Anleger flüchten aus Aktienfonds

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Kicky:

Anleger flüchten aus Aktienfonds

 
18.12.06 23:12
BERLIN. Die Fonds-Branche schlägt Alarm: Trotz steigender Kurse trennen sich die Privatanleger in großem Stil von Aktien und Aktienfonds. So haben die Anleger in Deutschland per Saldo im November fast eine Milliarde Euro aus Aktienfonds abgezogen. Im Oktober waren es sogar mehr als 1,1 Milliarden Euro. Inzwischen besitzen nur noch gut 15 Prozent der Deutschen Aktien oder Aktienfonds. Vor vier Jahren waren es noch 18 Prozent (siehe Grafik).Dabei ließ sich mit Aktien zuletzt viel Geld verdienen: Der Deutsche Aktienindex (Dax) eilt im Moment von einem Hoch zum nächsten. Gestern kletterte er auf über 6 600 Punkte - den höchsten Stand seit fast sechs Jahren.
"Die Anleger ziehen derzeit mehr Geld aus Aktienfonds ab, als sie neu investieren", bestätigte der Sprecher des Bundesverbandes Deutscher Investmentgesellschaften (BVI), Frank Bock, der Berliner Zeitung. "Sicherheit ist derzeit Trumpf." So verzeichneten wertgesicherte Fonds und Geldmarktfonds, bei denen das Verlustrisiko minimiert oder komplett ausgeschaltet sei, Zuwächse. "Viele Anleger erkennen die Chancen der Aktienanlage derzeit nicht", so Bock. In anderen Ländern sei die Risikoaversion gegenüber Aktien bei weitem nicht so stark ausgeprägt wie in Deutschland.
Möglich sei, dass zahlreiche Anleger, die Ende der 90er-Jahre zu hohen Kursen eingestiegen seien, durch den jüngsten Kursaufschwung nun endlich ihre Einstiegskurse wieder erreicht hätten und sich nun von ihren Aktien trennten, erklärte sich der Präsident des Deutschen Aktieninstituts (DAI), Rüdiger von Rosen, das Phänomen. Das könne durchaus rational sein. "Ob es aber insgesamt klug ist, aus Aktien oder Aktienfonds auszusteigen, kann wegen des deutlichen Renditevorteils der Aktie gegenüber anderen Anlageformen bezweifelt werden", so von Rosen.

Experten führen die massiven Abflüsse bei Aktienfonds aber auch auf einen neuen Modetrend bei der Geldanlage zurück: die Zertifikate. Banken werben derzeit im großen Stil für diese Papiere, die es Anlegern ermöglichen, an der Kursentwicklung von Aktien oder Aktienindizes zu partizipieren, und oft einen Teilschutz vor Kursverlusten beinhalten.Verbraucherschützer halten dies aber für gefährlich: "Es ist Besorgnis erregend, wenn zahlreiche Anleger ihre Gelder von Aktienfonds in Zertifikate umschichten, denn die Transparenz dieser Produkte ist häufig gering", so Dorothea Kleine, Anlageexpertin beim Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). "Auf Grund der großen Vielfalt und der Komplexität der Zertifikate durchschauen nur wenige Anleger die entstehenden Kosten und Anlagerisiken." Zudem gebe es kaum einen Preiswettbewerb, weil die Produkte nur selten vergleichbar seien. Im Extremfall komme es bei Zertifikaten zu Preisunterschieden von 100 Prozent, obwohl es sich um vergleichbare Papiere handele. "Die Gefahr ist also groß, dass der Anleger ein überteuertes Produkt kauft und das kann die Rendite erheblich drücken", warnt die Verbraucherschützerin.

Gefahr des Totalverlusts

Eine Teilgarantie vor Kursverlusten könne zwar vernünftig sein. Der Anleger müsse sich aber bewusst sein, "dass jede Garantie mit Kosten verbunden ist, die auf die Rendite drücken." Zudem seien Zertifikate kein Sondervermögen wie Aktien oder Aktienfonds, sondern im rechtlichen Sinne Schuldverschreibungen. "Das heißt: Wenn der Emittent Pleite geht, ist das ganze Geld verloren." Aktienfonds beispielsweise seien hinsichtlich der Kosten transparenter als Zertifikate. Problematisch sei aber, dass die Kosten für die innerhalb der Fonds getätigten Transaktionen in der Regel nicht angegeben würden. "Das sollte gesetzlich vorgeschrieben sein", so Kleine.
Berliner Zeitung, 19.12.2006
 
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