Presse: Wurden Aktionäre bei der 3.Emission der Telekom getäuscht?
von -cas- – Das Bundes-Finanzministerium hat beim dritten Börsengang der Deutschen Telekom imJuni 2000 ihm bekannte, milliardenschwere Risiken verschwiegen unddie Aktionäre womöglich getäuscht. Dies berichtet das ARD Politikmagazin REPORT in einer Pressemeldung am Montag vorab zur Sendung des gleichen Tages.
Demnach könnte der damalige Ausgabekurs von rund 66 Euro überhöht gewesen sein. Der Börsenexperte Prof. Wolfgang Gerke, Mitglied der Börsensachverständigenkommission, spricht in diesem Zusammenhang vom Verdacht des Emissionsbetruges: "Bei den Informationen, die der Bund offensichtlich damals indirekt oder direkt über Dr. Kröske (damaliger Finanzvorstand der Deutschen Telekom) bekommen hat, hätte er die3. Emission der Deutschen Telekom so nicht durchführen dürfen, so die Pressemeldung.
Weiter heißt es: „Kröske hätte sie stoppen müssen oder zu anderen Konditionen durchführenmüssen. So hat er die Anleger abgezockt. Die Anleger, die hier aufgefordert wurden, Aktien zu zeichnen, sind über die Lage des Unternehmens damals nicht aufgeklärt worden... Wenn die Daten, wie sie Dr. Kröske aufgeschrieben hat stimmig sind, war es in meinenAugen Emissionsbetrug." Gerke stützt seine Aussagen auf exklusiv recherchiertes Material,das ihm REPORT Mainz zur Beurteilung vorgelegt hatte.
Aus einem Schreiben von Kröske geht hervor, dass der frühere Finanzvorstand insbesondere vor überteuerten Firmenkäufen warnte. Bei der damals anstehenden Übernahme des britischen Mobilfunkbetreibers One2One (heute: T-Mobile UK) hätten fragwürdige Bewertungsmethoden zu einem überhöhten Kaufpreis geführt. Im Fall der britischen Mobilfunkfirma One2One hatte der damalige Vorstandsvorsitzende Ron Sommer einen Kaufpreis von rund 10 Milliarden Euro veranschlagt, Kröske dagegen hielt nur rund fünf Milliarden Euro für angemessen. Der Finanzvorstand wurde dabei von den Prognosen der hauseigenen Wirtschaftsprüfer von Price Waterhouse Coopers gestützt.
Die Differenzen zwischen dem Vorstandsvorsitzenden und demFinanzvorstand im Aufsichtsrat bestreitet die Telekom heute.Schriftlich erklärt das Unternehmen gegenüber REPORT Mainz, dass derVorstand vor dem Aufsichtsrat stets "eine einheitliche Auffassung"vertreten habe. Damit behauptet das Unternehmen, dass die Konflikteauf der Vorstandsebene nicht in den Aufsichtsrat gelangt seien.Kröske, damals selbst Teilnehmer der Aufsichtsratssitzung, hält imREPORT Interview dagegen: "Dem Aufsichtsrat war bekannt, dass esunterschiedliche Auffassungen über One2One gibt, und der Aufsichtsratist dem Vorstandsvorsitzenden gefolgt und nicht dem Finanzvorstand."In dem Aufsichtsgremium saßen damals ein Staatssekretär desFinanzministeriums und der Chef der bundeseigenen Kreditanstalt fürWiederaufbau.
Nach Ansicht des renommierten Wirtschaftsrechtlers Prof. MarcusLutter musste deshalb sogar Finanzminister Eichel informiert werden. Lutterwörtlich im REPORT Mainz-Interview: "Die beiden Vertreter desGroßaktionärs Bund wussten also über das Problem auf diese Weisegenauestens Bescheid. Und sie sind verpflichtet und nach demAktiengesetz sogar ausdrücklich ermächtigt, ihren Vorgesetzten, unddas ist der Minister, über so wesentliche Differenzen im Vorstandgenauestens zu informieren." Das Finanzministerium verweigert ein Interview und verweist auf eine angebliche Pflicht zur Verschwiegenheit aller Aufsichtsratsmitglieder. Nach Ansicht Lutters ist diese Rechtsauffassung aber nicht vom Aktiengesetz gedeckt. Trotz der intern bekannten Warnungen vor den Milliardenrisiken verkaufte Eichel wenige Monate später beim 3. Börsengang im Juni 2000, bundeseigene Aktien aus dem Bestand der Kreditanstalt fürWiederaufbau und sammelte rund 15 Milliarden Euro von den Anlegern ein. Der Kurs damals lag bei rund 66 Euro, heute kostet die T-Aktie nur noch knapp 12 Euro.
Quelle: www.swr.de/presse/news
Am Montag verbucht die Aktie der Deutschen Telekom im XETRA-Handel ein Minus von 2,00 Prozent auf 11,28 Euro.
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erschienen am 24.02.2003 um 11:30 Uhr
© WELT.de
von -cas- – Das Bundes-Finanzministerium hat beim dritten Börsengang der Deutschen Telekom imJuni 2000 ihm bekannte, milliardenschwere Risiken verschwiegen unddie Aktionäre womöglich getäuscht. Dies berichtet das ARD Politikmagazin REPORT in einer Pressemeldung am Montag vorab zur Sendung des gleichen Tages.
Demnach könnte der damalige Ausgabekurs von rund 66 Euro überhöht gewesen sein. Der Börsenexperte Prof. Wolfgang Gerke, Mitglied der Börsensachverständigenkommission, spricht in diesem Zusammenhang vom Verdacht des Emissionsbetruges: "Bei den Informationen, die der Bund offensichtlich damals indirekt oder direkt über Dr. Kröske (damaliger Finanzvorstand der Deutschen Telekom) bekommen hat, hätte er die3. Emission der Deutschen Telekom so nicht durchführen dürfen, so die Pressemeldung.
Weiter heißt es: „Kröske hätte sie stoppen müssen oder zu anderen Konditionen durchführenmüssen. So hat er die Anleger abgezockt. Die Anleger, die hier aufgefordert wurden, Aktien zu zeichnen, sind über die Lage des Unternehmens damals nicht aufgeklärt worden... Wenn die Daten, wie sie Dr. Kröske aufgeschrieben hat stimmig sind, war es in meinenAugen Emissionsbetrug." Gerke stützt seine Aussagen auf exklusiv recherchiertes Material,das ihm REPORT Mainz zur Beurteilung vorgelegt hatte.
Aus einem Schreiben von Kröske geht hervor, dass der frühere Finanzvorstand insbesondere vor überteuerten Firmenkäufen warnte. Bei der damals anstehenden Übernahme des britischen Mobilfunkbetreibers One2One (heute: T-Mobile UK) hätten fragwürdige Bewertungsmethoden zu einem überhöhten Kaufpreis geführt. Im Fall der britischen Mobilfunkfirma One2One hatte der damalige Vorstandsvorsitzende Ron Sommer einen Kaufpreis von rund 10 Milliarden Euro veranschlagt, Kröske dagegen hielt nur rund fünf Milliarden Euro für angemessen. Der Finanzvorstand wurde dabei von den Prognosen der hauseigenen Wirtschaftsprüfer von Price Waterhouse Coopers gestützt.
Die Differenzen zwischen dem Vorstandsvorsitzenden und demFinanzvorstand im Aufsichtsrat bestreitet die Telekom heute.Schriftlich erklärt das Unternehmen gegenüber REPORT Mainz, dass derVorstand vor dem Aufsichtsrat stets "eine einheitliche Auffassung"vertreten habe. Damit behauptet das Unternehmen, dass die Konflikteauf der Vorstandsebene nicht in den Aufsichtsrat gelangt seien.Kröske, damals selbst Teilnehmer der Aufsichtsratssitzung, hält imREPORT Interview dagegen: "Dem Aufsichtsrat war bekannt, dass esunterschiedliche Auffassungen über One2One gibt, und der Aufsichtsratist dem Vorstandsvorsitzenden gefolgt und nicht dem Finanzvorstand."In dem Aufsichtsgremium saßen damals ein Staatssekretär desFinanzministeriums und der Chef der bundeseigenen Kreditanstalt fürWiederaufbau.
Nach Ansicht des renommierten Wirtschaftsrechtlers Prof. MarcusLutter musste deshalb sogar Finanzminister Eichel informiert werden. Lutterwörtlich im REPORT Mainz-Interview: "Die beiden Vertreter desGroßaktionärs Bund wussten also über das Problem auf diese Weisegenauestens Bescheid. Und sie sind verpflichtet und nach demAktiengesetz sogar ausdrücklich ermächtigt, ihren Vorgesetzten, unddas ist der Minister, über so wesentliche Differenzen im Vorstandgenauestens zu informieren." Das Finanzministerium verweigert ein Interview und verweist auf eine angebliche Pflicht zur Verschwiegenheit aller Aufsichtsratsmitglieder. Nach Ansicht Lutters ist diese Rechtsauffassung aber nicht vom Aktiengesetz gedeckt. Trotz der intern bekannten Warnungen vor den Milliardenrisiken verkaufte Eichel wenige Monate später beim 3. Börsengang im Juni 2000, bundeseigene Aktien aus dem Bestand der Kreditanstalt fürWiederaufbau und sammelte rund 15 Milliarden Euro von den Anlegern ein. Der Kurs damals lag bei rund 66 Euro, heute kostet die T-Aktie nur noch knapp 12 Euro.
Quelle: www.swr.de/presse/news
Am Montag verbucht die Aktie der Deutschen Telekom im XETRA-Handel ein Minus von 2,00 Prozent auf 11,28 Euro.
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erschienen am 24.02.2003 um 11:30 Uhr
© WELT.de