Hans Bernecker: Ausverkaufstag?
Mails/Nachrichten vom 07.09.2001, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
war das gestern mit 90 Mio Stück Tagesumsatz der Ausverkaufstag in Deutschland oder erst der Anfang vom Ende? Auf die unangenehme und undurchsichtige Rolle der Hedge Funds habe ich in den letzten Tagen aufmerksam gemacht. Was sich hier zusammenbraut, sehe ich mit großer Skepsis entgegen. Dazu in der nächsten AB einige weitere Details zum Hintergrund. Jedenfalls: LTCM (1998) läßt grüßen. Genau genommen wäre das sogar ein Vorteil. Dann wäre der Ausverkaufsspuk bald vorbei. Jedenfalls geht die
Redimensionierung so vieler überzogener Börsenbewertungen in den Technologie-Lieblingen vorerst weiter. Schade, daß davon einige eigentlich nicht betroffene Aktien in Mitleidenschaft gezogen werden.
An der Wall Street zeichnet sich das unveränderte Bild ab: Relative Sicherheit in den klassischen Papieren, desolate Markttechnik in den Nasdaq-Titeln. Hier haben die wichtigsten großen Werte ihr Frühjahrstief unterschritten, und jetzt geht es um den sogenannten fairen Wert. Ich
diskutiere in der heutigen AB, die Sie in den Händen halten, diese Frage für Sun Microsystems stellvertretend für alle anderen. Bitte vollziehen Sie dies nach. Auch darüber hatte ich mich vielfach geäußert.
In einer solchen Situation ist vorfristiges Handeln nicht angebracht. Eine Überlegung gebe ich aber schon vorab, was bisher nie kommentiert wurde: Die Anzahl umlaufender Aktien bei diesen Unternehmen erreicht fast die Hälfte des Jahresumsatzes. Es zeichnet sich also eine riesige Überkapitalisierung dieser Firmen ab, die ein Bestandteil der überzogenen Börsenbewertung war und ist. Das erlaubt zwei Dinge: Diese Aktien sind z. Zt. ungeheuer liquide
und deshalb bestens geeignet für Baisse-Spekulationen. Anschließend muß diese Zahl dramatisch verringert werden. Das wird zu Kapitalzusammenlegungen führen. Beispiel: Die Aktie X hatte einen Spitzenkurs bei 100 Dollar, jetzt
vielleicht 8 und demnächst 4 Dollar. Die Anzahl der ausstehenden Aktien wird im Verhältnis 4:1 zusammengestrichen, und dann kostet die neue Aktie wieder
16 Dollar. Ich sage Ihnen jetzt schon lustige Spielereien voraus, wie die Amis mit diesem Instrument umgehen.
In Frankfurt ist der eingangs genannte Riesenumsatz kurzfristig ein Druck, mittelfristig eine Marktbereinigung. Solche Volumina sind nicht dauerhaft möglich und signalisieren eher das Ende als den Anfang. Das ist eine alte Erfahrung. Zu SAP kennen Sie meine Meinung: Der faire Wert liegt bei 80 bis 100 E., und daran kommt nichts vorbei. Je früher, um so besser, denn dann wäre die größte Belastung im DAX eliminiert. Die Riesenumsätze bei Telekom
mit unverändert über 20 Mio Stück pro Tag sind vieldeutig, wie ich zugebe, aber ebenfalls eher das Ende des berühmten Spiels.
Wirklich negativ ist die schon befürchtete Schwäche der Finanzaktien. Gott sei Dank habe ich vor einigen Wochen schon darauf aufmerksam gemacht. Im Falle Hypovereinsbank wird überzogen, in den anderen Fällen noch nicht.
Negativ auch: Die Allianz konnte ihre Verteidigungslinie nicht behaupten oder beim besten Willen gerade noch halten, wenn man sehr großzügig ist. Ein Tag ist nicht ausschlaggebend, aber: Bleibt es bei Kursen unter 278 E., so
ändert diese nichts an der fundamentalen Einschätzung, aber dann hängt der Kurs technisch in der Luft. Mit gestern 1,7 Mio Stück Umsatz im Xetra-Handel stellen Sie bitte alle Käufe, die ich vor 2 Wochen diskutiert hatte, noch
zurück, obwohl sich an den Zahlen nichts geändert hat. Für alle anderen Banken bleibt es bei meiner Abstinenz. Zu Pro Sieben: Eine Fusion mit Kirch ist strategisch richtig. Hier kommt es auf die Einbringungskurse an. Die Spanne 9 bis 11 E. wurde gestern mit 9,50 E. erreicht. Vielleicht gibt es auch Kurse von 8,50 bis 9 E., was ich nicht ganz ausschließe. Bei Springer kamen Sie auch zum Ausverkaufspreis zwischen und 51 und 55 E. zum Zuge. Aktuell 65 E. Ein Limit von 55 E. hat übrigens auch noch eine Chance. Zu MG Technologies lesen Sie den heutigen Bericht in der FAZ, Seite 23. Das ist die Ergänzung meiner Berichterstattung in der AB.
Ich wünsche Ihnen trotz der nicht gerade erbaulichen Marktlage ein schönes Wochenende, wobei Sie beachten: Dieser Ticker wurde per Telefon diktiert.
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
Mails/Nachrichten vom 07.09.2001, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
war das gestern mit 90 Mio Stück Tagesumsatz der Ausverkaufstag in Deutschland oder erst der Anfang vom Ende? Auf die unangenehme und undurchsichtige Rolle der Hedge Funds habe ich in den letzten Tagen aufmerksam gemacht. Was sich hier zusammenbraut, sehe ich mit großer Skepsis entgegen. Dazu in der nächsten AB einige weitere Details zum Hintergrund. Jedenfalls: LTCM (1998) läßt grüßen. Genau genommen wäre das sogar ein Vorteil. Dann wäre der Ausverkaufsspuk bald vorbei. Jedenfalls geht die
Redimensionierung so vieler überzogener Börsenbewertungen in den Technologie-Lieblingen vorerst weiter. Schade, daß davon einige eigentlich nicht betroffene Aktien in Mitleidenschaft gezogen werden.
An der Wall Street zeichnet sich das unveränderte Bild ab: Relative Sicherheit in den klassischen Papieren, desolate Markttechnik in den Nasdaq-Titeln. Hier haben die wichtigsten großen Werte ihr Frühjahrstief unterschritten, und jetzt geht es um den sogenannten fairen Wert. Ich
diskutiere in der heutigen AB, die Sie in den Händen halten, diese Frage für Sun Microsystems stellvertretend für alle anderen. Bitte vollziehen Sie dies nach. Auch darüber hatte ich mich vielfach geäußert.
In einer solchen Situation ist vorfristiges Handeln nicht angebracht. Eine Überlegung gebe ich aber schon vorab, was bisher nie kommentiert wurde: Die Anzahl umlaufender Aktien bei diesen Unternehmen erreicht fast die Hälfte des Jahresumsatzes. Es zeichnet sich also eine riesige Überkapitalisierung dieser Firmen ab, die ein Bestandteil der überzogenen Börsenbewertung war und ist. Das erlaubt zwei Dinge: Diese Aktien sind z. Zt. ungeheuer liquide
und deshalb bestens geeignet für Baisse-Spekulationen. Anschließend muß diese Zahl dramatisch verringert werden. Das wird zu Kapitalzusammenlegungen führen. Beispiel: Die Aktie X hatte einen Spitzenkurs bei 100 Dollar, jetzt
vielleicht 8 und demnächst 4 Dollar. Die Anzahl der ausstehenden Aktien wird im Verhältnis 4:1 zusammengestrichen, und dann kostet die neue Aktie wieder
16 Dollar. Ich sage Ihnen jetzt schon lustige Spielereien voraus, wie die Amis mit diesem Instrument umgehen.
In Frankfurt ist der eingangs genannte Riesenumsatz kurzfristig ein Druck, mittelfristig eine Marktbereinigung. Solche Volumina sind nicht dauerhaft möglich und signalisieren eher das Ende als den Anfang. Das ist eine alte Erfahrung. Zu SAP kennen Sie meine Meinung: Der faire Wert liegt bei 80 bis 100 E., und daran kommt nichts vorbei. Je früher, um so besser, denn dann wäre die größte Belastung im DAX eliminiert. Die Riesenumsätze bei Telekom
mit unverändert über 20 Mio Stück pro Tag sind vieldeutig, wie ich zugebe, aber ebenfalls eher das Ende des berühmten Spiels.
Wirklich negativ ist die schon befürchtete Schwäche der Finanzaktien. Gott sei Dank habe ich vor einigen Wochen schon darauf aufmerksam gemacht. Im Falle Hypovereinsbank wird überzogen, in den anderen Fällen noch nicht.
Negativ auch: Die Allianz konnte ihre Verteidigungslinie nicht behaupten oder beim besten Willen gerade noch halten, wenn man sehr großzügig ist. Ein Tag ist nicht ausschlaggebend, aber: Bleibt es bei Kursen unter 278 E., so
ändert diese nichts an der fundamentalen Einschätzung, aber dann hängt der Kurs technisch in der Luft. Mit gestern 1,7 Mio Stück Umsatz im Xetra-Handel stellen Sie bitte alle Käufe, die ich vor 2 Wochen diskutiert hatte, noch
zurück, obwohl sich an den Zahlen nichts geändert hat. Für alle anderen Banken bleibt es bei meiner Abstinenz. Zu Pro Sieben: Eine Fusion mit Kirch ist strategisch richtig. Hier kommt es auf die Einbringungskurse an. Die Spanne 9 bis 11 E. wurde gestern mit 9,50 E. erreicht. Vielleicht gibt es auch Kurse von 8,50 bis 9 E., was ich nicht ganz ausschließe. Bei Springer kamen Sie auch zum Ausverkaufspreis zwischen und 51 und 55 E. zum Zuge. Aktuell 65 E. Ein Limit von 55 E. hat übrigens auch noch eine Chance. Zu MG Technologies lesen Sie den heutigen Bericht in der FAZ, Seite 23. Das ist die Ergänzung meiner Berichterstattung in der AB.
Ich wünsche Ihnen trotz der nicht gerade erbaulichen Marktlage ein schönes Wochenende, wobei Sie beachten: Dieser Ticker wurde per Telefon diktiert.
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker