Das Enron-Debakel ist zum Andersen-Skandal geworden. Die fünftgrößte Wirtschaftsprüfungsfirma versucht alles, um den drohenden Absturz zu verhindern. Doch diesmal könnte es zu spät sein.
New York - Andersen ist das, was man sturmerprobt nennt. Der Enron-Skandal ist für die Wirtschaftsprüfer aus Chicago bereits das dritte PR-Desaster innerhalb eines Jahres. Erst im Mai gab es eine außergerichtliche Einigung mit Aktionären von Sunbeam, kurz danach eine Zahlung an die Aktionäre der Firma Waste Management. Beide Male ging es um das Absegnen gefälschter Bilanzen, von Kennern auch gerne als "kreative Buchführung" verniedlicht. Beide Male flossen hinterher mehr als 100 Millionen Dollar, um die Episode vergessen zu machen.
Doch Enron ist ein größeres Kaliber: Dieser Skandal könnte Andersen einigen Beobachtern zufolge die Existenz kosten. Die Chancen stünden Fifty-Fifty, zitiert das "Wall Street Journal" Ramon Weil, BWL-Professor an der Universität von Chicago. Die Vorwürfe sind diesmal gravierender: Zur Duldung der Bilanzfälschung kommt noch die Vernichtung von Dokumenten. Sollte sich der Verdacht kriminellen Handelns bestätigen, kämen auf Andersen erneut Millionenzahlungen zu, diesmal jedoch ungleich höhere.
Enron kappt die Andersen-Drähte
Diesmal hat der Kunde, selbst eine Skandalfirma, auch noch einmal nachgetreten: Am Donnerstag abend beschloss die Enron-Spitze, ihre Verbindungen zu Andersen mit sofortiger Wirkung zu beenden: "Wir können es uns im Lichte der zerstörten Dokumente und Disziplinarverfahren gegen Anderson-Mitarbeiter nicht leisten, länger zu warten", sagte Enron-Chef Lay zur Begründung.
Mark Cheffers von der Beraterfirma AccountingMalpractice.com schätzt, dass die Forderungen jeden Branchenrekord brechen werden. Die Summe dürfte auch Andersens Versicherungs-Reserven, von Cheffers auf 300 Millionen Dollar geschätzt, sprengen. Auch die Börsenaufsicht SEC würde dem Unternehmen wahrscheinlich eine Rekordstrafe und eventuell weitere Sanktionen aufbrummen. Es wäre das zweite Mal: Im Fall von Waste Management hatte die SEC Andersen bereits zu der damaligen Rekordzahlung von sieben Millionen Dollar verdonnert.
Um aus diesem Prozess nicht vollends marginalisiert hervorzukommen, sucht die 85.000-Mitarbeiter-Firma nach Aussage ehemaliger Partner die Fusion mit einem der großen Rivalen. Die Branche, von Medien und Mandanten gern als Hakelmacher abgewertet, ist bereits seit längerem in einer Phase der Konsolidierung - ganz ausgeschlossen ist dieses Szenario daher nicht. Das Problem: Keiner der restlichen Big Five (PricewaterhouseCoopers, Ernst and Young, KPMG, Deloitte and Touche) will sich die Probleme von Andersen aufhalsen. Stattdessen warten sie lieber mit offenen Armen auf die Andersen-Mandanten, von denen mit Sicherheit einige abspringen werden.
Wenn Andersen keinen Fusionspartner findet, steht die 1913 gegründete Firma vor einer schwierigen Zukunft. In einer Branche, in der Vertrauen alles ist, wird Andersen auf absehbare Zeit das schwarze Schaf sein, sagen Image-Experten. Die ersten Mandanten haben sich bereits distanziert, darunter die Stadtverwaltungen von Seattle und Chicago. Andersen-Mitarbeiter klagen anonym gegenüber US-Medien, dass sie große Probleme haben, neue Mandanten zu akquirieren.
Und Andersen scheint in diesen Tagen keine Schmach erspart zu bleiben. Die vorerst größte Demütigung kam am Donnerstag, als Enron seinen Wirtschaftsprüfer offiziell feuerte. Die Begründung: Vertrauensverlust. "Wir sind sehr besorgt über die Beratung, die wir bekommen haben", sagte der Anwalt der Bankrottfirma, Robert Bennett. In den Ohren von Andersen-Mitarbeitern muss das wie Hohn geklungen haben.
New York - Andersen ist das, was man sturmerprobt nennt. Der Enron-Skandal ist für die Wirtschaftsprüfer aus Chicago bereits das dritte PR-Desaster innerhalb eines Jahres. Erst im Mai gab es eine außergerichtliche Einigung mit Aktionären von Sunbeam, kurz danach eine Zahlung an die Aktionäre der Firma Waste Management. Beide Male ging es um das Absegnen gefälschter Bilanzen, von Kennern auch gerne als "kreative Buchführung" verniedlicht. Beide Male flossen hinterher mehr als 100 Millionen Dollar, um die Episode vergessen zu machen.
Doch Enron ist ein größeres Kaliber: Dieser Skandal könnte Andersen einigen Beobachtern zufolge die Existenz kosten. Die Chancen stünden Fifty-Fifty, zitiert das "Wall Street Journal" Ramon Weil, BWL-Professor an der Universität von Chicago. Die Vorwürfe sind diesmal gravierender: Zur Duldung der Bilanzfälschung kommt noch die Vernichtung von Dokumenten. Sollte sich der Verdacht kriminellen Handelns bestätigen, kämen auf Andersen erneut Millionenzahlungen zu, diesmal jedoch ungleich höhere.
Enron kappt die Andersen-Drähte
Diesmal hat der Kunde, selbst eine Skandalfirma, auch noch einmal nachgetreten: Am Donnerstag abend beschloss die Enron-Spitze, ihre Verbindungen zu Andersen mit sofortiger Wirkung zu beenden: "Wir können es uns im Lichte der zerstörten Dokumente und Disziplinarverfahren gegen Anderson-Mitarbeiter nicht leisten, länger zu warten", sagte Enron-Chef Lay zur Begründung.
Mark Cheffers von der Beraterfirma AccountingMalpractice.com schätzt, dass die Forderungen jeden Branchenrekord brechen werden. Die Summe dürfte auch Andersens Versicherungs-Reserven, von Cheffers auf 300 Millionen Dollar geschätzt, sprengen. Auch die Börsenaufsicht SEC würde dem Unternehmen wahrscheinlich eine Rekordstrafe und eventuell weitere Sanktionen aufbrummen. Es wäre das zweite Mal: Im Fall von Waste Management hatte die SEC Andersen bereits zu der damaligen Rekordzahlung von sieben Millionen Dollar verdonnert.
Um aus diesem Prozess nicht vollends marginalisiert hervorzukommen, sucht die 85.000-Mitarbeiter-Firma nach Aussage ehemaliger Partner die Fusion mit einem der großen Rivalen. Die Branche, von Medien und Mandanten gern als Hakelmacher abgewertet, ist bereits seit längerem in einer Phase der Konsolidierung - ganz ausgeschlossen ist dieses Szenario daher nicht. Das Problem: Keiner der restlichen Big Five (PricewaterhouseCoopers, Ernst and Young, KPMG, Deloitte and Touche) will sich die Probleme von Andersen aufhalsen. Stattdessen warten sie lieber mit offenen Armen auf die Andersen-Mandanten, von denen mit Sicherheit einige abspringen werden.
Wenn Andersen keinen Fusionspartner findet, steht die 1913 gegründete Firma vor einer schwierigen Zukunft. In einer Branche, in der Vertrauen alles ist, wird Andersen auf absehbare Zeit das schwarze Schaf sein, sagen Image-Experten. Die ersten Mandanten haben sich bereits distanziert, darunter die Stadtverwaltungen von Seattle und Chicago. Andersen-Mitarbeiter klagen anonym gegenüber US-Medien, dass sie große Probleme haben, neue Mandanten zu akquirieren.
Und Andersen scheint in diesen Tagen keine Schmach erspart zu bleiben. Die vorerst größte Demütigung kam am Donnerstag, als Enron seinen Wirtschaftsprüfer offiziell feuerte. Die Begründung: Vertrauensverlust. "Wir sind sehr besorgt über die Beratung, die wir bekommen haben", sagte der Anwalt der Bankrottfirma, Robert Bennett. In den Ohren von Andersen-Mitarbeitern muss das wie Hohn geklungen haben.