"O, du fröhliche" vor dem geklauten Baum
110.000 Christbäume, die heuer in Österreichs Wohnzimmern stehen, werden aus den Wäldern gestohlen.
"Nur Lichterklischee für Gaben": Immer weniger Christbäume
WIEN. Das Rattern einer Säge. Knicken von Holz. Tannenäste schleifen über die Schneedecke. Dann: zuschlagende Autotüren, Motorengeräusche. Zurück bleiben Spuren im Schnee, Sägespäne - und ein Loch im Wald. Dunkle Schatten treiben sich dieser Tage wieder in den Wäldern herum, doch sie führen nichts Böses im Schilde. Sondern wollen eigentlich nur für weihnachtliche Stimmung in den eigenen vier Wänden sorgen. Mit Bäumen, direkt von Mutter Natur.
Denn nicht jeder Christbaum, der heuer zu Weihnachten geschmückt und dann besungen wird, wurde "redlich" erworben. Im Gegenteil: Etwa 110.000 Exemplare werden aus den heimischen Wäldern entwendet - das sind etwa fünf Prozent von Österreichs Christbäumen.
Diese Zahl beruht auf einer Schätzung des Hauptverbandes der Land- und Forstwirtschaftsbetriebe Österreichs. "Am Land wird der Wald traditionell noch als aller Eigentum betrachtet", glaubt Hermine Wittmann vom Hauptverband einen Grund des Christbaum-Raubbaus zu kennen. In der Stadt hingegen kaufe die Familie den Baum gemeinsam - auch das ist Tradition. Diese Zahl deckt sich mit Umfragen der NÖ-Landwirtschaftskammer: Dort hatten zehn Prozent der Befragten keine genauen Angaben gemacht, wie sie zu ihrem Christbaum kommen. "Da sind wohl diejenigen dabei, die den Baum nicht rechtmäßig erworben haben", berichtet Karl Schuster von der Landwirtschaftskammer NÖ.
"Fest der Liebe" als "Fest der Diebe"? Für Schuster ist der Christbaumklau bei den Menschen eine emotionelle Sache: "Bei einem christlichen Fest steht man vor einem gestohlenen Baum und singt fröhliche Lieder. Das erschüttert manche." Wie viele "Wilderer der Wälder" es gäbe, sei unklar, da kaum Anzeigen gemacht werden. "Anzeigen zahlen sich oft gar nicht aus. Förster akzeptieren es oft als ,Lausbubenstreich'", so Schuster.
Ähnliches berichtet der Wiener Forstdirektor Andreas Januskovecz: "Wir gehen mit Augenmaß vor. Wegen einem gestohlenen Baum wird nicht die Spurensicherung angefordert. Das geschieht nur, wenn professionelle Täter am Werk sind." Erwischen die Mitarbeiter des Wiener Forstschutzdienstes einen Christbaumdieb allerdings in flagranti, wird er angezeigt. "Allein, wenn jemand mit einer Säge unterwegs ist, dürfen diese ihn aufhalten", erklärt Januskovecz. "Doch viele haben schon Taschenmesser mit kleinen Sägen drauf."
Sechs Monate Haft
Der Strafrahmen für Baumdiebstahl beträgt bis zu sechs Monaten Haft bzw. einer Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen. Ökologisch sei der Christbaumklau kaum ein Problem: "Die Natur schließt das Loch wieder von alleine", sagt Wittmann. Die gestohlene Bäume fallen im Gros der heimischen Nadelwälder daher auch gar nicht auf - allein in NÖ stehen etwa eine halbe Milliarde Bäume. Und laut NÖ-Forstbehörde seien früher, etwa in der Nackriegszeit, noch viel mehr Baume gestohlen worden. Damals hätten die Menschen aufgrund der Armut aber keine andere Wahl gehabt.
Während in Tschechien, wo Wälder im großen Stil gerodet werden, der Einsatz einer 4600 Mann starken Truppe diskutiert wird, stellt man den Christbaumdieben in Österreich (noch) keinen Baum auf.
110.000 Christbäume, die heuer in Österreichs Wohnzimmern stehen, werden aus den Wäldern gestohlen.
"Nur Lichterklischee für Gaben": Immer weniger Christbäume
WIEN. Das Rattern einer Säge. Knicken von Holz. Tannenäste schleifen über die Schneedecke. Dann: zuschlagende Autotüren, Motorengeräusche. Zurück bleiben Spuren im Schnee, Sägespäne - und ein Loch im Wald. Dunkle Schatten treiben sich dieser Tage wieder in den Wäldern herum, doch sie führen nichts Böses im Schilde. Sondern wollen eigentlich nur für weihnachtliche Stimmung in den eigenen vier Wänden sorgen. Mit Bäumen, direkt von Mutter Natur.
Denn nicht jeder Christbaum, der heuer zu Weihnachten geschmückt und dann besungen wird, wurde "redlich" erworben. Im Gegenteil: Etwa 110.000 Exemplare werden aus den heimischen Wäldern entwendet - das sind etwa fünf Prozent von Österreichs Christbäumen.
Diese Zahl beruht auf einer Schätzung des Hauptverbandes der Land- und Forstwirtschaftsbetriebe Österreichs. "Am Land wird der Wald traditionell noch als aller Eigentum betrachtet", glaubt Hermine Wittmann vom Hauptverband einen Grund des Christbaum-Raubbaus zu kennen. In der Stadt hingegen kaufe die Familie den Baum gemeinsam - auch das ist Tradition. Diese Zahl deckt sich mit Umfragen der NÖ-Landwirtschaftskammer: Dort hatten zehn Prozent der Befragten keine genauen Angaben gemacht, wie sie zu ihrem Christbaum kommen. "Da sind wohl diejenigen dabei, die den Baum nicht rechtmäßig erworben haben", berichtet Karl Schuster von der Landwirtschaftskammer NÖ.
"Fest der Liebe" als "Fest der Diebe"? Für Schuster ist der Christbaumklau bei den Menschen eine emotionelle Sache: "Bei einem christlichen Fest steht man vor einem gestohlenen Baum und singt fröhliche Lieder. Das erschüttert manche." Wie viele "Wilderer der Wälder" es gäbe, sei unklar, da kaum Anzeigen gemacht werden. "Anzeigen zahlen sich oft gar nicht aus. Förster akzeptieren es oft als ,Lausbubenstreich'", so Schuster.
Ähnliches berichtet der Wiener Forstdirektor Andreas Januskovecz: "Wir gehen mit Augenmaß vor. Wegen einem gestohlenen Baum wird nicht die Spurensicherung angefordert. Das geschieht nur, wenn professionelle Täter am Werk sind." Erwischen die Mitarbeiter des Wiener Forstschutzdienstes einen Christbaumdieb allerdings in flagranti, wird er angezeigt. "Allein, wenn jemand mit einer Säge unterwegs ist, dürfen diese ihn aufhalten", erklärt Januskovecz. "Doch viele haben schon Taschenmesser mit kleinen Sägen drauf."
Sechs Monate Haft
Der Strafrahmen für Baumdiebstahl beträgt bis zu sechs Monaten Haft bzw. einer Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen. Ökologisch sei der Christbaumklau kaum ein Problem: "Die Natur schließt das Loch wieder von alleine", sagt Wittmann. Die gestohlene Bäume fallen im Gros der heimischen Nadelwälder daher auch gar nicht auf - allein in NÖ stehen etwa eine halbe Milliarde Bäume. Und laut NÖ-Forstbehörde seien früher, etwa in der Nackriegszeit, noch viel mehr Baume gestohlen worden. Damals hätten die Menschen aufgrund der Armut aber keine andere Wahl gehabt.
Während in Tschechien, wo Wälder im großen Stil gerodet werden, der Einsatz einer 4600 Mann starken Truppe diskutiert wird, stellt man den Christbaumdieben in Österreich (noch) keinen Baum auf.