Das Kapital: Bedeuten sinkende Zinsen höhere Aktienkurse?
Die Debatte läuft auf vollen Touren. Sind niedrige Zinsen ein Kaufargument für Aktien? Die Antwort lautet: Kommt darauf an!
Keine Frage, sinkende Rentenrenditen sind gut für die Aktienmärkte, wenn sie Disinflation signalisieren, wie in den 90er Jahren. Denn die Inflationsrate ist umso schwerer zu prognostizieren, je höher sie ist. Um nicht ständig auf dem falschen Fuß erwischt zu werden, verlangen Anleger - und Gewerkschaften - daher Risikoprämien. Die Konsequenz sind hohe Realzinsen und -löhne und damit geringes Wirtschaftswachstum. Weil die Zentralbanken ständig gegen die Inflationserwartungen kämpfen, steigt auch die Zyklizität von Wirtschaft und Gewinnen. Solange es nicht wie in Japan zur Deflation kommt, werden Aktien umso risikoärmer und damit wertvoller, je eher Preisstabilität herrscht. Am günstigsten sind Steigerungsraten von rund zwei Prozent.
Aber der große disinflationäre Trend und die damit einhergehende Aufwertung der Aktien ist längst vorbei. In einer nicht-inflationären Welt signalisieren sinkende Rentenrenditen schwache Wirtschaftsaussichten. Fallen die Bondrenditen von fünf auf vier Prozent, bedeutet das, dass die Rentenmärkte das künftig zu erwartende nominale Wirtschaftswachstum um einem Prozentpunkt niedriger taxieren. Haben sie Recht, werden auch die Unternehmensgewinne entsprechend langsamer steigen. Bei konstanter Aktienrisikoprämie ändert sich an der Bewertung der Börse theoretisch nichts. Der Vorteil eines niedrigen Diskontsatzes wird durch den Nachteil geringeren Gewinnwachstums vollständig aufgehoben. Umgekehrt ist es, wenn die Bondrenditen steigen, weil der Konjunkturausblick besser wird.
Aber das ist eine statische Betrachtung und unterstellt, dass Börse und Anleihemärkte perfekte Diskontierungsmechanismen sind. In der Realität können Aktien sehr wohl von sinkenden Anleihenrenditen profitieren. Das kann der Fall sein, wenn die Börsenkurse wie 1998 in einem Abschwung noch stärker fallen, als es die Gewinnrevisionen implizieren würden. Technisch gesprochen steigt dann die Risikoprämie von Aktien gegenüber Bonds. Fallende Zinsen können jetzt neues Vertrauen in die künftige Gewinnentwicklung schaffen. Denn niedrige Zinsen senken die Finanzierungslast der Unternehmen und begünstigen die Konjunktur.
Zwar gibt es keinen mechanstischen Zusammenhang. Wie 1999 kann die Risikoprämie auch gerade deshalb sinken (die Aktienkurse also steigen), weil die Rentenmärkte auf eine zusehends bessere Wirtschaft hindeuten. Signalisieren die Rentenmärkte wie in Japan eine Deflation, sind fallende Zinsen umgekehrt sogar schädlich für die Börse.
Von Deflation abgesehen, verheißen Aktien jedoch im Verhältnis zu Bonds eine umso bessere Rendite, je niedriger die Zinsen sind. Schließlich bedeuten niedrige Zinsen ja auch, dass Anleihen teuer sind. Mischfonds haben also guten Grund, die Gewichtung von Aktien zu erhöhen.
Das Problem im Moment ist, dass die mittelfristigen Gewinnschätzungen zu hoch sind, die auf Jahre hin zweistellige Zuwachsraten unterstellen. Die tatsächliche Risikoprämie für Aktien ist daher viel niedriger, als die Banken sie schätzen.
Ryanair
Auf der Strecke Frankfurt-London ist Ryanair unschlagbar billig: 58 DM hin und zurück. Teuer ist nur die Aktie.
Die Ryanair-Idee hat sich prächtig bewährt. Man bietet regionale Flüge - und sonst nichts. Ryanair hat seit Jahren die niedrigsten Kosten in Westeuropa. Durch Online-Buchungen wurden sie weiter gekürzt. Im September konnten die Iren ihre Preise drastisch senken. Die Fluggäste dankten es mit einem Umsatzplus von 28 Prozent.
Nur hat das die Börse längst gemerkt. Dem Tief im September folgte ein Steigflug von fast 50 Prozent. Ryanair ist die zweitwertvollste Fluglinie in Europa, direkt hinter der Lufthansa. Auf das 35fache des laufenden Gewinns bringen es die Iren.
Mal angenommen, alles läuft nach Plan. Es folgen keine weiteren Anschläge. Die Zahl der Fluggäste wächst wie angenommen mit vier Prozent pro Jahr bis 2010. Ryanair schafft es, den Marktanteil von zwei auf zehn Prozent zu steigern. Das wäre etwa so viel wie Souhtwest Airlines, das 1978 gegründete US-Vorbild von Ryanair. Gestehen wir eine Nettomarge von noch 15 Prozent zu. Das wäre weniger als zuletzt, aber deutlich mehr als Southwest, die in den vergangenen Jahren gute zehn Prozent eingeflogen hat. Die Lufthansa kam in den besten Zeiten auf 5,4 Prozent.
Dann würde Ryanair am Ende des Jahrzehnt 440 Mio. Euro Gewinn machen. Das entspricht einem KGV von 9,4 - für 2010. Lufthansas KGV für 2000? 6,4! Schon richtig, dass die Kraniche derzeit leiden. Aber immerhin haben sie gezeigt, was sie können. Dagegen ist nicht gesagt, dass Ryanair bis 2010 rasant wachsen und die Marge verteidigen kann. Landerechte und ausgebildetes Flugpersonal werden bald wieder Mangelware sein. Die Konkurrenz durch andere Billigflieger wie Go und EasyJet wird sich verstärken.
Quelle:ftd
Die Debatte läuft auf vollen Touren. Sind niedrige Zinsen ein Kaufargument für Aktien? Die Antwort lautet: Kommt darauf an!
Keine Frage, sinkende Rentenrenditen sind gut für die Aktienmärkte, wenn sie Disinflation signalisieren, wie in den 90er Jahren. Denn die Inflationsrate ist umso schwerer zu prognostizieren, je höher sie ist. Um nicht ständig auf dem falschen Fuß erwischt zu werden, verlangen Anleger - und Gewerkschaften - daher Risikoprämien. Die Konsequenz sind hohe Realzinsen und -löhne und damit geringes Wirtschaftswachstum. Weil die Zentralbanken ständig gegen die Inflationserwartungen kämpfen, steigt auch die Zyklizität von Wirtschaft und Gewinnen. Solange es nicht wie in Japan zur Deflation kommt, werden Aktien umso risikoärmer und damit wertvoller, je eher Preisstabilität herrscht. Am günstigsten sind Steigerungsraten von rund zwei Prozent.
Aber der große disinflationäre Trend und die damit einhergehende Aufwertung der Aktien ist längst vorbei. In einer nicht-inflationären Welt signalisieren sinkende Rentenrenditen schwache Wirtschaftsaussichten. Fallen die Bondrenditen von fünf auf vier Prozent, bedeutet das, dass die Rentenmärkte das künftig zu erwartende nominale Wirtschaftswachstum um einem Prozentpunkt niedriger taxieren. Haben sie Recht, werden auch die Unternehmensgewinne entsprechend langsamer steigen. Bei konstanter Aktienrisikoprämie ändert sich an der Bewertung der Börse theoretisch nichts. Der Vorteil eines niedrigen Diskontsatzes wird durch den Nachteil geringeren Gewinnwachstums vollständig aufgehoben. Umgekehrt ist es, wenn die Bondrenditen steigen, weil der Konjunkturausblick besser wird.
Aber das ist eine statische Betrachtung und unterstellt, dass Börse und Anleihemärkte perfekte Diskontierungsmechanismen sind. In der Realität können Aktien sehr wohl von sinkenden Anleihenrenditen profitieren. Das kann der Fall sein, wenn die Börsenkurse wie 1998 in einem Abschwung noch stärker fallen, als es die Gewinnrevisionen implizieren würden. Technisch gesprochen steigt dann die Risikoprämie von Aktien gegenüber Bonds. Fallende Zinsen können jetzt neues Vertrauen in die künftige Gewinnentwicklung schaffen. Denn niedrige Zinsen senken die Finanzierungslast der Unternehmen und begünstigen die Konjunktur.
Zwar gibt es keinen mechanstischen Zusammenhang. Wie 1999 kann die Risikoprämie auch gerade deshalb sinken (die Aktienkurse also steigen), weil die Rentenmärkte auf eine zusehends bessere Wirtschaft hindeuten. Signalisieren die Rentenmärkte wie in Japan eine Deflation, sind fallende Zinsen umgekehrt sogar schädlich für die Börse.
Von Deflation abgesehen, verheißen Aktien jedoch im Verhältnis zu Bonds eine umso bessere Rendite, je niedriger die Zinsen sind. Schließlich bedeuten niedrige Zinsen ja auch, dass Anleihen teuer sind. Mischfonds haben also guten Grund, die Gewichtung von Aktien zu erhöhen.
Das Problem im Moment ist, dass die mittelfristigen Gewinnschätzungen zu hoch sind, die auf Jahre hin zweistellige Zuwachsraten unterstellen. Die tatsächliche Risikoprämie für Aktien ist daher viel niedriger, als die Banken sie schätzen.
Ryanair
Auf der Strecke Frankfurt-London ist Ryanair unschlagbar billig: 58 DM hin und zurück. Teuer ist nur die Aktie.
Die Ryanair-Idee hat sich prächtig bewährt. Man bietet regionale Flüge - und sonst nichts. Ryanair hat seit Jahren die niedrigsten Kosten in Westeuropa. Durch Online-Buchungen wurden sie weiter gekürzt. Im September konnten die Iren ihre Preise drastisch senken. Die Fluggäste dankten es mit einem Umsatzplus von 28 Prozent.
Nur hat das die Börse längst gemerkt. Dem Tief im September folgte ein Steigflug von fast 50 Prozent. Ryanair ist die zweitwertvollste Fluglinie in Europa, direkt hinter der Lufthansa. Auf das 35fache des laufenden Gewinns bringen es die Iren.
Mal angenommen, alles läuft nach Plan. Es folgen keine weiteren Anschläge. Die Zahl der Fluggäste wächst wie angenommen mit vier Prozent pro Jahr bis 2010. Ryanair schafft es, den Marktanteil von zwei auf zehn Prozent zu steigern. Das wäre etwa so viel wie Souhtwest Airlines, das 1978 gegründete US-Vorbild von Ryanair. Gestehen wir eine Nettomarge von noch 15 Prozent zu. Das wäre weniger als zuletzt, aber deutlich mehr als Southwest, die in den vergangenen Jahren gute zehn Prozent eingeflogen hat. Die Lufthansa kam in den besten Zeiten auf 5,4 Prozent.
Dann würde Ryanair am Ende des Jahrzehnt 440 Mio. Euro Gewinn machen. Das entspricht einem KGV von 9,4 - für 2010. Lufthansas KGV für 2000? 6,4! Schon richtig, dass die Kraniche derzeit leiden. Aber immerhin haben sie gezeigt, was sie können. Dagegen ist nicht gesagt, dass Ryanair bis 2010 rasant wachsen und die Marge verteidigen kann. Landerechte und ausgebildetes Flugpersonal werden bald wieder Mangelware sein. Die Konkurrenz durch andere Billigflieger wie Go und EasyJet wird sich verstärken.
Quelle:ftd