Gefährliche Zuversicht unter den Börsianern / Technische Kommentare aus Wall Street
hi. FRANKFURT, 29. April. Technisch orientierte Analysten verfolgen die Versuche des amerikanischen Aktienmarktes, weiter nach oben vorzustoßen, mit wachsender Spannung. Die Marke von 8500 Punkten beim Dow-Jones-Index hat sich zuletzt als schwer überwindbare Hürde herausgebildet. Je mehr Versuche, sie zu überschreiten, scheiterten, desto kritischer werde die Lage, heißt es. Der Markt verschleiße bei diesem Prozeß viel Kraft und Kapital. Die Techniker finden Mängel besonders an dem in absoluten Zahlen ansehnlichen Aufschwung vom Montag.
Nick Kalivas von Refco sieht den Standard & Poor's-500-Index (S&P 500) gegenwärtig in einer Seitwärtsbewegung. Die Beweislast liegt seiner Ansicht nach nun bei den Baissiers. Gegen einen dauerhaften Aufschwung sprächen die geringe Schwankungsanfälligkeit (Volatilität) des Marktes und die Aufteilung der offenen Positionen beim Terminhandel mit dem S&P 500 auf die einzelnen Gruppen von Marktteilnehmern. Die Volatilität wird am VIX-Index gemessen. Er hat nach Darstellung von Kalivas das niedrigste Niveau seit Sommer 1998 erreicht, kurz bevor die damalige Finanzkrise ausbrach. Der Analyst äußert sich erstaunt darüber, wie widerstandsfähig sich der amerikanische Anleihemarkt angesichts des auf ihn zukommenden massiven Neuangebots zeigt. Die Kurse müßten sich hier angesichts der gestiegenen Aktienkurse im Grunde auf einem niedrigeren Niveau bewegen, meint Kalivas.
Jeff de Graaf von Lehman Brothers stellt erste Divergenzen bei Indikatoren, die Aufschluß über die Dynamik oder Kräfteverhältnisse geben, fest. Zugleich sei der Markt in eine leicht "überkaufte" Lage geraten. Nicht zuletzt mißfällt dem Techniker die Entwicklung der Stimmungsindikatoren, die wachsenden Optimismus erkennen ließen. Alle diese Aspekte dürften sich bei weiter anziehenden Kursen zunehmend als problematisch erweisen. Ralph Bloch von Raymond James befaßt sich mit der Widerstandszone um 8500 Punkte beim Dow Jones. Hier habe sich eine dreifache Spitze gebildet, die noch schwieriger zu überwinden sei als eine zweifache. Sollte der Sprung jedoch gelingen, wäre dies ein weiteres hausseträchtiges Zeichen. Andererseits sieht er aber das Risiko eines Rückschlags in den Bereich von 8000 Punkten. Sollte der Index unter diese Marke fallen, würde dies auf der technischen Seite einige Schäden anrichten, erklärt Bloch.
Richard McCabe von Merrill Lynch zeigt sich langfristig unverändert zuversichtlich. Die bedeutenden amerikanischen Aktienindizes scheinen seiner Ansicht nach stetig auf den Abschluß einer Bodenbildung hinzuarbeiten. Dieser Prozeß habe im Juli 2002 begonnen und dürfte in eine bedeutende Aufwärtsbewegung einmünden. Die Stimmungsindikatoren seien derzeit eher gemischt bis neutral zu beurteilen als eindeutig negativ. Sie gäben keinen Anlaß für einen gravierenden Rückschlag. Die Indikatoren für die Dynamik könnten jedoch darauf hindeuten, daß der Markt zu einer weiteren Korrektur oder zu einem Test zurückliegender Tiefpunkte ansetzt, meint McCabe. Ein solcher Rückschlag solle als Kaufgelegenheit betrachtet werden. Der Techniker favorisiert Autos und Ersatzteile für Lastwagen, Chemie, Kosmetik, Maschinenbau, Medien, medizinische Technologie sowie Produzenten von Öl und Erdgas. Den Beginn einer längeren Aufwärtsbewegung würde McCabe annehmen, wenn der Dow Jones die Marke von 9000 Punkten überschreiten sollte. Der Techniker verweist zudem darauf, daß eines von zwei bedeutenden Kaufsignalen nach der "Dow Theory" in Reichweite gerückt sei. Der Dow-Jones-Index für Transportwerte habe sich inzwischen dicht der Marke von 2464 Punkten und damit einem möglichen Ausbruch nach oben hin genähert.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.04.2003, Nr. 100 / Seite 24
es grüßt
hi. FRANKFURT, 29. April. Technisch orientierte Analysten verfolgen die Versuche des amerikanischen Aktienmarktes, weiter nach oben vorzustoßen, mit wachsender Spannung. Die Marke von 8500 Punkten beim Dow-Jones-Index hat sich zuletzt als schwer überwindbare Hürde herausgebildet. Je mehr Versuche, sie zu überschreiten, scheiterten, desto kritischer werde die Lage, heißt es. Der Markt verschleiße bei diesem Prozeß viel Kraft und Kapital. Die Techniker finden Mängel besonders an dem in absoluten Zahlen ansehnlichen Aufschwung vom Montag.
Nick Kalivas von Refco sieht den Standard & Poor's-500-Index (S&P 500) gegenwärtig in einer Seitwärtsbewegung. Die Beweislast liegt seiner Ansicht nach nun bei den Baissiers. Gegen einen dauerhaften Aufschwung sprächen die geringe Schwankungsanfälligkeit (Volatilität) des Marktes und die Aufteilung der offenen Positionen beim Terminhandel mit dem S&P 500 auf die einzelnen Gruppen von Marktteilnehmern. Die Volatilität wird am VIX-Index gemessen. Er hat nach Darstellung von Kalivas das niedrigste Niveau seit Sommer 1998 erreicht, kurz bevor die damalige Finanzkrise ausbrach. Der Analyst äußert sich erstaunt darüber, wie widerstandsfähig sich der amerikanische Anleihemarkt angesichts des auf ihn zukommenden massiven Neuangebots zeigt. Die Kurse müßten sich hier angesichts der gestiegenen Aktienkurse im Grunde auf einem niedrigeren Niveau bewegen, meint Kalivas.
Jeff de Graaf von Lehman Brothers stellt erste Divergenzen bei Indikatoren, die Aufschluß über die Dynamik oder Kräfteverhältnisse geben, fest. Zugleich sei der Markt in eine leicht "überkaufte" Lage geraten. Nicht zuletzt mißfällt dem Techniker die Entwicklung der Stimmungsindikatoren, die wachsenden Optimismus erkennen ließen. Alle diese Aspekte dürften sich bei weiter anziehenden Kursen zunehmend als problematisch erweisen. Ralph Bloch von Raymond James befaßt sich mit der Widerstandszone um 8500 Punkte beim Dow Jones. Hier habe sich eine dreifache Spitze gebildet, die noch schwieriger zu überwinden sei als eine zweifache. Sollte der Sprung jedoch gelingen, wäre dies ein weiteres hausseträchtiges Zeichen. Andererseits sieht er aber das Risiko eines Rückschlags in den Bereich von 8000 Punkten. Sollte der Index unter diese Marke fallen, würde dies auf der technischen Seite einige Schäden anrichten, erklärt Bloch.
Richard McCabe von Merrill Lynch zeigt sich langfristig unverändert zuversichtlich. Die bedeutenden amerikanischen Aktienindizes scheinen seiner Ansicht nach stetig auf den Abschluß einer Bodenbildung hinzuarbeiten. Dieser Prozeß habe im Juli 2002 begonnen und dürfte in eine bedeutende Aufwärtsbewegung einmünden. Die Stimmungsindikatoren seien derzeit eher gemischt bis neutral zu beurteilen als eindeutig negativ. Sie gäben keinen Anlaß für einen gravierenden Rückschlag. Die Indikatoren für die Dynamik könnten jedoch darauf hindeuten, daß der Markt zu einer weiteren Korrektur oder zu einem Test zurückliegender Tiefpunkte ansetzt, meint McCabe. Ein solcher Rückschlag solle als Kaufgelegenheit betrachtet werden. Der Techniker favorisiert Autos und Ersatzteile für Lastwagen, Chemie, Kosmetik, Maschinenbau, Medien, medizinische Technologie sowie Produzenten von Öl und Erdgas. Den Beginn einer längeren Aufwärtsbewegung würde McCabe annehmen, wenn der Dow Jones die Marke von 9000 Punkten überschreiten sollte. Der Techniker verweist zudem darauf, daß eines von zwei bedeutenden Kaufsignalen nach der "Dow Theory" in Reichweite gerückt sei. Der Dow-Jones-Index für Transportwerte habe sich inzwischen dicht der Marke von 2464 Punkten und damit einem möglichen Ausbruch nach oben hin genähert.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.04.2003, Nr. 100 / Seite 24
es grüßt
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