Bob Marleys Sohn hat Kaffee im Blut
09.05.2012 | 16:33 | von Stefan Rambow (Die Presse - Schaufenster)
Bob Marleys Sohn Rohan lässt in Jamaikas Blue Mountains nachhaltig Spitzenkaffee anbauen.
Im Jahr 1962 nahm der siebzehnjährige Bob Marley seine zweite Single auf: „One Cup of Coffee“. Ein bittersüßer Abschiedssong, in dem ein Familienvater Frau und Kinder zurücklässt: „Mach meinen Kaffee so, wie du einst in meinen Armen lagst – süß und warm. Nur eine Tasse Kaffee, dann werde ich gehen . . .“ Der Interpret hat es seiner Familie zu Lebzeiten oft nicht leicht gemacht, auch davon handelt „Marley“, die bald im Kino anlaufende Dokumentation über das Leben der Reggae-Legende. Marleys Vermögen hat jedes seiner zwölf offiziell anerkannten Kinder zu Millionären gemacht. Ausreichend Startkapital für eine Kaffeeplantage im Osten Jamaikas. Sie ist das Steckenpferd von Bobs zweitältestem Sohn Rohan, der im Zug der Kampagne für den Film weltweit präsent ist.
Rohan gleicht optisch ganz dem Vater. Dreadlocks, fusseliger Kinn- und Oberlippenbart, breites Lachen, frappierend ähnliche Intonation. Manchmal wirkt er wie abwesend, dann wieder enthusiastisch. 1972 aus einer außerehelichen Affäre seines Vaters hervorgegangen, von Rita und Bob Marley aber bald adoptiert, wurde der jugendliche Rude Boy zu Verwandten nach Nordamerika geschickt, wo er seinen High-School-Abschluss machte und bis Mitte der 1990er-Jahre American Football spielte. Die wuchtige Statur hat er bewahrt, seine besten Footballszenen stehen als mit Rammstein-Musik unterlegtes Video auf Rohans MySpace-Seite. Wie kommt einer wie er zum Kaffee?
Spitzenpreise. „Vor etwa zehn Jahren wurde mir dieses 21 Hektar große Gebiet in den Bergen zum Kauf angeboten. Als ich den Fluss gesehen habe, der dort verläuft, war es schon um mich geschehen. Erst später habe ich gefragt, was es dort noch so gibt. Die ansässigen Farmer sagten mir: Kaffee. Echten Blue-Mountain-Kaffee.“ Im feuchten, vergleichsweise kühlen Hochlandklima der jamaikanischen Blue Mountains wird das Wachstum der Kaffeekirschen verlangsamt, die Kirschen verbergen besonders dichte und harte Bohnen unter dem reifen roten Fruchtfleisch. Die Erträge auf den streng limitierten, insgesamt nur rund 6000 Hektar umfassenden Anbauflächen in einer Höhe zwischen 910 und 1700 Meter Höhe sind gering: Nur etwa 1000 Tonnen werden pro Jahr handgepflückt und erzielen Spitzenpreise von etwa 100 US-Dollar pro Kilo, ein Vielfaches anderer Sorten.
„Mein Vater kam von einer kleinen Farm in Nine Mile, im Hochland Jamaikas. Sein Wunsch war es, nach der Musikkarriere wieder zu seinen Wurzeln zurückzukehren. Mit der Plantage gehe ich seinen Weg weiter.“ Auch wenn Papa Bob vielleicht andere Feldfrüchte im Sinn hatte, schließt sich für Rohan ein Kreis: „Meine ganze Familie – Tante, Onkel, Cousin, Großonkel, Großtante – sie alle sind Farmer.“ Rohan erinnert sich, dass seine Großmutter wild wachsende, handgepflückte Kaffeebohnen zum Trocknen aufs Fensterbrett legte, die sie später für ihre morgendliche Tasse Kaffee röstete.
„Wir produzieren rein biologisch und belassen den natürlichen Abstand zwischen den Kaffeesträuchern. Bananenstauden und Unkraut verhindern, dass der fruchtbare Boden fortgespült wird. Wir verwenden keine Pestizide, sondern düngen mit Fledermaus-Guano aus der Nine-Mile-Grotte.“ Besonders stolz ist der Rastafari-Anhänger Rohan auf das selbst kreierte Ital-Zertifikat: „Nach unserem Glauben sollen Lebensmittel erdverbunden, pur, natürlich und möglichst unbehandelt sein. Ital is Vital!“
Auch finanziell meint Rohan es gut: „Wir behandeln die Farmer wie Partner. Den Lohn meiner Leute habe ich verdoppelt.“
Bald in Österreich. „Schwarz wie die Nacht, stark wie eine Affäre und süß wie die Liebe.“ Schon Ian Flemings James Bond stand auf Blue-Mountain-Kaffee. Die aphrodisische Bohne scheint wie für Rohan Marley geschaffen, er hat bis jetzt sieben Kinder, allein fünf mit der früheren Fugees-Sängerin Lauryn Hill. Mit Ex-Schwergewichtsweltmeister Lennox Lewis hat Rohan einen prominenten Investor für seine nach Bob-Marley-Songs benannten Mischsorten „One Love“, „Mystic Morning“ oder „Buffalo Soldier“ gefunden, die Kaffee aus Äthiopien oder Mittelamerika enthalten. Im Dezember 2010 endlich konnte Rohan per Twitter vermelden, in Kingston an einer Tasse selbst produzierten „Talkin’ Blues“ Jamaica Blue Mountain Coffee zu nippen. Der Durchbruch in den USA. Nun gibt es für Japan und Europa große Pläne. Sehr bald soll es auch in Österreich losgehen, im Team mit dem Kaffeeunternehmen Schärf aus Wiener Neustadt.
Wie trinkt Rohan selbst denn nun seine Tasse Kaffee? Schwarz, gesüßt mit etwas Honig. Milch ist tabu. „Drink with respect“, sagt Marley. Und ein lang gezogenes „Ras-tafar-I“ ertönt.