DAS KANZLERDUELL (Zusammenfassung)

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DAS KANZLERDUELL (Zusammenfassung)

 
23.08.02 16:00

»Schauen Sie so, als ob es Ihnen Spaß machen würde«


DAS KANZLERDUELL (Zusammenfassung) 760599
Wer wird im TV-Duell eine bessere Figur abgeben?  
 
Erstes Kanzlerduell in Deutschland

Staatstragendes dunkelblau, hellgraue Rednerpulte und viel Akryl: Die Studio-Kulisse für das TV-Duell zwischen Gerhard Schröder (SPD) und Edmund Stoiber (CSU) wäre auch für jede beliebige Talkshow gut. Doch diesmal geht es ums Ganze: Kein optischer Schnickschnack soll den Showdown zwischen dem Kanzler und seinem Herausforder aus der Union stören. Wenn sich an diesem Sonntag (20.15 Uhr) die beiden Spitzenkandidaten nach US-Vorbild auf den Privatsendern SAT.1 und RTL vor laufenden Kameras begegnen, treten erstmals in Deutschland ein amtierender Regierungschef und sein Widersacher zum medialen Redewettstreit an.

Am 8. September, wenn sich Schröder und Stoiber unter Federführung von ARD und ZDF an gleicher Stelle zum zweiten Duell treffen, wird sich kaum etwas ändern. Statt Peter Kloeppel (RTL) und Peter Limbourg (SAT.1) werden Sabine Christiansen (ARD) und Maybrit Illner (ZDF) die Fragen vom Studio-Schreibtisch aus stellen.

Das erste Kanzlerduell in der Geschichte der Bundesrepublik findet ausgerechnet auf dem Gelände des früheren DDR-Fernsehens im Ost- Stadtteil Adlershof statt, dort also, wo einst Karl Eduard von Schnitzler in seinem »Schwarzen Kanal« den Westen beschimpfte und die »Aktuelle Kamera« die Verlautbarungen des SED-Staates ausstrahlte.

90 Sekunden für eine Antwort

Die Parteimanager haben nichts dem Zufall überlassen. Bis in feinste Einzelheiten haben die »Paten« der Duellanten, der CDU- Wahlkampfmanager Michael Spreng und Vize-Regierungssprecher Bela Anda, den Ablauf 75 Minuten-Debatte fest gelegt: Die Dauer der Antworten (90 Sekunden je Kandidat), die Nachfragen (zwei Mal je Themenkomplex), die Positionen der Kameras (keine Kamerabewegungen) und die Höhe der elektrisch verstellbaren Rednerpulte hinter denen die Kandidaten stehen. Und damit auch wirklich nichts schief läuft, werden die Duellanten mit jeweils zwei Mikrofonen verkabelt.

Berichte, wonach die Strippenzieher von CDU und SPD sich das Recht vorbehalten wollten, in die Regie einzugreifen, möchte SAT.1- Chefredakteur Jörg Howe nicht kommentieren. »Sehr professionell« seien die Verhandlungen gewesen, sagt er. Zutritt zum Studio haben nur die Kandidaten, die Moderatoren und die Techniker. Draußen, so rechnet Howe, werden zwischen sechs und acht Millionen Zuschauer die Sendung verfolgen.

Mit Hilfe einer ausgeklügelten Logistik soll eine Begegnung von Stoiber und Schröder vor dem Duell verhindert werden. Sie werden sich in separaten, jeweils etwa 140 Quadratmeter großen Räumen auf die Debatte einstimmen, in getrennten »Masken« geschminkt und durch zwei verschiedene Türen in das Studio marschieren.

Unter den Sicherheitskräften wird am Sonntag höchste Alarmstufe herrschen. Das Studiogelände etwa zwölf Kilometer Luftlinie von der Mitte Berlins soll einer Festung gleichen und weiträumig abgeriegelt werden. Auf dem nahe liegenden Flughafen Schönefeld sollen Hubschrauber für jede Eventualität zum Einsatz bereit stehen.

Redezeit wird nach Sekunden bemessen - Notar überwacht Regularien

Die Redezeit der beiden Matadore beim ersten Fernsehduell in den Privatsender RTL und SAT.1 ist bis auf die Sekunde genau identisch. Ein Notar überwacht die Gleichbehandlung der beiden Kandidaten. Auch die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten werden sich am 8. September beim zweiten Aufeinandertreffen von Kanzler Gerhard Schröder (SPD) und Herausforderer Edmund Stoiber (CSU) im Fernsehen an die Zeitvorgaben halten. Beide werden sich bis zu ihrem Auftritt vor den Kameras im Studio »Adlershof« nicht sehen.

Das Duell soll wie folgt ablaufen:

  • Die Kandidaten betreten das Studio durch getrennte Türen.


  • Die Fragen der Moderatoren werden Themenbereichen zugeordnet.


  • Für jedes Thema sind höchstens sieben Minuten vorgesehen.


  • Schröder und Stoiber haben für ihre Antwort je 90 Sekunden Zeit.


  • Pro Antwort sind zwei Nachfragen möglich, die Antwort darauf darf je Kandidat 60 Sekunden nicht überschreiten.


  • Mit einem roten Licht am Pult wird den Kandidaten zehn Sekunden vor Ablauf der Redezeit ein optischer Hinweis gegeben.


  • Das Rede-Duell dauert »netto« 75 Minuten.


  • Die Moderatoren können Schröder und Stoiber unterbrechen, wenn die Redezeit überschritten wird.


  • Gegenseitige Befragungen der Politiker sind nicht vorgesehen.


  • Es gibt keine Unterbrechungen durch Werbespots.


  • Das Benutzen von Unterlagen ist nicht erlaubt.


»Schauen Sie so, als ob es Ihnen Spaß machen würde«

Einer wird gewinnen. Wahlforscher meinen, dass es Edmund Stoiber schwer haben wird. Denn Gerhard Schröder »kann es so gut, wie praktisch niemand anders«. Vor dem historischen TV- Wahlkampf-Duell von Kanzler und Kandidat an diesem Sonntagabend bei RTL und SAT.1 steigen Spannung und Nervosität, gerade auch bei den Matadoren von SPD und CSU selbst.

Die Kamera ist ein »teuflisch Ding«

RTL-Chefkorrespondent Gerhard Hofmann hat den Duellanten deshalb ein paar Ratschläge mit auf den Weg gegeben. Die TV-Kamera nämlich ist ein teuflisch Ding, »weil sie einmal schönt und einmal abwertet, weil sie verharmlost und übertreibt, weil sie vernichtet und zum Star macht«.

»...als ob Sie jede Frage zum ersten Mal hören würden«

Der RTL-Mann rät also den Duellanten: »Schauen Sie so, als ob es Ihnen Spaß machen würde, jetzt genau diese und keine andere Frage zu beantworten.« Und: »Schauen Sie so, als ob Sie jede Frage zum ersten Mal hören würden.«

»...hampeln Sie nicht herum«

Weitere Tipps »Achten Sie auf Ihre Körpersprache und hampeln Sie nicht herum.« - »Seien Sie humorvoll und schlagfertig.« Allerdings »in Grenzen«. Und vor allem: »Schauen Sie gut aus.«

Politikforscher sehen TV-Duell positiv - Mit Vorbehalten

Wenn es um telegenes Auftreten geht, dann ist Gerhard Schröder nach gängigem Urteil seinem Herausforderer Edmund Stoiber überlegen: »Der Kanzler kommt besser an, weil er dem Typ des Machers entspricht, der kurzfristig handeln kann«, sagt Prof. Christine Landfried. Dieses Image wird nach Ansicht der Hamburger Politikwissenschaftlerin durch das Fernsehen begünstigt, da das Medium über die Macht der Bilder die Tendenz zur Kurzatmigkeit fördere. »Im Fernsehen ist die Darstellbarkeit von Politik wichtig. Langfristige Perspektiven haben es da immer schwer«.

Ob jedoch Schröder trotz dieses Platzvorteils die beiden TV-Duelle für sich entscheidet, ist für Landfried keineswegs ausgemacht: »Wer den besseren Part spielt, kann man noch nicht sagen. Wichtig ist dabei die Authentizität, also die Frage, wie glaubwürdig politische Aussagen beim Zuschauer ankommen.« Für Landfried und andere Wissenschaftler ist jedoch die Frage von »Sieger« und »Verlierer« im Fernsehduell weniger entscheidend. Viel wichtiger ist ihnen die Frage, ob der Schlagabtausch vor dem Bildschirm auch für die politische Meinungsbildung des Bürgers hilfreich sein kann.

Unstrittig ist, dass die erstmals vor einer Bundestagswahl ausgestrahlten TV-Duelle die Personalisierung im Wahlkampf verstärken. Anders als FDP-Spitzenkandidat Guido Westerwelle, der erfolglos gegen die Duelle vor Gericht klagte, sieht Landfried jedoch darin keine Verfälschung. »Die Parteiendemokratie hat sich gewandelt. Die Auswahl der Eliten in der Politik läuft stark über Personen ab«, sagt die Professorin.

Auch ihr Kollege Claus Leggewie sieht die Rolle der TV-Duelle für die Demokratie grundsätzlich positiv: »Damit können grundsätzlich auch politikferne Sichten erreicht werden.« Der Politologe, Leiter des Zentrums für Medien und Interaktivität an der Universität Gießen, sieht den Fernsehgipfel der beiden Spitzenkandidaten aus einem anderen Grund kritisch: »Der Impuls, ein Duell zu machen, ist dem Bedürfnis der «Kampas» und dem Unterhaltungsformat der Fernsehsender entsprungen.«

Leggewie hätte sich deshalb wie in den USA bei den Debatten der beiden Präsidentschaftsbewerber eine eigene Kommission aus unabhängigen Persönlichkeiten gewünscht, die die TV-Duelle organisiert und eigene Regeln aufstellt. »Was wir erreichen sollten, ist aus einer Zuschauer- eine Beteiligungsdemokratie zu machen, aber die Möglichkeiten des Fernsehens sind hier sehr beschränkt«, meint der Wissenschaftler. Dafür kämen eher die Neuen Medien wie das Internet in Frage. Leggewie hat mit der Plattform www.wahlthemen.de zusammen mit der Bundeszentrale für Politische Bildung selbst eine solche Initiative gestartet.

Als »Inszenierung von Politik im Fernsehen« kritisiert Landfried, dass die Sender im Anschluss an die Duelle in eigenen Sendungen den Schlagabtausch nochmals analysierten. »Viel wichtiger wäre es, dazu Bürger zu befragen und in die Sendungen einzuladen«, sagt die Wissenschaftlerin. Sie gehört zusammen mit Leggewie einer eigens gegründeten »Kommission zu den Kanzlerdebatten« die aus wissenschaftlicher Sicht die beiden Duelle begleiten wird. Mitglied dieser Kommission ist auch das Adolf-Grimme-Institut, das jährlich den renommiertesten deutschen Fernsehpreis verleiht. Auch der Deutschlandfunk kooperiert: Der Hörfunksender wird die Diskussion der »Kommission« live (21.30 Uhr) im Anschluss an die beiden Duelle übertragen.
preisfuchs:

happy bitte blau blinken *ggg* o.T.

 
23.08.02 16:17
vega2000:

Kanzlergenerator

 
23.08.02 16:27
Happy End:

TV-Tip: Die lange Nacht der Kandidaten

 
24.08.02 00:26
..im Moment auf Südwest 3.
Elan:

Happy, ich will ein Kind von dir...

 
24.08.02 00:33




DAS KANZLERDUELL (Zusammenfassung) 760990
Die_Quadratur_des_Kreises

 
Kicky:

Dummschwätzer o.T.

 
24.08.02 00:44
Elan:

@kicky

 
24.08.02 00:56

hier sind 4 menschen und du an diesem thread beteiligt, dich zähl ich eher zu den ausserirdischen...nicht von dieser welt...wen genau meinst du mit dummschwätzer...angreiffe ohne benennung des feindes ist doch unklar...


DAS KANZLERDUELL (Zusammenfassung) 760999
Die_Quadratur_des_Kreises

 
chrismitz:

Elan?

 
24.08.02 09:57
chrismitz:

Elan?

 
24.08.02 10:26
Happy End:

Chris?

 
24.08.02 10:29
Elan:

happy?

 
24.08.02 10:47




DAS KANZLERDUELL (Zusammenfassung) 761031
Die_Quadratur_des_Kreises

 
chrismitz:

Chris?

 
24.08.02 12:56
Happy End:

TV-Tip: Szenen des Amchtwechsel 1998

 
24.08.02 15:07
...im Moment auf Phoenix!
Happy End:

Ähem, ich meinte natürlich MACHTWECHSELS

 
24.08.02 15:08
Happy End:

Der Countdown läuft ...

 
25.08.02 12:38
Happy End:

Mini-Frikadelle gegen Ente

 
25.08.02 22:28
Highnoon live im Fernsehen. Kanzler und Kandidat kreuzen verbal die Klingen. Die politischen Lager verbreiten gelassen Lockerungsübungen, während die Medien sich überschlagen und schon mal alle wichtigen Fragen stellen: Trägt Stoiber wirklich eine rote Krawatte? Und was macht Doris?
 
Berlin - Tief stapeln und hoch gewinnen: Kurz vor dem ersten TV-Duell zwischen Kanzler und Herausforderer bemühten sich die beiden politischen Lager um demonstrative Gelassenheit. Gerhard Schröder relativierte die Bedeutung des Wortgefechts: "Es wird nicht die Bedeutung wie in Amerika erhalten", ließ er mittels "Kölner Stadtanzeiger" wissen. "Im Grunde lässt sich von der Schlagfertigkeit im 90-Sekunden-Takt nicht auf die Regierungsfähigkeit der Beteiligten schließen", sagte der "Medien-Kanzler", der sonst im Zweifel auch die Steuerreform in neunzig Sekunden "Tagesschau-tauglich" erklärt. Um nicht tief fallen zu können, gab er seine Interpretation der Lage unabhängig vom Rede-Wettstreit schon mal zum Besten: Es sei doch gut, dass sich die "für uns erfreuliche Bewegung in den Meinungsumfragen" schon vor dem Duell zeige.
So setzte Schröder am Sonntag schon seinen ersten Treffer bevor die Duellanten sich überhaupt gegenübertraten. Sowohl aus der Union als auch der SPD war zu hören, keiner der Kandidaten bereite sich speziell auf das Fernsehereignis vor. Sparringspartner? Haben wir doch nicht nötig. Doch beide nahmen sich am Samstag und Sonntag Auszeiten, um ausgeruht und entspannt vor die Kameras zu treten. Inhaltlich sind sie für alle Fragen gebrieft. Da die Themen klar sind, von Arbeitslosigkeit, Wirtschaftsflaute über Bildung, Flut-Katastrophe und Irak-Krieg, konzentrierten sich alle Beteiligten auf andere Details: Nicht, was sie sagen, sondern wie sie es sagen.

Was Stoiber zum Halse raushängt

In der CSU soll man Stoiber geraten haben, eine rote Krawatte zu tragen, die sich mit ihrer Signalfarbe gut vom blauen Bühnenhintergrund und dunklem Anzug abhebe. Dass die Farbe politisch besetzt ist stört CSU-Generalsekretär Thomas Goppel nicht: "Was Stoiber zum Hals raushängt, darf ruhig rot sein", vertraute er der "Welt am Sonntag" an.

Wie Schröder die Krawatten-Attacke kontern wird war bis kurz vor dem ersten Wort-Schuss unklar. Klar war nur, dass Gattin Doris ihm den Anzug raushängt und sich dann mit Freunden in Berlin vor die Kiste hockt. Weitere wesentliche Details der Elefantenrunde diskutierten die Medien am Wochenende in aller Ausführlichkeit. Kaum eine Zeitung erschien, ohne dass darin ein "Rhetorik-Trainer" oder "Stil-Beobachter" zu Wort kam, der altehrwürdige Presseclub widmete sich am Sonntag in der ARD dem Thema und die "Süddeutsche Zeitung" veröffentlichte bereits am Samstag eine vorausgreifende TV-Kritik. Die "Welt am Sonntag" befindet: "Ein Klon aus beiden wäre am besten". Und selbst die gemächliche "Frankfurter Allgemeine Zeitung" fiebert: "Spannender könnte der Moment kaum sein".

Die Feuilletons überschlagen sich mit spöttischen Betrachtungen über den Medien-Hype - und heizten selbigen damit weiter an. Keine Kleinigkeit blieb unentdeckt: Stoibers notorischer Zeigefinger ist mindestens so wahlgefährdend wie Schröders "Ich sach mal". Eine Idee blieb unentdeckt: Ein Vertrieb von Videos mit den "Best-of-Szenen" und Zeitlupe-Wiederholungen der schönsten Sätze.

Das Land steckt im Duell-Fieber: Das 75-minütige Fernsehduell zwischen Schröder und Stoiber am Sonntag bei RTL und Sat.1 (Beginn 20.30 Uhr) ist immerhin das erste zwischen Spitzenkandidaten von SPD und Union vor einer Bundestagswahl. Am 8.September treffen die beiden Kontrahenten bei ARD und ZDF zur Revanche zusammen.

Die konkurrierenden Sender streckten am Sonntag die Waffen. Öffentlich-rechtliche Staatsbürgerkunde: Keiner setzte zugkräftige Spielfilme oder ähnliches auf den gleichen Sendeplatz, die ARD wiederholt einen "Tatort", statt wie gewohnt die Krimifans am Sonntagabend mit frischem Nervenkitzel anderer Art zu versorgen. Statt dessen überbieten sich die Sender mit Begleitsendungen. Kolateralschaden in der Programmplanung: Von dem Duell kriegt jeder Zuschauer was ab, ob er will oder nicht: Nach dem Ende der Sendung (21.45 Uhr) werden bei RTL und Sat.1, aber auch bei ARD, ZDF, Phoenix und n-tv Experten die Auseinandersetzung analysieren. Wer dem entkommen will, braucht einen Videorekorder, ein Buch im Bett oder kann bei SPIEGEL ONLINE chatten.

Interpretationshilfen

Angesichts des Aufwands - 330 Journalisten und 250 Prominente werden das Duell vor Ort verfolgen - mühten sich die Lager um Schadensbegrenzung für den Fall der Niederlage, von der aber noch keiner so genau weiß, wie die zu messen wäre. Die Union schickte CDU-Vizechef Christian Wulff vor, der sich im niedersächsischen Landtagswahlkampf schon mal mit Schröder duelliert hatte. "Wenn es keine groben Schnitzer gibt, bleibt der Auftritt weitgehend folgenlos", sagte Wulff am Sonntag, der die Wahl seltsamerweise gegen Schröder verloren hatte.

SPD-Generalsekretär Franz Müntefering hingegen gab sich regierungsparteimäßig staatstragend und begrüßte, dass das Fernsehen seinen Beitrag zur Auseinandersetzung zwischen den Kandidaten leiste. Das Duell könne bei der Vertrauensbildung eine Rolle spielen. Nochmal: Fernsehen. Vertrauensbildung! "Aber die Auswirkungen der TV-Duelle wird man ganz sicher nicht in Prozenten am Wahltag messen können" orakelte Müntefering. Obwohl beide Lager sich ja genau das erhoffen, auch wenn es keiner zugibt. "Jetzt, wo die Lager in Umfragen dichter beieinander sind, schätze ich die Wirkung größer ein, vielleicht auf drei bis fünf Prozent. Viele der unentschlossenen oder unpolitischen Wähler werden erreicht", befürchtet Bernd Gäbler, Geschäftsführer des Adolf-Grimme-Institutes.

Schröder eröffnet das Duell, Stoiber hat das Schlusswort

Für das Duell wurden in langen Verhandlungen zwischen Sendern und Wahlkampfmanagern genaue Regeln festgelegt. Schröder wird das Duell eröffnen, Stoiber hat dafür das Schlusswort. Auch die Redezeiten und die Modalitäten für Nachfragen der Moderatoren wurden genau festgelegt. Zu jedem der sieben bis acht Themen dürfen die Kandidaten ein Statement von 90 Sekunden abgeben. Anschließend sind jeweils zwei Nachfragen an die Kandidaten mit einer Antwortzeit von 60 Sekunden erlaubt.

In den Parteizentralen von CDU und SPD in Berlin finden Partys vor Großbildschirmen statt, wo prominente Sekundanten und Parteisoldaten Interpretationshilfe für die Zitathäppchen geben. Die "Bild am Sonntag" lieferte dafür schon mal eine Checkliste von "Lacherfolg" bis "Schweiß" und ein "Duell-Lexikon" mit allen politischen Begriffen, die man als Wähler so kennen muß. "E" wie "Essen": Stoiber bekommt Mini-Frikadellen, Schröder "Ente mit Sommergemüse" serviert.

Ein Notar wird darauf achten, dass beide gleich viel Redezeit bekommen. Unbekannt war, ob Stoibers "Ähs" dabei von der Nettoredezeit wieder abgezogen werden. Die SPD jedenfalls wird die Stoiberschen Sprachpatzer mitzählen und hat im Internet zu einem "Äh-Schätz-Wettbewerb" aufgerufen. Ein unbestätigtes Gerücht blieb es bis zum Sonntagnachmittag, dass, nachdem Guido Westerwelle sich vergeblich mühte, die FDP einzuklagen, nun Jürgen Möllemann versucht, über dem Fernsehgelände in Berlin-Adlershof mittels Fallschirm in das Duell einzugreifen.  
Happy End:

SPD lässt Stoibers Sprachpatzer schätzen

 
25.08.02 22:29
Fast schon legendär war der Auftritt des Kanzlerkandidaten bei Sabine Christiansen, die er mit Angela Merkel verwechselte. Ähnliche Peinlichkeiten erhofft sich die SPD bei den großen TV-Duellen. Die Genossen im Erftkreis spotten schon jetzt.

Bergheim - Die SPD im Erftkreis bei Köln lässt die "Ähms" von Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) schätzen. Mit der satirischen Aktion solle auf die Fernsehduelle der Kanzlerkandidaten am 25. August und am 8. September aufmerksam gemacht werden, sagte SPD-Bundestags-Bewerberin Gaby Frechen, 45, am Donnerstag in Köln.

Interessierte könnten per Internet (www.aehms.de) und Telefon ihre Schätzungen abgeben, wie oft Stoiber in seinen Antworten den Sprachpatzer "Ähm" benutzen wird. Der Gewinner darf nach Berlin reisen. Mit der Spaß-Aktion sollen vor allem junge Leute dazu bewegt werden, sich die TV-Duelle von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und seinem Herausforderer im Fernsehen anzuschauen.  
Happy End:

"Muster eines Boxchampionats"

 
25.08.02 22:30
Die Kommentatoren begrüßen es mehrheitlich, dass Kanzler und Kandidat erstmals ihre Kräfte in einem Fernsehduell messen. Doch nur die ausländischen Zeitungen wagen schon eine Prognose über dessen Ausgang.

Bild am Sonntag

"Am wichtigsten sind immer noch die Inhalte, nicht deren Verpackung oder die elegante Präsentation. Aber das Duell ist dennoch wichtig: Es erzeugt riesige Aufmerksamkeit in einem Wahlkampf, in dem bisher noch keiner keinem wehtun wollte. Noch ist unklar, wer am Ende als Sieger aus dem Studio kommt. Aber ein Gewinner steht jetzt schon fest: Es ist der Wähler, der mit dem spektakulären Schlagabtausch wieder Lust auf die deutsche Politik bekommt."

Süddeutsche Zeitung

"Das Duell ist eine Mischung aus Information und Show, aus Talkrunde und 'Wetten, dass...?' Man mag dies verwerflich finden, wenn man an den hehren Zielen des politischen Diskurses orientiert ist. Andererseits ist es einfach so, dass Spitzenleute in der Politik ihre Herausragenden Positionen nicht haben, weil sich große Programmatiker sind, sondern weil ihnen Dinge zu Eigen sind, über die andere nicht in dem Ausmaß verfügen: Charisma, Duchsetzungskraft, Intrigenbegabung, Überredungskunst und anderes mehr."

Frankfurter Allgemeine Zeitung

"Spannender könnte der Moment kaum sein, in dem der Wahlkampf mit dem "Fernsehduell" zwischen Schröder und Stoiber seinem ersten Höhepunkt entgegengeht. Man mag es bedauern, dass in der Mediendemokratie das parlamentarische Kräftemessen mit Geringschätzung gestraft wird, eine Inszenierung dagegen, die nach dem Muster eines Boxchampionats arrangiert wird, Millionen anzieht. Demokratie lebt nun einmal von Zuspitzung. Beide Kandidaten haben die Chance, die Stimmungen in Stimmen umzumünzen, wenn sie nicht um Sympathien buhlen, sondern Perspektiven eröffnen, auf die sich Wahlentscheidungen gründen lassen."

Frankenpost (Hof)

"Ein Schauspiel ist's, nicht mehr. (...) Zwei Männer werden vor Fernsehkameras zu ihrer Meinung über scheinbar wichtige Probleme befragt, und keiner von ihnen wird die ganze, reine Wahrheit von sich geben. Zweck des Auftritts ist es allein, nach außen besser zu wirken als der Kontrahent."

Nürnberger Nachrichten

"Ist der aktuelle Aufschwung von Schröder und seiner SPD ein Zwischen-Hoch, das leicht von den wenig erquicklichen Arbeitsmarkt- Daten verdrängt werden kann, die Anfang September in Nürnberg präsentiert werden? Oder beginnt mit der Flut eine tatsächliche Trendwende? Schröder wird jedenfalls keine Gelegenheit auslassen, sein wiedergewonnenes Image des Krisen-Managers zu pflegen - beim TV- Schlagabtausch, am nächsten Donnerstag bei der Bundestags- Sondersitzung zur Fluthilfe oder bei seinem Abstecher zum Umwelt- Gipfel von Johannesburg kurz darauf. Und es fällt Stoiber in der Opposition zwangsläufig schwer, solche Auftritte zu kontern. Dieses Dauer-Duell der Rivalen wird deshalb noch einmal spannend - und wohl auch wahlentscheidend."

Darmstädter Echo

"Wenn also mancher Bürger nach einem Vorwand gesucht hat, doch noch Schröders SPD zu wählen, könnte er ihn im Hochwasser gefunden haben. Und wer kein rechtes Bild von Stoiber besaß, der ist auch im Wahlkampf nicht schlauer geworden. Die Umfragen jedenfalls, die über Monate glauben machen wollten, die Wahl sei bereits entschieden, sind keinen Cent mehr wert. Nur beim Fernsehduell morgen hat Stoiber absprachegemäß das letzte Wort. Die Wahl selbst ist noch längst nicht entschieden."

Deister- und Weserzeitung (Hameln)

"Wie stellen sich die Spitzenbewerber dar? Das ist die Frage bei diesem mehr der Unterhaltung als der politischen Aufklärung dienenden Schlagabtausch. Dabei ist Stoiber zunächst einmal im Vorteil - nicht nur, weil er jenseits aller Worte mit dem Erfolgsbeispiel Bayern prunken kann, sondern auch, weil schon jeder weiß: Schröder macht im Fernsehen die bessere Figur, er kann glänzender reden, spritziger spotten und schöner lachen. Das ist nichts Neues mehr. Von Stoiber wird in diesem Duell von vornherein weit weniger verlangt, weil TV- Auftritte - man weiß es ja - nicht seine Stärke sind. Es reicht, wenn er einigermaßen gelassen bleibt und seine Sätze mit passenden Verben beendet. Und die Zuschauer? Prüfen die wirklich in ruhiger Unvorein- genommenheit? Natürlich nicht. Die meisten werden dem Kandidaten, den sie ohnehin bevorzugen, einen Bonus geben und bei ihm viele Schwächen übersehen, während sie dem anderen jeden Lapsus ankreiden."

Münchner Merkur

"Endlich treten auch bei uns die Kandidaten zusammen in den Fernseh-Ring. Gerhard Schröder oder Edmund Stoiber: Wer wird politischer Meister aller Klassen? Es fehlt nicht an ernst zu nehmenden Warnungen, dass sich die Demokratie mit dieser Verschauspielerung des Wahlkampfes auf ein gefährliches Gleis begibt. In keinem anderen Medium entfaltet die manipulierte Oberfläche eine ähnliche Dominanz wie im Fernsehen. Bei einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit hoher Zahl unentschlossener Wähler können aus grotesken Nebensächlichkeiten im TV-Duell tatsächlich mitentscheidende Wirkungen auf die politische Stimmung entstehen. Dass dieser Effekt beide Kandidaten gleichermaßen treffen kann, macht die Sache nicht besser."

La Repubblica (Rom)

"Da stehen sich zwei extrem unterschiedliche politische Führer gegenüber. Der brillante Fernsehkanzler der Linken ist zum vierten Mal verheiratet, liebt gute Rotweine und italienische Herrenmode und hat eine sehr junge und unabhängige Ehefrau neben sich. (...) Der Herausforderer dagegen ist ernsthaft und mit dunkler Miene, Zeit seines Lebens mit ein und derselben Frau verheiratet und stets gleich angezogen, immer blau oder grau, wie es sich in München gehört. Aber sein Ansehen als vertrauenswürdiger politischer Führer hat sich durch sein Zögern während des Hochwassers verdüstert."

De Standaard (Brüssel)

"Der Wahlkampf wird in den fünf Wochen bis zum 22. September zunehmend eine Auseinandersetzung um Personen werden, was auch gute Neuigkeiten für Schröder sind. Nach den letzten Umfragen wollen 55 Prozent der Deutschen Schröder als Bundeskanzler, gegenüber 36 Prozent für Stoiber. Und vor allem in Ostdeutschland, wo aus historischen Gründen mehr Wechselwähler leben, kann Schröder punkten: Seit dem Fall der Mauer gibt es dort kaum noch eine Parteitreue."  
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