ftd.de, Sa, 1.3.2003, 17:30
Börsenausblick: Gespanntes Warten auf die Notenbanken
Von Doris Grass, Annette Entreß und Christian Schwalb
An den internationalen Finanzmärkten rücken diese Woche neben dem befürchteten Irak-Krieg und der Entwicklung des Ölpreises vor allem die Zinsentscheidungen der Notenbanken in den Mittelpunkt. Allgemein wird mit einer Zinssenkung der Europäische Zentralbank (EZB) gerechnet.
Die EZB wird am Donnerstag nach Ansicht der meisten Volkswirte auf das schwache Wachstum mit einer Leitzinssenkung reagieren. "Wir gehen von einem 'Kompromiss-Schritt' um lediglich 25 Basispunkte aus, weil wahrscheinlich nicht der ganze EZB-Rat von der Notwendigkeit niedrigerer Leitzinsen zum jetzigen Zeitpunkt überzeugt sein wird", schreiben die Analysten der Deutschen Bank. "Wichtig wird aber auch die Pressekonferenz sein, die erste Aufschlüsse darüber geben könnte, ob die EZB in den nächsten Wochen eine weitere Zinssenkung ins Auge fasst."
Zinssenkungen eingepreist
Der Markt habe bereits zwei geldpolitische Lockerungsschritte bis Juni in den Preisen vorweggenommen. Die Strategen von UBS Warburg sind optimistischer und rechnen bereits diese Woche mit einer Reduzierung des Leitzinses um 50 Basispunkte. Zudem sagen sie für das dritte Quartal eine nochmalige Senkung des Hauptrefinanzierungszinses der EZB um 50 Basispunkte auf dann 1,75 Prozent voraus. Die norwegische Zentralbank dürfte sich am Mittwoch ebenfalls zu einer Lockerung ihrer Geldpolitik entschließen. Dagegen werden die Bank von Japan am Mittwoch und die Bank von England am Donnerstag voraussichtlich ihre Leitzinsen beibehalten.
Angesichts dieser Erwartungen werden Aktien- und Rentenmärkte mit Enttäuschung reagieren, sollte die EZB die Hoffnungen nicht erfüllen. Im übrigen rechnen Börsenstrategen nicht mit einer grundlegenden Stimmungsbesserung, zumal der "Showdown" in Sachen Irak-Krieg bevorsteht.
Freundlicher Wochenausklang begrüßt
Verhalten optimistisch reagierten Börsenexperten allerdings auf die steigende Tendenz des Dax zum Wochenschluss. "Es ist ein positives Zeichen, wenn der Markt am Freitag steigt", sagte Roland Ziegler, Stratege bei der ING-BHF-Bank. Normalerweise hätten die Anleger Angst, Positionen über das Wochenende zu halten. Man wisse schließlich nie, was bis Montag passiert. Ein nachhaltiges Aufwärtspotenzial habe der Dax aber erst, wenn die Irak-Krise gelöst sei.
Aktienhändler Fidel Helmer von Hauck & Aufhäuser bewertete positiv, dass der Dax am Freitag die psychologisch wichtige Marke von 2500 Punkten und das Tief vom vergangenen Jahr bei 2519 Punkten wieder überschritten habe. Jetzt sei zumindest technisch der Weg auf 2700 Zähler wieder frei. Grund für den freundlichen Wochenausklang war, dass das US-Wirtschaftswachstum im vierten Quartal mit einer Jahresrate von 1,4 Prozent deutlich höher ausfiel als bisher mit 0,7 Prozent geschätzt.
Schwache Umsätze an der Wall Street erwartet
An der Wall Street werden die Umsätze dünn bleiben, denn die institutionellen Groß-Anleger bleiben in der Defensive, erwartet Donald Selkin, Research-Direktor von Joseph Stevens. Er sieht maximal kurze Befreiungsversuche des Marktes voraus, aber keine echte Erholung von den Terror- und Kriegsängsten: "Der Handel ist zur Zeit eine Geisel der Geopolitik, solange speziell die Irak-Krise nicht gelöst ist, kann es nicht dauerhaft aufwärts gehen."
Der Ertragskalender der Unternehmen in den USA bleibt vorerst dünn. Das Biotech-Unternehmen Genzyme legt ebenso wie der Büroeinrichter Staples und der Spielzeug-Händler Toys R Us am Mittwoch seine Quartalszahlen vor. Schon am Montag berichtet Martha Stewart Living Omnimedia, deren Gründerin seit langem im Mittelpunkt eines Insiderskandals steht. Am Donnerstag folgen aus dem HighTech-Sektor National Semiconductor und TiVo.
Europäische Unternehmen legen Zahlen vor
Auch in Europa dürften Unternehmensdaten höchstens kurzzeitig für Aufmerksamkeit sorgen, es sei denn, neue Skandale erschüttern das ohnehin geringe Vertrauen der Anleger weiter. Porsche berichtet Montag auf dem Automobilsalon in Genf über das erste Halbjahr. Die britische Großbank HSBC, die niederländische KPN und der Medienkonzern Pearson legen ebenfalls ihre Jahresergebnisse vor. Am Dienstag veranstaltet Degussa ihre Bilanzpressekonferenz. Am Mittwoch ragen aus dem Kalender die Zahlen von France Télécom, Carrefour, Henkel und Eon heraus.
An den Rentenmärkten spielt neben den Zinserwartungen weiter das Thema Irak die Hauptrolle. Im Falle einer bevorstehenden Eskalation könnten die Staatsanleihen noch weiter zulegen, erwartet das Research der Deutschen Bank, auch wenn es am Freitag angesichts der festeren Börsen abwärts ging.
Bei den Konjunkturdaten dürfte neben dem Beige Book der US-Notenbank am Mittwoch vor allem der US-Arbeitsmarktbericht für Februar am Freitag als Highlight hervorstechen. Nach einem überraschenden Rückgang der Arbeitslosenquote im Januar auf 5,7 Prozent wird nun ein leichter Anstieg auf 5,8 Prozent prognostiziert. Der Montag erwartete US-Einkaufsmanager-Index (ISM) ist im Februar voraussichtlich von 53,9 auf 53 Punkte gefallen, während der PMI-Index für die Euro-Zone etwas von 49,3 auf 49,5 Zähler gestiegen sein dürfte.
Yen-Anstieg gestoppt
Am Devisenmarkt dürfte weiter der Yen im Vordergrund stehen, nachdem am Freitag ein ranghoher Mitarbeiter des Finanzministeriums erstmals Spekulationen bestätigte, wonach die Bank von Japan zur Schwächung der japanischen Währung interveniert hat. Demnach verkaufte Japan im Februar 500 Mrd. Yen (umgerechnet 4,24 Mrd. $) gegen Dollar und Euro und stoppte die Aufwärtsbewegung des Yen zunächst erfolgreich. Ein Dollar kostete am Freitag wieder über 118 Yen. Im Januar hatte die Zentralbank etwa 700 Mrd. Yen verkauft. Die Bestätigung der Interventionen macht es Spekulanten nach Ansicht von Devisenhändlern schwerer, aggressiv eine weitere Aufwertung des Yen zu betreiben.
© 2003 Financial Times Deutschland
Börsenausblick: Gespanntes Warten auf die Notenbanken
Von Doris Grass, Annette Entreß und Christian Schwalb
An den internationalen Finanzmärkten rücken diese Woche neben dem befürchteten Irak-Krieg und der Entwicklung des Ölpreises vor allem die Zinsentscheidungen der Notenbanken in den Mittelpunkt. Allgemein wird mit einer Zinssenkung der Europäische Zentralbank (EZB) gerechnet.
Die EZB wird am Donnerstag nach Ansicht der meisten Volkswirte auf das schwache Wachstum mit einer Leitzinssenkung reagieren. "Wir gehen von einem 'Kompromiss-Schritt' um lediglich 25 Basispunkte aus, weil wahrscheinlich nicht der ganze EZB-Rat von der Notwendigkeit niedrigerer Leitzinsen zum jetzigen Zeitpunkt überzeugt sein wird", schreiben die Analysten der Deutschen Bank. "Wichtig wird aber auch die Pressekonferenz sein, die erste Aufschlüsse darüber geben könnte, ob die EZB in den nächsten Wochen eine weitere Zinssenkung ins Auge fasst."
Zinssenkungen eingepreist
Der Markt habe bereits zwei geldpolitische Lockerungsschritte bis Juni in den Preisen vorweggenommen. Die Strategen von UBS Warburg sind optimistischer und rechnen bereits diese Woche mit einer Reduzierung des Leitzinses um 50 Basispunkte. Zudem sagen sie für das dritte Quartal eine nochmalige Senkung des Hauptrefinanzierungszinses der EZB um 50 Basispunkte auf dann 1,75 Prozent voraus. Die norwegische Zentralbank dürfte sich am Mittwoch ebenfalls zu einer Lockerung ihrer Geldpolitik entschließen. Dagegen werden die Bank von Japan am Mittwoch und die Bank von England am Donnerstag voraussichtlich ihre Leitzinsen beibehalten.
Angesichts dieser Erwartungen werden Aktien- und Rentenmärkte mit Enttäuschung reagieren, sollte die EZB die Hoffnungen nicht erfüllen. Im übrigen rechnen Börsenstrategen nicht mit einer grundlegenden Stimmungsbesserung, zumal der "Showdown" in Sachen Irak-Krieg bevorsteht.
Freundlicher Wochenausklang begrüßt
Verhalten optimistisch reagierten Börsenexperten allerdings auf die steigende Tendenz des Dax zum Wochenschluss. "Es ist ein positives Zeichen, wenn der Markt am Freitag steigt", sagte Roland Ziegler, Stratege bei der ING-BHF-Bank. Normalerweise hätten die Anleger Angst, Positionen über das Wochenende zu halten. Man wisse schließlich nie, was bis Montag passiert. Ein nachhaltiges Aufwärtspotenzial habe der Dax aber erst, wenn die Irak-Krise gelöst sei.
Aktienhändler Fidel Helmer von Hauck & Aufhäuser bewertete positiv, dass der Dax am Freitag die psychologisch wichtige Marke von 2500 Punkten und das Tief vom vergangenen Jahr bei 2519 Punkten wieder überschritten habe. Jetzt sei zumindest technisch der Weg auf 2700 Zähler wieder frei. Grund für den freundlichen Wochenausklang war, dass das US-Wirtschaftswachstum im vierten Quartal mit einer Jahresrate von 1,4 Prozent deutlich höher ausfiel als bisher mit 0,7 Prozent geschätzt.
Schwache Umsätze an der Wall Street erwartet
An der Wall Street werden die Umsätze dünn bleiben, denn die institutionellen Groß-Anleger bleiben in der Defensive, erwartet Donald Selkin, Research-Direktor von Joseph Stevens. Er sieht maximal kurze Befreiungsversuche des Marktes voraus, aber keine echte Erholung von den Terror- und Kriegsängsten: "Der Handel ist zur Zeit eine Geisel der Geopolitik, solange speziell die Irak-Krise nicht gelöst ist, kann es nicht dauerhaft aufwärts gehen."
Der Ertragskalender der Unternehmen in den USA bleibt vorerst dünn. Das Biotech-Unternehmen Genzyme legt ebenso wie der Büroeinrichter Staples und der Spielzeug-Händler Toys R Us am Mittwoch seine Quartalszahlen vor. Schon am Montag berichtet Martha Stewart Living Omnimedia, deren Gründerin seit langem im Mittelpunkt eines Insiderskandals steht. Am Donnerstag folgen aus dem HighTech-Sektor National Semiconductor und TiVo.
Europäische Unternehmen legen Zahlen vor
Auch in Europa dürften Unternehmensdaten höchstens kurzzeitig für Aufmerksamkeit sorgen, es sei denn, neue Skandale erschüttern das ohnehin geringe Vertrauen der Anleger weiter. Porsche berichtet Montag auf dem Automobilsalon in Genf über das erste Halbjahr. Die britische Großbank HSBC, die niederländische KPN und der Medienkonzern Pearson legen ebenfalls ihre Jahresergebnisse vor. Am Dienstag veranstaltet Degussa ihre Bilanzpressekonferenz. Am Mittwoch ragen aus dem Kalender die Zahlen von France Télécom, Carrefour, Henkel und Eon heraus.
An den Rentenmärkten spielt neben den Zinserwartungen weiter das Thema Irak die Hauptrolle. Im Falle einer bevorstehenden Eskalation könnten die Staatsanleihen noch weiter zulegen, erwartet das Research der Deutschen Bank, auch wenn es am Freitag angesichts der festeren Börsen abwärts ging.
Bei den Konjunkturdaten dürfte neben dem Beige Book der US-Notenbank am Mittwoch vor allem der US-Arbeitsmarktbericht für Februar am Freitag als Highlight hervorstechen. Nach einem überraschenden Rückgang der Arbeitslosenquote im Januar auf 5,7 Prozent wird nun ein leichter Anstieg auf 5,8 Prozent prognostiziert. Der Montag erwartete US-Einkaufsmanager-Index (ISM) ist im Februar voraussichtlich von 53,9 auf 53 Punkte gefallen, während der PMI-Index für die Euro-Zone etwas von 49,3 auf 49,5 Zähler gestiegen sein dürfte.
Yen-Anstieg gestoppt
Am Devisenmarkt dürfte weiter der Yen im Vordergrund stehen, nachdem am Freitag ein ranghoher Mitarbeiter des Finanzministeriums erstmals Spekulationen bestätigte, wonach die Bank von Japan zur Schwächung der japanischen Währung interveniert hat. Demnach verkaufte Japan im Februar 500 Mrd. Yen (umgerechnet 4,24 Mrd. $) gegen Dollar und Euro und stoppte die Aufwärtsbewegung des Yen zunächst erfolgreich. Ein Dollar kostete am Freitag wieder über 118 Yen. Im Januar hatte die Zentralbank etwa 700 Mrd. Yen verkauft. Die Bestätigung der Interventionen macht es Spekulanten nach Ansicht von Devisenhändlern schwerer, aggressiv eine weitere Aufwertung des Yen zu betreiben.
© 2003 Financial Times Deutschland