Woche der Konsolidierung an den Aktienmärkten erwartet
Michael Maisch
HANDELSBLATT, 15.10.2001
FRANKFURT/M. Plus 30 Prozent seit den Tiefständen vom 21. September – mit einer solch rasanten Erholung des Deutschen Aktienindex (Dax) hatte nach den verheerenden Anschlägen in den Vereinigten Staaten kaum ein Analyst gerechnet. Das gleiche gilt für viele Großinvestoren, die von dem plötzlichen steilen Anstieg an den Börsen auf dem falschen Fuß erwischt wurden. Nicht einmal der Beginn der Militärschläge gegen Afghanistan konnte die Händler beunruhigen – der dynamische Aufschwung setzte sich bis zum vergangenen Donnerstag fort. Mittlerweile haben die wichtigsten Indizes in Deutschland und den USA die dramatischen Einbußen wieder wettgemacht, mit denen die Märkte zunächst auf die Attentate in New York und Washington reagiert hatten.
Doch damit ist es nach Meinung der meisten Analysten erst einmal genug. Die Mehrheit der Aktienexperten geht davon aus, dass die Kursverluste vom vergangenen Freitag der Beginn einer Konsolidierungsphase waren. Zum Wochenschluss hatte der Dax knapp 2 % und der Dow-Jones-Index an der Wall Street um 0,7 % nachgegeben. Denn trotz des Aufschwungs sind wichtige Fragen noch genau so offen, wie sie es Mitte September waren. Zwar blieb der Dollarkurs stabil, und der Ölpreis fiel entgegen vielen Befürchtungen sogar. Doch noch immer droht in den USA eine Rezession, dazu kommt die Unsicherheit über das Ausmaß der Rückschläge bei den Unternehmensgewinnen. Und schließlich sind da noch die enormen politischen Risiken. Wie stabil ist die von Präsident Bush geschmiedete Anti-Terror-Allianz? Werden die Terroristen weitere Attentate verüben?
Die Analysten der DZ Bank kommen zu dem Schluss, dass „nach den kräftigen Kursgewinnen der vergangenen Wochen das technische Erholungspotenzial zunächst weitgehend ausgereizt“ ist. Allenfalls am US-Markt sehen sie noch etwas Spielraum für weitere Kursgewinne. In Deutschland wäre dagegen eine Stabilisierung auf dem aktuellen Niveau bereits als Erfolg zu werten. Auch die Analysten von HSBC Trinkaus & Burckhardt rechnen kurzfristig mit einer Konsolidierung. Sie sehen in den kommenden drei Wochen zwar „Einstiegsmöglichkeiten, aber zumindest keinen Rückfall mehr in Richtung der Tiefstände vom 21. September“.
Etwas optimistischer zeigt sich Ralf Kugelstadt von UBS Warburg. Seiner Meinung nach hat die Bereitschaft der Anleger zugenommen, Risiken einzugehen. Der Schwung an den europäischen Aktienmärkten könne noch einige Zeit anhalten, vorausgesetzt von der Konjunkturseite kämen positive Impulse. Wichtige Hinweise dazu erwartet Kugelstadt vom Geschäftsklima-Index des Münchner Ifo-Instituts, der am kommenden Freitag auf dem Programm steht.
Für Bewegung wird darüber hinaus die auf Hochtouren laufende Berichtssaison in den USA sorgen. Bis zum Wochenende werden 190 US-Firmen ihre Zahlen für das dritte Quartal veröffentlichen, darunter solche Schwergewichte wie Citigroup, IBM, Intel, Boeing und Microsoft. Nach den tragischen Ereignissen vom 11. September rechnen die Analysten mit weiteren Gewinneinbrüchen von 20 %. Bisher ging der Markt lediglich von einem Minus von rund 15 % aus, was im Vergleich zum Vorquartal (-17 %) bereits ein Fortschritt gewesen wäre. In Europa läuft die Berichtssaison erst langsam an. Positive Impulse könnten die Zahlen von SAP am Donnerstag bringen. Bereits am Dienstag veröffentlicht Philips sein Quartalsergebnis, am Freitag folgt Nokia.
Die Fondsmanager der französischen Axa machen trotz aller Unsicherheitsfaktoren zumindest langfristig orientierten Anlegern Mut. Die nächsten drei bis vier Monate könnten zwar noch turbulent werden, doch auf Sicht von 12 bis 18 Monaten seien Aktien durchaus ein lohnendes Investment, meint Axa. Begründung: Die massiven Zinssenkungen in den sieben größten Industriestaaten und andere Maßnahmen zur Stimulierung der Wirtschaft, wie das Steuerpaket in den USA, würden in den kommenden Monaten ihre Wirkung entfalten. Axa rechnet mit einer „deutlichen Erholung“ im Jahr 2002. Ähnlich urteilen die Analysten des Bankhauses Delbrück. Sie sprechen bereits von einem „fundamentalen Schlaraffenland“ für Aktien. Ob der Traum vom Ende der Baisse an den Börsen allerdings in Erfüllung geht, hängt vor allem davon ab, ob es zu weiteren Terroranschlägen kommt und welche militärische Strategie die USA verfolgen. Das räumen auch die Delbrück-Analysten ein
Michael Maisch
HANDELSBLATT, 15.10.2001
FRANKFURT/M. Plus 30 Prozent seit den Tiefständen vom 21. September – mit einer solch rasanten Erholung des Deutschen Aktienindex (Dax) hatte nach den verheerenden Anschlägen in den Vereinigten Staaten kaum ein Analyst gerechnet. Das gleiche gilt für viele Großinvestoren, die von dem plötzlichen steilen Anstieg an den Börsen auf dem falschen Fuß erwischt wurden. Nicht einmal der Beginn der Militärschläge gegen Afghanistan konnte die Händler beunruhigen – der dynamische Aufschwung setzte sich bis zum vergangenen Donnerstag fort. Mittlerweile haben die wichtigsten Indizes in Deutschland und den USA die dramatischen Einbußen wieder wettgemacht, mit denen die Märkte zunächst auf die Attentate in New York und Washington reagiert hatten.
Doch damit ist es nach Meinung der meisten Analysten erst einmal genug. Die Mehrheit der Aktienexperten geht davon aus, dass die Kursverluste vom vergangenen Freitag der Beginn einer Konsolidierungsphase waren. Zum Wochenschluss hatte der Dax knapp 2 % und der Dow-Jones-Index an der Wall Street um 0,7 % nachgegeben. Denn trotz des Aufschwungs sind wichtige Fragen noch genau so offen, wie sie es Mitte September waren. Zwar blieb der Dollarkurs stabil, und der Ölpreis fiel entgegen vielen Befürchtungen sogar. Doch noch immer droht in den USA eine Rezession, dazu kommt die Unsicherheit über das Ausmaß der Rückschläge bei den Unternehmensgewinnen. Und schließlich sind da noch die enormen politischen Risiken. Wie stabil ist die von Präsident Bush geschmiedete Anti-Terror-Allianz? Werden die Terroristen weitere Attentate verüben?
Die Analysten der DZ Bank kommen zu dem Schluss, dass „nach den kräftigen Kursgewinnen der vergangenen Wochen das technische Erholungspotenzial zunächst weitgehend ausgereizt“ ist. Allenfalls am US-Markt sehen sie noch etwas Spielraum für weitere Kursgewinne. In Deutschland wäre dagegen eine Stabilisierung auf dem aktuellen Niveau bereits als Erfolg zu werten. Auch die Analysten von HSBC Trinkaus & Burckhardt rechnen kurzfristig mit einer Konsolidierung. Sie sehen in den kommenden drei Wochen zwar „Einstiegsmöglichkeiten, aber zumindest keinen Rückfall mehr in Richtung der Tiefstände vom 21. September“.
Etwas optimistischer zeigt sich Ralf Kugelstadt von UBS Warburg. Seiner Meinung nach hat die Bereitschaft der Anleger zugenommen, Risiken einzugehen. Der Schwung an den europäischen Aktienmärkten könne noch einige Zeit anhalten, vorausgesetzt von der Konjunkturseite kämen positive Impulse. Wichtige Hinweise dazu erwartet Kugelstadt vom Geschäftsklima-Index des Münchner Ifo-Instituts, der am kommenden Freitag auf dem Programm steht.
Für Bewegung wird darüber hinaus die auf Hochtouren laufende Berichtssaison in den USA sorgen. Bis zum Wochenende werden 190 US-Firmen ihre Zahlen für das dritte Quartal veröffentlichen, darunter solche Schwergewichte wie Citigroup, IBM, Intel, Boeing und Microsoft. Nach den tragischen Ereignissen vom 11. September rechnen die Analysten mit weiteren Gewinneinbrüchen von 20 %. Bisher ging der Markt lediglich von einem Minus von rund 15 % aus, was im Vergleich zum Vorquartal (-17 %) bereits ein Fortschritt gewesen wäre. In Europa läuft die Berichtssaison erst langsam an. Positive Impulse könnten die Zahlen von SAP am Donnerstag bringen. Bereits am Dienstag veröffentlicht Philips sein Quartalsergebnis, am Freitag folgt Nokia.
Die Fondsmanager der französischen Axa machen trotz aller Unsicherheitsfaktoren zumindest langfristig orientierten Anlegern Mut. Die nächsten drei bis vier Monate könnten zwar noch turbulent werden, doch auf Sicht von 12 bis 18 Monaten seien Aktien durchaus ein lohnendes Investment, meint Axa. Begründung: Die massiven Zinssenkungen in den sieben größten Industriestaaten und andere Maßnahmen zur Stimulierung der Wirtschaft, wie das Steuerpaket in den USA, würden in den kommenden Monaten ihre Wirkung entfalten. Axa rechnet mit einer „deutlichen Erholung“ im Jahr 2002. Ähnlich urteilen die Analysten des Bankhauses Delbrück. Sie sprechen bereits von einem „fundamentalen Schlaraffenland“ für Aktien. Ob der Traum vom Ende der Baisse an den Börsen allerdings in Erfüllung geht, hängt vor allem davon ab, ob es zu weiteren Terroranschlägen kommt und welche militärische Strategie die USA verfolgen. Das räumen auch die Delbrück-Analysten ein