Das Interesse an der Aktie nimmt innerhalb der Bevölkerung rasant zu. Trotzdem ist Deutschland in punkto Aktien immer noch Entwicklungsland.
Während in den USA der Durchschnittsbürger bereits 49917 Mark in Aktienfonds angelegt hat, sind es in Deutschland gerade mal 9339 Mark.
Selbst Österreich und Spanien liegen noch vor Deutschland. "Nicht nur im Fußball haben wir den Anschluss verpasst." Dabei werde die Aktie in Zukunft stark an Bedeutung zunehmen. Bis zum Jahr 2008 werden bis zu zwölf Billionen Mark in den Europäischen Aktienmarkt fließen.
Aufgrund der demographischen Entwicklung ist der Aufbau eines Kapitalstocks unumgänglich. Die private Altersvorsorge führe daher zu einer verstärkten Aktiennachfrage. Hinzu komme, dass der Staat seine Rolle ändern müsse, was zu mehr Privatisierung führen werde. "Der Staat soll gute Rahmenbedingungen schaffen, sich aber zentral aus der Wirtschaft raushalten. Das schafft Transparenz und Konkurrenz und verbreitert die Kapitalmärkte." Zudem gewinne die weltweite Marktführerschaft, Stichwort Globalisierung, immer mehr an Bedeutung.
Die Konzentrationsprozesse innerhalb der Autoindustrie und im Bankensektor sind hierzu ein treffendes Beispiel. Alles in allem sei die positive Gewinnentwicklung für Europa extrem gut einzuschätzen. Die Wirtschaft befinde sich im Aufschwung und im Gegensatz zu den USA, diese hätten bereits ihre Möglichkeiten weitesgehend ausgeschöpft, verfüge Europa noch über gewaltige Restrukturierungspotentiale.
In der Börseneuphorie sind viele Werte blind gekauft worden, ohne auf deren innere Substanz zu achten. Dabei ist auch die Praktiken mancher Börsenbriefe anzuprangern, die Kurse durch Kauf- oder Verkaufsempfehlungen puschten oder drückten.
Im letzten Jahr konnte jeder Depp verdienen. Seit sich die Spreu vom Weizen trennt, werden die Unterschiede um so deutlicher, dass nicht alles, was man kauft, auch Sinn macht.
Selektion ist Trumpf, lautet die Devise. Durch die richtige Selektion könne man auch in schlechten Zeiten Geld verdienen. Denn nicht der kurze Spekulationsgewinn werde angestrebt, sondern gemäß dem Motto "kaufen und halten" werde das Papier als langfristige Anlage betrachtet.
Kurskorrekturen waren aber immer auch Einstiegs- und Kaufchancen, denn die Erholung kam meistens genauso schnell wie der Abwärtstrend, bekräftigte Jürgen Stiletto. "Wir stehen derzeit an einem Wendepunkt. Die Stimmung ist so schlecht, dass ich denke, jetzt wird es irgendwann drehen." Langfristig sei das größte Risiko, beim Aufwärtstrend nicht dabei zu sein. Wer aber das Anlagerisiko streuen wolle, sollte nicht direkt in einzelne Aktien einsteigen, sondern in Aktienfonds investieren, sagte der Fonds-Manager. "Hätten sie vor 20 Jahren Bill Gates einen Kredit gegeben oder etwa eine Microsoft Aktie gekauft? Die Frage ist, wer ist der Bill Gates von Morgen", leitete Stiletti zu den Zukunftsbranchen über. Eine nützliche Entscheidungshilfe zur Prognostizierung langfristiger Trends sind die "Kondratieff-Zyklen". Sie entstünden durch technologische Innovationen und dauern rund 50 Jahre. Der Boom im jetztigen, dem fünften, Kondratieff- Zyklus scheint in Europa, Japan und den USA überschritten. Es deute sich an, dass sich die Zyklen verkürzen und die Zukunft allein durch die Informationstechnologie nicht mehr zu bezwingen sein wird. Vielmehr stehe man vor dem Beginn eines neuen, dem sechsten Kondratieff-Zyklus, der die Bereiche Multimedia, Gesundheitswesen, Umwelttechnik, Biotechnologie und erneuerbare Energiequellen beinhalte. Obwohl Deutschland durch die enorme Computerfeindlichkeit und sonstige Hemmnisse den fünften Zyklus nahezu verpennt habe, sehen die Chancen für den sechsten Zyklus sehr gut aus.
mfG