Ausländer bleiben beim Dax außen vor
Börsenbarometer legt kräftig zu. Internationale Anleger machen um Deutschland aber weiter einen Bogen
Dax ist das absolute Schlusslicht nicht nur in Europa sondern weltweit
Von Holger Zschäpitz
Frankfurt/Main – Deutschland hat ein Imageproblem. Zumindest bei internationalen Investoren. Vor allem Anleger aus Großbritannien und Übersee machen derzeit einen großen Bogen um Dax & Co. „Die Umsätze aus dem Ausland sind eingebrochen“, sagt Joachim Paech, Chefhändler bei Julius Bär in Frankfurt. „Ohne ausländische Investoren fehlen wichtige Käufer und wir bekommen die Kurse nicht nachhaltig nach oben.“
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es gestern seit langem einmal wieder kräftig nach oben ging. Denn schaut man auf die nackten Zahlen, kann fast schon von einem Kaufboykott gegen deutsche Aktien gesprochen werden. Der Dax ist das absolute Schlusslicht nicht nur in Europa sondern weltweit. In den zurückliegenden sechs Monaten halbierte sich das deutsche Kursbarometer, wohingegen der amerikanische Aktienindex S&P 500 gerade einmal 30 Prozent an Wert verlor und der britische FTSE 26 Prozent einbüßte.
Sicher, zum Teil ist der Dax-Kollaps auf die hohe Gewichtung von Finanzwerten zurückzuführen. Ein Viertel der Performance wird von Banken und Versicherungen bestimmt, die zuletzt in den freien Fall übergingen. Aber selbst wenn man die Finanzwerte ausklammert, steht der Dax noch immer wesentlich schlechter als die Konkurrenz da. Das heißt: Ein Großteil der Underperformance ist auf hausgemachte Faktoren zurückzuführen.
„Ich habe keine antideutsche Einstellung, bewundere sogar die ökonomischen Leistungen der vergangenen Jahrzehnte. Momentan kann ich angesichts der mannigfaltigen Probleme aber nur zum Untergewichten Deutschlands in jedem Portfolio raten“, sagt Roger Nightingale, Berater bei Sarasin Investors in London. „Deutschland ist auf dem Weg zu japanischen Verhältnissen. Eine Depression kann nicht ausgeschlossen werden.“ Im Klartext: Ein lang anhaltender Wirtschaftsabschwung erscheint nicht mehr unmöglich. Nightingale begründet seinen Pessimismus mit den Wachstumszahlen der vergangenen Jahre. Bereits seit 1995 hinke Deutschland bei der Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes weit hinterher.
Tatsächlich wuchs die hiesige Ökonomie seit 1995 im Schnitt gerade einmal um jährliche 1,5 Prozent, was nur knapp über der in Depression befindlichen Wirtschaft Japans liegt. Frankreichs Ökonomie legte dagegen durchschnittlich 2,4 Prozent zu, die USA 3,2 Prozent. Ein wahres Wachstumswunder erlebte Spanien, dessen Volkswirtschaft 3,4 Prozent jährlich kletterte. „Verlangsamt sich nun das Wachstum in den USA, Frankreich oder Spanien, schlittert Deutschland in eine Rezession oder im Extremfall eine Depression“, warnt Nightingale. Finanzminister Eichel stehe mit der hohen Neuverschuldung bereits jetzt mit dem Rücken zur Wand und habe wenig Spielraum, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Auf der anderen Seite helfe auch die europäische Zentralbank nicht weiter.
„Deutschland kann nur durch Wachstum von außerhalb aus der Krise gerissen werden“, sagt auch Matt King, Chefkreditstratege bei J.P. Morgan. Schließlich sei die Binnennachfrage nahezu komplett zum Erliegen gekommen. „Da investiere ich doch lieber direkt in den Ländern, wo noch etwas Wachstum da ist, als auf eine Rettung Deutschlands durch das Ausland zu hoffen“, so King.
Viele Börsianer beklagen auch die strukturellen Defizite Deutschlands, die sich in der wirtschaftlichen Krise besonders bemerkbar machen. Angesichts der unflexiblen Strukturen am Arbeitsmarkt hätten die Unternehmen wenig Möglichkeiten, schnell die Kosten zu senken. Die Folge: Im Vergleich zur ausländischen Konkurrenz sind die hiesigen Profite oft magerer.
Auch die rot-grüne Bundesregierung bekommt schlechte Noten. Gerade die jüngste Diskussion um Steuererhöhungen ist im Ausland als fataler Fehlstart interpretiert worden. „Inmitten einer Rezession auch nur an Steuererhöhungen zu denken ist extrem kontraproduktiv“, sagt Annais Faraj, Stratege bei Nomura. „Und wenn die Börsianer schon nicht die Bundesregierung ‚verkaufen‘ können, verkaufen sie eben die deutschen Aktien.“ Doch das Deutschlandbild ist bei den Börsianern teilweise verzerrt. Viele Experten sehen bereits eine gezielte Schlechtmacherei. Einige Zeichen sind unübersehbar. So verglich Merrill Lynch die Situation der deutschen Banken mit jener Japans. Dass die italienischen Kreditinstitute mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben, kam nicht so prononciert zum Ausdruck.
Auch Hans Günter Redeker, Stratege bei BNP Paribas, hat interessante Erfahrungen gemacht. „Wenn es in Deutschland wieder einmal schlechte Konjunkturzahlen gab, stehen die Fernsehstationen bei mir Schlange. Bei guten Zahlen ist das Interesse deutlich geringer.“ Er hält die Abneigungen aber teilweise für begründet. „Um das Deutschland-Bild wieder zurecht zu rücken, ist eine neue Investmentvision erforderlich.“
Börsenbarometer legt kräftig zu. Internationale Anleger machen um Deutschland aber weiter einen Bogen
Dax ist das absolute Schlusslicht nicht nur in Europa sondern weltweit
Von Holger Zschäpitz
Frankfurt/Main – Deutschland hat ein Imageproblem. Zumindest bei internationalen Investoren. Vor allem Anleger aus Großbritannien und Übersee machen derzeit einen großen Bogen um Dax & Co. „Die Umsätze aus dem Ausland sind eingebrochen“, sagt Joachim Paech, Chefhändler bei Julius Bär in Frankfurt. „Ohne ausländische Investoren fehlen wichtige Käufer und wir bekommen die Kurse nicht nachhaltig nach oben.“
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es gestern seit langem einmal wieder kräftig nach oben ging. Denn schaut man auf die nackten Zahlen, kann fast schon von einem Kaufboykott gegen deutsche Aktien gesprochen werden. Der Dax ist das absolute Schlusslicht nicht nur in Europa sondern weltweit. In den zurückliegenden sechs Monaten halbierte sich das deutsche Kursbarometer, wohingegen der amerikanische Aktienindex S&P 500 gerade einmal 30 Prozent an Wert verlor und der britische FTSE 26 Prozent einbüßte.
Sicher, zum Teil ist der Dax-Kollaps auf die hohe Gewichtung von Finanzwerten zurückzuführen. Ein Viertel der Performance wird von Banken und Versicherungen bestimmt, die zuletzt in den freien Fall übergingen. Aber selbst wenn man die Finanzwerte ausklammert, steht der Dax noch immer wesentlich schlechter als die Konkurrenz da. Das heißt: Ein Großteil der Underperformance ist auf hausgemachte Faktoren zurückzuführen.
„Ich habe keine antideutsche Einstellung, bewundere sogar die ökonomischen Leistungen der vergangenen Jahrzehnte. Momentan kann ich angesichts der mannigfaltigen Probleme aber nur zum Untergewichten Deutschlands in jedem Portfolio raten“, sagt Roger Nightingale, Berater bei Sarasin Investors in London. „Deutschland ist auf dem Weg zu japanischen Verhältnissen. Eine Depression kann nicht ausgeschlossen werden.“ Im Klartext: Ein lang anhaltender Wirtschaftsabschwung erscheint nicht mehr unmöglich. Nightingale begründet seinen Pessimismus mit den Wachstumszahlen der vergangenen Jahre. Bereits seit 1995 hinke Deutschland bei der Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes weit hinterher.
Tatsächlich wuchs die hiesige Ökonomie seit 1995 im Schnitt gerade einmal um jährliche 1,5 Prozent, was nur knapp über der in Depression befindlichen Wirtschaft Japans liegt. Frankreichs Ökonomie legte dagegen durchschnittlich 2,4 Prozent zu, die USA 3,2 Prozent. Ein wahres Wachstumswunder erlebte Spanien, dessen Volkswirtschaft 3,4 Prozent jährlich kletterte. „Verlangsamt sich nun das Wachstum in den USA, Frankreich oder Spanien, schlittert Deutschland in eine Rezession oder im Extremfall eine Depression“, warnt Nightingale. Finanzminister Eichel stehe mit der hohen Neuverschuldung bereits jetzt mit dem Rücken zur Wand und habe wenig Spielraum, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Auf der anderen Seite helfe auch die europäische Zentralbank nicht weiter.
„Deutschland kann nur durch Wachstum von außerhalb aus der Krise gerissen werden“, sagt auch Matt King, Chefkreditstratege bei J.P. Morgan. Schließlich sei die Binnennachfrage nahezu komplett zum Erliegen gekommen. „Da investiere ich doch lieber direkt in den Ländern, wo noch etwas Wachstum da ist, als auf eine Rettung Deutschlands durch das Ausland zu hoffen“, so King.
Viele Börsianer beklagen auch die strukturellen Defizite Deutschlands, die sich in der wirtschaftlichen Krise besonders bemerkbar machen. Angesichts der unflexiblen Strukturen am Arbeitsmarkt hätten die Unternehmen wenig Möglichkeiten, schnell die Kosten zu senken. Die Folge: Im Vergleich zur ausländischen Konkurrenz sind die hiesigen Profite oft magerer.
Auch die rot-grüne Bundesregierung bekommt schlechte Noten. Gerade die jüngste Diskussion um Steuererhöhungen ist im Ausland als fataler Fehlstart interpretiert worden. „Inmitten einer Rezession auch nur an Steuererhöhungen zu denken ist extrem kontraproduktiv“, sagt Annais Faraj, Stratege bei Nomura. „Und wenn die Börsianer schon nicht die Bundesregierung ‚verkaufen‘ können, verkaufen sie eben die deutschen Aktien.“ Doch das Deutschlandbild ist bei den Börsianern teilweise verzerrt. Viele Experten sehen bereits eine gezielte Schlechtmacherei. Einige Zeichen sind unübersehbar. So verglich Merrill Lynch die Situation der deutschen Banken mit jener Japans. Dass die italienischen Kreditinstitute mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben, kam nicht so prononciert zum Ausdruck.
Auch Hans Günter Redeker, Stratege bei BNP Paribas, hat interessante Erfahrungen gemacht. „Wenn es in Deutschland wieder einmal schlechte Konjunkturzahlen gab, stehen die Fernsehstationen bei mir Schlange. Bei guten Zahlen ist das Interesse deutlich geringer.“ Er hält die Abneigungen aber teilweise für begründet. „Um das Deutschland-Bild wieder zurecht zu rücken, ist eine neue Investmentvision erforderlich.“