Börsianer spielen Rettungsplan B durch

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Börsianer spielen Rettungsplan B durch

 
04.11.02 12:22
Börsianer spielen Rettungsplan B durch  
Bisherige Geld- und Finanzpolitik hat weitgehend versagt. Allerdings hat Dax kurzfristig noch Spielraum nach oben
 
Von Holger Zschäpitz
Berlin - Ein Plan B muss die Börsenwelt retten. Denn eines ist klar: Konventionelle Heilmethoden der Finanz- und Geldpolitik halfen in den vergangenen zwei Jahren nicht weiter. So befindet sich die US-Wirtschaft auch nach elf Leitzinssenkungen alles andere als auf einem soliden Wachstumspfad. Und nichts spricht dafür, dass die zwölfte Zinssenkung der amerikanischen Währungshüter, mit der nahezu alle Marktteilnehmer in dieser Woche rechnen, die Trendwende bringen könnte. Für viele Börsianer gilt daher Plan A als gescheitert. "Die globale Wirtschaft krankt weiter und die Risiken einer Deflation wachsen - die Verantwortlichen aus den USA und der Eurozone müssen über einen Plan B nachdenken", sagt Albert Edwards, Stratege bei Dresdner Kleinwort Wasserstein.

Zwar rechnen die meisten Marktprofis zunächst mit einem positiven Wochenauftakt. Der Dax könnte bis an den alten Widerstand bei knapp 3300 Punkten klettern. Kräftigen Rückenwind für den Technologiesektor erhoffen sich die Experten dabei von Microsoft. Der wegen Kartellverstößen angeklagte weltgrößte Computerkonzern erzielte eine Einigung mit US-Gerichten. Damit können auch andere erfolgreiche Technologiefirmen, die in eine Monopolstellung hineinwachsen, aufatmen. Doch nach einer US-Zinsentscheidung am Mittwoch dürfte die Luft dünner werden. Dann bleibt nur noch die Chance, dass die europäischen und britischen Geldhüter, die am Donnerstag tagen, wider Erwarten an der Zinsschraube drehen und den Märkten Schub verleihen. "Wenn die Notenbanken aber das Vertrauen der Anleger nicht stabilisieren können, dann droht ein weiterer Ausverkauf", sagt Anais Faraj, Stratege bei Nomura in London.

Immer mehr Experten bezweifeln die Wirksamkeit der bisherigen Zins- und Fiskalpolitik. Insbesondere die Unternehmen hätten von den weltweit niedrigen Leitzinsen nicht profitiert, da die Geschäftsbanken das billigere Geld nicht an ihre Kunden weitergegeben haben. Weltweit ist die Kreditvergabe an Firmen regelrecht eingebrochen. Den US-Konsumenten geht trotz Steuersenkungen langsam die Luft aus, in Europa haben die Verbraucher mit Steuererhöhungen zu kämpfen und halten sich daher zurück.

Daher sei es Zeit für Plan B, bei der in einer konzertierten Aktion Politiker und Währungshüter die Wirtschaft und die Börsen aus dem Sumpf ziehen. Damit sollen "japanische Verhältnisse" vermieden werden. Oberstes Ziel ist dabei der Kampf gegen eine Deflation, einen dauerhaften Preisrückgang. Denn sollten Produkte und Dienstleistungen immer billiger werden, hat dies fatale Auswirkungen. Konsumenten halten sich in Erwartung noch günstigerer Preise mit Käufen zurück; Unternehmen investieren noch weniger. Die Notenbanker können hier mit noch billigerem Geld gegensteuern. Denkbar sind US-Leitzinsen von Null und europäische von unter zwei Prozent. Um auch die langfristige Finanzierung der Unternehmen zu verbilligen, könnten die Währungshüter langlaufende Staatsanleihen zurückkaufen. Auch der Fiskalpolitik kommt in Plan B eine wichtige Aufgabe zu. Durch rasche Steuersenkungen sollten die Konsumenten entlastet und zum Kaufen stimuliert werden. Auf der anderen Seite müsse der Staat seine Ausgaben eher ausweiten denn einschränken.

Zumindest die US-Währungshüter haben einen solchen Plan in der Schublade. In einer umfangreichen Studie über Japan in den 90er Jahren werden die damaligen Fehler analysiert. Das Ergebnis: Lieber sollte Fiskal- und Geldpolitik des Guten zu viel tun. Die möglichen Gefahren einer zu lockeren Geldpolitik seien geringer als die Risiken einer zu restriktiven Politik. Andererseits dürfte das Problembewusstsein für die weltweite Umsetzung eines Plan B noch nicht weit genug gereift sein. Dresdner-Stratege Edwards rechnet vorher noch mit einem Einbruch an den US-Börsen um bis zu 30 Prozent. "Bevor Plan B umgesetzt wird, kommt es nochmal viel dicker."

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