Deutscher Immobilienmarkt
Analysten beschwören die Wende
Pünktlich zum Beginn des neuen Jahres verbreitet die Immobilienbranche Optimismus: Es gehe aufwärts auf dem deutschen Büromarkt, lautet die Botschaft. Prognostiziert wird eine steigende Nachfrage nach Büroraum, der Leerstand soll sinken, und die Mieten sollen zumindest leicht steigen.
KÖLN. Ähnliches war schon am Anfang des vergangenen Jahres zu hören: Die Talsohle sei durchschritten, hieß es auch damals. Gebäudeeigentümer und Immobilienfonds-Anleger allerdings machten zuletzt die gegenteilige Erfahrung: Immobilienwerte und Mieten sanken. In der Folge rentierten Anteile an deutschlandlastigen offenen Immobilienfonds kaum besser als Sparguthaben.
Kurz vor Jahresende dann der Paukenschlag: Die Deutsche-Bank-Tochter DB Real Estate schloss ihren rund sechs Mrd. schweren Immobilienfonds Grundbesitz-Invest – ein einmaliger Vorgang in der Geschichte deutscher offener Immobilienfonds. Die Begründung: Wegen der schlechten Situation auf dem deutschen Büroimmobilienmarkt müssten eine ganze Reihe von Fondsimmobilien abgewertet werden. Als sich die Anleger als Reaktion auf die dadurch zu erwartenden Kursverluste gleich in Scharen von ihren Anteilen trennten, wurden die liquiden Mittel des Fonds knapp. Die Bank zog die Notbremse und setzte die Anteilsrücknahme bis Anfang Februar aus.
Wie aber steht es wirklich um den deutschen Büromarkt? Sind die positiven Prognosen der Auguren reiner Zweckoptimismus? „Für die Analysten ist der Aufschwung am Büroimmobilienmarkt schon da. Nur: Man sieht ihn nicht in den Straßen, und er kommt verändert daher“, sagt Thomas Beyerle, Researchleiter der Degi Deutsche Gesellschaft für Immobilienfonds. Fakt sei, argumentiert er, dass die Summe der neu vermieteten Bürofläche an den neun Top-Bürostandorten des Landes das dritte Quartal in Folge gestiegen sei – auf insgesamt 2,68 Mill. Quadratmeter. „Damit lautet das erste Fazit: Wir haben den Wendepunkt erreicht, der eine Erholung der Märkte verheißt.“
Ähnlich urteilt Helge Scheunemann, der für das internationale Immobilienberatungsunternehmen Jones Lang Lasalle (JLL) den deutschen Büromarkt beobachtet: „Der Patient ist auf dem Wege der Besserung“, lautet sein Befund am Beginn des neuen Immobilienjahres. Die Zahl der Gebäudefertigstellungen sei gesunken, der Leerstand habe im Jahr 2005 seinen Höhepunkt überschritten. „In qualitativ hochwertigen Gebäuden und an entsprechenden Standorten nimmt der Leerstand sogar schon wieder ab“, sagt Scheunemann.
Degi-Chefanalyst Beyerle gießt aber auch Wasser in den Wein: „Der Leerstand baut sich zwar sukzessive ab. Das Niveau wird in dieser Dekade aber nicht mehr die niedrigen Werte des Jahres 2000 erreichen.“ Leerstandsquoten zwischen zwei und vier Prozent wie in der kurzen Boomphase zur Jahrtausendwende gehören der Vergangenheit an, urteilt auch Andreas Schulten, Büromarktexperte beim Forschungsinstitut Bulwien-Gesa. „Das wird es nie wieder geben“, lautet sein Urteil. Besonders Eigentümer von Bestandsflächen mit nicht mehr zeitgemäßen Zuschnitten und mangelnder technischer Ausstattung dürften sich künftig immer schwerer tun, Mieter zu finden.
„Klassische Marketingmethoden versagen bei diesen Objekten“, sagt Lutz Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter des Düsseldorfer Immobilienvermittlers Aengevelt Immobilien. „Wir werden daher mit einem weiter steigenden Sockel an unattraktiven Objekten rechnen müssen.“ Wer indes auf kurzfristig verfügbare neue Flächen in besten und guten Lagen setze, könne dort sogar mit leicht anziehenden Büromieten rechnen. „In Neben- und Randlagen und bei alten Objekten werden die Mieten jedoch stagnieren oder sogar zurückgehen“, glaubt Aengevelt.
Die Nachfrage ausländischer Investoren nach deutschen Büroimmobilien wird dennoch weiterhin rege bleiben, sind sich alle Experten einig: „Für sie bleiben die Renditen dank des Zins- und Währungshebels attraktiv“, erklärt Bulwien-Gesa-Forscher Schulten. Ausländisches Immobilienanlagekapital dürfte daher in diesem und auch noch im kommenden Jahr nach Deutschland fließen – und hier die Kaufpreise trotz des hohen Leerstands und wenig steigender Mieten kaum sinken lassen. „Eigentlich ist für deutsche Anleger jetzt der richtige Zeitpunkt, um einzusteigen“, urteilt Schulten und rät zur Direktanlage. „Kleine und mittlere Büroobjekte in prosperierenden Regionen und guten, innerstädtischen Lagen bergen auch gute Chancen.“
Quelle: HANDELSBLATT, Freitag, 06. Januar 2006, 14:35 Uhr
...be invested
Der Einsame Samariter
Analysten beschwören die Wende
Pünktlich zum Beginn des neuen Jahres verbreitet die Immobilienbranche Optimismus: Es gehe aufwärts auf dem deutschen Büromarkt, lautet die Botschaft. Prognostiziert wird eine steigende Nachfrage nach Büroraum, der Leerstand soll sinken, und die Mieten sollen zumindest leicht steigen.
KÖLN. Ähnliches war schon am Anfang des vergangenen Jahres zu hören: Die Talsohle sei durchschritten, hieß es auch damals. Gebäudeeigentümer und Immobilienfonds-Anleger allerdings machten zuletzt die gegenteilige Erfahrung: Immobilienwerte und Mieten sanken. In der Folge rentierten Anteile an deutschlandlastigen offenen Immobilienfonds kaum besser als Sparguthaben.
Kurz vor Jahresende dann der Paukenschlag: Die Deutsche-Bank-Tochter DB Real Estate schloss ihren rund sechs Mrd. schweren Immobilienfonds Grundbesitz-Invest – ein einmaliger Vorgang in der Geschichte deutscher offener Immobilienfonds. Die Begründung: Wegen der schlechten Situation auf dem deutschen Büroimmobilienmarkt müssten eine ganze Reihe von Fondsimmobilien abgewertet werden. Als sich die Anleger als Reaktion auf die dadurch zu erwartenden Kursverluste gleich in Scharen von ihren Anteilen trennten, wurden die liquiden Mittel des Fonds knapp. Die Bank zog die Notbremse und setzte die Anteilsrücknahme bis Anfang Februar aus.
Wie aber steht es wirklich um den deutschen Büromarkt? Sind die positiven Prognosen der Auguren reiner Zweckoptimismus? „Für die Analysten ist der Aufschwung am Büroimmobilienmarkt schon da. Nur: Man sieht ihn nicht in den Straßen, und er kommt verändert daher“, sagt Thomas Beyerle, Researchleiter der Degi Deutsche Gesellschaft für Immobilienfonds. Fakt sei, argumentiert er, dass die Summe der neu vermieteten Bürofläche an den neun Top-Bürostandorten des Landes das dritte Quartal in Folge gestiegen sei – auf insgesamt 2,68 Mill. Quadratmeter. „Damit lautet das erste Fazit: Wir haben den Wendepunkt erreicht, der eine Erholung der Märkte verheißt.“
Ähnlich urteilt Helge Scheunemann, der für das internationale Immobilienberatungsunternehmen Jones Lang Lasalle (JLL) den deutschen Büromarkt beobachtet: „Der Patient ist auf dem Wege der Besserung“, lautet sein Befund am Beginn des neuen Immobilienjahres. Die Zahl der Gebäudefertigstellungen sei gesunken, der Leerstand habe im Jahr 2005 seinen Höhepunkt überschritten. „In qualitativ hochwertigen Gebäuden und an entsprechenden Standorten nimmt der Leerstand sogar schon wieder ab“, sagt Scheunemann.
Degi-Chefanalyst Beyerle gießt aber auch Wasser in den Wein: „Der Leerstand baut sich zwar sukzessive ab. Das Niveau wird in dieser Dekade aber nicht mehr die niedrigen Werte des Jahres 2000 erreichen.“ Leerstandsquoten zwischen zwei und vier Prozent wie in der kurzen Boomphase zur Jahrtausendwende gehören der Vergangenheit an, urteilt auch Andreas Schulten, Büromarktexperte beim Forschungsinstitut Bulwien-Gesa. „Das wird es nie wieder geben“, lautet sein Urteil. Besonders Eigentümer von Bestandsflächen mit nicht mehr zeitgemäßen Zuschnitten und mangelnder technischer Ausstattung dürften sich künftig immer schwerer tun, Mieter zu finden.
„Klassische Marketingmethoden versagen bei diesen Objekten“, sagt Lutz Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter des Düsseldorfer Immobilienvermittlers Aengevelt Immobilien. „Wir werden daher mit einem weiter steigenden Sockel an unattraktiven Objekten rechnen müssen.“ Wer indes auf kurzfristig verfügbare neue Flächen in besten und guten Lagen setze, könne dort sogar mit leicht anziehenden Büromieten rechnen. „In Neben- und Randlagen und bei alten Objekten werden die Mieten jedoch stagnieren oder sogar zurückgehen“, glaubt Aengevelt.
Die Nachfrage ausländischer Investoren nach deutschen Büroimmobilien wird dennoch weiterhin rege bleiben, sind sich alle Experten einig: „Für sie bleiben die Renditen dank des Zins- und Währungshebels attraktiv“, erklärt Bulwien-Gesa-Forscher Schulten. Ausländisches Immobilienanlagekapital dürfte daher in diesem und auch noch im kommenden Jahr nach Deutschland fließen – und hier die Kaufpreise trotz des hohen Leerstands und wenig steigender Mieten kaum sinken lassen. „Eigentlich ist für deutsche Anleger jetzt der richtige Zeitpunkt, um einzusteigen“, urteilt Schulten und rät zur Direktanlage. „Kleine und mittlere Büroobjekte in prosperierenden Regionen und guten, innerstädtischen Lagen bergen auch gute Chancen.“
Quelle: HANDELSBLATT, Freitag, 06. Januar 2006, 14:35 Uhr
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Der Einsame Samariter