Superformel gegen Besserwisser
Wie man mit unerfreulichen Arbeitskollegen auskommt, kann man im Motivationstraining lernen.
Bei der Wahl seiner Eltern kann man bekanntlich nicht vorsichtig genug sein. Dasselbe gilt für die Wahl der Arbeitskollegen. Aber tatsächlich kann man sich weder die einen noch die anderen aussuchen, und deshalb muss man in fast jedem größeren Unternehmen mit folgenden unerfreulichen Typen klar kommen: Herr Besserwisser, Frau Dauerschwätzer, Frau Schlechtelaune, Herr Ewignörgler, Herr Niegrüßer, Frau Miesmacher, Herr Immerangeber, Herr Zuspätkommer. Subsumieren lassen sie sich unter dem Begriff Kotzbrocken (KB).
Man kann auf dreierlei Art und Weise mit solchen KB klarkommen: Sie so gut wie möglich ignorieren und hin und wieder verfluchen. Den Arbeitsplatz wechseln und an neuer Stelle wahrscheinlich auf neue KB treffen. Oder von sich aus etwas an der Situation ändern und auf die KB zugehen. Denn auf Dauer muss man mit ihnen klar kommen. Aber wie?
B-I-S-S - die Super-Formel
Dazu blättert Eckhardt Köder auf seinem Flip-Chart zur Seite "Super-Formel". Die Buchstabenfolge B-I-S-S ist dort untereinander gemalt; ein sprachlich verunglücktes Akronym, das für Bedanke Dich, Intensiv nachfragen, Solution, Satisfaction (Begeisterungsfähigkeit) stehen soll.
In der Praxis löst sich die Formel so auf. Nehmen wir den Kotzbrocken vom Typ "hinterhältig": erniedrigt gerne, wiegelt andere auf, verbreitet Halbwahrheiten und Lügen unter den Kollegen. Nach der "Superformel" ertappt man ihn freundlich auf frischer Tat, fragt ebenso freundlich, woher er die "Informationen" für die Lügen/Halbwahrheiten/Intrigen habe.
» Gleich um welche Art Kotzbrocken es sich handelt – nie darf er das Gesicht verlieren. «
Jetzt heißt es, sicher zu gehen, dass die Kollegen auf der eigenen Seite stehen. Dann kann man ihn unter vier Augen zur Rede stellen. Letzteres ist besonders wichtig, lehrt Köder: Gleich um welche Art KB es sich handelt – nie darf man ihn coram publico kritisieren, nie darf er das Gesicht verlieren.
Das ist eine von Köders Lebensweisheiten für den zwischenmenschlichen Umgang. Der Motivationstrainer hat davon eine Menge parat, wobei manche in die Kategorie Binsenweisheiten fallen: den richtigen Abstand zum Gegenüber wahren, nämlich eine Armlänge, dem Anderen beim Sprechen in die Augen blicken und vor allem: zuhören.
Anekdoten und Parabeln
Nicht genug – die Binsenweisheiten lässt er anhand praktischer Übungen und Rollenspiele verifizieren. Trotzdem: Köder versteht es, ein heikles Thema witzig rüberzubringen. Sein Programm quillt über vor amüsanten Anekdoten und Parabeln.
Allerdings trägt er manche offenbar schon zu lange mit seinen Seminarunterlagen herum, einige stimmen nur zur Hälfte, andere führen arg weit weg vom eigentlichen Thema. Das macht das Seminar, das eh schon viel Stoff in einen Tag stopft, nicht gerade übersichtlicher.
» Man muss die "Superformel" sehr großzügig interpretieren, will man sie für jeden beliebigen Kotzbrocken kompatibel machen. «
Aber es lenkt von der Tatsache ab, dass die "Superformel" ihrem Namen doch keine Ehre macht. Man muss sie sehr großzügig interpretieren, will man sie für jeden beliebigen KB kompatibel machen.
Und selbst dann spuckt sie kein Patentrezept aus, da kann Köder noch so oft den Flip-Chart vor- und zurückblättern. Sie überzeugt weder beim Intriganten noch beim Besserwisser noch beim Selbstgerechten. Köder überzeugt erst dann, wenn er an den gesunden Menschenverstand appelliert.
Schwieriges Terrain für den Scherzbold
Pech allerdings für den schwäbischen Scherzbold, dass sich unter den gut 40 Seminarteilnehmern auch ein paar Frauen befinden. Die sind nämlich nicht nur begriffsstutzig und wollen seine dauernden Parallelen zur Welt des Fußballs und der Autorennen nicht kapieren. Sie sind auch noch humorlos und können mit seinen vielen "Sie& Er"-Scherzen, bei denen "sie" selten gut wegkommt, nicht immer etwas anfangen.
Quelle:Süddeutsche Zeitung