Korrekturphase möglich
Dax-Ausblick: Rally mit einem Haken
Börsianer freuen sich traditionell auf den Dezember. Erfahrungsgemäß setzen die Indizes zur Jahresendrally an, auf die die Beobachter auch jetzt warten. Doch zunächst sieht es noch anders aus. Der Dax könnte in eine Korrekturphase getreten sein, die viele als überfällig ansehen.
HB FRANKFURT. Die Meinungen darüber sind geteilt. Fakt ist: Der Deutsche Aktienindex fiel am Freitag unter 6 400 Punkte zurück und entfernte sich damit wieder von seinem am Mittwoch erreichten Fünfeinhalb-Jahres-Hoch von 6 497 Zählern. Binnen Wochenfrist büßte er unter dem Strich ein knappes Prozent ein. Einige Beobachter sehen trotz dieser deutlichen Verluste zum Wochenschluss für den Dax gute Chancen auf eine Fortsetzung des Anstiegs. „Ich denke nicht, dass wir jetzt schon in eine Korrekturphase gehen“, sagt Aktienstratege Volker Borghoff von HSBC Trinkaus & Burkhardt. „Dafür sind die Fundamentaldaten zu positiv.“
Zum Ende der Berichtssaison werden in der kommenden Woche noch Geschäftszahlen der Dax-Unternehmen Bayer am Montag und Thyssen-Krupp am Freitag erwartet. Das könnte den deutschen Leitindex bei einem neuen Anlauf auf die Marke von 6 500 Punkten unterstützen, meint Frank Schallenberger von der LBBW. Mögliche Impulse durch Bayer und Thyssen-Krupp sind für Schallenberger aber nur ein Grund zur Zuversicht: „Zum anderen steht der Börsenmonat Dezember vor der Tür, der bei den Börsianern einen überaus guten Ruf hat.“ Im letzten Monat des Jahres habe der Dax seit seiner Einführung 1988 durchschnittlich um 3,3 Prozent zugelegt und damit mehr als in jedem anderen Monat.
Nach einer aktuellen Sentimentanalyse des Daytradebrokers Click-Options erwartet fast jeder dritte Dax-Anleger derzeit, dass die Kurse am deutschen Aktienmarkt steigen. Mit einem stabilen Niveau rechnen weitere 18 Prozent. Sie setzen darauf, dass der Index in den kommenden zwei bis vier Wochen nur moderat zulegt oder leicht nachgibt. „Im Gesamtbild überwiegen die positiven Meinungen. Die meisten Dax-Anleger haben ein Kursziel von 6 495 Punkten vorgegeben“, sagt Click-Options-Sprecher Richard Ohl.
Auch die Experten des Stuttgarter Bankhauses Ellwanger & Geiger sehen die Kurse steigen: „Die internationalen Aktienmärkte scheinen sich auf eine Jahresendrallye einzurichten“, schreiben sie in ihrer aktuellen „Marktmeinung aus Stuttgart“, „allein der Dax nimmt Kurs auf die 6 500 Punkte-Marke. Durch verschiedene Übernahmefantasien und einem nachgebenden Ölpreis konnte insbesondere der europäische Aktienmarkt seine Aufwärtsbewegung fortsetzen.“
Die Anleger könnten sich, so die Stuttgarter Beobachter, auf weiter steigende Kurse zum Jahresende einrichten. Wichtig für den weiteren Kursverlauf werde auch der Ölpreis sein: „Die Aussicht auf einen milden Winter könnte diesen Preis nach unten drücken“, allerdings sehen die Experten hier auch Risiken: Reduzierungen der Ölförderung und -lieferung – ob in Alaska durch Wetterbedingungen oder in Nigeria durch Anschläge der Rebellen bedingt – könnten die Preise wieder nach oben treiben.
Quasi im Mittelfeld des Meinungsspektrums stehen die vorsichtigen Optimisten. Sie halten kurzfristig Kursverluste für möglich, zum Beispiel die Aktienexperten der Bayern LB: „Wir betrachten die begonnene Schwäche jedoch als überfällige Korrektur und gehen bislang nicht von einer nachhaltigen Trendwende nach unten aus“, heißt es im jüngsten Marktkommentar.
Auch der technische Analyst Matthieu Driol beurteilt die Situation vorsichtig. Nur wenn der Dax die neue Widerstandslinie von 6 452 Punkten überwinden könne, sei ein Anstieg bis zum Kursziel von 6 606 Punkten möglich. „Falls der Dax hingegen unterhalb der Marke von 6 364 Punkten schließen sollte, dürfte es zu einer Konsolidierung kommen“, sagt Driol, der als unabhängiger Analyst für Click-Options tätig ist.
Viele institutionelle Anleger sehnen sich nach einer Korrektur oder Konsolidierung, heißt es. Sie hatten nicht damit gerechnet, dass der Dax im zweiten Halbjahr die ursprünglichen Jahres-Hochs vom Mai nennenswert übertreffen würde. Viele Marktteilnehmer hatten bis Mai gutes Geld verdient und sind seitdem vor allem auf Gewinnsicherung bedacht. Beobachter verweisen zudem darauf, dass viele Privatanleger die gesamte Hausse seit 2003 verschlafen hätten, und werten dies Zeichen dafür, dass eine große Top-Bildung wohl nicht drohe.
Eine Euphorie sei nicht einmal ansatzweise zu spüren, die Bewertung im Dax weiterhin günstig. Der Gewinntrend zeige weiter nach oben, und die niedrigen Zinsen eröffneten Bewertungsspielräume, heißt es zur weiteren Begründung. Deutsche Aktien seien tendenziell immer noch unterbewertet. Zudem schwimme der Markt weiterhin in Liquidität.
Andere Beobachter, zum Beispiel die Strategen der Landesbank Berlin, verweisen indes auf Belastungsfaktoren wie zinspolitische Unsicherheiten, eine sich abschwächende Wachstumsdynamik in den USA sowie die aktuelle Aufwertung des Euro zum Dollar. In der Eurozone rechnen Volkswirte fest mit steigenden Leitzinsen. Der Euro stieg am Freitag erstmals seit eineinhalb Jahren über die Marke von 1,30 Dollar. Ein starker Euro-Wechselkurs belastet in der Regel Exporte nach Übersee.
Signale über die weitere Börsenentwicklung erwarten Anleger in der kommenden Woche aus den USA. Dort steht die Bekanntgabe mehrere Konjunkturdaten an. Als besonders wichtig gelten unter anderem die Zahlen zu den Konsumausgaben am Donnerstag und der Einkaufsmanagerindex (PMI) am Freitag. Impulse könnten auch vom US-Verbrauchervertrauen am Dienstag ausgehen, am Mittwoch werden ferner überarbeitete Zahlen zum US- Wirtschaftswachstum bekannt gegeben und das Beige Book veröffentlicht, das die Konjunktureinschätzung der US- Notenbanker widerspiegelt. Zur Entwicklung des US-Häusermarktes stehen eine ganze Reihe von Indikatoren an, so der Verkauf bestehender Häuser, die Neubauverkäufe und der Hauspreisindex mit den Bauausgaben.
In Deutschland veröffentlichen neben Bayer (Montag) und Thyssen-Krupp (Freitag) noch Unternehmen der zweiten und dritten Liga Geschäftszahlen, darunter die im SDax gelistete Fluggesellschaft Air Berlin. Nach zahlreichen Börsengängen in diesem Jahr erwarten Investoren zudem Einzelheiten zur voraussichtlich größten Neuemission 2006 in Deutschland: Der Aromenhersteller Symrise will Finanzkreisen zufolge 1,3 Milliarden Euro einsammeln und am Freitag mit der Zeichnungsfrist beginnen. Das Unternehmen will am Montag Details dazu bekannt geben.
Quelle: HANDELSBLATT, Sonntag, 26. November 2006, 09:17 Uhr
Euer
Einsamer Samariter
Dax-Ausblick: Rally mit einem Haken
Börsianer freuen sich traditionell auf den Dezember. Erfahrungsgemäß setzen die Indizes zur Jahresendrally an, auf die die Beobachter auch jetzt warten. Doch zunächst sieht es noch anders aus. Der Dax könnte in eine Korrekturphase getreten sein, die viele als überfällig ansehen.
HB FRANKFURT. Die Meinungen darüber sind geteilt. Fakt ist: Der Deutsche Aktienindex fiel am Freitag unter 6 400 Punkte zurück und entfernte sich damit wieder von seinem am Mittwoch erreichten Fünfeinhalb-Jahres-Hoch von 6 497 Zählern. Binnen Wochenfrist büßte er unter dem Strich ein knappes Prozent ein. Einige Beobachter sehen trotz dieser deutlichen Verluste zum Wochenschluss für den Dax gute Chancen auf eine Fortsetzung des Anstiegs. „Ich denke nicht, dass wir jetzt schon in eine Korrekturphase gehen“, sagt Aktienstratege Volker Borghoff von HSBC Trinkaus & Burkhardt. „Dafür sind die Fundamentaldaten zu positiv.“
Zum Ende der Berichtssaison werden in der kommenden Woche noch Geschäftszahlen der Dax-Unternehmen Bayer am Montag und Thyssen-Krupp am Freitag erwartet. Das könnte den deutschen Leitindex bei einem neuen Anlauf auf die Marke von 6 500 Punkten unterstützen, meint Frank Schallenberger von der LBBW. Mögliche Impulse durch Bayer und Thyssen-Krupp sind für Schallenberger aber nur ein Grund zur Zuversicht: „Zum anderen steht der Börsenmonat Dezember vor der Tür, der bei den Börsianern einen überaus guten Ruf hat.“ Im letzten Monat des Jahres habe der Dax seit seiner Einführung 1988 durchschnittlich um 3,3 Prozent zugelegt und damit mehr als in jedem anderen Monat.
Nach einer aktuellen Sentimentanalyse des Daytradebrokers Click-Options erwartet fast jeder dritte Dax-Anleger derzeit, dass die Kurse am deutschen Aktienmarkt steigen. Mit einem stabilen Niveau rechnen weitere 18 Prozent. Sie setzen darauf, dass der Index in den kommenden zwei bis vier Wochen nur moderat zulegt oder leicht nachgibt. „Im Gesamtbild überwiegen die positiven Meinungen. Die meisten Dax-Anleger haben ein Kursziel von 6 495 Punkten vorgegeben“, sagt Click-Options-Sprecher Richard Ohl.
Auch die Experten des Stuttgarter Bankhauses Ellwanger & Geiger sehen die Kurse steigen: „Die internationalen Aktienmärkte scheinen sich auf eine Jahresendrallye einzurichten“, schreiben sie in ihrer aktuellen „Marktmeinung aus Stuttgart“, „allein der Dax nimmt Kurs auf die 6 500 Punkte-Marke. Durch verschiedene Übernahmefantasien und einem nachgebenden Ölpreis konnte insbesondere der europäische Aktienmarkt seine Aufwärtsbewegung fortsetzen.“
Die Anleger könnten sich, so die Stuttgarter Beobachter, auf weiter steigende Kurse zum Jahresende einrichten. Wichtig für den weiteren Kursverlauf werde auch der Ölpreis sein: „Die Aussicht auf einen milden Winter könnte diesen Preis nach unten drücken“, allerdings sehen die Experten hier auch Risiken: Reduzierungen der Ölförderung und -lieferung – ob in Alaska durch Wetterbedingungen oder in Nigeria durch Anschläge der Rebellen bedingt – könnten die Preise wieder nach oben treiben.
Quasi im Mittelfeld des Meinungsspektrums stehen die vorsichtigen Optimisten. Sie halten kurzfristig Kursverluste für möglich, zum Beispiel die Aktienexperten der Bayern LB: „Wir betrachten die begonnene Schwäche jedoch als überfällige Korrektur und gehen bislang nicht von einer nachhaltigen Trendwende nach unten aus“, heißt es im jüngsten Marktkommentar.
Auch der technische Analyst Matthieu Driol beurteilt die Situation vorsichtig. Nur wenn der Dax die neue Widerstandslinie von 6 452 Punkten überwinden könne, sei ein Anstieg bis zum Kursziel von 6 606 Punkten möglich. „Falls der Dax hingegen unterhalb der Marke von 6 364 Punkten schließen sollte, dürfte es zu einer Konsolidierung kommen“, sagt Driol, der als unabhängiger Analyst für Click-Options tätig ist.
Viele institutionelle Anleger sehnen sich nach einer Korrektur oder Konsolidierung, heißt es. Sie hatten nicht damit gerechnet, dass der Dax im zweiten Halbjahr die ursprünglichen Jahres-Hochs vom Mai nennenswert übertreffen würde. Viele Marktteilnehmer hatten bis Mai gutes Geld verdient und sind seitdem vor allem auf Gewinnsicherung bedacht. Beobachter verweisen zudem darauf, dass viele Privatanleger die gesamte Hausse seit 2003 verschlafen hätten, und werten dies Zeichen dafür, dass eine große Top-Bildung wohl nicht drohe.
Eine Euphorie sei nicht einmal ansatzweise zu spüren, die Bewertung im Dax weiterhin günstig. Der Gewinntrend zeige weiter nach oben, und die niedrigen Zinsen eröffneten Bewertungsspielräume, heißt es zur weiteren Begründung. Deutsche Aktien seien tendenziell immer noch unterbewertet. Zudem schwimme der Markt weiterhin in Liquidität.
Andere Beobachter, zum Beispiel die Strategen der Landesbank Berlin, verweisen indes auf Belastungsfaktoren wie zinspolitische Unsicherheiten, eine sich abschwächende Wachstumsdynamik in den USA sowie die aktuelle Aufwertung des Euro zum Dollar. In der Eurozone rechnen Volkswirte fest mit steigenden Leitzinsen. Der Euro stieg am Freitag erstmals seit eineinhalb Jahren über die Marke von 1,30 Dollar. Ein starker Euro-Wechselkurs belastet in der Regel Exporte nach Übersee.
Signale über die weitere Börsenentwicklung erwarten Anleger in der kommenden Woche aus den USA. Dort steht die Bekanntgabe mehrere Konjunkturdaten an. Als besonders wichtig gelten unter anderem die Zahlen zu den Konsumausgaben am Donnerstag und der Einkaufsmanagerindex (PMI) am Freitag. Impulse könnten auch vom US-Verbrauchervertrauen am Dienstag ausgehen, am Mittwoch werden ferner überarbeitete Zahlen zum US- Wirtschaftswachstum bekannt gegeben und das Beige Book veröffentlicht, das die Konjunktureinschätzung der US- Notenbanker widerspiegelt. Zur Entwicklung des US-Häusermarktes stehen eine ganze Reihe von Indikatoren an, so der Verkauf bestehender Häuser, die Neubauverkäufe und der Hauspreisindex mit den Bauausgaben.
In Deutschland veröffentlichen neben Bayer (Montag) und Thyssen-Krupp (Freitag) noch Unternehmen der zweiten und dritten Liga Geschäftszahlen, darunter die im SDax gelistete Fluggesellschaft Air Berlin. Nach zahlreichen Börsengängen in diesem Jahr erwarten Investoren zudem Einzelheiten zur voraussichtlich größten Neuemission 2006 in Deutschland: Der Aromenhersteller Symrise will Finanzkreisen zufolge 1,3 Milliarden Euro einsammeln und am Freitag mit der Zeichnungsfrist beginnen. Das Unternehmen will am Montag Details dazu bekannt geben.
Quelle: HANDELSBLATT, Sonntag, 26. November 2006, 09:17 Uhr
Euer
Einsamer Samariter