Fünf Kühe mit einem KGV von 17
von Bernd Niquet
Betrachtet man die Wirtschaft einmal sehr langfristig, dann fällt auf, dass das jeweilige Wirtschaftsregime einem ständigen Zeitwandel unterliegt, die wirtschaftlichen Grundtatbestände hingegen unverändert bleiben.
Nehmen wir beispielsweise zwei Kühe: Zwei Kühe im Zeitalter des Feudalismus hätten viel Arbeit, aber auch viel Ertrag bedeutet, von dem sich der Landlord jedoch seinen Teil genommen hätte. Der Irrweg des Kommunismus hingegen bedeutet den Verlust der Kühe, doch immerhin einen sicheren Anteil an der Milch aller Kühe. Im Kapitalismus schließlich kann man auf eigene Rechnung so viele Kühe züchten, dass man sich damit schließlich zur Ruhe setzen kann. Man muss dazu nur eine Kuh verkaufen und einen Bullen kaufen. Doch da dies Zeit braucht, und niemand Zeit hat, wurde der Enronismus erfunden. Denn was sind schon zwei Kühe im Zeitalter des Enronismus?
Zuerst borgt man 80 Prozent des Zukunftswertes einer Kuh von der Bank, kauft mit 5 Prozent Einsatz eine weitere Kuh, deren Restkaufpreis über eine Sicherheitsleistung des Verkäufers in Form eines bilanzneutralen Garantieversprechens gegeben wird; es sei denn, der Preis von siebeneinachtel Kühen liegt zum Zeitpunkt des letzten Ausübungstages des im Rahmen dieser Leistung begebenen Optionsscheins unter dem durchschnittlichen Preis eines Kontrakts von Schweinehälften, lieferbar in Chicago mit Termin Juli 2002, wodurch die Rückzahlung sich um einen separat zu berechnenden Ausgleichsfaktor ermäßigt. Anschließend verkauft man drei Kühe an die eigene Tochtergesellschaft mit Sitz auf den niederländischen Antillen und hedgt diesen Deal durch Leerverkauf von ebenfalls drei Sojakontrakten ab. Der Steuerbonus für diese Transaktion wird in einen Milch-Call mit einem 10 Prozent über der 200-Tage-Linie liegenden Cap versehen, der seinerseits wieder durch einen Put abgesichert wird. In der konsolidierten Jahresbilanz weist man nun einen Bestand von fünf Kühen aus, ein Pro-Forma-KGV von 17 und ein EBITDA von 63 Basispunkten unter dem Durchschnitt der Peergroup, woraufhin der informierte Anleger natürlich sofort long geht und sich anschließend beruhigt auf sein Altenteil zurückzieht.
Quelle: instock.de
von Bernd Niquet
Betrachtet man die Wirtschaft einmal sehr langfristig, dann fällt auf, dass das jeweilige Wirtschaftsregime einem ständigen Zeitwandel unterliegt, die wirtschaftlichen Grundtatbestände hingegen unverändert bleiben.
Nehmen wir beispielsweise zwei Kühe: Zwei Kühe im Zeitalter des Feudalismus hätten viel Arbeit, aber auch viel Ertrag bedeutet, von dem sich der Landlord jedoch seinen Teil genommen hätte. Der Irrweg des Kommunismus hingegen bedeutet den Verlust der Kühe, doch immerhin einen sicheren Anteil an der Milch aller Kühe. Im Kapitalismus schließlich kann man auf eigene Rechnung so viele Kühe züchten, dass man sich damit schließlich zur Ruhe setzen kann. Man muss dazu nur eine Kuh verkaufen und einen Bullen kaufen. Doch da dies Zeit braucht, und niemand Zeit hat, wurde der Enronismus erfunden. Denn was sind schon zwei Kühe im Zeitalter des Enronismus?
Zuerst borgt man 80 Prozent des Zukunftswertes einer Kuh von der Bank, kauft mit 5 Prozent Einsatz eine weitere Kuh, deren Restkaufpreis über eine Sicherheitsleistung des Verkäufers in Form eines bilanzneutralen Garantieversprechens gegeben wird; es sei denn, der Preis von siebeneinachtel Kühen liegt zum Zeitpunkt des letzten Ausübungstages des im Rahmen dieser Leistung begebenen Optionsscheins unter dem durchschnittlichen Preis eines Kontrakts von Schweinehälften, lieferbar in Chicago mit Termin Juli 2002, wodurch die Rückzahlung sich um einen separat zu berechnenden Ausgleichsfaktor ermäßigt. Anschließend verkauft man drei Kühe an die eigene Tochtergesellschaft mit Sitz auf den niederländischen Antillen und hedgt diesen Deal durch Leerverkauf von ebenfalls drei Sojakontrakten ab. Der Steuerbonus für diese Transaktion wird in einen Milch-Call mit einem 10 Prozent über der 200-Tage-Linie liegenden Cap versehen, der seinerseits wieder durch einen Put abgesichert wird. In der konsolidierten Jahresbilanz weist man nun einen Bestand von fünf Kühen aus, ein Pro-Forma-KGV von 17 und ein EBITDA von 63 Basispunkten unter dem Durchschnitt der Peergroup, woraufhin der informierte Anleger natürlich sofort long geht und sich anschließend beruhigt auf sein Altenteil zurückzieht.
Quelle: instock.de