Hohe Firmenausschüttungen sind ausgerechnet dann gefragt, wenn sie in wirtschaftlich schweren Zeiten gekappt werden. Und doch gibt es in fast allen Aktien-Indizes ein paar Unternehmen, die ihren Aktionären in den nächsten Wochen eine Rendite von fünf Prozent und mehr bescheren. Bei deutschen Blue Chips sucht man vergebens.
DÜSSELDORF. Wer Unternehmen mit solidem Wachstum und einer hohen Dividendenrendite sucht, wirft gewöhnlich einen Blick in Kurstabellen. Doch gerade ein solcher reicht vor allem in wirtschaftlich schwächeren Phasen nicht aus. Denn die Zahlen beruhen auf Schätzungen und Berechnungen von Analysten. Mit der Realität haben sie leider oft wenig gemein. Das zeigten zuletzt Deutsche Telekom und Daimler-Chrysler. Beide bisherigen „Dividendenkönige“ im Deutschen Aktienindex (Dax) streichen 2002 ihre Ausschüttungen um 40 % bzw. 57 % zusammen. Das ist deutlich mehr, als die meisten Research-Abteilungen vermutet hatten.
Noch gravierender sind die Abweichungen in kleineren Börsensegmenten. Handelsblatt-Recherchen ergeben, dass die Schätzungen über Ausschüttungen in vielen Zeitungen, Zeitschriften und im Internet auf wenig präzisen oder aus der Vergangenheit abgeleiteten Annahmen beruhen und nicht annähernd zutreffen werden. So wollen die im Smax notierten Firmen Allbecon, R. Stahl und Winkler + Dünnebier wegen der wirtschaftlich schwierigen Situation in diesem Jahr ganz auf eine Dividende verzichten. Viele Kurstabellen bilden diese Unternehmen aber (noch) als hohe Renditebringer ab.
Wer in den nächsten Wochen – zwischen April und Juni sind die meisten Hauptversammlungen und damit auch die Ausschüttungen – Geld einstreichen will, sollte sich deshalb die wirtschaftliche Situation der Unternehmen genau ansehen. Neben negativen wird es auch positive Überraschungen geben. So ist etwa bei IKB, Gildemeister, Rheinmetall, Ludwig Beck und Garant Schuh mindestens eine Dividende auf dem Niveau des Vorjahres zu erwarten. Darauf deuten Firmenaussagen sowie die Umsatz- und Ertragsentwicklung hin. „Kontinuität genießt in unserer Dividendenpolitik höchste Priorität. Das gilt selbst für Zeiten, in denen es etwas schlechter läuft“, meint ein Rheinmetall-Sprecher. Bei einigen wenigen wie Indus darf sogar mit einer etwas höheren Ausschüttung gerechnet werden, so dass eine Rendite von über 5 % herausspringen kann. Für den Optimismus sprechen bei der Beteiligungsgesellschaft die guten Zahlen und der Kauf zweier erfolgreicher mittelständischer Firmen aus den Bereichen Maschinenbau und Automobil.
Euro Stoxx und Dow Jones bieten mehr
Während im Dax Thyssen-Krupp und Degussa mit gut 3 % die Dividendenhitliste anführen, ist in den Blue-Chip-Indizes wie Euro Stoxx und Dow Jones mehr zu holen. Im Dax kürzten oder strichen (Lufthansa, Epcos und Infineon) mehr Unternehmen als in anderen Indizes die Dividende. Ursache für die „Knausrigkeit“ – die Ausschüttungen verringern sich 2002 um rund 30 % – ist vor allem die Zusammensetzung des deutschen Börsensegments. Dieses ist mit seinen vielen Technologie-, Finanz- und Industriewerten zyklischer als Dow und Euro Stoxx ausgerichtet. Konjunkturunabhängige Werte fehlen. „Anleger, die eine hohe Ausschüttung suchen, schauen sich im Nahrungsmittel- und Ölsektor um. Wer dagegen Tech-Aktien kauft, erwartet keine hohe Dividendenrendite“, verweist Felix Schleicher von der Fiduka Depotverwaltung auf die unterschiedliche Bedeutung der Dividende in verschiedenen Branchen. So habe Microsoft zwar 40 Mrd. $ auf der hohen Kante. Dennoch rechne niemand mit hohen Ausschüttungen, sondern mit neuen Investitionen.
Dagegen spielen für Unternehmen in „reifen Industrien“ Investitionen nur eine untergeordnete Rolle. „Für Royal Dutch ist es immens wichtig, seit dem Zweiten Weltkrieg noch nie die Dividende gesenkt zu haben“, meint Schleicher. Im Dow verwöhnen der Tabak- und Nahrungsmittelproduzent Philip Morris und der Fotospezialist Eastman Kodak ihre Aktionäre auch in diesem Jahr mit einer Dividendenrendite, die einem Vergleich mit der Rendite von Staatsanleihen standhält.
Bei US-Giganten in traditionellen Branchen fällt die Verlässlichkeit einer stabilen oder gar kontinuierlich steigenden Dividende auf. So erhöhte Philip Morris regelmäßig die Ausschüttungen – ungeachtet heftiger Kursturbulenzen. Dadurch erbrachte der Tabakriese Ende der neunziger Jahre zeitweise eine Dividendenrendite von über 10 %. Auf dem Höhepunkt der Raucherklagen notierte die Aktie unter 20 $, gezahlt wurden über 2 $ Dividende. Angesichts dieser Relation dauerte es nicht lange, bis sich der Aktienkurs mehr als verdoppelte – trotz neuer Raucherklagen. „Eine kontinuierlich hohe Dividende ist Zeichen für gute Bonität. Unternehmen in traditionellen Branchen sollten 50 % ihres Gewinns an die Aktionäre ausschütten – in guten Zeiten manchmal weniger, in schlechten Phasen aber durchaus mehr“, fordert Ulrich Hocker von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Seine Erkenntnis: „Leider halten sich die meisten Firmen nicht daran.“
Quelle: wiwo.de
Von ULF SOMMER, Handelsblatt
DÜSSELDORF. Wer Unternehmen mit solidem Wachstum und einer hohen Dividendenrendite sucht, wirft gewöhnlich einen Blick in Kurstabellen. Doch gerade ein solcher reicht vor allem in wirtschaftlich schwächeren Phasen nicht aus. Denn die Zahlen beruhen auf Schätzungen und Berechnungen von Analysten. Mit der Realität haben sie leider oft wenig gemein. Das zeigten zuletzt Deutsche Telekom und Daimler-Chrysler. Beide bisherigen „Dividendenkönige“ im Deutschen Aktienindex (Dax) streichen 2002 ihre Ausschüttungen um 40 % bzw. 57 % zusammen. Das ist deutlich mehr, als die meisten Research-Abteilungen vermutet hatten.
Noch gravierender sind die Abweichungen in kleineren Börsensegmenten. Handelsblatt-Recherchen ergeben, dass die Schätzungen über Ausschüttungen in vielen Zeitungen, Zeitschriften und im Internet auf wenig präzisen oder aus der Vergangenheit abgeleiteten Annahmen beruhen und nicht annähernd zutreffen werden. So wollen die im Smax notierten Firmen Allbecon, R. Stahl und Winkler + Dünnebier wegen der wirtschaftlich schwierigen Situation in diesem Jahr ganz auf eine Dividende verzichten. Viele Kurstabellen bilden diese Unternehmen aber (noch) als hohe Renditebringer ab.
Wer in den nächsten Wochen – zwischen April und Juni sind die meisten Hauptversammlungen und damit auch die Ausschüttungen – Geld einstreichen will, sollte sich deshalb die wirtschaftliche Situation der Unternehmen genau ansehen. Neben negativen wird es auch positive Überraschungen geben. So ist etwa bei IKB, Gildemeister, Rheinmetall, Ludwig Beck und Garant Schuh mindestens eine Dividende auf dem Niveau des Vorjahres zu erwarten. Darauf deuten Firmenaussagen sowie die Umsatz- und Ertragsentwicklung hin. „Kontinuität genießt in unserer Dividendenpolitik höchste Priorität. Das gilt selbst für Zeiten, in denen es etwas schlechter läuft“, meint ein Rheinmetall-Sprecher. Bei einigen wenigen wie Indus darf sogar mit einer etwas höheren Ausschüttung gerechnet werden, so dass eine Rendite von über 5 % herausspringen kann. Für den Optimismus sprechen bei der Beteiligungsgesellschaft die guten Zahlen und der Kauf zweier erfolgreicher mittelständischer Firmen aus den Bereichen Maschinenbau und Automobil.
Euro Stoxx und Dow Jones bieten mehr
Während im Dax Thyssen-Krupp und Degussa mit gut 3 % die Dividendenhitliste anführen, ist in den Blue-Chip-Indizes wie Euro Stoxx und Dow Jones mehr zu holen. Im Dax kürzten oder strichen (Lufthansa, Epcos und Infineon) mehr Unternehmen als in anderen Indizes die Dividende. Ursache für die „Knausrigkeit“ – die Ausschüttungen verringern sich 2002 um rund 30 % – ist vor allem die Zusammensetzung des deutschen Börsensegments. Dieses ist mit seinen vielen Technologie-, Finanz- und Industriewerten zyklischer als Dow und Euro Stoxx ausgerichtet. Konjunkturunabhängige Werte fehlen. „Anleger, die eine hohe Ausschüttung suchen, schauen sich im Nahrungsmittel- und Ölsektor um. Wer dagegen Tech-Aktien kauft, erwartet keine hohe Dividendenrendite“, verweist Felix Schleicher von der Fiduka Depotverwaltung auf die unterschiedliche Bedeutung der Dividende in verschiedenen Branchen. So habe Microsoft zwar 40 Mrd. $ auf der hohen Kante. Dennoch rechne niemand mit hohen Ausschüttungen, sondern mit neuen Investitionen.
Dagegen spielen für Unternehmen in „reifen Industrien“ Investitionen nur eine untergeordnete Rolle. „Für Royal Dutch ist es immens wichtig, seit dem Zweiten Weltkrieg noch nie die Dividende gesenkt zu haben“, meint Schleicher. Im Dow verwöhnen der Tabak- und Nahrungsmittelproduzent Philip Morris und der Fotospezialist Eastman Kodak ihre Aktionäre auch in diesem Jahr mit einer Dividendenrendite, die einem Vergleich mit der Rendite von Staatsanleihen standhält.
Bei US-Giganten in traditionellen Branchen fällt die Verlässlichkeit einer stabilen oder gar kontinuierlich steigenden Dividende auf. So erhöhte Philip Morris regelmäßig die Ausschüttungen – ungeachtet heftiger Kursturbulenzen. Dadurch erbrachte der Tabakriese Ende der neunziger Jahre zeitweise eine Dividendenrendite von über 10 %. Auf dem Höhepunkt der Raucherklagen notierte die Aktie unter 20 $, gezahlt wurden über 2 $ Dividende. Angesichts dieser Relation dauerte es nicht lange, bis sich der Aktienkurs mehr als verdoppelte – trotz neuer Raucherklagen. „Eine kontinuierlich hohe Dividende ist Zeichen für gute Bonität. Unternehmen in traditionellen Branchen sollten 50 % ihres Gewinns an die Aktionäre ausschütten – in guten Zeiten manchmal weniger, in schlechten Phasen aber durchaus mehr“, fordert Ulrich Hocker von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Seine Erkenntnis: „Leider halten sich die meisten Firmen nicht daran.“
Quelle: wiwo.de
Von ULF SOMMER, Handelsblatt