Das langsame Gerätesterben
Bei der Installation älterer Hardware verhält sich das neue Betriebssystem wie seine Ahnen: Ohne die passende Treibersoftware wird das Gerät schnell unbrauchbar.
Microsofts neues Betriebssystem „Windows XP“ versucht, sich mit frischen Farben und einem gefälligeren Layout von seinen Vorgängern abzugrenzen. Doch bei der Installation älterer Hardware- Komponenten verhält es sich wie seine Ahnen: Ohne die passende Treibersoftware wird das Gerät schnell unbrauchbar, selbst wenn es noch neuwertig ist.
Das kann auch Kunden passieren, die sich jetzt im Weihnachtsgeschäft noch ein neues Gerät kaufen. Für Hardware von Agfa oder Psion könnte es schon bald keine neuen Treiber mehr geben. Diese Software-Stücke sorgen dafür, dass sich Windows mit dem angeschlossenen Gerät überhaupt verständigen kann. Erfüllt ein älteres Treiberprogramm nicht die Anforderungen einer neueren Windows-Version, versagt die Kommunikation. „Hardware kann nicht installiert werden. Der inf-Stil unterscheidet sich von der Anforderung“, meldet zum Beispiel Windows XP beim Versuch, einen ISDN-Adapter mit einem Treiber für Windows 98 zu installieren.
Abgelehnt, sagt Windows
„Rein rechtlich müssen die Hersteller Ersatzteile bis zu fünf Jahre bereitstellen, und dazu gehört auch der Gerätetreiber“, erklärt Horst Strobender vom koreanischen Elektronikriesen Samsung. Allerdings gelte dies nur für genau die Treiber, die mit dem Gerät verkauft wurden. Demnach kann kein Hersteller gezwungen werden, seine Software über mehrere Jahre hinweg an neue Betriebssysteme anzupassen. „Das gehört aber zum Service dazu.“ Strobender empfiehlt deshalb, beim Umstieg auf ein neues Betriebssystem nicht nur die Web-Seiten der Hardware-Hersteller nach den neuen Treibern zu durchforsten. „Wenn man dort nicht fündig wird, sollte man die Telefon-Hotline des Hardware-Herstellers anrufen. Vielleicht wurde der Treiber einfach noch nicht ins Netz gestellt. Unser Leute in Korea haben aber auch schon einmal schnell einen neuen Treiber für ein altes Gerät geschrieben.“
Schwieriger wird es dagegen bei alten Druckern oder Scannern, vor allem dann, wenn sich der Hersteller vom Geschäft zurückzieht. „Das Klasseninstallationsprogramm hat die Anforderung abgelehnt, dieses Gerät zu installieren oder zu aktualisieren“: In reinstem Bürokratendeutsch lehnt es Windows XP in diesem Fall ab, einen Agfa-Scanner mit einem Windows-98-Treiber in Betrieb zu nehmen. Gemäß dem Windows Driver Model von Microsoft lassen sich unter Windows XP auch die Treiber der Vorgängerversion Windows 2000 verwenden. Damit klappt zwar die Installation, allerdings erst nach einem Systemabsturz.
Nun hat Agfa angekündigt, seine Produktlinien „Scanner und Digitalkameras für den Heimbereich“ Ende des Jahres einzustellen. „Service und Support werden weitergeführt“, heißt es dazu in der Pressemitteilung. Das bedeutet jedoch nicht automatisch, dass ein vor Weihnachten noch gekaufter Agfa-Scanner auch noch in ein paar Jahren mit der übernächsten Windows-Version funktioniert. Hartmut Hilden, Unternehmenssprecher von Agfa, antwortet denn auch zurückhaltend. Man sei mit verschiedenen Firmen im Gespräch um auszuloten, ob diese die Treiber-Entwicklung übernehmen könnten. „Klar ist lediglich, dass Agfa das selbst nicht machen wird.“
Auch für Besitzer von Psion-Organizern könnte es eng werden. Der britische Hersteller von Tastatur-Kleincomputern entwickelt vorerst keine Geräte mehr für Endverbraucher, sondern konzentriert sich auf Großkunden. Solange die Industrie Psion-Geräte kauft, profitiert auch der „kleine Mann“, weshalb WindowsXP noch unterstützt wird. Für älteren Geräte wird es jedoch Grenzen geben: „Die Synchronisationssoftware für den PC werden wir auch für kommende Betriebssysteme fortsetzen, solange der Markt noch groß genug dafür ist“, sagt Productmanager Alexander Krutzke.
Ein weiteres Beispiel ist Xerox. Der kalifornische Spezialist für Fotokopierer beendet sein Abenteuer mit Tintenstrahldruckern für den Heimbereich. Zwar gibt es hier Druckertreiber für WindowsXP, ob jedoch die Geräte auch mit den Nachfolge-Betriebssystemen zusammenarbeiten, kann niemand abschätzen. Denn in der Praxis funktioniert längst nicht alles, was theoretisch möglich ist. Und welche Treiber zukünftige Windows-Versionen verwenden werden, weiß zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich nicht einmal Bill Gates.
Quelle: Süddeutsche Zeitung