Wohin steuert die Weltwirtschaft?
Sorgen vor einem erneuten
Konjunktureinbruch nehmen zu ...
Die Weltwirtschaft befindet sich derzeit in einer außerordentlich kriti-schen
Phase. Nachdem sich die globale Konjunktur von dem tiefen Ein-bruch
zwischen Mitte 2000 und Herbst 2001 rascher und auch stärker
erholt hatte, als nach den Terroranschlägen vom 11. September vergan-genen
Jahres allgemein erwartet worden war, ist sie in den Sommermo-naten
bereits wieder ins Stolpern geraten. Vor allem die Klima- und
Stimmungsindikatoren haben sich spürbar verschlechtert. Dies nährt
weltweit die Sorgen vor einem neuen Einbruch, der die Weltwirtschaft in
eine tiefe Krise mit deflationären Tendenzen stürzen könnte.
... weil ein explosives Gemisch ...
In der Tat hat sich ein explosives Gemisch aus Risiken gebildet, von dem
niemand vorhersagen kann, ob und gegebenenfalls wann es sich entlädt.
Hierzu zählen insbesondere
n die anhaltende, weltweite Baisse auf den Aktienmärkten
n die hohen Ungleichgewichte in den USA
n Zweifel an der Wirksamkeit geldpolitischer Impulse und
n eine zunehmende Wahrscheinlichkeit einer militärischen
Intervention im Irak.
... aus Aktienbaisse ...
Die Aktienbaisse, die im Frühjahr 2000 nach den vorangegangenen
Übersteigerungen eingesetzt und sich im Verlauf des Sommerhalbjahres
nochmals verstärkt hat, ist inzwischen die längste und tiefste der Nach-kriegszeit.
Die damit verbundenen Vermögensverluste sind immens.
Allein für die privaten Haushalte in den USA, bei denen die Vermögens-bildung
über Aktienanlagen auch im Hinblick auf die Alterssicherung
eine hervorragende Rolle einnimmt, betragen sie fast 5 Billionen US-$,
das entspricht mehr als 60 v.H. ihrer verfügbaren Einkommen. Trotz
dieser Einbußen erweist sich der private Verbrauch bisher als bemer-kenswert
robust. Je länger die Baisse anhält, desto größer wird freilich
das Risiko, dass sich die Vermögensverluste und die Verteuerung der
Eigenkapitalfinanzierung negativ auf das Ausgabeverhalten von privaten
Haushalten und Unternehmen auswirken und einen „circulus vitiosus“
auslösen, so wie umgekehrt die Hausse in den neunziger Jahren einen
„circulus virtuosus“ ausgelöst hatte.
... Ungleichgewichten
in den USA ...
Die Ungleichgewichte, die sich im längsten Aufschwung der US-Wirtschaftsgeschichte im Verlauf der neunziger Jahre aufgebaut haben –
hierzu zählen die niedrige inländische Ersparnis, die hohe Verschuldung
im Privatsektor, partielle Überkapazitäten und ein hohes Defizit in der
Leistungsbilanz – sind während der milden Rezession im vergangenen
Jahr kaum korrigiert worden. Diese Ungleichgewichte bergen ein latentes
Risiko für das Weltwährungssystem und damit auch für die Weltwirtschaft.
... Zweifeln an der Wirksamkeit
geldpolitischer Impulse ...
Die Geldpolitik ist weltweit stark expansiv angelegt. Dies gilt in besonderem
Maße für die USA. Da die Erholung zuletzt hinter den Erwartungen
zurückgeblieben ist, stellt sich die Frage, ob der Zusammenhang zwischen
Geldpolitik und Realwirtschaft durch Sonderfaktoren überlagert
oder grundlegend gestört ist. Bildhaft gesprochen: Handelt es sich bei
der US-Wirtschaft um ein Auto, bei dem kräftig aufs Gaspedal getreten
wird, aber gleichzeitig die Handbremse angezogen ist, oder um ein Auto,
bei dem kräftig aufs Gaspedal getreten wird, aber die Kupplung kaputt
ist. Wäre Ersteres der Fall, käme die US-Wirtschaft in Fahrt, sobald die
Handbremse gelöst wird. Träfe dagegen der zweite Fall zu, könnte die
Antriebskraft nicht auf die Räder übertragen werden, dann wäre der
Zusammenhang zwischen Geldpolitik und Realwirtschaft grundlegend gestört – ähnlich wie in Japan seit einer Reihe von Jahren oder in den
USA zwischen 1930 und 1932. Geldpolitik wirkt dann nicht, wenn das
Bindeglied im monetären Transmissionsprozess, das Bankensystem,
instabil ist und seiner Kupplungsfunktion bei der Übertragung monetärer
Impulse nicht gerecht wird. Hierfür gibt es nach unseren Analysen weder
in den USA noch in der EWU hinreichend belastbare Anhaltspunkte.
Vielmehr gehen wir davon aus, dass Aktienbaisse und Kriegsgefahr derzeit
wie eine Handbremse wirken. Sobald die hieraus resultierenden
Unsicherheiten schwinden, werden die expansiven Kräfte wieder die
Oberhand gewinnen.
... und Irak-Konflikt die Weltwirtschaft
belasten.
Die zunehmende Gefahr einer militärischen Intervention der USA im Irak
zur Beseitigung des dortigen Regimes hat den Ölpreis bereits stark nach
oben getrieben und legt sich seit Wochen wie Mehltau über die Aktien-märkte
und die Stimmung von Unternehmen und privaten Haushalten.
Noch ist offen, ob und gegebenenfalls wann eine derartige Intervention
gestartet wird. Auch der Verlauf und die Dauer sind nicht vorhersehbar.
Einiges spricht dafür, dass vor den Wahlen zum US-Kongress am
5. November Entscheidungen nicht gefällt werden, die Phase der Unsi-cherheit
also noch Wochen anhalten wird.
Zwei Szenarien
Angesichts all dieser Unwägbarkeiten sind „unbedingte“ Prognosen nicht
möglich, vielmehr muss sich der Prognostiker der Szenariotechnik bedie-nen.
Wir arbeiten derzeit mit zwei Szenarien, wohl wissend, dass auch
eine Fülle anderer Szenarien denkbar ist.
Im Zentralszenario gewinnen die
expansiven Kräfte ...
In unserem Zentralszenario, dessen Eintrittswahrscheinlichkeit wir sub-jektiv
auf zwei Drittel veranschlagen und das die Basis unserer Progno-sen
in diesem Heft ist, gehen wir davon aus, dass entweder der Irak die
zu erwartende, verschärfte Resolution der UNO akzeptiert, es zu einem
Krieg also nicht kommt, oder aber im Falles eines Krieges, dieser – ähn-lich
wie der Kuwait-Krieg Anfang 1991 – nur von kurzer Dauer sein wird,
weil der angestrebte Erfolg schnell erreicht wird. In beiden Fällen wird
der Risikoaufschlag in den Rohölnotierungen rasch schwinden und der
Ölpreis auf etwa 20 US-$ fallen. Eine solche Entwicklung wird nach unse-rer
Einschätzung der Auslöser für eine Wende auf den Aktienmärkten
sein. Beides zusammen, der Ölpreisrückgang und eine Erholung auf den
Aktienmärkten, werden zu einer deutlichen Verbesserung des globalen
Konjunkturklimas führen und einen weltweiten Aufschwung einleiten.
Im Krisenszenario ...
Schleppte sich dagegen eine militärische Intervention bis ins Frühjahr
hin, wüchse das Risiko einer weiteren Destabilisierung der gesamten
Region. Auch die Gefahr von Terroranschlägen islamistischer Gruppen
als Vergeltung für die „US-Aggression“ nähme zu. Für diesen Fall halten
wir folgendes ökonomisches Szenario für plausibel:
n Der Ölpreis steigt auf über 35 US-$ je Barrel (Brent) und verharrt
mehrere Monate auf diesem Niveau.
n Der – im Vorjahresvergleich gemessene – Anstieg der Verbraucher
preise erhöht sich in den Ölverbraucherländern um bis zu einem
Prozentpunkt.
n Die Aktienmärkte knicken nochmals ein, allerdings weniger stark als
während der Kuwait-Krise im Jahr 1990, weil der Einmarsch
irakischer Truppen in Kuwait damals überraschend kam, während in
den aktuellen Aktienkursen das Risiko eines Krieges zumindest teil
weise bereits enthalten ist. Ein weiterer Rückgang um 10 bis 15 v.H.
erscheint aber durchaus realistisch. Eine durchgreifende Erholung
setzt erst ein, wenn sich das Ende der Intervention abzeichnet.
n Die Notenbanken reagieren auf die ölpreisbedingte Verstärkung des
Preisanstiegs nicht mit Zinsanhebungen sondern wegen der negati
ven Rückwirkungen auf die ohnehin labile Konjunktur mit Zinssen
kungen: Die Fed Funds Rate wird auf 1% und der Hauptrefinanzie
rungssatz auf 2,5% zurückgenommen. Mit ersten Straffungen ist
nicht vor dem Herbst 2003 zu rechnen.
n Auf den Anleihemärkten verschiebt sich die Renditestrukturkurve
weiter nach unten. Die Rendite der zehnjährigen US-Treasury sinkt
vorübergehend in Richtung auf 3%, die der zehnjährigen Bundes
anleihe auf 3¾%.
n Der US-Dollar verliert wegen der zusätzlichen Ausweitung der Defi
zite in Leistungsbilanz und Staatshaushalt rasch an Wert und fällt bis
auf 1,10 USD/EUR.
Der Realeinkommensentzug über die ölpreisbedingte Verteuerung
dämpft den privaten Konsum in den Ölverbraucherländern. Die Expansi-on
des Welthandels wird allen Erfahrungen nach spürbar nachlassen,
weil vorübergehend die „Weltsparquote“ steigt. Die Abschwächung von
privatem Verbrauch und Exporten belastet die Investitionstätigkeit und
die Arbeitsmärkte.
... ist mit rezessiven Tendenzen zu
rechnen.
Alles in allem gewinnen rezessive Tendenzen die Oberhand. Zwei bis drei
Quartale wird die gesamtwirtschaftliche Produktion sowohl in den USA
als auch in der EWU stagnieren bzw. leicht sinken. Die jahresdurch-schnittliche
Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts beträgt in den USA
im kommenden Jahr nicht mehr als 1 v.H. und in der EWU etwa ¾ v.H.
Das Weltsozialprodukt steigt um weniger als 2 v.H., was faktisch eine
Weltrezession bedeutet. Diesem Krisenszenario messen wir subjektiv
eine Eintrittswahrscheinlichkeit von einem Drittel bei.
Sorgen vor einem erneuten
Konjunktureinbruch nehmen zu ...
Die Weltwirtschaft befindet sich derzeit in einer außerordentlich kriti-schen
Phase. Nachdem sich die globale Konjunktur von dem tiefen Ein-bruch
zwischen Mitte 2000 und Herbst 2001 rascher und auch stärker
erholt hatte, als nach den Terroranschlägen vom 11. September vergan-genen
Jahres allgemein erwartet worden war, ist sie in den Sommermo-naten
bereits wieder ins Stolpern geraten. Vor allem die Klima- und
Stimmungsindikatoren haben sich spürbar verschlechtert. Dies nährt
weltweit die Sorgen vor einem neuen Einbruch, der die Weltwirtschaft in
eine tiefe Krise mit deflationären Tendenzen stürzen könnte.
... weil ein explosives Gemisch ...
In der Tat hat sich ein explosives Gemisch aus Risiken gebildet, von dem
niemand vorhersagen kann, ob und gegebenenfalls wann es sich entlädt.
Hierzu zählen insbesondere
n die anhaltende, weltweite Baisse auf den Aktienmärkten
n die hohen Ungleichgewichte in den USA
n Zweifel an der Wirksamkeit geldpolitischer Impulse und
n eine zunehmende Wahrscheinlichkeit einer militärischen
Intervention im Irak.
... aus Aktienbaisse ...
Die Aktienbaisse, die im Frühjahr 2000 nach den vorangegangenen
Übersteigerungen eingesetzt und sich im Verlauf des Sommerhalbjahres
nochmals verstärkt hat, ist inzwischen die längste und tiefste der Nach-kriegszeit.
Die damit verbundenen Vermögensverluste sind immens.
Allein für die privaten Haushalte in den USA, bei denen die Vermögens-bildung
über Aktienanlagen auch im Hinblick auf die Alterssicherung
eine hervorragende Rolle einnimmt, betragen sie fast 5 Billionen US-$,
das entspricht mehr als 60 v.H. ihrer verfügbaren Einkommen. Trotz
dieser Einbußen erweist sich der private Verbrauch bisher als bemer-kenswert
robust. Je länger die Baisse anhält, desto größer wird freilich
das Risiko, dass sich die Vermögensverluste und die Verteuerung der
Eigenkapitalfinanzierung negativ auf das Ausgabeverhalten von privaten
Haushalten und Unternehmen auswirken und einen „circulus vitiosus“
auslösen, so wie umgekehrt die Hausse in den neunziger Jahren einen
„circulus virtuosus“ ausgelöst hatte.
... Ungleichgewichten
in den USA ...
Die Ungleichgewichte, die sich im längsten Aufschwung der US-Wirtschaftsgeschichte im Verlauf der neunziger Jahre aufgebaut haben –
hierzu zählen die niedrige inländische Ersparnis, die hohe Verschuldung
im Privatsektor, partielle Überkapazitäten und ein hohes Defizit in der
Leistungsbilanz – sind während der milden Rezession im vergangenen
Jahr kaum korrigiert worden. Diese Ungleichgewichte bergen ein latentes
Risiko für das Weltwährungssystem und damit auch für die Weltwirtschaft.
... Zweifeln an der Wirksamkeit
geldpolitischer Impulse ...
Die Geldpolitik ist weltweit stark expansiv angelegt. Dies gilt in besonderem
Maße für die USA. Da die Erholung zuletzt hinter den Erwartungen
zurückgeblieben ist, stellt sich die Frage, ob der Zusammenhang zwischen
Geldpolitik und Realwirtschaft durch Sonderfaktoren überlagert
oder grundlegend gestört ist. Bildhaft gesprochen: Handelt es sich bei
der US-Wirtschaft um ein Auto, bei dem kräftig aufs Gaspedal getreten
wird, aber gleichzeitig die Handbremse angezogen ist, oder um ein Auto,
bei dem kräftig aufs Gaspedal getreten wird, aber die Kupplung kaputt
ist. Wäre Ersteres der Fall, käme die US-Wirtschaft in Fahrt, sobald die
Handbremse gelöst wird. Träfe dagegen der zweite Fall zu, könnte die
Antriebskraft nicht auf die Räder übertragen werden, dann wäre der
Zusammenhang zwischen Geldpolitik und Realwirtschaft grundlegend gestört – ähnlich wie in Japan seit einer Reihe von Jahren oder in den
USA zwischen 1930 und 1932. Geldpolitik wirkt dann nicht, wenn das
Bindeglied im monetären Transmissionsprozess, das Bankensystem,
instabil ist und seiner Kupplungsfunktion bei der Übertragung monetärer
Impulse nicht gerecht wird. Hierfür gibt es nach unseren Analysen weder
in den USA noch in der EWU hinreichend belastbare Anhaltspunkte.
Vielmehr gehen wir davon aus, dass Aktienbaisse und Kriegsgefahr derzeit
wie eine Handbremse wirken. Sobald die hieraus resultierenden
Unsicherheiten schwinden, werden die expansiven Kräfte wieder die
Oberhand gewinnen.
... und Irak-Konflikt die Weltwirtschaft
belasten.
Die zunehmende Gefahr einer militärischen Intervention der USA im Irak
zur Beseitigung des dortigen Regimes hat den Ölpreis bereits stark nach
oben getrieben und legt sich seit Wochen wie Mehltau über die Aktien-märkte
und die Stimmung von Unternehmen und privaten Haushalten.
Noch ist offen, ob und gegebenenfalls wann eine derartige Intervention
gestartet wird. Auch der Verlauf und die Dauer sind nicht vorhersehbar.
Einiges spricht dafür, dass vor den Wahlen zum US-Kongress am
5. November Entscheidungen nicht gefällt werden, die Phase der Unsi-cherheit
also noch Wochen anhalten wird.
Zwei Szenarien
Angesichts all dieser Unwägbarkeiten sind „unbedingte“ Prognosen nicht
möglich, vielmehr muss sich der Prognostiker der Szenariotechnik bedie-nen.
Wir arbeiten derzeit mit zwei Szenarien, wohl wissend, dass auch
eine Fülle anderer Szenarien denkbar ist.
Im Zentralszenario gewinnen die
expansiven Kräfte ...
In unserem Zentralszenario, dessen Eintrittswahrscheinlichkeit wir sub-jektiv
auf zwei Drittel veranschlagen und das die Basis unserer Progno-sen
in diesem Heft ist, gehen wir davon aus, dass entweder der Irak die
zu erwartende, verschärfte Resolution der UNO akzeptiert, es zu einem
Krieg also nicht kommt, oder aber im Falles eines Krieges, dieser – ähn-lich
wie der Kuwait-Krieg Anfang 1991 – nur von kurzer Dauer sein wird,
weil der angestrebte Erfolg schnell erreicht wird. In beiden Fällen wird
der Risikoaufschlag in den Rohölnotierungen rasch schwinden und der
Ölpreis auf etwa 20 US-$ fallen. Eine solche Entwicklung wird nach unse-rer
Einschätzung der Auslöser für eine Wende auf den Aktienmärkten
sein. Beides zusammen, der Ölpreisrückgang und eine Erholung auf den
Aktienmärkten, werden zu einer deutlichen Verbesserung des globalen
Konjunkturklimas führen und einen weltweiten Aufschwung einleiten.
Im Krisenszenario ...
Schleppte sich dagegen eine militärische Intervention bis ins Frühjahr
hin, wüchse das Risiko einer weiteren Destabilisierung der gesamten
Region. Auch die Gefahr von Terroranschlägen islamistischer Gruppen
als Vergeltung für die „US-Aggression“ nähme zu. Für diesen Fall halten
wir folgendes ökonomisches Szenario für plausibel:
n Der Ölpreis steigt auf über 35 US-$ je Barrel (Brent) und verharrt
mehrere Monate auf diesem Niveau.
n Der – im Vorjahresvergleich gemessene – Anstieg der Verbraucher
preise erhöht sich in den Ölverbraucherländern um bis zu einem
Prozentpunkt.
n Die Aktienmärkte knicken nochmals ein, allerdings weniger stark als
während der Kuwait-Krise im Jahr 1990, weil der Einmarsch
irakischer Truppen in Kuwait damals überraschend kam, während in
den aktuellen Aktienkursen das Risiko eines Krieges zumindest teil
weise bereits enthalten ist. Ein weiterer Rückgang um 10 bis 15 v.H.
erscheint aber durchaus realistisch. Eine durchgreifende Erholung
setzt erst ein, wenn sich das Ende der Intervention abzeichnet.
n Die Notenbanken reagieren auf die ölpreisbedingte Verstärkung des
Preisanstiegs nicht mit Zinsanhebungen sondern wegen der negati
ven Rückwirkungen auf die ohnehin labile Konjunktur mit Zinssen
kungen: Die Fed Funds Rate wird auf 1% und der Hauptrefinanzie
rungssatz auf 2,5% zurückgenommen. Mit ersten Straffungen ist
nicht vor dem Herbst 2003 zu rechnen.
n Auf den Anleihemärkten verschiebt sich die Renditestrukturkurve
weiter nach unten. Die Rendite der zehnjährigen US-Treasury sinkt
vorübergehend in Richtung auf 3%, die der zehnjährigen Bundes
anleihe auf 3¾%.
n Der US-Dollar verliert wegen der zusätzlichen Ausweitung der Defi
zite in Leistungsbilanz und Staatshaushalt rasch an Wert und fällt bis
auf 1,10 USD/EUR.
Der Realeinkommensentzug über die ölpreisbedingte Verteuerung
dämpft den privaten Konsum in den Ölverbraucherländern. Die Expansi-on
des Welthandels wird allen Erfahrungen nach spürbar nachlassen,
weil vorübergehend die „Weltsparquote“ steigt. Die Abschwächung von
privatem Verbrauch und Exporten belastet die Investitionstätigkeit und
die Arbeitsmärkte.
... ist mit rezessiven Tendenzen zu
rechnen.
Alles in allem gewinnen rezessive Tendenzen die Oberhand. Zwei bis drei
Quartale wird die gesamtwirtschaftliche Produktion sowohl in den USA
als auch in der EWU stagnieren bzw. leicht sinken. Die jahresdurch-schnittliche
Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts beträgt in den USA
im kommenden Jahr nicht mehr als 1 v.H. und in der EWU etwa ¾ v.H.
Das Weltsozialprodukt steigt um weniger als 2 v.H., was faktisch eine
Weltrezession bedeutet. Diesem Krisenszenario messen wir subjektiv
eine Eintrittswahrscheinlichkeit von einem Drittel bei.