Börsenausblick: Anleger erwarten Fortsetzung der Rally
Die Kurse klettern weiter - das glauben zumindest die Marktbeobachter, die an den Aktien- und Rentenmärkten einen leichten Optimismus wahrnehmen. Der Euro dürfte bei seinem Aufwärtstrend gegenüber dem Dollar bleiben.
Bis auf den ifo-Geschäftsklimaindex am Mittwoch stehen in der nächsten Woche keine wichtigen Konjunkturdaten an, auch die Indexumstellung im Dax am Montag dürfte keine Folgen haben. Für starke Bewegungen dürfte jedoch noch immer die Entscheidung der Fed vom Mittwoch sorgen, rund 300 Mrd. $ in den Kauf von US-Staatspapieren zu investieren.
"Ich kann mir vorstellen, dass der positive Trend in den nächsten Tagen anhält und der Dax die Marke von 4160 bis 4200 Punkte testet", sagt Klaus Stabel, Leiter der Research-Abteilung bei ICF Kursmakler. Zuversichtlich stimmt ihn vor allem das veränderte Anlegerverhalten. So hätten in der abgelaufenen Woche vor allem Bankwerte und Aktien zyklischer Branchen zu den Gewinnern gezählt, während defensive Titel wie Pharma- oder Telekomaktien zu den größten Verlierern gehörten. "Dies spricht dafür, dass die Anleger wieder optimistischer werden", sagt Stabel.
Noch mehr Zuversicht könnte schon der ifo-Index für den Monat März verbreiten. Die Analysten rechnen für den Gesamtindex zwar erneut mit einem niedrigen Wert als im Vormonat. Der Teilindex zu den Geschäftserwartungen der Unternehmen soll von 80,9 auf 81,5 Punkte zulegen. Es wäre der dritte Anstieg in Folge und Indiz für eine konjunkturelle Belebung in der zweiten Jahreshälfte.
Auch in den USA macht sich ein leichter Optimismus breit. Die meisten negativen Nachrichten seien eingepreist, sagt Alec Young, Aktienstratege bei Standard & Poors. Zudem gebe es weltweit leichte Stabilisierungsanzeichen. Zwei anstehende Entscheidungen dürften das Vertrauen weiter stärken, hofft Young. "Zum einen sind die Märkte zuversichtlich, dass am 2. April die strengen Bilanzregeln zur Markpreisbewertung aufgeweicht werden. Zum anderen steigt die Zuversicht, dass das Finanzministerium Details zu den geplanten Auktionen bekanntgibt, mit der die Banken ihre illiquiden Vermögenswerte loswerden sollen." US-Finanzminister Timothy Geithner will die Pläne einem Zeitungsbericht zufolge bereits am Montag vorstellen.
Diese Woche beendeten die wichtigsten Indizes im Plus. Der Dax legte um 2,9% auf 4068,74 Punkte zu und hat sich damit von seinem Tief Anfang März bereits um mehr als 10 % entfernt. Der Stoxx 50 kletterte um knapp 2%, der CAC 40 um rund 3,2% und der FTSE 100 um 2,4 %. Der S&P 500 gewann 1,6 %. Der Nikkei beendete die um einen Tag verkürzte Handelswoche mit einem Plus von knapp 5%.
Als großer Dompteur der Märkte erwies sich einmal mehr Fed-Chef Ben Bernanke, dessen Äußerungen zu den geplanten Anleihekäufen die Märkte weiter bestimmen werden. Nach Ansicht von Markus Reinwand, Aktienstratege der Landesbank Hessen-Thüringen, hat die Entscheidung auch Folgen für den Aktienmarkt. "Der Schritt zeigt einmal mehr, dass die Notenbanken alles unternehmen, um die Kreditvergabe wieder anzukurbeln und die Konjunktur zu stützen. Das sollte am Aktienmarkt einen Boden einziehen", so Reinwand.
Er geht davon aus, dass der Dax bereits seinen Boden gefunden hat und innerhalb der nächsten zwölf Monate um 40 bis 50 Prozent zulegt. Derzeit bewegten sich die Investoren aber noch in einem luftleeren Raum. "Was noch aussteht, sind positive Fundamentalzahlen und Unternehmensergebnisse, die das Vertrauen stärken", sagt Reinwand. Dies sei für die Phase einer Trendumkehr an der Börse aber normal.
Unmittelbare Folgen hat die Fed-Entscheidung schon für den Renten- und Devisenmarkt. So erwarten die Volkswirte der Commerzbank, dass die Rendite zehnjähriger US-Treasuries bis zum Sommer noch auf 2,2 % sinken könnte. "Eine Rückkehr zu den Renditetiefs vom Dezember 2008 muss in Erwägung gezogen werden", sagt Peter Müller, Rentenanalyst bei der Commerzbank. Schon in der nächste Woche will die Fed ihren Plan umsetzen und dürfte damit die Kurse stützen, obwohl die US-Regierung gleichzeitig rund 98 Mrd. $ an neuen Staatsanleihen auf den Markt wirft. "Die Anleihekäufe der Fed sollten eine mögliche Belastung durch die Emissionen entscheidend verringern", sagt Müller.
Bereits kurz nach der Ankündigung der Fed sackte die Verzinsung amerikanischer Zehnjahrespapiere, die sich entgegengesetzt zum Kurs entwickelt, von mehr als 3 % um gut einen halben Prozentpunkt ab, am Freitag lag die Rendite wieder etwas höher bei 2,618 %. Für Howard Simons, Stratege bei Bianco Research, ist das aber noch nicht das Ende: "Die Rendite der Bonds wird weiter sinken. Er rechnet sogar mit einer Ausweitung des Kaufprogramms: "Das Volumen von 300 Mrd. $ dürfte nur ein Zwischenschritt sein."
Die geringeren Renditen in den USA belasten auch die deutschen Staatsanleihen, jedoch nicht so stark. Die Differenz zwischen den Papieren stieg in dieser Woche zwischenzeitlich auf mehr als 60 Basispunkte. So stark war der Abstand zuletzt Ende Januar. Nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) bereits signalisiert hat, die Zinsen von derzeit 1,5 % weiter zu senken, dürfte sich auch die Renditedifferenz einengen, hieß es bei den Commerzbank-Experten. Am Freitag rentierten zehnjährige Bundesanleihen mit 2,974%.
Auch am Devisenmarkt hinterließen Bernankes Äußerungen Spuren. Auf Wochensicht legte der Euro gegenüber dem Dollar fast 6 % zu - so viel wie noch nie seit dem Start der Europäischen Währungsunion vor zehn Jahren. Am späten Freitag kostete ein Euro 1,3560 $. Devisenexperten rechnen kurzfristig mit einem weiteren Wertverlust des Dollar. "Wir erwarten, dass der Euro-Kurs in der Spitze sogar noch bis 1,38 $ steigt", sagt Christoph Müller, Devisenanalyst der DZ-Bank. Auch Nariman Behravesh, Chefökonom von Global Insights, sieht neue Währungsrisiken. "Der Dollar könnte sich weiter abschwächen."
USA erholen sich schneller
Langfristig ist Behravesh jedoch optimistisch: "Die USA dürften sich schneller erholen als europäische Staaten, weil sie die Krise entschlossener bekämpfen." Diese Einschätzung teilt Müller: "Die aktuelle Schwäche des Dollars zum Euro ist keine nachhaltige Trendwende." Auf längere Sicht sei wieder mit einem festeren Greenback zu rechnen. "Bei den Investoren dürfte sich dann die Überzeugung durchsetzen, dass sich die US-Konjunktur früher stabilisiert als die der Euro-Zone", so DZ-Analyst Müller
Dieses Szenario schürt zugleich die Ängste vor einem Anstieg der Inflation. "Noch sind wir durch die Rezession vor Inflation sicher, aber wenn die Konjunktur wieder anzieht, wird es gefährlich", sagt Simons. Wie groß die Sorgen sind, zeigt die Entwicklung auf dem Rohstoffmarkt. Der Goldpreis legte in dieser Woche um 4% zu, eine Unze kostete in London 957 $. Infolge des schwachen Dollars machte auch der Ölpreis einen großen Sprung nach oben: Ein Barrel (159 Liter) der US-Referenzsorte WTI kostete am Freitag mehr als 51 $ und damit 10% mehr als zu Wochenauftakt. Trotz der noch trüben Konjunkturaussichten hat der Markt nach Ansicht von LBBW-Analyst Frank Schallenberger inzwischen einen Boden erreicht. Bei vielen Rohstoffen machten sich mittlerweile die massiven Kürzungen auf der Angebotsseite bemerkbar.
Von Von Karsten Röbisch, André Kühnlenz (Frankfurt), Sebastian Bräuer und Carmen Dautzenberg (New York)
Quelle: Financial Times Deutschland