WORLDCOM: Der Absturz des Telekom-Stars

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WORLDCOM: Der Absturz des Telekom-Stars

 
07.02.02 08:31
Ein weiteres Unternehmen gerät in den Strudel des Enron-Skandals. Zäh halten sich Gerüchte, dass der frühere Starkonzern WorldCom seine Bilanz mit Buchführungstricks geschönt hat. Die US-Firma gilt inzwischen als Übernahmekandidat, CEO Bernie Ebbers drücken Privatschulden in Millionenhöhe.
 
Clinton/New York - Bernie Ebbers, der bärtige Konzernchef aus der Südstaaten-Stadt Clinton, wurde in den Zeiten des Nasdaq-Booms angehimmelt wie ein Popstar. Was Yahoo!-Gründer Jerry Yang für die Internet-Inhalte war und Amazon-Boss Jeff Bezos für den elektronischen Handel - das war Ebbers für die Telekom-Branche.
Legendär die Anekdote, dass Ebbers 1985 seinen Geschäftsplan im Restaurant auf eine Serviette kritzelte. Wer so impulsiv agierte - der stand bis zum großen High-Tech-Crash unter Genialitätsverdacht. Und lange lief alles bestens: Wer Ende 1994 in WorldCom-Aktien investierte, versechsfachte bis Mitte 1999 sein Kapital. Beharrlich kaufte Ebbers Firma um Firma, insgesamt über 70, so selbstverständlich wie eine Einzahlhandelsfirma Lagerbestände auffüllt. Dass das weltgrößte Internet-Backbone-Netz in Ebbers Portfolio lag, schien wie einen Lizenz Dollar zu drucken. "Das Internet gehört WorldCom", hieß ein Lieblingssatz selbstgewisser Aktionäre.

In den letzten Wochen aber ist in Ebbers Reich so bedrohlich viel schief gelaufen wie nie zuvor. Allein der Blick auf die Kurskurve reicht, um Aktionäre in Depression oder Panik zu versetzen. Seit Anfang 2002 hat WorldCom fünfzig Prozent seines Börsenwertes verloren, die Aktie rauscht nahezu täglich von Tief zu Tief. An vielen Tagen verliert sie über zehn Prozent, allein am Dienstag waren es wieder 14 Prozent. Keine Aktie wechselte an diesem Tag an der Nasdaq so oft den Besitzer wie das WorldCom-Papier, das auf einem Sieben-Jahres-Tief angelangt ist. Im frühen Handel am Mittwoch ein wenig besseres Bild: Bis 18 Uhr verlor die Aktie 11,3 Prozent, der zweittiefste Sturz im Nasdaq 100, wieder war sie mit Abstand das am meisten gehandelte Papier. Wer 1999 10.000 Dollar in WorldCom investierte, hat noch knapp über 1100 Dollar übrig.

Noch Ende Januar hob das Magazin "Capital" die WorldCom-Aktie auf den Thron der "zehn besten Aktien der Welt". Die Analysten von M. M. Warburg setzen das Kursziel ebenfalls Anfang Januar auf 30 Dollar, am 1. Februar stufte die Sparkasse Köln die Aktie als Outperformer ein. Der Tenor: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis sei glänzend, die langfristigen Aussichten rosig, das Unternehmen kerngesund, ein "globaler Titan".

Eben an der Gesundheit gibt es an der Wall Street inzwischen gravierende Zweifel. Manch Kassandra-Rufer glaubt gar, nachdem Global Crossing in den Bankrott hinabgefallen ist, könne WorldCom zum zweiten Telekom-Enron verfallen. Dass WorldCom beim letzten Quartalsbericht seine Gewinnziele exakt getroffen hat, weckt Misstrauen, seit die "Wer wird die nächste Kakerlake?"-Paranoia herrscht. Denn alle wichtigen Konkurrenten verfehlten ihre Ziele. Kann es also sein, dass auch WorldCom aggressiv-kreativ Buch geführt hat? "Es gibt in der Investment-Branche Gemurmel, dass sie an der Buchhaltung geschraubt haben, um die Zahlen zu treffen", sagt der Telekom-Analyst Richard Krugman von Jefferies & Company. Er allerdings hält den Finanzvorstand von WorldCom für unbescholten.

Ein Bericht der "New York Times" jedoch gibt den Gerüchten neues Futter. Die Konkurrenten Verizon und SBC Communications hätten in vergangenen Monaten erwogen, WorldCom zu schlucken, heißt es - der einstige Chefzukäufer gilt inzwischen selbst als potenzielles Übernahmopfer. Beide Käufer aber seien zurückgeschreckt, will die "New York Times" aus Unternehmenskreisen erfahren haben. Die Buchführungspraktiken seien den Interessenten merkwürdig vorgekommen - und die Umsatzzahlen verdächtig hoch. Vorsichtshalber dementiert WorldCom-Sprecher Brad Burns schon einmal. "Alle unsere Buchführungspraktiken entsprechen den gängigen Vorgehensweisen. Es gibt kein Buchführungsproblem bei uns. Wir hatten keins und haben keins."

Ein anderer Grund für die Talfahrt der Aktie ist ein ganz alltäglicher: Der frühere Wachstumsmotor legt am Donnerstag Geschäftszahlen vor. Analysten glauben, dass WorldCom "nur" noch einen Gewinn von 14 Cent pro Aktie ausweist - frühere Prognosen hatten fürs Geschäftsjahr 2002 gut 95 Cent pro Aktie versprochen. Seitdem AT&T miserable Ergebnisse bei Ferngesprächen vermeldete, erwarten Marktteilnehmer beim Konkurrenten Schlimmes. Und selbst, wenn die Geschäftsberichte bei WorldCom korrekt kalkuliert sind, kämpft das Unternehmen doch mit einer fatalen Vermengung anderer Probleme.

Die 112.000 Hochleistungsverbindungen, die WorldCom besitzt, und der frühere Wachstumsbereich Datenübertragung erscheinen eher teuer als wertvoll, seit die Mythen des Internet geplatzt sind - und weil sich breitbandige Internet-Anbindungen langsamer durchsetzen als erhofft.
Der Markt für Ferngespräche, auf den WorldCom mit dem Kauf von MCI viele Ressourcen konzentrierte, hat jeden Glamour verloren. Da hilft es nichts, dass MCI wieder als ausgegliederte Gesellschaft geführt wird - übrigens eine frappierende strategische Kehrtwende. Die Preise für Ferngespräche trudeln weiter abwärts, wendige Konkurrenten und die "Bells", die Ortsgespräch-Nachfolger des Ex-Monopolisten AT&T, erobern Marktanteile. Weil Kunden auf Mobilfunk und E-Mail ausweichen, droht die Zahl der vertelefonierten Ferngespräch-Minuten zu sinken.
WorldCom ist zudem einer der letzten reinen Ferngesprächsgiganten der USA. Der größte Teil des Börsenwertes beim Konkurrenten AT&T verdankt sich dem Kabelgeschäft des Konzerns, nicht dem Ferngesprächen. Auch Sprint, die Nummer drei auf dem Ferngesprächmarkt, tummelt sich in krisenfesteren Gefilden. Das Unternehmen hat sich zum fünftgrößten Ortsgesprächanbieter des Landes gemausert.

Der Schuldenstand von immerhin 28 Milliarden Dollar wirkt zwar bescheiden im Vergleich mit europäischen Konkurrenten, die Riesensummen für UMTS-Lizenzen herauswarfen.Trotzdem hemmt er die Manövrierfähigkeit des früher wendigen Eroberers. Analysten fürchten, dass WorldCom immense Abschreibungen bevorstehen, weil viele der von Ebbers aufgekauften Beteiligungen rapide an Wert verloren haben.

Wie das Unternehmen, so der Manager: Der CEO ist ins Gerede gekommen, weil er auch privat in die Schuldenfalle geschlittert ist. Viele Analysten fürchten, den Dementis aus Clinton zum Trotz, dass Ebbers einen großen Teil seiner 27 Millionen WorldCom-Aktien verkaufen muss, um Kredite zurückzubezahlen. Immerhin steht Ebbers (Jahresgehalt: 11,1 Millionen Dollar) laut "DowJones Newswires" mit 183,7 Millionen Dollar bei der Bank of America und der eigenen Firma in der Kreide. Allein das Verkaufsgerücht ist Gift für den Aktienkurs - kaum auszudenken, wie der Verkauf wirken würde.
Bald schon könnten Aktionäre und Analysten angesichts dieser strategischen Pannen und privaten Verfehlungen nach Ebbers Rückzug rufen. Dann wäre WorldCom nur noch irgendeine x-beliebige Telekommunikationsfirma unter anderen. Aber der Hauch des Visionären umweht das Firmen-Hauptquartier in Clinton sowieso schon lange nicht mehr.
FranzS:

Kleine Empfehlung der SKWB zu Worldcom

 
07.02.02 08:41
www.skwb.at/023/skwbsc.nsf/content/11756

Ich hoffe, die meinen das nicht ernst und haben nur vergessen, die Seite zu aktualisieren!

Grüße
FranzS
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