzer Vorspann unter der Headline "Amercia under Attack" und eine kleine Zahl von kurzen Informationen, von denen nicht einmal alle mit einem Link zu weiterführenden Artikeln versehen waren.
Es mangelte nicht an Informationen. Gestern jedoch war Sparsamkeit das Gebot des Tages. Über Stunden versuchten Menschen aus allen Teilen der Welt an jede nur erdenkliche Information zu gelangen, wollten wissen, ob ihre Angehörigen zu den Opfern der Attentate gehören. Das letzte Mal, als das Internet einen derartigen Ansturm erlebte, wurden in den USA die Lewinsky-Protokolle online gestellt. Doch während seinerzeit nur jene Anbieter vom gigantischen Verkehrsaufkommen betroffen waren, die sich die brisanten Papiere zuerst besorgt hatten, traf es diesmal das gesamte Internet. Überall, nicht nur in den USA, waren die Info-Portale überlastet. In Deutschland waren die Seiten von Spiegel online, der Süddeutschen oder von Tagesspiegel.de in den ersten Stunden nach der Katastrophe nur sehr schwer zu erreichen. Erst nachdem neue Server und Leitungen geschaltet wurden, gelang es, dem Informationsbedarf der Nutzer gerecht zu werden.
Der Tag in den USA hat nicht nur die Art verändert, wie Online-Journalismus mit einem solchen Ereignis umgeht. Auch in den Chatrooms wurde die normale Tagesordnung durchbrochen. Wo sonst Menschen zum schnellen Internet-Flirt oder zum Gedankenaustausch über ihre Hobbys zusammenkommen, standen am Dienstag die Anschläge in den USA über allem. So auch auf www.chat.de, wo sonst häufig die Beliebigkeit das Chat-Geschehen bestimmt, wurde gestern mit einer sonst kaum anzutreffenden Ernsthaftigkeit darüber diskutiert, was in New York und Washington passiert ist, und was dies möglicherweise für die Weltpolitik bedeutet. Teils persönliche Betroffenheit, teils Erschütterung und Wut und mitunter Anteilnahme für die Angehörigen der Opfer.
Wer sich jedoch ein Bild davon machen wollte, in welcher Stimmung sich Amerika nach dem schweren Schlag gegen die Nation befindet, fand gestern in den US-Chatrooms kaum Antworten. Anders in den Internet-Newsgroups. Auch die bekannten Verschwörungstheorien der Cyber-Freaks leben hier weiter, wenn beispielsweise das gestrige Datum 11.9.2001 zur Zahl 23 zusammengezählt wird. Diese Zahl gilt als Zeichen der Illuminaten, jener Sekte, die mit den verschiedensten Attentaten in Verbindung gebracht wird. Und ein weiterer Ausdruck durchzieht die verschiedensten Diskussionsstränge der Newsgroups: "Pearl Harbour 2, Sept. 11, USA", daran fühlen sich die Amerikaner nach den schrecklichen Attacken auf das wirtschaftliche und politische Zentrum der Vereinigten Staaten erinnert.
Ohne Verbindung, mit Extras: die Medien nach den Attentaten
Die Terroranschläge in den USA bringen Bewegung in den Medien: News-Websites reduzieren ihr Angebot, Wochenzeitungen und -zeitschriften erscheinen früher, Viva verzichtet auf Programm - und die «FAZ» bricht mal wieder mit der Tradition.
Es hat nicht lange gedauert: Kaum, dass das erste der entführten Flugzeuge gegen 8.42 Uhr (Ortszeit) in das World Trade Center in New York raste und die TV-Sender wenig später die ersten Bilder zeigten, stiegen auch die Zugriffe auf internationale und nationale Nachrichtensites. Wenig später ging für einige Zeit fast überall im Netz nichts mehr.
Auch am Dienstagabend ist etwa die Site des Nachrichtensenders n-tv nur mit Mühen erreichbar. Dirk Goetz, zuständiger Projektmanager bei n-tv, gibt sich allerdings gelassen: «Das legt sich wieder», sagte er der Netzeitung. Bis zum Mittwochmorgen dürften die Schwierigkeiten, die Site anzusteuern, allerdings noch andauern. Derweil empfiehlt Goetz, doch einfach den Fernseher einzuschalten.
Doch nicht nur n-tv.de machte der großen Andrang zu schaffen: Auch auf die Webangebote des Senders N24 oder des «Spiegel» gab es zwischenzeitlich keine Zugriffsmöglichkeit, zum Teil, weil die Nutzer offenbar Probleme mit den Kapazitäten ihres jeweiligen Providers hatten. Keine vergleichbaren Probleme gab es bei der «Netzeitung«.
Die amerikanischen Sites CNN.com und New York Times.com reagierten auf den Ansturm in den Stunden nach dem Anschlag mit extrem eingeschränkten Sites, den wichtigsten Schlagzeilen und einer Handvoll Links zu weiterführenden Informationen. Und auch in Deutschland haben es inzwischen viele Sites ihr Angebot grafisch und inhaltlich reduziert.
Pro7-Gruppe: vier Sender, ein Programm
Nachdem die Nachrichtensender n-tv und N24 um 14.46 Uhr am schnellsten reagierten und Bilder des US-Partners CNN übertrugen, hatten auch die vier großen TV-Sender ihre Programm wegen der Katastrophe in den USA unterbrochen.
Seitdem unterbrachen die Sender immer wieder ihr Programme für Sondersendungen und Live-Schaltungen. Ein Novum kündigten in diesem Zusammenhang die Sender der ProSieben-Gruppe an: Sat.1, Pro7, Kabel1 und N24 wollten ab 19 Uhr das selbe Programm ausstrahlen. Bei RTL herrschte am Nachmittag noch Unklarheit über den Fortgang.
Viva zeigt Respekt
Der Musikvideo-Sender Viva hat sein Programm am Nachmittag komplett eingestellt und zeigt nur einen schwarzen Bildschirm, das Senderlogo und ein Spruchband: «Aus Respekt vor den aktuellen Geschehnissen setzen wir unser Programm vorübergehend aus.»
Bei MTV laufen zwar noch Videos. Doch sei, so Programmchef Elmar Giglinger zur Netzeitung, das Programm stark zurückgefahren: «Wir haben sämtliche Shows aus dem Programm genommen und die Musikauswahl eingeschränkt.» Werbeunterbrechungen werde soll es zunächst - allerdings reduziert - weiter geben. Am Abend lief dann auch bei MTV ein Spruchband über den unteren Bildschirmrand, das auf die Programmänderung hinwies.
«Zeit», «Spiegel» und «Focus» früher
Doch nicht nur auf die Nachrichtenangebote im Internet und das Fernsehen haben die Ereignisse in den USA Einfluss. Auch einige deutsche Zeitschriften und Zeitungen reagieren mit vorgezogenen Erscheinungsterminen und Sonderausgaben auf die Anschläge. So erscheint die «Zeit» in dieser Woche bereits am Mittwoch mit einem aktuellen Dossier zu den Hintergründen der Attentate.
Auch «Spiegel» und «Focus» wollen ihre nächsten aktualisierten Ausgaben bereits am Samstag auf den Markt bringen.
«Badische» mit Extrablatt
Die «Badische Zeitung» in Freiburg erschien wenige Stunden nach dem Einsturz des World Trade Centers in New York mit einem Extrablatt Auch der «Wiesbadener Kurier» informierte seine Leser am Abend mit einer Sonderausgabe.
Auf einen vorgezogen Erscheinungstermin verzichten müssen indes die «Woche» und der «Stern». Die Wochenzeitung will allerdings ebenfalls die US-Anschläge in der wie gewohnt am Donnerstag erscheinenden Ausgabe ausführlich berücksichtigen. Der «Stern» kann im Hauptblatt nicht mehr reagieren. Das Heft 38/2001 ist nämlich bereits fix und fertig. Um dennoch aktuell auf die Attentate reagieren zu können, werde es eine 32-seitige Sonderbeilage geben, hieß es in Hamburg.
«FAZ» mit Titelfotos
Auf ganz besondere Weise reagiert derweil die «FAZ» in ihrer Mittwochsausgabe: Sie druckt zwei Fotos auf der Titelseite - das allerdings nicht, wie spontan vermutet und wie man auf Nachfrage bei der «FAZ» versichert, zu allerersten, sondern bereits zum 14. Mal in der Geschichte der Zeitung. Zuletzt allerdings hatte man sich vor über zehn Jahren anlässlich des Mauerfalls für dem Traditionsbruch entschieden.
A Shaken Global Village on the Internet
The Internet, which was designed as part of the Cold War with global conflict in mind, linked millions of people yesterday who desperately wanted to talk to each other. E-mail and instant messaging worked even when phone networks in New York and Washington did not.
Heart-rending, first-person descriptions of horror mingled with levelheaded analysis and warnings against precipitous action while cries for vengeance flowed around lists of people who were reassuring friends and loved ones that they were all right.
So many people turned to news sites such as CNN.com and MSNBC.com that they bogged down. The Internet search engine Google directed viewers to television and radio. Many news sites stripped themselves of graphics, ads and other regular features in order to make response times faster. Keynote Systems Inc., which measures Internet performance, said it did not find any widespread problems with the Internet's main trunk lines.
But when it came to many-to-many connections, the Internet showed what it was made for. It provided the human contact to match the rush of news, serving as a lifeline for loved ones and a public forum for those who needed answers or a place to yell their cries for vengeance.
On Yahoo, the World Trade Center Disaster Chat Room 3 was a rapid discussion of war. Are we at war? What were the levels of alert? Will nuclear weapons be used? Against whom? There were two levels of chat: In bold, or capital letters, often colored, were the shouters; in regular type, with proper grammar, were the voices of reason. They did not seem to be talking with each other. Even the room names reflected the sense that the United States was having many discussions, some faster than thought, others more worried and reflective.
A sign of the times: The "Rational Analysis" area that demanded "no racism or useless banter," had only seven participants. Hundreds were clustered at "AMERICA UNDER ATTACK."
At TheWell.com, one of the world's first online communities, the tone was sober. "I thought I had lost the capacity to be as shocked as I am by this incident," wrote one person. "The beginning of a way less tolerant America, I suspect," wrote another. "After years of historical retrospectives, I now understand how the country felt after Pearl Harbor," wrote a third.
Where there was congestion on the main news sites, traffic flowed to alternative sites such as Slashdot.com, which was showing cut-and-paste summaries from the commercial sites. It was a sort of collaborative news gathering, with people pulling together information and rumor, giving participants access to more sources than they'd be able to get themselves, noted Jamais Cascio, a longtime Web analyst. More important, they gave people a chance to grieve, vent their anger and express their amazement at the scale of the tragedy.
E-mail was the overwhelming means of making sure that family and loved ones were well.
"Wow, am I glad to see your name pop up on my screen," was a frequent reply to users in the devastated cities as they sent out news of their friends and families to their entire mailing lists.
Informal Internet hostels rapidly popped up. People offered free accommodations to Net-friends in the devastated areas and those who were stranded by grounded or diverted flights. "I've seen dozens of 'call if you need a place to stay' messages so far," technology analyst Bruce Sterling reported.
Within minutes of the attacks, Internet sites began to dedicate portions of their sites to serve as virtual support groups.
America Online put up a link on one of its main screens that urged, "Share your sympathy for victims of the attacks and get advice on coping with loss." That led to a chat room called "Lean on Me" that was supposed to provide consolation for people worried about their loved ones.
There, visitors found prayers and some kind words. But mostly they found anger and profanity with the grossest stereotyping about everyone from Pakistanis and Mexicans to Americans.
"This is a sick chat," wrote one participant who was waiting for word from his father who works at the Pentagon. "This is a time of sadness, not a time to joke. . . . Have a little compassion," lectured another.
Within minutes of the attacks, the American Muslim Political Coordination Council sent out e-mails condemning the attacks. "American Muslims utterly condemn what are apparently vicious and cowardly acts of terrorism against innocent civilians. . . . No political cause could ever be assisted by such immoral acts," the group wrote.
Discussion on the soc.culture.arabic and soc.culture.israel newsgroups -- which typically feature largely academic talk about those regions -- degenerated into finger-pointing about the attacks.
"Why are Moslems always attacking civilians somewhere in the world?" wrote one man.
"Its the price you pay for supporting zionist fascists and at the same time ignoring the plight of the opressed!!" replied another.
And the Internet Relay Chat's Islam chat room was infiltrated by people who sent messages like this one: "DIE YOU ISLAM [expletive]!!!! YOU WILL GET YOURS!!!" It was sent four times at 10:28 a.m. before the author was disconnected by the administrator.
In private listservs devoted to the information industry, postings included one by a person who described himself as working for the National Security Agency that said, "I want to know as a member of the intelligence community how the [expletive] we didn't see this happening."
In a Yahoo chat room called "What Do You Think of New York," at 2:15 p.m., people were sending messages faster than they could type and spell.
Strings of half-completed thoughts piled up, mostly expressing rage and disbelief; there were occasional reminders to keep one's thoughts on the victims.
Xenophobia flared, directed against Muslim nations. Conspiracy theories melded with a rich tapestry of speculative detail, like the amateur numerologist speculating on the correlation of yesterday's date, September 11, with the national dialing code for emergencies: 911.
The posters fell quickly into a kind of Pilgrim's Progress of archetypes. One was all rage and determination, backing his comments with military jargon: "Threat con delta is war. . . . America's highest state of military allert," he told participants. Another offered consolation and reassurance.
There was an odd mix of confrontation and politeness: A user who identified as Iranian was assaulted with messages about his or her political leanings; but the same participants signed off with grace, "Thanks you guys for the exchange of ideas . . ."
Mostly the Net served as a caldron of emotions as on AOL's "Todays News" chat room. The day's discussion boiled over, moving quickly from calls for revenge to calls for reason, from a search for answers to a search for solace ("all those people are dead," posted one person).
"An eye for an eye," wrote someone.
"Start the draft!" wrote another.
"Fighting isn't the way to solve problems," posted yet another.
Under it all, however, were the two simple posted questions that no one could really answer:
"Who and why?"
Nach den schockierenden Terroranschlägen von New York und Washington kocht es im Web. Selbst Porno-Websites machten sich Dienstagnacht zu News-Seiten. In den Newsgroups herrscht Trauer und Wut. Zugleich versuchten zahlreiche Leichenfledderer, bei eBay WTC-Memorabilien zu versteigern.
Kondolenz: In den Morgenstunden sperrte eBay alle WTC-Auktionen
Gegen 21 Uhr deutscher Zeit bestand die wohl beste Gelegenheit, schnell und preiswert an ein echtes Bruchstück des World Trade Center zu gelangen. Die Zahl der Auktionen bei eBay war bis dahin auf mindestens 16 angewachsen. Im Angebot: Videos des Desasters, Metallstücke, Glassplitter, Fetzen verschiedener Materialien - doch so recht wollten die Preise nicht steigen, denn schon wenige Minuten nach dem Auftauchen der Auktionen liefen erste Boykottaufrufe durch das Web.
Denn als die News-Sites in Amerika unter dem Surfer-Andrang in die Knie gingen, als der Wegfall der New Yorker Knoten das Web selbst zeitweilig um Entwicklungsjahre zurückwarf, da funktionierte nur ein Bereich des Internet zuverlässig und schnell: die Newsgroups des Usenet und die IRC-Chats.
Gerade die Newsgroups erlebten in Amerikas schlimmster Stunde ein erschütterndes Revival. Tausende von Menschen in aller Welt verbrachten die Nacht damit, miteinander zu reden. Die Rufe nach Vergeltung, nach Krieg, nach nuklearen Schlägen "gegen Afghanistan, Israel und Palästina" dominieren. Die Wellen irrationalen Hasses, die durch das Web liefen und noch laufen, erschütterten fast noch mehr als die der Trauer. Was bleibt im Gedächtnis: die Aufrufe zu gemeinsamen Gebeten, zu Besonnenheit - oder die, alle Muslims zu töten und "ihre Frauen zu vergewaltigen"?
Es gab auch diese kurzen, wütenden Absprachen von Diskutanten in der Newsgroup soc.culture.usa und anderswo, es den "Palis" bei soc.culture.palestine "zu zeigen. Ein Welle E-Mail-Bomben wird denen schon zeigen, woher der Wind weht". Und ja, die Palästina-Gruppe ging unter in einer Hass-Mail-Welle, in der nach der Nuklearbombardierung Palästinas gerufen wurde.
Menschliche Nähe
Doch es gab auch ganz andere Szenen. Es gab diesen hektischen Austausch von Nachrichten, wie es ihn seit Jahren im Usenet nicht mehr gegeben hatte. Spätestens als die ersten New Yorker den Weg zurück ins Web gefunden hatten, begannen diese Nachrichten zum Teil die Aktualität von Fernsehen und Radio zu überholen. Dass dabei die Gerüchteküche überkochte und verlässliche Nachricht nicht mehr von Hörensagen zu trennen war, steht auf einem anderen Blatt - aber darum geht es ja auch gar nicht.
In der Nacht von Dienstag zu Mittwoch tauschten Menschen Nachrichten nicht, um damit Geschwindigkeitsrekorde zu brechen, sondern weil sie das unbegreifliche, barbarische Massaker von New York zutiefst betroffen machte. Und bald schon gingen immer mehr Postings genau in diese Richtung: Menschen in aller Welt rückten sich virtuell näher und sprachen sich gegenseitig ihre Anteilnahme aus.
Und wirkten konstruktiv. Als bereits weniger als vier Stunden nach dem Terroranschlag von New York erste "WTC"-Auktionen bei eBay aufkamen, da machte das Wort in den Newsgroups binnen Minuten die Runde: Protestiert gegen diese Leichenfledderei!
Einige Stunden noch stieg die Zahl der Angebote - und traf auf kaum eine Nachfrage. Eine Lektion in Anstand, die in den frühen Morgenstunden des Mittwochs in der Zensur der betreffenden Auktionen bei eBay resultierte. Auf ihr Geschäft verzichteten im Laufe der Nacht aber nicht nur Auktionsseiten, sondern selbst manche hartgesottene Schmuddelanbieter.
So hatten die Betreiber von Whitehouse.com, der notorischen Porno-Website mit der so "regierungsnahen" Web-Adresse, kurzerhand entschieden, ihre Homepage umzufunktionieren. Den Surfer empfing dort nicht mehr als eine nüchterne Kondolenzadresse und dahinter ein persönlicher Erlebnisbericht aus den Außenbezirken von New York.
Erschütterndes Zeitdokument: die Newsgroups, Dienstagnacht
Die Diskussionen laufen nach wie vor, Tausende von Postings dokumentieren die Reaktionen von Menschen in aller Welt direkt nach den Anschlägen. Derzeit besonders frequentierte Newsgroups:
alt.security.terrorism
alt.disasters.aiation
soc.culture.arabic
soc.culture.palestine
soc.culture.usa
talk.politics.mideast
WWW auf Halbmast
Einen Tag nach dem Terrorangriff auf die USA dominiert der Schock über die Dimensionen des Terrorangriffs die Berichte und Diskussionen im Internet. Selbst auf ausgesprochen technisch orientierten Websites wie scripting.com, Slashdot oder Hardcore-Gamer-Sites wie Bluesnews dreht sich alles nur um die gestrigen Anschläge. 3dchipset.com etwa meldet: "Bei dem, was gerade in den Vereinigten Staaten vorgeht, wird es heute keine News mehr geben. Das ist so ziemlich das Schlimmste, was jemals passiert ist. Wir widmen unsere Gebete denen, die Opfer dieser Katastrophe wurden."
Über die Zahl der Toten und Verletzten kann derzeit nur spekuliert werden. Nach unbestätigten Angaben sollen 200 Feuerwehrleute und 80 Polizisten bei Rettungseinsätzen den Tod gefunden haben. In den Trümmern des zerstörten Teils des Pentagon werden bis zu 800 Opfer vermutet. Tausende sollen unter der Ruine des World Trade Center begraben sein. In den entführten Passagiermaschinen kamen mindestens 266 Menschen ums Leben. Der New Yorker Bürgermeister Rudolph Giuliani spricht von weiteren 1100 Verletzten, die derzeit von Ärzten und Pflegern versorgt werden.
Nach dem ersten Ansturm sind US-Medien wie CNN, ABCNews, die New York Times oder das Wall Street Journal wieder erreichbar – obwohl sich die Nachrichtenlage langsam klärt, herrscht offenbar ein großer Bedarf in der geschockten Netzwelt, sich über das Geschehen auszutauschen. Nachdem das Internet in den ersten Stunden nach den Anschlägen von vielen dazu genutzt wurde, um mit Angehörigen Kontakt aufzunehmen oder sich unmittelbar über das Geschehen zu informieren, überwiegen mittlerweile – teilweise sehr emotionale – Diskussionsbeiträge. So berichtet etwa der US-Nachrichtensender CNN, dass zahlreiche islamische Websites in den USA derzeit vom Netz gehen, weil die Server dem Ansturm wütender E-Mails nicht gewachsen sind.
Nach Angaben des Internet-Newsdienstes Network World Fusion reagieren einige Anbieter von anonymen E-Mail-Services mit der zeitweisen Einstellung ihres Dienstes. Sie sehen sich angesichts der Katastrophe einem unmöglichen Spagat zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung und der Verbreitung von Rache- und Hasstiraden ausgesetzt. Es gehe nicht darum, dass das Remailer Network in irgendeiner Weise von Terroristen genutzt werde, so einer der Operatoren. Vielmehr befürchte er, dass falsche Drohungen, Tipps und anderer "Müll" an die Newsgroups, staatliche Einrichtungen oder offiziell Verantwortliche gesendet würden.
Über die Folgen der Anschläge für die US-Wirtschaft und insbesondere die IT-Wirtschaft kann zur Stunde nur spekuliert werden. Die gestrigen Anschläge haben die US-Finanzwelt vorerst zum Erliegen gebracht – die US-Börsen bleiben bis auf weiteres geschlossen. Die asiatischen und europäischen Börsen hingegen setzen den Handel fort. Die Talfahrt des US-Dollars gegenüber dem Euro – unmittelbar nach Bekanntgabe der Terroranschläge hatten Devisenhändler panikartig Dollarbestände verkauft – ist vorerst gestoppt. Finanzexperten fürchten, die Anschläge könnten eine weltweite Rezession auslösen: In Krisenzeiten suchten Anleger immer sichere Häfen für ihre Gelder und würden dazu tendieren, ihr Geld aus den unsicheren Aktienmärkten abzuziehen.
Gemäßigter Raab und kein Schmidt
Lustig wird's zunächst nicht zugehen im deutschen Fernsehen. Stattdessen kommt es wegen der Attentate in den USA in dieser Woche zu zahlreichen Programmänderungen.
Eine Sat.1-Sprecherin kündigte an, dass die «Harald Schmidt Show» ausfalle. soviel steht fest. Ob allerdings Schmidts Kollege Stefan Raab in dieser Woche seine Sendung «TV Total» auf ProSieben moderieren wird, war bis Dienstagnachmittag unklar. Doch entgegen zunächst anderslautender Berichte, hieß es dann beim Sender, Raab werde am Donnerstag nun eine «ruhige, angemessene und gemäßigte» Ausgabe ohne Studiopublikum produzieren, in der er Stellung zu den aktuellen Ereignissen nehmen werde. Die ProSieben-Comedys «Smack The Pony» und «Bullyparade» dagegen entfallen.
Auch RTL entschloss sich, die für Freitag geplanten Comedyreihen «7 Tage, 7 Köpfe» und «Freitag Nacht News» aus dem Programm zu nehmen. Die Rückkehr von «Ritas Welt» mit Gaby Köster und der Start der neuen Serie «Mein Leben & ich» sollen aber über die Bühne gehen. Sat.1 wiederum wollte sich zum geplanten Neustart der Comedyreihe «Wochenshow», die am Samstag mit vier neuen Komikern loslegen will, noch nichts sagen.
Sicher ist, dass Günther Jauch mit seinem Quiz «Wer wird Millionär?» nach dreieinhalb Monaten Pause wieder auf die RTL-Bildschirme zurückkehren wird.
Volksmusik aufgezeichnet, nicht ausgestrahlt
Die für Freitag und Sonntag angesetzten Katastrophenfilme «Das große Inferno» und «Katastrophenflug 243» auf ProSieben werden nicht ausgestrahlt.
Das ZDF sagte für Mittwochabend «Die große Show der Sieger» ab, die als Aufzeichnung zu einem späteren Zeitpunkt zu sehen sein. Auch «Die volkstümliche Hitparade», vorgesehen als Live-Sendung für Donnerstag wird in München aufgezeichnet und an einem anderen Tag ausgestrahlt. Die für Mittwochabend vorgesehene Aufzeichnung der Wies'n-Eröffnung aus dem Hofbräuhaus-Zelt, die am 21. September gezeigt werden sollte, hat das ZDF abgesagt.
Darüber hinaus aber hieß es beim ZDF ebenso wie bei der ARD, man könne im wesentlichen nur den laufenden Tag planen.
Das Web solidarisiert sich mit den Opfern
Das Internet ist Drehscheibe bei der Information über die Katastrophe, der Suche nach Vermissten und der Hilfe für die Opfer. Besonders nachgefragt sind Angebote die helfen wollen, Gewißheit über Leben oder Tod von Verwandten oder Freunden zu schaffen. So hat die Uni Berkeley eine Datenbank online gestellt, in der man nach Angehörigen suchen oder als Überlebender eine Nachricht hinterlassen kann. Die Seite ist allerdings zurzeit schwer zu erreichen.
Shunn.net mußte seine Registrierungsseite bereits unter der "überwältigenden Nachfrage" schließen, so Betreiber Ben Shunn. Jedoch findet sich dort eine Liste mit den Namen von sehr vielen Überlebenen sowie Links zu weiterführenden Seiten. Wichtige Telefonnummern, wie die der New Yorker Polizei und Feuerwehr hat die Schweizer Internet-Agentur Kaufcom auf einer "gespendeten" Website zusammengefasst.
Um den Kontakt zu Freunden und Verwandten in Amerika zu erleichtern, haben einige Telefon-Anbieter in Österreich Gratisverbindungen in die USA geschaltet, meldet der ORF auf seiner Internetseite Futurezone. Angesichts der schon aufgestockten, aber wohl zeitweilig immer noch zu knappen Transatlantik-Leitungen gewinnen die sofort im angeschlossenen Forum erhoben Forderungen Gewicht, den Null-Tarif für Gratisgespräche in die USA nicht zu nutzen, wenn man nicht wirklich in Sorge sei.
Ein Tag nach dem Terroranschlag ist immer noch unklar, wer dahinter steckt. Auch die Auswertung der Passagierlisten und die von verschiedenen Seiten gemeldeten Handy-Telefonate, die aus den entführten Maschinen geführt worden sind, haben offenbar noch keine heiße Spur ergeben. Die US-Bundespolizei FBI möchte nun Hinweise und Beobachtungen zum Attentat und den Flugzeugentführungen auch über eine eigens eingerichtete Website entgegennehmen. Das Angebot ist jedoch wenige Sekunden nach seiner öffentlichen Bekanntgabe zusammengebrochen. Es gibt zwar noch keine Täter, aber es werden bereits Stimmen laut, die der US-Regierung eine gewisse Mitschuld geben. So hat cnet news das Aussenministerium bezichtigt, durch den fortgesetzten Einsatz veralteter Computer in den Botschaften und Konsulaten, keine wirklich wasserdichte Kontrolle von Visa-Anträgen ermöglicht zu haben.
Zwischen die üblichen Geschäftsmeldungen mischen sich nun vermehrt Mitteilungen vom Tod von Firmenangehörigen, die sich in einem der Flugzeuge oder getroffenen Gebäude befanden (wir berichteten).
Aus verständlichen Gründen steht in den USA nur Wenigen der Sinn nach "Business as usual" und so reagieren auch die IT- und Internetfirmen dort unterschiedlich. Während der Online-Shopping-Anbieter Amazon prominent zur Blut- und Geldspende auffordert (siehe Meldung vom Nachmittag) dürfen beim virtuellen Auktionshaus Ebay keine Gegenstände mehr versteigern werden, die irgendetwas mit dem Pentagon und dem World Trade Center zu tun haben.
Internettechnik erweist sich als krisenfest
Inmitten von Chaos und überlasteten Telefonnetzen nach den Anschlägen in den USA hat sich das Internet als ein krisenfester Kommunikationskanal für Unternehmen und das US-Militär erwiesen.
"Das Internet hat gezeigt, dass es seine Funktion als Kommunikationsmittel während einer Krise erfüllen kann", schrieb Analystin Maurene Grey vom US-Marktforschungsunternehmen Gartner in einer noch am Dienstag veröffentlichten Analyse.
Bei Internetdiensten wie E-Mail und Kurznachrichten (Instant Messaging) war auch während des größten Chaos keinerlei Ausfall zu verzeichnen gewesen, obwohl in den Untergeschossen des eingestürzten World Trade Center Leitungen und Netzelektronik der Telekommunikationsunternehmen Sprint und Worldcom zerstört wurden und auch Nachrichten-Websites teilweise unerreichbar blieben.
Moderne Telefon- und Datennetze sind so ausgelegt, dass zerstörte Leitungen und Vermittlungscomputer nach gewisser Zeit automatisch erkannt und durch Umgehungsstrecken ersetzt werden. Im Gegensatz zum Telefonnetz ist das Internet jedoch durch umfangreiche Investitionen in den vergangenen Jahren um ein Vielfaches leistungsfähiger, als es der normale Bedarf erfordern würde.
Der zentrale Internet-Knotenpunkt in Manhattan liegt zudem in der Hudson Street, etwa einen Kilometer nördlich des zerstörten World Trade Center. Ein Anschlag auf dieses Rechenzentrum, durch das etwa ein Fünftel des weltweiten Internet-Datenverkehrs geleitet wird, hätte Teile von Manhattan vollständig vom Internet abgeschnitten.
In den Minuten direkt nach dem Einschlag des ersten Jets im World Trade Center war das Datenaufkommen an den Netzknoten in Frankfurt und London plötzlich gesunken, anscheinend, weil durch die Nachrichten aufgeschreckte Nutzer gebannt die Bilder auf den Fernsehschirmen verfolgten.
Danach jedoch begann der Run auf die Nachrichten im Netz. Unternehmen wie CNN oder MSNBC waren von der Masse der Abfragen zunächst überrumpelt, reagierten dann mit abgespeckten Notausgaben völlig ohne Werbung, die weniger Übertragungskapazität beanspruchen. Die Übertragung von E-Mail oder Kurznachrichten war durch diese Ausfälle nicht beeinträchtigt.
Auch das interne Kommunikationsnetz des US-Militärs, das vom Telekomunternehmen Worldcom betrieben wird, war zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt, da die Technik nicht im zerstörten Westflügel des Pentagon untergebracht ist.
Trauer- und Ermittlungs-Websites
Unterdessen wird das Netz nach den Anschlägen zu einem Medium für Trauernde, Überlebende, Betroffene und Ermittler. Die Universität Berkeley richtete eine Website ein, die Lebenszeichen von Betroffenen sammelt, die dann von Angehörigen oder Kollegen nach Namen durchsucht werden können. Am Abend waren dort Einträge von etwa 1800 Überlebenden zu finden.
Unter der Adresse worldtradecenter.com - deren Eigentümer zuvor mit einem Verkauf des profitträchtigen Namens geliebäugelt hatte - entstand am Dienstag eine Seite für spontane Trauerbekundungen, auf der sich bis Mittwoch Abend etwa 2200 Internetnutzer aus aller Welt eingetragen hatten. Am Dienstag hatten Freiwillige in einem eigenen Chat-Kanal eine Live-Mitschrift der Fernsehnachrichten verbreitet und sich über die schrecklichen Bilder ausgetauscht.
Auch die US-Bundespolizei FBI richtete eine Website ein, auf der die Behörde Hinweise zu den Anschlägen entgegennimmt.
Die unwirkliche Stille im World Wide Web
Ereignisse wie das schreckliche Drama am Dienstagnachmittag in New York und Washington lassen alle anderen Geschehnisse in den Hintergrund treten und sind mit den Mitteln der Medien kaum zu fassen. Auch das Internet, das sonst als verlässliches Informationsmedium gilt, war in den dramatischen Stunden am World Trade Center nicht in der Lage, jene Zusatzinformationen bereit zu stellen, für die die Menschen dieses Medium normalerweise nutzen. Über Stunden blieben sämtliche Aufrufe von Seiten wie cnn.com oder msnbc.com erfolglos, meldeten die Server, dass die gewünschten Seiten nicht aufgerufen werden können. Noch am späten Abend blieb den Online-Journalisten nur eine Chance, ihrer Aufgabe dennoch nachzukommen: Wo sonst beispielsweise auf CNN online ein umfassender Überblick über alle Themenbereiche gegeben wird, wurde gestern die normale Tagesordnung über Bord geworfen. Ein einziges Bild von Menschen, die vor den einstürzenden Gebäuden in Manhatten flüchten, ein kurzer Vorspann unter der Headline "Amercia under Attack" und eine kleine Zahl von kurzen Informationen, von denen nicht einmal alle mit einem Link zu weiterführenden Artikeln versehen waren.
Es mangelte nicht an Informationen. Gestern jedoch war Sparsamkeit das Gebot des Tages. Über Stunden versuchten Menschen aus allen Teilen der Welt an jede nur erdenkliche Information zu gelangen, wollten wissen, ob ihre Angehörigen zu den Opfern der Attentate gehören. Das letzte Mal, als das Internet einen derartigen Ansturm erlebte, wurden in den USA die Lewinsky-Protokolle online gestellt. Doch während seinerzeit nur jene Anbieter vom gigantischen Verkehrsaufkommen betroffen waren, die sich die brisanten Papiere zuerst besorgt hatten, traf es diesmal das gesamte Internet. Überall, nicht nur in den USA, waren die Info-Portale überlastet. In Deutschland waren die Seiten von Spiegel online, der Süddeutschen oder von Tagesspiegel.de in den ersten Stunden nach der Katastrophe nur sehr schwer zu erreichen. Erst nachdem neue Server und Leitungen geschaltet wurden, gelang es, dem Informationsbedarf der Nutzer gerecht zu werden.
Der Tag in den USA hat nicht nur die Art verändert, wie Online-Journalismus mit einem solchen Ereignis umgeht. Auch in den Chatrooms wurde die normale Tagesordnung durchbrochen. Wo sonst Menschen zum schnellen Internet-Flirt oder zum Gedankenaustausch über ihre Hobbys zusammenkommen, standen am Dienstag die Anschläge in den USA über allem. So auch auf www.chat.de, wo sonst häufig die Beliebigkeit das Chat-Geschehen bestimmt, wurde gestern mit einer sonst kaum anzutreffenden Ernsthaftigkeit darüber diskutiert, was in New York und Washington passiert ist, und was dies möglicherweise für die Weltpolitik bedeutet. Teils persönliche Betroffenheit, teils Erschütterung und Wut und mitunter Anteilnahme für die Angehörigen der Opfer.
Wer sich jedoch ein Bild davon machen wollte, in welcher Stimmung sich Amerika nach dem schweren Schlag gegen die Nation befindet, fand gestern in den US-Chatrooms kaum Antworten. Anders in den Internet-Newsgroups. Auch die bekannten Verschwörungstheorien der Cyber-Freaks leben hier weiter, wenn beispielsweise das gestrige Datum 11.9.2001 zur Zahl 23 zusammengezählt wird. Diese Zahl gilt als Zeichen der Illuminaten, jener Sekte, die mit den verschiedensten Attentaten in Verbindung gebracht wird. Und ein weiterer Ausdruck durchzieht die verschiedensten Diskussionsstränge der Newsgroups: "Pearl Harbour 2, Sept. 11, USA", daran fühlen sich die Amerikaner nach den schrecklichen Attacken auf das wirtschaftliche und politische Zentrum der Vereinigten Staaten erinnert.
Ohne Verbindung, mit Extras: die Medien nach den Attentaten
Die Terroranschläge in den USA bringen Bewegung in den Medien: News-Websites reduzieren ihr Angebot, Wochenzeitungen und -zeitschriften erscheinen früher, Viva verzichtet auf Programm - und die «FAZ» bricht mal wieder mit der Tradition.
Es hat nicht lange gedauert: Kaum, dass das erste der entführten Flugzeuge gegen 8.42 Uhr (Ortszeit) in das World Trade Center in New York raste und die TV-Sender wenig später die ersten Bilder zeigten, stiegen auch die Zugriffe auf internationale und nationale Nachrichtensites. Wenig später ging für einige Zeit fast überall im Netz nichts mehr.
Auch am Dienstagabend ist etwa die Site des Nachrichtensenders n-tv nur mit Mühen erreichbar. Dirk Goetz, zuständiger Projektmanager bei n-tv, gibt sich allerdings gelassen: «Das legt sich wieder», sagte er der Netzeitung. Bis zum Mittwochmorgen dürften die Schwierigkeiten, die Site anzusteuern, allerdings noch andauern. Derweil empfiehlt Goetz, doch einfach den Fernseher einzuschalten.
Doch nicht nur n-tv.de machte der großen Andrang zu schaffen: Auch auf die Webangebote des Senders N24 oder des «Spiegel» gab es zwischenzeitlich keine Zugriffsmöglichkeit, zum Teil, weil die Nutzer offenbar Probleme mit den Kapazitäten ihres jeweiligen Providers hatten. Keine vergleichbaren Probleme gab es bei der «Netzeitung«.
Die amerikanischen Sites CNN.com und New York Times.com reagierten auf den Ansturm in den Stunden nach dem Anschlag mit extrem eingeschränkten Sites, den wichtigsten Schlagzeilen und einer Handvoll Links zu weiterführenden Informationen. Und auch in Deutschland haben es inzwischen viele Sites ihr Angebot grafisch und inhaltlich reduziert.
Pro7-Gruppe: vier Sender, ein Programm
Nachdem die Nachrichtensender n-tv und N24 um 14.46 Uhr am schnellsten reagierten und Bilder des US-Partners CNN übertrugen, hatten auch die vier großen TV-Sender ihre Programm wegen der Katastrophe in den USA unterbrochen.
Seitdem unterbrachen die Sender immer wieder ihr Programme für Sondersendungen und Live-Schaltungen. Ein Novum kündigten in diesem Zusammenhang die Sender der ProSieben-Gruppe an: Sat.1, Pro7, Kabel1 und N24 wollten ab 19 Uhr das selbe Programm ausstrahlen. Bei RTL herrschte am Nachmittag noch Unklarheit über den Fortgang.
Viva zeigt Respekt
Der Musikvideo-Sender Viva hat sein Programm am Nachmittag komplett eingestellt und zeigt nur einen schwarzen Bildschirm, das Senderlogo und ein Spruchband: «Aus Respekt vor den aktuellen Geschehnissen setzen wir unser Programm vorübergehend aus.»
Bei MTV laufen zwar noch Videos. Doch sei, so Programmchef Elmar Giglinger zur Netzeitung, das Programm stark zurückgefahren: «Wir haben sämtliche Shows aus dem Programm genommen und die Musikauswahl eingeschränkt.» Werbeunterbrechungen werde soll es zunächst - allerdings reduziert - weiter geben. Am Abend lief dann auch bei MTV ein Spruchband über den unteren Bildschirmrand, das auf die Programmänderung hinwies.
«Zeit», «Spiegel» und «Focus» früher
Doch nicht nur auf die Nachrichtenangebote im Internet und das Fernsehen haben die Ereignisse in den USA Einfluss. Auch einige deutsche Zeitschriften und Zeitungen reagieren mit vorgezogenen Erscheinungsterminen und Sonderausgaben auf die Anschläge. So erscheint die «Zeit» in dieser Woche bereits am Mittwoch mit einem aktuellen Dossier zu den Hintergründen der Attentate.
Auch «Spiegel» und «Focus» wollen ihre nächsten aktualisierten Ausgaben bereits am Samstag auf den Markt bringen.
«Badische» mit Extrablatt
Die «Badische Zeitung» in Freiburg erschien wenige Stunden nach dem Einsturz des World Trade Centers in New York mit einem Extrablatt Auch der «Wiesbadener Kurier» informierte seine Leser am Abend mit einer Sonderausgabe.
Auf einen vorgezogen Erscheinungstermin verzichten müssen indes die «Woche» und der «Stern». Die Wochenzeitung will allerdings ebenfalls die US-Anschläge in der wie gewohnt am Donnerstag erscheinenden Ausgabe ausführlich berücksichtigen. Der «Stern» kann im Hauptblatt nicht mehr reagieren. Das Heft 38/2001 ist nämlich bereits fix und fertig. Um dennoch aktuell auf die Attentate reagieren zu können, werde es eine 32-seitige Sonderbeilage geben, hieß es in Hamburg.
«FAZ» mit Titelfotos
Auf ganz besondere Weise reagiert derweil die «FAZ» in ihrer Mittwochsausgabe: Sie druckt zwei Fotos auf der Titelseite - das allerdings nicht, wie spontan vermutet und wie man auf Nachfrage bei der «FAZ» versichert, zu allerersten, sondern bereits zum 14. Mal in der Geschichte der Zeitung. Zuletzt allerdings hatte man sich vor über zehn Jahren anlässlich des Mauerfalls für dem Traditionsbruch entschieden.
A Shaken Global Village on the Internet
The Internet, which was designed as part of the Cold War with global conflict in mind, linked millions of people yesterday who desperately wanted to talk to each other. E-mail and instant messaging worked even when phone networks in New York and Washington did not.
Heart-rending, first-person descriptions of horror mingled with levelheaded analysis and warnings against precipitous action while cries for vengeance flowed around lists of people who were reassuring friends and loved ones that they were all right.
So many people turned to news sites such as CNN.com and MSNBC.com that they bogged down. The Internet search engine Google directed viewers to television and radio. Many news sites stripped themselves of graphics, ads and other regular features in order to make response times faster. Keynote Systems Inc., which measures Internet performance, said it did not find any widespread problems with the Internet's main trunk lines.
But when it came to many-to-many connections, the Internet showed what it was made for. It provided the human contact to match the rush of news, serving as a lifeline for loved ones and a public forum for those who needed answers or a place to yell their cries for vengeance.
On Yahoo, the World Trade Center Disaster Chat Room 3 was a rapid discussion of war. Are we at war? What were the levels of alert? Will nuclear weapons be used? Against whom? There were two levels of chat: In bold, or capital letters, often colored, were the shouters; in regular type, with proper grammar, were the voices of reason. They did not seem to be talking with each other. Even the room names reflected the sense that the United States was having many discussions, some faster than thought, others more worried and reflective.
A sign of the times: The "Rational Analysis" area that demanded "no racism or useless banter," had only seven participants. Hundreds were clustered at "AMERICA UNDER ATTACK."
At TheWell.com, one of the world's first online communities, the tone was sober. "I thought I had lost the capacity to be as shocked as I am by this incident," wrote one person. "The beginning of a way less tolerant America, I suspect," wrote another. "After years of historical retrospectives, I now understand how the country felt after Pearl Harbor," wrote a third.
Where there was congestion on the main news sites, traffic flowed to alternative sites such as Slashdot.com, which was showing cut-and-paste summaries from the commercial sites. It was a sort of collaborative news gathering, with people pulling together information and rumor, giving participants access to more sources than they'd be able to get themselves, noted Jamais Cascio, a longtime Web analyst. More important, they gave people a chance to grieve, vent their anger and express their amazement at the scale of the tragedy.
E-mail was the overwhelming means of making sure that family and loved ones were well.
"Wow, am I glad to see your name pop up on my screen," was a frequent reply to users in the devastated cities as they sent out news of their friends and families to their entire mailing lists.
Informal Internet hostels rapidly popped up. People offered free accommodations to Net-friends in the devastated areas and those who were stranded by grounded or diverted flights. "I've seen dozens of 'call if you need a place to stay' messages so far," technology analyst Bruce Sterling reported.
Within minutes of the attacks, Internet sites began to dedicate portions of their sites to serve as virtual support groups.
America Online put up a link on one of its main screens that urged, "Share your sympathy for victims of the attacks and get advice on coping with loss." That led to a chat room called "Lean on Me" that was supposed to provide consolation for people worried about their loved ones.
There, visitors found prayers and some kind words. But mostly they found anger and profanity with the grossest stereotyping about everyone from Pakistanis and Mexicans to Americans.
"This is a sick chat," wrote one participant who was waiting for word from his father who works at the Pentagon. "This is a time of sadness, not a time to joke. . . . Have a little compassion," lectured another.
Within minutes of the attacks, the American Muslim Political Coordination Council sent out e-mails condemning the attacks. "American Muslims utterly condemn what are apparently vicious and cowardly acts of terrorism against innocent civilians. . . . No political cause could ever be assisted by such immoral acts," the group wrote.
Discussion on the soc.culture.arabic and soc.culture.israel newsgroups -- which typically feature largely academic talk about those regions -- degenerated into finger-pointing about the attacks.
"Why are Moslems always attacking civilians somewhere in the world?" wrote one man.
"Its the price you pay for supporting zionist fascists and at the same time ignoring the plight of the opressed!!" replied another.
And the Internet Relay Chat's Islam chat room was infiltrated by people who sent messages like this one: "DIE YOU ISLAM [expletive]!!!! YOU WILL GET YOURS!!!" It was sent four times at 10:28 a.m. before the author was disconnected by the administrator.
In private listservs devoted to the information industry, postings included one by a person who described himself as working for the National Security Agency that said, "I want to know as a member of the intelligence community how the [expletive] we didn't see this happening."
In a Yahoo chat room called "What Do You Think of New York," at 2:15 p.m., people were sending messages faster than they could type and spell.
Strings of half-completed thoughts piled up, mostly expressing rage and disbelief; there were occasional reminders to keep one's thoughts on the victims.
Xenophobia flared, directed against Muslim nations. Conspiracy theories melded with a rich tapestry of speculative detail, like the amateur numerologist speculating on the correlation of yesterday's date, September 11, with the national dialing code for emergencies: 911.
The posters fell quickly into a kind of Pilgrim's Progress of archetypes. One was all rage and determination, backing his comments with military jargon: "Threat con delta is war. . . . America's highest state of military allert," he told participants. Another offered consolation and reassurance.
There was an odd mix of confrontation and politeness: A user who identified as Iranian was assaulted with messages about his or her political leanings; but the same participants signed off with grace, "Thanks you guys for the exchange of ideas . . ."
Mostly the Net served as a caldron of emotions as on AOL's "Todays News" chat room. The day's discussion boiled over, moving quickly from calls for revenge to calls for reason, from a search for answers to a search for solace ("all those people are dead," posted one person).
"An eye for an eye," wrote someone.
"Start the draft!" wrote another.
"Fighting isn't the way to solve problems," posted yet another.
Under it all, however, were the two simple posted questions that no one could really answer:
"Who and why?"