Im Frankfurter Varieté Tigerpalast warteten Kollegen und Publikum vergeblich auf Matthias Beltz. Als die Show am Mittwochabend begann, lag der 57-Jährige tot in seiner Wohnung, offenbar einem Herzinfarkt erlegen.
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Beltz - Weggefährte des heutigen Außenministers Joschka Fischer seit den Hausbesetzerzeiten der 70er Jahre - galt als einer der scharfzüngigsten deutschen Kabarettisten mit politischem Anspruch. In Frankfurt lebte Beltz seit mehr als 30 Jahren, war mit eigenen Programmen aber auch bundesweit und im Fernsehen aufgetreten und gehörte zur Stammbesetzung im Tigerpalast. Dieses moderne Varieté hatte er zusammen mit seinem Freund Johnny Klinke 1988 gegründet.
Nach dem Jura-Studium in den „Revolutionären Kampf“
Beltz, der in seiner Rolle als faschistoider Hausmeister Wieland Schmidt mit Hasstiraden auf Ausländer einem großen Publikum bekannt wurde, stammte aus kleinbürgerlichen Verhältnissen. Er wurde wenige Monate vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs am 31. Januar 1945 im hessischen Vogelsbergkreis geboren, wuchs in Gießen auf und schloss sein Jura-Studium in Frankfurt 1969 mit dem ersten Staatsexamen ab.
Beim „Revolutionären Kampf“ im Frankfurt der 70er Jahre erhielt der Kabarettist seine politische Prägung. In der linksradikalen „Sponti-Szene“ traf er in einer Zeit der Demonstrationen, Hausbesetzungen und wütender Auseinandersetzungen zwischen „Putztruppen“ und der Polizei auf eine aufgewühlte Gruppe. Joschka Fischer, Daniel Cohn-Bendit, Johnny Klinke und der spätere Terrorist Hans-Joachim Klein gehörten dazu. Damals habe ein „unglaubliches Chaos“ geherrscht, sagte Beltz im Dezember 2000 als Zeuge im Prozess wegen des Anschlags auf die Opec-Konferenz gegen Klein.
„Das Proletariat hat nicht auf uns gewartet“
Wie Fischer versuchte sich Beltz im proletarischen Kampf als Arbeiter am Fließband bei Opel in Rüsselsheim. Auf Betriebsversammlungen gab er Kostproben seines satirischen Talents - eine erste berufliche Weichenstellung. Der Ausflug in den Produktionsalltag dauerte sechs Jahre und brachte dem Weltverbesserer die Erkenntnis, dass „das Proletariat tatsächlich nicht auf uns gewartet hat, sondern auf den Feierabend und die Rente“.
Den Weg zum Kabarett fand er dann eher zufällig. „Ich hatte Schlappohren und lispelte, war schüchtern und ängstlich. Irgendwann merkte ich, dass mir immer Witze einfielen und dass die Leute zwar immer noch über mich lachten, aber dann, wenn ich es wollte“, erklärte er einmal seinen Werdegang. Gerechtigkeit und Utopie nannte er stets als seine Ideale.
„Mit seinen Ideen weiterleben“
Während Beltz nach eigenem Bekunden keine Berührungsängste mit Comedy und Klamauk hatte, sah er das etablierte Kabarett der ersten Nachkriegsjahrzehnte kritisch. Der Münchner Lach- und Schießgesellschaft warf er in einem Zeitungsinterview moralische und intellektuelle Überheblichkeit vor, gegen die er sich mit seinen Auftritten bewusst absetzen wollte.
Aus dem 1976 gegründeten „Carl Napps Chaos Theater“ entstand 1982 das „Vorläufige Frankfurter Front-Theater“, eine der erfolgreichsten Kabarettgruppen der linken Studentenszene. Solo-Auftritte von Beltz auf Kleinkunstbühnen und zahlreiche Fernsehengagements folgten, darunter im satirischen „Nachschlag“ nach den ARD-„Tagesthemen“ Anfang der 90er Jahre.
Beltz wurde unter anderen mit dem Adolf-Grimme-Preis (1993) und dem Deutschen Kabarett-Preis (1991) ausgezeichnet. Seine „schwarz und zynisch aufglühenden Monologe“ brachten ihm 1993 den Deutschen Kleinkunstpreis. In tiefer Trauer würdigte die Tigerpalast-Leitung den gestorbenen Freund: „Matthias Beltz hat uns über 30 Jahre lang begleitet. Wir müssen mit seinen Ideen weiterleben.“
faz.de
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Beltz - Weggefährte des heutigen Außenministers Joschka Fischer seit den Hausbesetzerzeiten der 70er Jahre - galt als einer der scharfzüngigsten deutschen Kabarettisten mit politischem Anspruch. In Frankfurt lebte Beltz seit mehr als 30 Jahren, war mit eigenen Programmen aber auch bundesweit und im Fernsehen aufgetreten und gehörte zur Stammbesetzung im Tigerpalast. Dieses moderne Varieté hatte er zusammen mit seinem Freund Johnny Klinke 1988 gegründet.
Nach dem Jura-Studium in den „Revolutionären Kampf“
Beltz, der in seiner Rolle als faschistoider Hausmeister Wieland Schmidt mit Hasstiraden auf Ausländer einem großen Publikum bekannt wurde, stammte aus kleinbürgerlichen Verhältnissen. Er wurde wenige Monate vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs am 31. Januar 1945 im hessischen Vogelsbergkreis geboren, wuchs in Gießen auf und schloss sein Jura-Studium in Frankfurt 1969 mit dem ersten Staatsexamen ab.
Beim „Revolutionären Kampf“ im Frankfurt der 70er Jahre erhielt der Kabarettist seine politische Prägung. In der linksradikalen „Sponti-Szene“ traf er in einer Zeit der Demonstrationen, Hausbesetzungen und wütender Auseinandersetzungen zwischen „Putztruppen“ und der Polizei auf eine aufgewühlte Gruppe. Joschka Fischer, Daniel Cohn-Bendit, Johnny Klinke und der spätere Terrorist Hans-Joachim Klein gehörten dazu. Damals habe ein „unglaubliches Chaos“ geherrscht, sagte Beltz im Dezember 2000 als Zeuge im Prozess wegen des Anschlags auf die Opec-Konferenz gegen Klein.
„Das Proletariat hat nicht auf uns gewartet“
Wie Fischer versuchte sich Beltz im proletarischen Kampf als Arbeiter am Fließband bei Opel in Rüsselsheim. Auf Betriebsversammlungen gab er Kostproben seines satirischen Talents - eine erste berufliche Weichenstellung. Der Ausflug in den Produktionsalltag dauerte sechs Jahre und brachte dem Weltverbesserer die Erkenntnis, dass „das Proletariat tatsächlich nicht auf uns gewartet hat, sondern auf den Feierabend und die Rente“.
Den Weg zum Kabarett fand er dann eher zufällig. „Ich hatte Schlappohren und lispelte, war schüchtern und ängstlich. Irgendwann merkte ich, dass mir immer Witze einfielen und dass die Leute zwar immer noch über mich lachten, aber dann, wenn ich es wollte“, erklärte er einmal seinen Werdegang. Gerechtigkeit und Utopie nannte er stets als seine Ideale.
„Mit seinen Ideen weiterleben“
Während Beltz nach eigenem Bekunden keine Berührungsängste mit Comedy und Klamauk hatte, sah er das etablierte Kabarett der ersten Nachkriegsjahrzehnte kritisch. Der Münchner Lach- und Schießgesellschaft warf er in einem Zeitungsinterview moralische und intellektuelle Überheblichkeit vor, gegen die er sich mit seinen Auftritten bewusst absetzen wollte.
Aus dem 1976 gegründeten „Carl Napps Chaos Theater“ entstand 1982 das „Vorläufige Frankfurter Front-Theater“, eine der erfolgreichsten Kabarettgruppen der linken Studentenszene. Solo-Auftritte von Beltz auf Kleinkunstbühnen und zahlreiche Fernsehengagements folgten, darunter im satirischen „Nachschlag“ nach den ARD-„Tagesthemen“ Anfang der 90er Jahre.
Beltz wurde unter anderen mit dem Adolf-Grimme-Preis (1993) und dem Deutschen Kabarett-Preis (1991) ausgezeichnet. Seine „schwarz und zynisch aufglühenden Monologe“ brachten ihm 1993 den Deutschen Kleinkunstpreis. In tiefer Trauer würdigte die Tigerpalast-Leitung den gestorbenen Freund: „Matthias Beltz hat uns über 30 Jahre lang begleitet. Wir müssen mit seinen Ideen weiterleben.“
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