Zins- und Währungsperspektiven 4. Quartal 2002

Beiträge: 6
Zugriffe: 370 / Heute: 1
das Zentrum d.:

Zins- und Währungsperspektiven 4. Quartal 2002

 
07.10.02 07:58
Wohin steuert die Weltwirtschaft?

Sorgen vor einem erneuten
Konjunktureinbruch nehmen zu ...

Die Weltwirtschaft befindet sich derzeit in einer außerordentlich kriti-schen
Phase. Nachdem sich die globale Konjunktur von dem tiefen Ein-bruch
zwischen Mitte 2000 und Herbst 2001 rascher und auch stärker
erholt hatte, als nach den Terroranschlägen vom 11. September vergan-genen
Jahres allgemein erwartet worden war, ist sie in den Sommermo-naten
bereits wieder ins Stolpern geraten. Vor allem die Klima- und
Stimmungsindikatoren haben sich spürbar verschlechtert. Dies nährt
weltweit die Sorgen vor einem neuen Einbruch, der die Weltwirtschaft in
eine tiefe Krise mit deflationären Tendenzen stürzen könnte.


... weil ein explosives Gemisch ...

In der Tat hat sich ein explosives Gemisch aus Risiken gebildet, von dem
niemand vorhersagen kann, ob und gegebenenfalls wann es sich entlädt.
Hierzu zählen insbesondere
n die anhaltende, weltweite Baisse auf den Aktienmärkten
n die hohen Ungleichgewichte in den USA
n Zweifel an der Wirksamkeit geldpolitischer Impulse und
n eine zunehmende Wahrscheinlichkeit einer militärischen
Intervention im Irak.


... aus Aktienbaisse ...

Die Aktienbaisse, die im Frühjahr 2000 nach den vorangegangenen
Übersteigerungen eingesetzt und sich im Verlauf des Sommerhalbjahres
nochmals verstärkt hat, ist inzwischen die längste und tiefste der Nach-kriegszeit.
Die damit verbundenen Vermögensverluste sind immens.
Allein für die privaten Haushalte in den USA, bei denen die Vermögens-bildung
über Aktienanlagen auch im Hinblick auf die Alterssicherung
eine hervorragende Rolle einnimmt, betragen sie fast 5 Billionen US-$,

das entspricht mehr als 60 v.H. ihrer verfügbaren Einkommen. Trotz
dieser Einbußen erweist sich der private Verbrauch bisher als bemer-kenswert
robust. Je länger die Baisse anhält, desto größer wird freilich
das Risiko, dass sich die Vermögensverluste und die Verteuerung der
Eigenkapitalfinanzierung negativ auf das Ausgabeverhalten von privaten
Haushalten und Unternehmen auswirken und einen „circulus vitiosus“
auslösen, so wie umgekehrt die Hausse in den neunziger Jahren einen
„circulus virtuosus“ ausgelöst hatte.


... Ungleichgewichten
in den USA ...

Die Ungleichgewichte, die sich im längsten Aufschwung der US-Wirtschaftsgeschichte im Verlauf der neunziger Jahre aufgebaut haben –
hierzu zählen die niedrige inländische Ersparnis, die hohe Verschuldung
im Privatsektor, partielle Überkapazitäten und ein hohes Defizit in der
Leistungsbilanz – sind während der milden Rezession im vergangenen
Jahr kaum korrigiert worden. Diese Ungleichgewichte bergen ein latentes
Risiko für das Weltwährungssystem und damit auch für die Weltwirtschaft.


... Zweifeln an der Wirksamkeit
geldpolitischer Impulse ...

Die Geldpolitik ist weltweit stark expansiv angelegt. Dies gilt in besonderem
Maße für die USA. Da die Erholung zuletzt hinter den Erwartungen
zurückgeblieben ist, stellt sich die Frage, ob der Zusammenhang zwischen
Geldpolitik und Realwirtschaft durch Sonderfaktoren überlagert
oder grundlegend gestört ist. Bildhaft gesprochen: Handelt es sich bei
der US-Wirtschaft um ein Auto, bei dem kräftig aufs Gaspedal getreten
wird, aber gleichzeitig die Handbremse angezogen ist, oder um ein Auto,
bei dem kräftig aufs Gaspedal getreten wird, aber die Kupplung kaputt
ist. Wäre Ersteres der Fall, käme die US-Wirtschaft in Fahrt, sobald die
Handbremse gelöst wird. Träfe dagegen der zweite Fall zu, könnte die
Antriebskraft nicht auf die Räder übertragen werden, dann wäre der
Zusammenhang zwischen Geldpolitik und Realwirtschaft grundlegend gestört – ähnlich wie in Japan seit einer Reihe von Jahren oder in den
USA zwischen 1930 und 1932. Geldpolitik wirkt dann nicht, wenn das
Bindeglied im monetären Transmissionsprozess, das Bankensystem,
instabil ist und seiner Kupplungsfunktion bei der Übertragung monetärer
Impulse nicht gerecht wird. Hierfür gibt es nach unseren Analysen weder
in den USA noch in der EWU hinreichend belastbare Anhaltspunkte.
Vielmehr gehen wir davon aus, dass Aktienbaisse und Kriegsgefahr derzeit
wie eine Handbremse wirken. Sobald die hieraus resultierenden
Unsicherheiten schwinden, werden die expansiven Kräfte wieder die
Oberhand gewinnen.


... und Irak-Konflikt die Weltwirtschaft
belasten.

Die zunehmende Gefahr einer militärischen Intervention der USA im Irak
zur Beseitigung des dortigen Regimes hat den Ölpreis bereits stark nach
oben getrieben und legt sich seit Wochen wie Mehltau über die Aktien-märkte
und die Stimmung von Unternehmen und privaten Haushalten.
Noch ist offen, ob und gegebenenfalls wann eine derartige Intervention
gestartet wird. Auch der Verlauf und die Dauer sind nicht vorhersehbar.
Einiges spricht dafür, dass vor den Wahlen zum US-Kongress am
5. November Entscheidungen nicht gefällt werden, die Phase der Unsi-cherheit
also noch Wochen anhalten wird.


Zwei Szenarien

Angesichts all dieser Unwägbarkeiten sind „unbedingte“ Prognosen nicht
möglich, vielmehr muss sich der Prognostiker der Szenariotechnik bedie-nen.
Wir arbeiten derzeit mit zwei Szenarien, wohl wissend, dass auch
eine Fülle anderer Szenarien denkbar ist.


Im Zentralszenario gewinnen die
expansiven Kräfte ...

In unserem Zentralszenario, dessen Eintrittswahrscheinlichkeit wir sub-jektiv
auf zwei Drittel veranschlagen und das die Basis unserer Progno-sen
in diesem Heft ist, gehen wir davon aus, dass entweder der Irak die
zu erwartende, verschärfte Resolution der UNO akzeptiert, es zu einem
Krieg also nicht kommt, oder aber im Falles eines Krieges, dieser – ähn-lich
wie der Kuwait-Krieg Anfang 1991 – nur von kurzer Dauer sein wird,
weil der angestrebte Erfolg schnell erreicht wird. In beiden Fällen wird
der Risikoaufschlag in den Rohölnotierungen rasch schwinden und der
Ölpreis auf etwa 20 US-$ fallen. Eine solche Entwicklung wird nach unse-rer
Einschätzung der Auslöser für eine Wende auf den Aktienmärkten
sein. Beides zusammen, der Ölpreisrückgang und eine Erholung auf den
Aktienmärkten, werden zu einer deutlichen Verbesserung des globalen
Konjunkturklimas führen und einen weltweiten Aufschwung einleiten.


Im Krisenszenario ...

Schleppte sich dagegen eine militärische Intervention bis ins Frühjahr
hin, wüchse das Risiko einer weiteren Destabilisierung der gesamten
Region. Auch die Gefahr von Terroranschlägen islamistischer Gruppen
als Vergeltung für die „US-Aggression“ nähme zu. Für diesen Fall halten
wir folgendes ökonomisches Szenario für plausibel:
n Der Ölpreis steigt auf über 35 US-$ je Barrel (Brent) und verharrt
mehrere Monate auf diesem Niveau.
n Der – im Vorjahresvergleich gemessene – Anstieg der Verbraucher
preise erhöht sich in den Ölverbraucherländern um bis zu einem
Prozentpunkt.
n Die Aktienmärkte knicken nochmals ein, allerdings weniger stark als
während der Kuwait-Krise im Jahr 1990, weil der Einmarsch
irakischer Truppen in Kuwait damals überraschend kam, während in
den aktuellen Aktienkursen das Risiko eines Krieges zumindest teil
weise bereits enthalten ist. Ein weiterer Rückgang um 10 bis 15 v.H.
erscheint aber durchaus realistisch. Eine durchgreifende Erholung
setzt erst ein, wenn sich das Ende der Intervention abzeichnet.
n Die Notenbanken reagieren auf die ölpreisbedingte Verstärkung des
Preisanstiegs nicht mit Zinsanhebungen sondern wegen der negati
ven Rückwirkungen auf die ohnehin labile Konjunktur mit Zinssen
kungen: Die Fed Funds Rate wird auf 1% und der Hauptrefinanzie
rungssatz auf 2,5% zurückgenommen. Mit ersten Straffungen ist
nicht vor dem Herbst 2003 zu rechnen.
n Auf den Anleihemärkten verschiebt sich die Renditestrukturkurve
weiter nach unten. Die Rendite der zehnjährigen US-Treasury sinkt
vorübergehend in Richtung auf 3%, die der zehnjährigen Bundes
anleihe auf 3¾%.
n Der US-Dollar verliert wegen der zusätzlichen Ausweitung der Defi
zite in Leistungsbilanz und Staatshaushalt rasch an Wert und fällt bis
auf 1,10 USD/EUR.
Der Realeinkommensentzug über die ölpreisbedingte Verteuerung
dämpft den privaten Konsum in den Ölverbraucherländern. Die Expansi-on
des Welthandels wird allen Erfahrungen nach spürbar nachlassen,
weil vorübergehend die „Weltsparquote“ steigt. Die Abschwächung von
privatem Verbrauch und Exporten belastet die Investitionstätigkeit und
die Arbeitsmärkte.


... ist mit rezessiven Tendenzen zu
rechnen.

Alles in allem gewinnen rezessive Tendenzen die Oberhand. Zwei bis drei
Quartale wird die gesamtwirtschaftliche Produktion sowohl in den USA
als auch in der EWU stagnieren bzw. leicht sinken. Die jahresdurch-schnittliche
Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts beträgt in den USA
im kommenden Jahr nicht mehr als 1 v.H. und in der EWU etwa ¾ v.H.
Das Weltsozialprodukt steigt um weniger als 2 v.H., was faktisch eine
Weltrezession bedeutet. Diesem Krisenszenario messen wir subjektiv
eine Eintrittswahrscheinlichkeit von einem Drittel bei.
das Zentrum d.:

EWU: Überschattet von Aktienbaisse und Kriegsgefah

 
07.10.02 08:01
EWU: Überschattet von Aktienbaisse und Kriegsgefahr

Die Konjunktur im Euro-Raum kommt nicht in Schwung. Nach wie vor
hapert es an der Binnennachfrage, die schon seit einem Jahr stagniert.
Den privaten Verbrauch belasten die sich immer weiter eintrübende Lage
am Arbeitsmarkt und offenbar auch noch immer die Kaufzurückhaltung
nach der Einführung des Euro-Bargeldes. In keinem großen EWU-Land
ist das Verbrauchervertrauen zur Zeit größer als vor einem Jahr, in eini-gen
Ländern ist es inzwischen wieder deutlich geringer. Die Anlagein-vestitionen
der Unternehmen sind zuletzt sechs Quartale in Folge gesun-ken
– ein Spiegelbild der schwachen Nachfrage und der unsicheren Aus-sichten.
So sorgen neben der Staatsnachfrage allein die Exporte für ein
wenig Schub. Das wird allerdings nicht ausreichen, um das Wachstum in
diesem Jahr auf über ¾ v.H. anzuheben. Mit einer spürbaren Beschleu-nigung
der Expansion ist für dieses Jahr Jahres nicht zu rechnen.
In einem günstigeren weltpolitischen und weltwirtschaftlichen Umfeld
werden die Außenimpulse und die moderat expansive Geldpolitik der
EZB im kommenden Jahr auch die Binnenkräfte beleben und so für zu-nehmende,
aber keineswegs überschäumende Konjunkturdynamik sor-gen.
Größere „hausgemachte“ Impulse von Seiten der Wirtschafts- und
Finanzpolitik speziell in den großen EWU-Staaten – Stichwort: „Refor-men“
– wären zwar nötiger denn je, sind aber bisher nicht im erwünsch-ten
Ausmaß zu erkennen.
Den jüngsten Vorstoß der Europäischen Kommission zur Reform des
Stabilitäts- und Wachstumspakts halten wir für angemessen. Das Ziel
des Haushaltsausgleichs wurde auf das Jahr 2006 verschoben; zudem soll

Haushaltskonsolidierung künftig stärker am strukturellen – d.h. um Kon-junktureffekte
bereinigten – Haushaltssaldo gemessen werden. In eine
schwache Konjunktur hinein zu sparen, schafft nicht Wachstum, sondern
verhindert es. Zudem können Besserungen der Haushaltslage, die allein
auf einer günstigen Konjunktur beruhen, nun nicht länger als Konsolidie-rungserfolg
verbucht werden. Wenn die Wirtschafts- und Finanzminister
dem Kommissionsvorschlag zustimmen, steigen die Chancen auf echte
Konsolidierung, also den Abbau struktureller Defizite, hoffentlich beglei-tet
von einer Umschichtung der Staatsausgaben hin zu Investitionen.
Seit einigen Wochen geistert das „Deflationsgespenst“ wieder durch die
Kommentare. Deflation ist mehr als ein Rückgang von Verbraucherprei-sen
– Deflation ist eine Schrumpfung des Kredit- und Einkommenskreis-laufs,
verbunden mit einem nachhaltigen Rückgang des gesamtwirt-schaftlichen
Preisniveaus, wie dies in Japan seit Mitte der neunziger
Jahre der Fall ist. Deflation in diesem Sinne halten wir selbst im Risiko-szenario
weder für den Euro-Raum noch für die USA für wahrscheinlich.
Die zentrale Lehre aus den japanischen Erfahrungen lautet, dass die
Geld- und Finanzpolitik im „D-Fall“ schnell und massiv handeln muss.
Das ist in den USA geschehen, und in Europa wäre es für deutliche wirt-schaftspolitische
Lockerungen noch nicht zu spät. Zudem: In beiden
Wirtschaftsräumen liegt die Kerninflationsrate (berechnet ohne Energie
und Nahrungsmittelpreise) immerhin bei 2½ v.H.
Wir rechnen im Basisszenario bis zum Jahresende mit (Gesamt-)
Teuerungsraten auf dem jetzigen Niveau zwischen 2 und 2¼ v.H. Der
Preisausblick für das kommende Jahr ist recht freundlich. Tendenziell
preisdämpfend wirken die bisherige und die von uns auf Jahressicht
erwartete weitere Höherbewertung des Euro an den Devisenmärkten.
Gleichzeitig lässt der sich nur zögerlich entfaltende Aufschwung den
Spielraum der Unternehmen, gestiegene Lohnkostenbelastungen zu
überwälzen, nur ganz allmählich wachsen. Wir erwarten für 2003 eine
jahresdurchschnittliche Teuerungsrate von knapp 2 v.H.
Die Euro-Anleihen profitierten in den vergangenen Wochen und Monaten
in hohem Maße von dem Kursverfall bei den Aktien und den überwie-gend
schwächeren Konjunkturindikatoren auf beiden Seiten des Atlan-tiks.
Die wachsende Gefahr eines Militärangriffs gegen den Irak und die
daraus abgeleiteten, zusätzlichen Risiken für die Weltwirtschaft verstärk-ten
die Krisenstimmung an den internationalen Finanzmärkten und die
Präferenz für möglichst risikoarme und liquide Anlageformen. Die Ren-dite
der zehnjährigen Bundesanleihe sank in diesem Umfeld zwischen
Ende Juni und Ende September um 63 Stellen auf 4,29%. Die der zwei-jährigen
Bundesanleihe fiel im gleichen Zeitraum um 84 Stellen auf
3,07%. Der steilere Verlauf der Renditestrukturkurve reflektiert die wie-der
erwachten Hoffnungen auf zusätzliche geldpolitische Erleichterun-gen.
Die Meinungen über den weiteren Kurs der EZB sind ähnlich wie die
bezüglich der Fed geteilt. Die Futures-Kontrakte am Euro-Geldmarkt, die
sich zur Zeit sehr stark an der jeweils aktuellsten Tendenz bei den Aktien
ausrichten, implizieren per Dezember einen Drei-Monatsgeldsatz von
3,0% und per März von 2,85% und unterstellen somit eine Rücknahme
des zentralen Leitzinses von 3,25 auf 2,75 bis 3%. Auch wir wären über
eine neuerliche Lockerung der Zinszügel nicht überrascht. Die Akzent-verschiebungen
in den Statements der EZB sind offenkundig. Die Risi-ken
für die Preisstabilität seien „wieder ausgewogener“, schrieb die
Notenbank Anfang August in ihrem Monatsbericht. Im folgenden Bericht
bezeichnete sie die Risiken als „weitgehend ausgeglichen“; in jüngsten
Äußerungen führender EZB-Mitglieder tauchte auch das „weitgehend“
nicht mehr auf. Immer stärker betont wurden dagegen die aus dem in-ternationalen
Umfeld resultierenden Risiken und die Unsicherheit über
den künftigen Konjunkturverlauf in der Euro-Region. Gezielte Locke-rungssignale
gab es bislang jedoch nicht. In unserem Zentralszenario
erwarten wir, dass die EZB dem Druck von Seiten der Finanzmärkte und
der Politik widerstehen und ihre abwartende Haltung beibehalten wird.
Ab dem kommenden Frühjahr dürfte sie die Inflationsrisiken wieder
höher gewichten. Auf Jahressicht erwarten wir den zentralen Leitzins
bei 3,75%, d. h. weiterhin unter seinem konjunkturneutralen Niveau.
Die maßgeblichen Impulse für die Euro-Anleihen werden vorerst weiter-hin
von den Aktienmärkten sowie der Entwicklung im Irak-Konflikt kom-men.
Die Frage, inwieweit die kriegsbedingten Risiken in den Aktien-und
Anleihekursen „eingepreist“ sind, lässt sich derzeit kaum beantwor-ten.
Die zu befürchtenden Wachstumseinbußen in den Ölverbraucherlän-dern
sprechen zusammen mit Sicherheitsüberlegungen bis auf weiteres
für eine anhaltend feste Grundtendenz bei den Staatsanleihen. Ein nach-haltigeres
Renditepotenzial nach unten eröffnet sich in unserem Zentral-szenario
aber nicht. Stattdessen ist für den hierbei unterstellten Fall
einer Deeskalation im Iran-Konflikt oder eines sich bereits nach kurzem
abzeichnenden Kriegsendes mit einer – wahrscheinlich recht abrupten
und heftigen – Renditekorrektur nach oben zu rechnen. Das genauere
Timing ist außerordentlich schwierig. In unserem Zinstableau* haben wir
bereits bis zur Jahreswende eine erste, spürbare Entwarnung eingestellt.
Auf Halbjahressicht erwarten wir die Rendite der zehnjährigen Bundes-anleihe
bei höheren Aktienkursen und wieder zuversichtlicherer Kon-junktureinschätzung
für die USA und Europa bei ca. 5¼%. Das ent-spricht
dem Niveau vom Mai dieses Jahres vor dem erneuten, schweren
Einbruch an den Aktienmärkten und der deutlichen Eintrübung der
Wachstumserwartungen.
das Zentrum d.:

USA: Konjunkturmotor stottert

 
07.10.02 08:03
USA: Konjunkturmotor stottert – Rückfall in Rezession wenig
wahrscheinlich

Die bislang vorliegenden Konjunkturdaten lassen erwarten, dass die
gesamtwirtschaftliche Produktion in den USA im dritten Quartal mit einer
Jahresrate von fast 4 v.H. gestiegen ist und damit deutlich stärker als im
zweiten Vierteljahr (1,1 v.H. gegenüber Vorquartal). Die wichtigste An-triebskraft
für die US-Wirtschaft ist und bleibt der private Konsum. Dies
ist um so erstaunlicher, als sich in Anbetracht der anhaltenden Kursver-luste
auf den Aktienmärkten und der damit verbunden Vermögensver-luste
sowie der Eintrübung der Lage auf dem Arbeitsmarkt die Stimmung
bei den Privathaushalten in den vergangenen vier Monaten merklich
eingetrübt hat. Bislang hat sich dies aber noch nicht in einer Kaufzu-rückhaltung
niedergeschlagen.
Die wachsende Sorge vor einem Militärschlag der USA gegen den Irak
dürfte in nächster Zeit weiter auf die Stimmung drücken. Wir gehen
deshalb davon aus, dass sich der private Konsum in den nächsten zwei
Quartalen eher schwächer entwickeln wird. Angesichts der in weiten
Bereichen der Wirtschaft immer noch vorhandenen Überkapazitäten ist
auch nicht mit einer deutlich zunehmenden Investitionsbereitschaft der
Unternehmen zu rechnen. Zudem sind – nachdem der deutliche Rück-gang
der Hypothekenzinsen bereits im ersten Halbjahr zu einem deutli-chen
Anstieg der Produktion im Wohnungsbau geführt hat – vom Immo-bilienmarkt
in nächster Zeit kaum neue Impulse zu erwarten. Zwar dürfte
die Ausweitung der Staatsausgaben sowie ein weiterer Lageraufbau zum
Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Leistung beitragen, wir gehen aber
davon aus, dass sich das Tempo der Konjunkturerholung im Winter-halbjahr
verlangsamen wird.

In dem von uns im Leitartikel (siehe hierzu Seite 2) skizzierten Basissze-nario,
in dem kein länger anhaltender Konflikt im Irak unterstellt wird,
dürfte die US-Wirtschaft aufgrund der sehr stark expansiv ausgerichteten
Geldpolitik nach dem Jahreswechsel aber wieder zunehmend an Fahrt
gewinnen. Per Saldo erwarten wir deshalb keinen erneuten Rückfall der
US-Wirtschaft in eine Rezession, sondern lediglich ein Stottern der Kon-junktur
(nach dem zweiten nun auch im vierten Quartal) und damit eine
verzögerte Erholung. Insgesamt rechnen wir mit einem BIP-Wachstum
von 2¼ v.H. in diesem und 3 v.H. im kommenden Jahr.
Die konjunkturelle Lage ist aus Sicht der US-Notenbank bei weitem noch
nicht so stabil, um weitere Zinssenkungen ganz ausschließen zu können.
Der Offenmarktausschuss der Fed hat am 24. September die Leitzinsen
vorerst auf dem derzeitig niedrigen Niveau von 1,75% belassen und
weiterhin die konjunkturellen Risiken betont. Bemerkenswert an dem
jüngsten Zinsbeschluss sind jedoch zwei Punkte:
n Erstens erfolgte der Beschluss nicht einstimmig. Zwei Mitglieder des
zwölfköpfigen Offenmarktausschusses plädierten für eine Zinssenkung.
Damit besteht erstmals seit Dezember 2001 wieder ein – zumindest in
der Öffentlichkeit bekannt gewordener – Dissens zwischen den Mitglie-dern
des in der Regel auf Konsens ausgerichteten geldpolitischen Ent-scheidungsgremiums.
n Zweitens betont die US-Notenbank in ihrem Zinsbeschluss, dass die
sehr expansiv ausgerichtete Geldpolitik im Zusammenhang mit einem
robusten Produktivitätswachstum grundsätzlich zu einer Verbesserung
des Geschäftsklimas beitragen sollte. Angesichts der erhöhten geopoliti-schen
Risiken bestehe jedoch eine beträchtliche Unsicherheit im Hinblick
auf das Ausmaß und den Zeitpunkt der Erholung der gesamtwirtschaftli-chen
Produktion und Beschäftigung. Bemerkenswert ist dies vor allem deswegen, weil Notenbankpräsident Alan Greenspan bei einer Rede
Anfang September noch darauf hingewiesen hatte, dass nur bei einem
länger anhaltenden Konflikt mit dem Irak mit einem nachhaltigen negati-ven
Einfluss auf die US-Wirtschaft zu rechnen sei.
Mit ihrem Votum hat die US-Notenbank eindeutig die Bereitschaft zu
weiteren Zinssenkungen signalisiert. Vermehrt wird in jüngster Zeit die
Frage aufgeworfen, ob in den USA – ähnlich wie bereits seit längerem in
Japan – der Zusammenhang zwischen Geldpolitik und Realwirtschaft
grundlegend gestört ist, geldpolitische Maßnahmen mithin keine Wir-kung
mehr zeigen. Unserer Ansicht nach gibt es dafür derzeit keine be-lastbaren
Anzeichen. Gleichwohl ist zu konstatieren, dass die Geldpolitik
gegenwärtig schon sehr expansiv ausgerichtet ist, eine nochmalige Sen-kung
der Leitzinsen deshalb konjunkturell wenig bewirken und mehr
auf eine Beruhigung der Marktteilnehmer abzielen würde. Zwar dürfte
auch in den kommenden Wochen die Unsicherheit unter den Marktteil-nehmern
groß bleiben und damit sich auch die Stimmung von Unter-nehmen
und Haushalten in den USA weiter eintrüben. Solange sich aber
die „harten“ Konjunkturdaten nicht noch einmal dramatisch verschlech-tern,
sollte die US-Notenbank ihre abwartende Haltung beibehalten. In
unserem oben skizzierten Zentralszenario wird die US-Notenbank die
Federal Funds Target Rate bis zum Frühjahr nächsten Jahres auf dem
aktuellen Niveau von 1,75% halten.
Die anhaltende Schwäche auf den Aktienmärkten und Konjunktursorgen
sowie die zuletzt gestiegenen Kriegsängste drückten die Renditen
zehnjähriger Staatsanleihen in den vergangenen Wochen auf neue
Tiefstände. Zehnjährige US-Treasuries rentierten zeitweise bei 3,6%
und damit so niedrig wie zuletzt im August 1958. Angesicht der beste-henden
Unsicherheiten dürfte das Sicherheitsbedürfnis der Investoren
vorerst groß bleiben und somit die als sicher und liquide geltende Anlage
in Staatsanleihen weiterhin stark gefragt sein. Bei Anzeichen einer Zu-spitzung
der Irak-Krise können deshalb die Kapitalmarktzinsen kurzfristig
durchaus noch weiter nachgeben. Bei alledem ist aber zu berücksichti-gen,
dass das derzeit extrem niedrige Renditeniveau Krisen- und Kriegs-ängste
widerspiegelt und insofern fundamental „unterrissen“ ist. Vor
dem Hintergrund des von uns spätestens ab dem Frühjahr erwarteten
Stimmungsumschwungs und der damit einhergehenden Erholung auf
den Aktienmärkten dürften die Kapitalmarktzinsen auf Sicht der nächs-ten
drei bis sechs Monate eine deutliche Korrektur nach oben erfahren.
Trifft unsere Einschätzung zu, dass die US-Wirtschaft im Frühjahr kom-menden
Jahres wieder an Fahrt gewinnt, dann dürfte auch der US-Dollar
wieder stärker in den Fokus der Anleger rücken. Auf Halbjahressicht
rechnen wir deshalb mit eher leicht festeren Dollar-Notierungen. Aller-dings
gehen wir nicht von einer länger anhaltenden Phase der Dollar-Stärke
aus. Einerseits dürften die Wirkungen der sehr expansiven Wirt-schaftspolitik
auf die Realwirtschaft an Kraft verlieren. Andererseits
dürfte auch – ähnlich wie im Frühjahr diesen Jahres schon einmal – das
Leistungsbilanzdefizit von den Anlegern „wieder entdeckt“ werden, das
im kommenden Jahr auf einen neuen Rekordwert von fast 550 Mrd US-$
ansteigen wird. Außerdem wird der hohe Fehlbetrag im öffentlichen
Haushalt Erinnerungen an die „twin deficits“ zu Beginn der achtziger
Jahre – also das doppelte Defizit im Staatshaushalt und in der Leistungs-bilanz
– und die damit einhergehende Kurskorrektur des Dollar wach
rufen. Auf längere Sicht dürfte der Euro deshalb an Wert zum Dollar
gewinnen und wieder auf Kurse über die Parität klettern.
das Zentrum d.:

Japan: Notenbank will Bankensektor mit Aktienkäufe

 
07.10.02 08:04
Japan: Notenbank will Bankensektor mit Aktienkäufen stützen

Die Bank von Japan (BoJ) hat mit der Ankündigung vom 18. September
mit dem Aufkauf von Aktien aus den Beständen der Geschäftsbanken
einen Beitrag zur Lösung der Bankenkrise leisten zu wollen, die Fi-nanzmärkte
aufgeschreckt. Darüber hinaus hat die Notenbank eine eige-ne
Untersuchung zur Qualität der Kreditportfolios und der Stabilität des
Bankensektors in Aussicht gestellt. Die offiziellen Zahlen zur Höhe des
Bestandes an „faulen“ Krediten gelten nach wie vor als viel zu niedrig.
Die Lage der Banken hat sich nach weiteren Kursverlusten am Aktien-markt,
seit dem letzten Bilanzstichtag am 31. März 2002 in einer Grö-ßenordnung
von 15 v.H., weiter massiv verschlechtert. Aufgrund gesetz-licher
Regelungen sind die Banken verpflichtet bis 2004 einen erhebli-chen
Teil (geschätzt werden rund ein Drittel) ihrer Aktienbestände von
fast 25 Billionen Yen zu veräußern. Die Kaufankündigung der Notenbank
dürfte den Abwärtstrend am Aktienmarkt dämpfen. Sie wird aber nicht
ausreichen, um das Bankenproblem zu lösen, vielmehr müsste auch die
Regierung noch einmal erhebliche Mittel in die Hand nehmen, um zu-mindest
einen Großteil der „faulen“ Kredite aus den Bankbilanzen her-auszulösen.
Denn ohne eine Gesundung des Bankensektors ist eine funk-tionierende
Kreditversorgung der Wirtschaft und eine nachhaltige kon-junkturelle
Erholung nicht erreichbar. Der jetzt offensichtlich zu Tage
tretende Druck der Notenbank auf die Regierung stellt zumindest einen
Hoffnungsschimmer dar, dass die Regierung jetzt aktiver wird.
Mit der im August erfolgten grundsätzlichen Revision der volkswirt-schaftlichen

Gesamtrechnung geben die offiziellen Zahlen jetzt ein wirk-lichkeitsnäheres
Bild der japanischen Konjunktur wieder. Seit Jahresbe-ginn
profitiert die japanische Wirtschaft von einem kräftigen Export-schub,
während der Private Verbrauch weiterhin schwächelt und die
Investitionen bis zuletzt stark rückläufig waren. Mit Blick auf das kom-mende
Jahr dürften sich die Gewichte allerdings teilweise verschieben.
Die Investitionen dürften den Tiefpunkt durchschritten haben und im
Gefolge der weltwirtschaftlichen Stabilisierung leicht zulegen, die Ex-porte
werden weiter, wenn auch nicht mehr mit der hohen Dynamik des
ersten Halbjahres, zunehmen, die Konsumnachfrage allerdings dürfte
weiterhin schleppend verlaufen. Insgesamt rechnen wir für das laufende
Jahr mit einem weiteren Rückgang des BIP von etwa einem ¾ Prozent,
bevor es im kommenden Jahr zu einer leichten Belebung kommen dürfte.
Nach der Ankündigung der BoJ Aktien von den Banken kaufen zu wollen,
ist der Rentenmarkt unter starken Druck gekommen. Die Rendite
zehnjähriger Staatsanleihen sprang von 1,03% auf 1,29%, dies war der
stärkste Anstieg seit über einem Jahr. Die Sorge der Marktteilnehmer,
dass die Sanierung des Bankensektors mittelfristig zu einer massiven
Ausdehnung der Staatsverschuldung führen werde und Befürchtungen,
die Bank von Japan werde ihre Bondkäufe einschränken, führten zu die-sem
Renditesprung. Wir gehen allerdings davon aus, dass die Notenbank
ihre Bondkäufe in der nahen Zukunft eher noch ausdehnen wird, um ein
Anziehen der Renditen im Keime zu ersticken. Die Rendite zehnjähriger
Staatsanleihen ist nach dem kurzzeitigen Ausschlag Mitte September
deshalb auch schnell wieder unter 1,2% zurückgeschwungen und dürfte
auf Sicht der kommenden Monate auch dort verharren.
Auch der Yen hat unter der neuen Situation gelitten und zum Dollar
verloren. Notierungen über der 120 JPY/USD-Marke dürften der Noten-bank
allerdings genehm sein, denn sie nehmen Druck von den Exporteu-ren,
die bei den noch im August herrschenden Niveaus von 115 JPY/USD
erhebliche Bedenken äußerten. Auf Sicht der kommenden sechs Monate
dürfte der Yen weiter im Bereich zwischen 120 und 125 JPY/USD notie-ren
und erst mittelfristig auf 120 JPY/USD steigen.
Lalapo:

up

 
07.10.02 08:58
das Zentrum d.:

nochmal up o.T.

 
07.10.02 09:29
Es gibt keine neuen Beiträge.


Börsen-Forum - Gesamtforum - Antwort einfügen - zum ersten Beitrag springen
--button_text--