Alle reden über die Rezession - und jeder von etwas anderem
Analyse
Amerika, Du hast es besser! Während in Deutschland noch gestritten wird, ob die Wirtschaft erst am Rande der Rezession steht oder schon mitten drin steckt, ist die Rezession auf der anderen Seite des Atlantiks bereits amtlich festgestellt. Das Nationale Büro für Wirtschaftsforschung hat den Beginn der Rezession Anfang dieser Woche auf März 2001 festgesetzt und damit den zehnjährigen Wirtschaftsboom in den Vereinigten Staaten offiziell für beendet erklärt.
Zwei Minusquartale in Folge
In Deutschland fehlt so ein Büro. Und so ist in der Politik, in den Forschungsabteilungen der Institute und Verbände und auch unter den Analysten der Banken ein akademischer Streit darüber entbrannt, ob das düstere Urteil "Rezession" auch auf den Zustand der deutschen Wirtschaft zutrifft. Alle reden von der Rezession, aber jeder versteht darunter etwas anderes. Nach der gängigsten, aber auch einfachsten Definition ist das Urteil klar: Danach steckt Deutschland in einer leichten Rezession, da das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen zurückgegangen ist. Analysten sprechen auch von einer "technischen" Rezession. Im dritten Quartal schrumpfte das BIP um 0,1 Prozent, im zweiten Quartal war es bereits um 0,03 Prozent zurückgegangen, die Ökonomen vom statistischen Bundesamt rundeten den leichten Rückgang auf eine "rote Null" auf.
Vielen Konjunkturexperten ist diese Definition indes zu simpel. Nach dieser Definition wären etwa die USA noch nicht in der Rezession, da das BIP dort bislang nur im dritten Quartal zurückgegangen ist. Das Nationale Büro für Wirtschaftsforschung blickt denn auch nicht auf die BIP-Zahlen. Das Büro definiert Rezession als "signifikanten Rückgang der Aktivität quer durch die Volkswirtschaft, der einige Monate anhält". Als Indikatoren für diesen "signifikanten Rückgang" ziehen die US-Konjunkturforscher die Industrieproduktion, die Beschäftigung, die Realeinkommen und die Umsätze im Großhandel heran. Das schlichte BIP ist dem Büro zu ungenau, da es nur quartalsweise erhoben, und zudem später oftmals revidiert wird.
Das amerikanische Modell lässt sich aber nur schlecht auf Deutschland übertragen. So gibt zum Beispiel die Entwicklung der Realeinkommen hier zu Lande nur begrenzt Antwort auf die Rezessionsfrage. Anders als Amerika hat Deutschland einen rigiden deutschen Arbeitsmarkt. Auch in einer Rezession sinken Löhne und Gehälter nicht, die Unternehmen reagieren statt dessen mit Stellenabbau.
Am besten und praktikabelsten für Deutschland ist wohl die Definition der sechs führenden Wirtschaftsforschungsinstitute. Sie berücksichtigen zusätzlich zum Bruttoinlandsprodukt die Auslastung der Produktionskapazitäten. Erst wenn bei rückläufiger Produktion auch der Auslastungsgrad unter das durchschnittliche langjährige Niveau fällt, liegt eine Rezession vor, schreiben die Institute in ihrem jüngsten Herbstgutachten.
Im Unterschied zu den Forschungsinstituten halten sich die fünf Wirtschaftsweisen, der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, beim Thema Rezession auffallend zurück. In ihrem vor zwei Wochen veröffentlichten Jahresgutachten sprechen die Weisen nicht von Rezessionsgefahr, sondern von der Gefahr einer "außergewöhnlichen Situation". Diese Situation sei daran zu erkennen, dass das BIP zwei Quartale in Folge schrumpft - und zwar um 0,75 Prozent. Davon aber ist Deutschland noch weit entfernt.
Andere Regeln für Weltwirtschaft
Ganz andere Rezessionsregeln gelten für die Weltwirtschaft. Da das zusammengefasste reale Bruttoinlandsprodukt in den letzten drei Jahrzehnten immer gestiegen ist, könnte die Weltwirtschaft nach den gängigen Definitionen praktisch nie in eine Rezession abrutschen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) spricht daher schon von einer Rezession, wenn das globale Wirtschaftswachstum in einem Jahr unter 2,5 Prozent liegt. Da für dieses Jahr allenfalls zwei Prozent Wachstum erwartet werden, ist das Jahr 2002 ein Rezessionsjahr für die Weltwirtschaft.
Gruß Kostolmoney
Analyse
Amerika, Du hast es besser! Während in Deutschland noch gestritten wird, ob die Wirtschaft erst am Rande der Rezession steht oder schon mitten drin steckt, ist die Rezession auf der anderen Seite des Atlantiks bereits amtlich festgestellt. Das Nationale Büro für Wirtschaftsforschung hat den Beginn der Rezession Anfang dieser Woche auf März 2001 festgesetzt und damit den zehnjährigen Wirtschaftsboom in den Vereinigten Staaten offiziell für beendet erklärt.
Zwei Minusquartale in Folge
In Deutschland fehlt so ein Büro. Und so ist in der Politik, in den Forschungsabteilungen der Institute und Verbände und auch unter den Analysten der Banken ein akademischer Streit darüber entbrannt, ob das düstere Urteil "Rezession" auch auf den Zustand der deutschen Wirtschaft zutrifft. Alle reden von der Rezession, aber jeder versteht darunter etwas anderes. Nach der gängigsten, aber auch einfachsten Definition ist das Urteil klar: Danach steckt Deutschland in einer leichten Rezession, da das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen zurückgegangen ist. Analysten sprechen auch von einer "technischen" Rezession. Im dritten Quartal schrumpfte das BIP um 0,1 Prozent, im zweiten Quartal war es bereits um 0,03 Prozent zurückgegangen, die Ökonomen vom statistischen Bundesamt rundeten den leichten Rückgang auf eine "rote Null" auf.
Vielen Konjunkturexperten ist diese Definition indes zu simpel. Nach dieser Definition wären etwa die USA noch nicht in der Rezession, da das BIP dort bislang nur im dritten Quartal zurückgegangen ist. Das Nationale Büro für Wirtschaftsforschung blickt denn auch nicht auf die BIP-Zahlen. Das Büro definiert Rezession als "signifikanten Rückgang der Aktivität quer durch die Volkswirtschaft, der einige Monate anhält". Als Indikatoren für diesen "signifikanten Rückgang" ziehen die US-Konjunkturforscher die Industrieproduktion, die Beschäftigung, die Realeinkommen und die Umsätze im Großhandel heran. Das schlichte BIP ist dem Büro zu ungenau, da es nur quartalsweise erhoben, und zudem später oftmals revidiert wird.
Das amerikanische Modell lässt sich aber nur schlecht auf Deutschland übertragen. So gibt zum Beispiel die Entwicklung der Realeinkommen hier zu Lande nur begrenzt Antwort auf die Rezessionsfrage. Anders als Amerika hat Deutschland einen rigiden deutschen Arbeitsmarkt. Auch in einer Rezession sinken Löhne und Gehälter nicht, die Unternehmen reagieren statt dessen mit Stellenabbau.
Am besten und praktikabelsten für Deutschland ist wohl die Definition der sechs führenden Wirtschaftsforschungsinstitute. Sie berücksichtigen zusätzlich zum Bruttoinlandsprodukt die Auslastung der Produktionskapazitäten. Erst wenn bei rückläufiger Produktion auch der Auslastungsgrad unter das durchschnittliche langjährige Niveau fällt, liegt eine Rezession vor, schreiben die Institute in ihrem jüngsten Herbstgutachten.
Im Unterschied zu den Forschungsinstituten halten sich die fünf Wirtschaftsweisen, der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, beim Thema Rezession auffallend zurück. In ihrem vor zwei Wochen veröffentlichten Jahresgutachten sprechen die Weisen nicht von Rezessionsgefahr, sondern von der Gefahr einer "außergewöhnlichen Situation". Diese Situation sei daran zu erkennen, dass das BIP zwei Quartale in Folge schrumpft - und zwar um 0,75 Prozent. Davon aber ist Deutschland noch weit entfernt.
Andere Regeln für Weltwirtschaft
Ganz andere Rezessionsregeln gelten für die Weltwirtschaft. Da das zusammengefasste reale Bruttoinlandsprodukt in den letzten drei Jahrzehnten immer gestiegen ist, könnte die Weltwirtschaft nach den gängigen Definitionen praktisch nie in eine Rezession abrutschen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) spricht daher schon von einer Rezession, wenn das globale Wirtschaftswachstum in einem Jahr unter 2,5 Prozent liegt. Da für dieses Jahr allenfalls zwei Prozent Wachstum erwartet werden, ist das Jahr 2002 ein Rezessionsjahr für die Weltwirtschaft.
Gruß Kostolmoney