Ein Militärschlag gegen den Irak scheint nur eine Frage der Zeit. Experten rechnen mit einem US-Angriff im Frühjahr. Auch Börsianer spielen Kriegsszenarien und ihre Folgen durch. Anleger sollten gerüstet sein.
Die Diskussion ist ebenso nüchtern wie zynisch. Ähnlich wie zu Zeiten des Golfkriegs, als die "chirurgischen Treffer" der US-Streitkräfte während der Video-Pressekonferenz vorgeführt und beklatscht wurden, treten die menschlichen Opfer in den Hintergrund. Bestimmend für Volkswirte und Marktstrategen ist vor allem der Ölpreis: Teures Öl treibt die Inflation, sorgt für Zurückhaltung beim privaten Konsum und bremst die Investitionen der Unternehmen – mit allen Konsequenzen für Weltwirtschaft und Aktienmärkte. Wer über Krieg und Konjunktur redet, spricht also über Öl.
Entspannung dürfte Ölpreis in den Keller drücken
Historische Vergleiche sind schnell zur Hand. Als irakische Truppen im August 1990 in Kuwait einmarschierten, stieg der Preis pro Barrel (159-Liter-Fass) kurzzeitig von 22 auf 40 Dollar, fiel dann aber rasch wieder ab. Als am 17. Januar 1991 die US-Streitkräfte mit der "Operation Wüstensturm" begannen, fiel der Ölpreis wieder auf das Ursprungsniveau von 22 Dollar zurück. Ein solches Szenario halten Volkswirte auch diesmal für wahrscheinlich: Deshalb wird bereits jetzt eine zusätzliche "Risikoprämie" auf Öl bezahlt. Der Preis pro Barrel schwankt aktuell zwischen 26 und 27 Euro.
Eine Entspannung am Golf würde den Ölpreis sehr rasch von diesem Niveau herunterholen – schließlich hadert das Opec-Kartell derzeit eher mit dem Problem eines Überangebotes. "Die Rohstoffmärkte haben eine Unterbrechung der Lieferungen bereits vorweggenommen", meint Neil Williams, Stratege von Goldman Sachs. Wird der Krieg am Golf vermieden, dürfte der Ölpreis nach unten durchsacken und damit gleichzeitig den Aktienkursen Auftrieb geben.
Das Basisszenario lautet Krieg
Mit einer friedlichen Lösung rechnen jedoch nur noch Optimisten. Das "Basisszenario" der meisten Militär- und Anlagestrategen lautet Krieg. Zwar hat der Irak eine Erklärung über seine Waffenprogramme vorgelegt, doch ist zweifelhaft, dass sich die USA damit zufrieden geben. Militärstrategen diskutieren nicht mehr über das Ob, sondern über das Wann.
Sie rechnen mit einem Angriff im Januar, spätestens im Februar. Dann sei auch das Klima günstig. Dass die USA am Ende als Sieger dastehen, scheint außer Frage: Sie haben ihre militärische Überlegenheit seit 1990 potenziert, während der Irak durch das Nachkriegsembargo weiter geschwächt wurde. Über die Dauer des Waffengangs herrscht dagegen weniger Einigkeit: Die Spanne reicht von drei Wochen bis zu mehreren Monaten.
Säbelrasseln während der Schwächephase
Doch der Blick zurück auf "Desert Storm" kann in die Irre führen. Diesmal spielt sich das Säbelrasseln am Golf während einer wirtschaftlichen Schwächephase ab. Die Unternehmen bremsen, die US-Bürger haben Angst um ihren Job und sind auch auf Grund der herben Verluste am Aktienmarkt vorsichtiger geworden. Die US-Konjunktur ist instabil, schon geringe Erschütterungen können sie zurück in die Rezession werfen.
Die Bush-Administration hat seit dem 9. November 2001 mit Steuersenkungen im Wert von 130 Milliarden Dollar dagegengehalten. Die US-Notenbank hat mit einer Zinssenkungsorgie versucht, die Ausgaben bei Konsumenten und Unternehmen zu stimulieren. Bislang mit dürftigem Erfolg. Sollte sich ein Krieg am Golf in die Länge ziehen, haben Regierung und Notenbank kaum noch Mittel, die wachsende Verunsicherung zu dämpfen. Ein schneller Erfolg muss her, sonst kommt der Double Dip.
Hoffnung auf ein schnelles Ende
Die Anlagestrategen der Deutschen Bank rechnen in ihrem "wahrscheinlichen Szenario" mit einem schnellen Ende des Krieges. Dies bedeute, dass der Ölpreis nur für kurze Zeit auf etwa 35 Dollar steigen und dann schnell wieder Richtung 20-Dollar-Marke sinken wird. Ein militärischer Erfolg der USA dürfte dazu führen, dass das Vertrauen der US-Verbraucher wieder deutlich steigt und damit die Konsumausgaben klettern.
Dann hätten auch die Unternehmen wieder Anlass, mehr zu investieren: Die US-Wirtschaft könnte in diesem Szenario bereits im Jahr 2003 wieder um knapp drei Prozent wachsen, trotz der Kriegskosten von geschätzten 50 Milliarden Dollar und einem Staatsdefizit von dann 250 Milliarden Dollar.
"Buy the cannons, sell the trumpets"
"Eine Verzögerung des Aufschwungs wäre wahrscheinlich", meint John Greenwood von Invesco Asset Management. Auch er sieht bei einem nur kurzen Waffengang die Rezessionsgefahr gebannt. Zwar könnten die USA nicht annährend so viele Kosten auf die Verbündeten abwälzen wie im Fall "Desert Storm". Ein fiskalpolitischer Schock sei trotz des steigenden Staatsdefizits aber unwahrscheinlich, da Fed-Chef Alan Greenspan die Zinssätze bereits auf ein sehr niedriges Niveau heruntergefahren hat. Selbst mit einem bescheidenen Wachstum von rund drei Prozent dürften die USA Japan und Europa hinter sich lassen.
Das Fazit der Strategen: Die Weltwirtschaft wird nach einem zeitlich befristeten Militärschlag am Golf bereits im Jahr 2003 langsam, aber sicher auf den Wachstumskurs zurückkehren. Die Aktienmärkte, die als Reaktion auf die ersten Bombeneinschläge zwischen zehn bis 20 Prozent nachgeben dürften, würden sich bei anziehender Konjunktur dann rasch wieder von ihren Verlusten erholen. Die deutlichsten Gewinne würden dann die Spekulanten erzielen, die nach dem Motto "buy the cannons, sell the trumpets" bereits während der kriegsbedingten Schwächephase Aktien gekauft haben. Für Langfristanleger gilt, auch bei zunächst nachgebenden Kursen nicht nervös zu werden.
Worst Case: Ölpreisschock und Rezession
Eine Erholung der Konjunktur im kommenden Jahr wird aber abgehakt, sollte sich der Krieg im Irak über Monate hinziehen. Die Deutsche Bank befürchtet in diesem Fall Ölpreise von bis zu 50 Dollar. Ein weiterer Kurssturz an der Börse wäre die Folge, ein Abgleiten der USA in die Rezession wahrscheinlich. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) schätzt, dass ein Ölpreisschock das Bruttoinlandsprodukt der USA um 0,6 Prozent drosseln dürfte. Für den Internationalen Währungsfonds ist diese Schätzung noch sehr optimistisch, sie befürchten einen stärkeren Einbruch.
Der Grund: Bei einem Ölpreisschock verstärken sich die Risikofaktoren für die Weltwirtschaft gegenseitig. Steigende Ölpreise, anziehende Inflation, fallende Aktiennotierungen, weniger Konsumausgaben und eine höhere Sparquote der Verbraucher sind die Elemente, die für eine Abwärtsspirale der Konjunktur sorgen können.
Gernot Rumpf, Fondsmanager bei Union Investment, hält einen Ölpreis jenseits von 40 Dollar für unrealistisch, selbst wenn es zu einer langen und zähen Auseinandersetzung kommt. Aber die starke Verunsicherung der Verbraucher, Terrorangst und wachsende Sicherheitsausgaben weltweit dürften jeden Wachstumsimpuls lähmen. Die Gewinner unter den Anlegern sind dann diejenigen, die den Aktienmärkten rechtzeitig den Rücken gekehrt haben: mit Investitionen in die Krisenwährung Gold und in den Schweizer Franken.
Die Diskussion ist ebenso nüchtern wie zynisch. Ähnlich wie zu Zeiten des Golfkriegs, als die "chirurgischen Treffer" der US-Streitkräfte während der Video-Pressekonferenz vorgeführt und beklatscht wurden, treten die menschlichen Opfer in den Hintergrund. Bestimmend für Volkswirte und Marktstrategen ist vor allem der Ölpreis: Teures Öl treibt die Inflation, sorgt für Zurückhaltung beim privaten Konsum und bremst die Investitionen der Unternehmen – mit allen Konsequenzen für Weltwirtschaft und Aktienmärkte. Wer über Krieg und Konjunktur redet, spricht also über Öl.
Entspannung dürfte Ölpreis in den Keller drücken
Historische Vergleiche sind schnell zur Hand. Als irakische Truppen im August 1990 in Kuwait einmarschierten, stieg der Preis pro Barrel (159-Liter-Fass) kurzzeitig von 22 auf 40 Dollar, fiel dann aber rasch wieder ab. Als am 17. Januar 1991 die US-Streitkräfte mit der "Operation Wüstensturm" begannen, fiel der Ölpreis wieder auf das Ursprungsniveau von 22 Dollar zurück. Ein solches Szenario halten Volkswirte auch diesmal für wahrscheinlich: Deshalb wird bereits jetzt eine zusätzliche "Risikoprämie" auf Öl bezahlt. Der Preis pro Barrel schwankt aktuell zwischen 26 und 27 Euro.
Eine Entspannung am Golf würde den Ölpreis sehr rasch von diesem Niveau herunterholen – schließlich hadert das Opec-Kartell derzeit eher mit dem Problem eines Überangebotes. "Die Rohstoffmärkte haben eine Unterbrechung der Lieferungen bereits vorweggenommen", meint Neil Williams, Stratege von Goldman Sachs. Wird der Krieg am Golf vermieden, dürfte der Ölpreis nach unten durchsacken und damit gleichzeitig den Aktienkursen Auftrieb geben.
Das Basisszenario lautet Krieg
Mit einer friedlichen Lösung rechnen jedoch nur noch Optimisten. Das "Basisszenario" der meisten Militär- und Anlagestrategen lautet Krieg. Zwar hat der Irak eine Erklärung über seine Waffenprogramme vorgelegt, doch ist zweifelhaft, dass sich die USA damit zufrieden geben. Militärstrategen diskutieren nicht mehr über das Ob, sondern über das Wann.
Sie rechnen mit einem Angriff im Januar, spätestens im Februar. Dann sei auch das Klima günstig. Dass die USA am Ende als Sieger dastehen, scheint außer Frage: Sie haben ihre militärische Überlegenheit seit 1990 potenziert, während der Irak durch das Nachkriegsembargo weiter geschwächt wurde. Über die Dauer des Waffengangs herrscht dagegen weniger Einigkeit: Die Spanne reicht von drei Wochen bis zu mehreren Monaten.
Säbelrasseln während der Schwächephase
Doch der Blick zurück auf "Desert Storm" kann in die Irre führen. Diesmal spielt sich das Säbelrasseln am Golf während einer wirtschaftlichen Schwächephase ab. Die Unternehmen bremsen, die US-Bürger haben Angst um ihren Job und sind auch auf Grund der herben Verluste am Aktienmarkt vorsichtiger geworden. Die US-Konjunktur ist instabil, schon geringe Erschütterungen können sie zurück in die Rezession werfen.
Die Bush-Administration hat seit dem 9. November 2001 mit Steuersenkungen im Wert von 130 Milliarden Dollar dagegengehalten. Die US-Notenbank hat mit einer Zinssenkungsorgie versucht, die Ausgaben bei Konsumenten und Unternehmen zu stimulieren. Bislang mit dürftigem Erfolg. Sollte sich ein Krieg am Golf in die Länge ziehen, haben Regierung und Notenbank kaum noch Mittel, die wachsende Verunsicherung zu dämpfen. Ein schneller Erfolg muss her, sonst kommt der Double Dip.
Hoffnung auf ein schnelles Ende
Die Anlagestrategen der Deutschen Bank rechnen in ihrem "wahrscheinlichen Szenario" mit einem schnellen Ende des Krieges. Dies bedeute, dass der Ölpreis nur für kurze Zeit auf etwa 35 Dollar steigen und dann schnell wieder Richtung 20-Dollar-Marke sinken wird. Ein militärischer Erfolg der USA dürfte dazu führen, dass das Vertrauen der US-Verbraucher wieder deutlich steigt und damit die Konsumausgaben klettern.
Dann hätten auch die Unternehmen wieder Anlass, mehr zu investieren: Die US-Wirtschaft könnte in diesem Szenario bereits im Jahr 2003 wieder um knapp drei Prozent wachsen, trotz der Kriegskosten von geschätzten 50 Milliarden Dollar und einem Staatsdefizit von dann 250 Milliarden Dollar.
"Buy the cannons, sell the trumpets"
"Eine Verzögerung des Aufschwungs wäre wahrscheinlich", meint John Greenwood von Invesco Asset Management. Auch er sieht bei einem nur kurzen Waffengang die Rezessionsgefahr gebannt. Zwar könnten die USA nicht annährend so viele Kosten auf die Verbündeten abwälzen wie im Fall "Desert Storm". Ein fiskalpolitischer Schock sei trotz des steigenden Staatsdefizits aber unwahrscheinlich, da Fed-Chef Alan Greenspan die Zinssätze bereits auf ein sehr niedriges Niveau heruntergefahren hat. Selbst mit einem bescheidenen Wachstum von rund drei Prozent dürften die USA Japan und Europa hinter sich lassen.
Das Fazit der Strategen: Die Weltwirtschaft wird nach einem zeitlich befristeten Militärschlag am Golf bereits im Jahr 2003 langsam, aber sicher auf den Wachstumskurs zurückkehren. Die Aktienmärkte, die als Reaktion auf die ersten Bombeneinschläge zwischen zehn bis 20 Prozent nachgeben dürften, würden sich bei anziehender Konjunktur dann rasch wieder von ihren Verlusten erholen. Die deutlichsten Gewinne würden dann die Spekulanten erzielen, die nach dem Motto "buy the cannons, sell the trumpets" bereits während der kriegsbedingten Schwächephase Aktien gekauft haben. Für Langfristanleger gilt, auch bei zunächst nachgebenden Kursen nicht nervös zu werden.
Worst Case: Ölpreisschock und Rezession
Eine Erholung der Konjunktur im kommenden Jahr wird aber abgehakt, sollte sich der Krieg im Irak über Monate hinziehen. Die Deutsche Bank befürchtet in diesem Fall Ölpreise von bis zu 50 Dollar. Ein weiterer Kurssturz an der Börse wäre die Folge, ein Abgleiten der USA in die Rezession wahrscheinlich. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) schätzt, dass ein Ölpreisschock das Bruttoinlandsprodukt der USA um 0,6 Prozent drosseln dürfte. Für den Internationalen Währungsfonds ist diese Schätzung noch sehr optimistisch, sie befürchten einen stärkeren Einbruch.
Der Grund: Bei einem Ölpreisschock verstärken sich die Risikofaktoren für die Weltwirtschaft gegenseitig. Steigende Ölpreise, anziehende Inflation, fallende Aktiennotierungen, weniger Konsumausgaben und eine höhere Sparquote der Verbraucher sind die Elemente, die für eine Abwärtsspirale der Konjunktur sorgen können.
Gernot Rumpf, Fondsmanager bei Union Investment, hält einen Ölpreis jenseits von 40 Dollar für unrealistisch, selbst wenn es zu einer langen und zähen Auseinandersetzung kommt. Aber die starke Verunsicherung der Verbraucher, Terrorangst und wachsende Sicherheitsausgaben weltweit dürften jeden Wachstumsimpuls lähmen. Die Gewinner unter den Anlegern sind dann diejenigen, die den Aktienmärkten rechtzeitig den Rücken gekehrt haben: mit Investitionen in die Krisenwährung Gold und in den Schweizer Franken.