Ein ganz übles Chartbild.
Bei der Suche nach interessanten Chartkonstellationen fallen einem oft recht
kuriose Dinge auf. Ein Wechsel der Perspektive hilft dann meist weiter. Ich
habe Ihnen ein Beispiel mitgebracht.
Das riecht nach einem Absturz
Sie kennen sicher den Ansatz der reinen Chartlehre. "Alle Faktoren die zur
Bewertung eines Wertpapiers - einer Aktie oder einem Index - dienen, sind im
Chartverlauf ersichtlich". Alle Prognosen basieren auf dem Kursverlauf an
sich. Wir bei Grüner Fisher Investments halten das für wesentlich zu kurz
gesprungen und untauglich, um Prognosen nachhaltig mit einer höheren
Wahrscheinlichkeit als der Zufall, zu erstellen.
Vor allem die subjektive Einstellung des jeweiligen Analysten - gepaart mit dem
zum Zeitpunkt der Erstellung der Analyse herrschenden Marktkonsens -
"verfälscht" das Ergebnis.
Schauen Sie sich den folgenden Chartverlauf einmal genau an. Was fällt Ihnen
auf den ersten Blick auf? Der Aufwärtstrend ist gebrochen und wurde bereits als
Bestätigung zwei Mal erfolglos von unten "angetestet". Es hat sich
eine Schulter-Kopf-Schulterformation gebildet - die Nackenlinie der SKS wurde
auch bereits gebrochen. Die 200-Tage-Linie wurde nach unten durchbrochen -
zudem fällt der 200-Tage-Durchschnitt jetzt auch seit einigen Tagen. Das
Kursziel aus dieser Formation liegt erheblich tiefer. Richtig?
Aber um welchen Chart handelt es sich?
Deutscher Aktienindex DAX - Tageschart
Es handelt sich ganz einfach um den Tageschart des deutschen Aktienindex DAX.
Ich habe lediglich den Chartverlauf auf den Kopf gestellt, horizontal
gespiegelt und die Kerzenfarbe der weißen und roten Kerzen getauscht. Und nun?
Die vielen technisch negativen Merkmale des vorherigen, inversen Charts müssen
- glaubt man der reinen Chartlehre - nun natürlich auch für den umgekehrten
Fall gelten. Fassen wir zusammen: Der Abwärtstrend ist gebrochen und wurde
bereits als Bestätigung zwei Mal erfolglos von oben "angetestet". Es
hat sich eine inverse Schulter-Kopf-Schulterformation gebildet - die
Nackenlinie der inversen SKS wurde auch bereits gebrochen. Die 200-Tage-Linie
wurde nach oben durchbrochen - zudem steigt der 200-Tage-Durchschnitt jetzt
auch seit einigen Tagen. Das Kursziel aus dieser Formation liegt erheblich
höher.
Fazit
Liest man die derzeit - nach wie vor - vielen negativen Einschätzungen der
Charttechniker zum DAX (Stichwort Bärenmarkt-Rallye), dann gilt hier
anscheinend wieder die Regel: "Es kann nicht sein, was nicht sein
darf". Obwohl Chartanalysten grundsätzlich eine rein technische
Betrachtung für ihre Prognosen heranziehen, machen die eigenen Emotionen oft
einen Strich durch die angeblich rein mathematische Berechnung. "The trend
is your friend" scheint nur dann zu gelten, wenn die Welt nicht "auf
dem Kopf steht". Ein unvoreingenommener Wechsel der Perspektive ist oft
hilfreich.