Zwangsverkäufe werden Dax zum Verhängnis
Starke zyklische Ausrichtung des Index sorgt für besonders heftige Abschläge. "Hexensabbat" schürt Nervosität
Krisenstimmung an der Frankfurter Börse
Von Beatrix Wirth
Berlin – Die sprichwörtliche deutsche Gründlichkeit kommt, so scheint es, auch am Aktienmarkt zum Tragen. Vor allen anderen Börsenindizes markierte der Dax einen neuen Tiefstand und nahm am Donnerstag die nächste Schreckens-Marke von 3000 Zählern in Angriff. Seit Jahresanfang hat das deutsche Barometer rund 40 Prozent an Wert eingebüßt – mehr als die anderen europäischen Indizes und weit mehr als der amerikanische Dow Jones, der „nur“ 18 Prozent verloren hat. Damit greift die Schlusslicht-Debatte auf die Börse über. Der besonders schlechte Zustand der deutschen Konjunktur spiegle sich auch im Dax wider, wird geunkt. Ein Argument, das nach Ansicht von Experten allerdings zu kurz greift. „Andere Faktoren sind weit mehr für die relative Schwäche des Dax verantwortlich“, sagt Gertrud Traud, Leiterin der Aktienmarktstrategie bei der Bankgesellschaft Berlin.
Insgesamt sei der europäische Aktienmarkt labiler als der amerikanische, betonen die Experten. „In den USA gibt es seit langem eine Aktienkultur, dementsprechend haben die Anleger Substanz bilden können, die die Krise abpuffert“, sagt Stefan Müller, Fondsmanager bei der Activest. Auch seien die tonangebenden Investoren, die Pensionsfonds, einem geringeren Verkaufsdruck ausgeliefert als die Institutionellen hier zu Lande: „Die Zielvorgaben sind langfristiger gesteckt, sie müssen jetzt nicht ihre Positionen zwangsliquidieren, um die Verluste zu begrenzen.“ Aber wenn sich die US-Anleger doch von Aktien trennten, treffe dies insbesondere die europäischen Börsen, ergänzt Berndt Fernow von der Landesbank Baden-Württemberg: „In einem schwierigen Umfeld bevorzugen Anleger Investments im vertrauten Heimatland noch stärker als sonst.“ Angesichts des großen Einflusses der US-Investoren in Europa, den es andersherum so nicht gebe, wiege dies schwer.
Der Dax ist wegen seiner Struktur von der Verkaufswelle überproportional betroffen. Angesichts der schwachen Konjunktur stoßen Anleger zyklische Titel ab und damit die Papiere, die im deutschen Index besonders stark gewichtet sind. So gehören die den Dax beherrschenden Sektoren Technologie und Finanzen zu den größten Verlierern seit Jahresanfang. Wesentlich besser geht es deshalb dem Schweizer SMI, bei dem defensive Pharma- und Nahrungsmittelaktien die führende Rolle spielen. Im Londoner FTSE stabilisieren Energietitel die Performance.
Einen Streich spielt dem Dax schließlich auch die Psychologie. Automatisch griffen Investoren lieber zu Aktien aus Ländern mit stärkerem Binnenmarkt wie Großbritannien, führt Stratege Robert Halver von Vontobel aus. Dabei gebe es auch im Dax inzwischen einige Global Player, wodurch sich die Exportabhängigkeit der Dax-Unternehmen zumindest reduziert habe. Strategin Traud von der Bankgesellschaft macht als weitere Belastung die Vertrauensfrage aus. „Die Anleger trauen der US-Wirtschaft eher eine Erholung zu als der deutschen, und auch ein hartes Durchgreifen bei Bilanzskandalen erwarten sie stärker jenseits des Atlantiks.“
Einen Trost gibt es jedoch. Denn so, wie der Dax stets am stärksten nach unten ausschlägt, übertreibt er erfahrungsgemäß in guten Zeiten nach oben. Das allerdings ist Zukunftsmusik. Dass der dreifache Verfallstermin am Terminmarkt, der so genannte Hexensabbat, wie im vergangenen Jahr eine Trendwende bringt, bezweifeln die Experten. „Zum Wochenschluss werden wir extreme Schwankungen sehen, vielleicht auch eine technische Erholung“, so Halver. „Die grundlegende negative Sichtweise auf den Aktienmarkt wird sich aber auf weiteres nicht ändern.“
Starke zyklische Ausrichtung des Index sorgt für besonders heftige Abschläge. "Hexensabbat" schürt Nervosität
Krisenstimmung an der Frankfurter Börse
Von Beatrix Wirth
Berlin – Die sprichwörtliche deutsche Gründlichkeit kommt, so scheint es, auch am Aktienmarkt zum Tragen. Vor allen anderen Börsenindizes markierte der Dax einen neuen Tiefstand und nahm am Donnerstag die nächste Schreckens-Marke von 3000 Zählern in Angriff. Seit Jahresanfang hat das deutsche Barometer rund 40 Prozent an Wert eingebüßt – mehr als die anderen europäischen Indizes und weit mehr als der amerikanische Dow Jones, der „nur“ 18 Prozent verloren hat. Damit greift die Schlusslicht-Debatte auf die Börse über. Der besonders schlechte Zustand der deutschen Konjunktur spiegle sich auch im Dax wider, wird geunkt. Ein Argument, das nach Ansicht von Experten allerdings zu kurz greift. „Andere Faktoren sind weit mehr für die relative Schwäche des Dax verantwortlich“, sagt Gertrud Traud, Leiterin der Aktienmarktstrategie bei der Bankgesellschaft Berlin.
Insgesamt sei der europäische Aktienmarkt labiler als der amerikanische, betonen die Experten. „In den USA gibt es seit langem eine Aktienkultur, dementsprechend haben die Anleger Substanz bilden können, die die Krise abpuffert“, sagt Stefan Müller, Fondsmanager bei der Activest. Auch seien die tonangebenden Investoren, die Pensionsfonds, einem geringeren Verkaufsdruck ausgeliefert als die Institutionellen hier zu Lande: „Die Zielvorgaben sind langfristiger gesteckt, sie müssen jetzt nicht ihre Positionen zwangsliquidieren, um die Verluste zu begrenzen.“ Aber wenn sich die US-Anleger doch von Aktien trennten, treffe dies insbesondere die europäischen Börsen, ergänzt Berndt Fernow von der Landesbank Baden-Württemberg: „In einem schwierigen Umfeld bevorzugen Anleger Investments im vertrauten Heimatland noch stärker als sonst.“ Angesichts des großen Einflusses der US-Investoren in Europa, den es andersherum so nicht gebe, wiege dies schwer.
Der Dax ist wegen seiner Struktur von der Verkaufswelle überproportional betroffen. Angesichts der schwachen Konjunktur stoßen Anleger zyklische Titel ab und damit die Papiere, die im deutschen Index besonders stark gewichtet sind. So gehören die den Dax beherrschenden Sektoren Technologie und Finanzen zu den größten Verlierern seit Jahresanfang. Wesentlich besser geht es deshalb dem Schweizer SMI, bei dem defensive Pharma- und Nahrungsmittelaktien die führende Rolle spielen. Im Londoner FTSE stabilisieren Energietitel die Performance.
Einen Streich spielt dem Dax schließlich auch die Psychologie. Automatisch griffen Investoren lieber zu Aktien aus Ländern mit stärkerem Binnenmarkt wie Großbritannien, führt Stratege Robert Halver von Vontobel aus. Dabei gebe es auch im Dax inzwischen einige Global Player, wodurch sich die Exportabhängigkeit der Dax-Unternehmen zumindest reduziert habe. Strategin Traud von der Bankgesellschaft macht als weitere Belastung die Vertrauensfrage aus. „Die Anleger trauen der US-Wirtschaft eher eine Erholung zu als der deutschen, und auch ein hartes Durchgreifen bei Bilanzskandalen erwarten sie stärker jenseits des Atlantiks.“
Einen Trost gibt es jedoch. Denn so, wie der Dax stets am stärksten nach unten ausschlägt, übertreibt er erfahrungsgemäß in guten Zeiten nach oben. Das allerdings ist Zukunftsmusik. Dass der dreifache Verfallstermin am Terminmarkt, der so genannte Hexensabbat, wie im vergangenen Jahr eine Trendwende bringt, bezweifeln die Experten. „Zum Wochenschluss werden wir extreme Schwankungen sehen, vielleicht auch eine technische Erholung“, so Halver. „Die grundlegende negative Sichtweise auf den Aktienmarkt wird sich aber auf weiteres nicht ändern.“