Peinlicher Rabatt an der New Yorker Börse: Mangelnde Nachfrage hat den Mitgliedsbeitrag für einen Platz auf dem Parkett auf den tiefsten Stand in neun Jahren fallen lassen. Der Ramschpreis zeigt, dass die NYSE längst nicht mehr konkurrenzlose Spitze ist.
New York - Die Sache begann bekanntlich mit einer Platane und 25 Dollar. Der Baum wuchs früher einmal an der Wall Street, darunter gründeten 1792 zwei Dutzend Kaufleute in Puderperücken die Vorläuferin der New Yorker Börse. 25 Dollar waren die Aufnahmegebühr für eine Mitgliedschaft im Händlerklübchen, das vorerst im nahen Kaffeehaus "Tontine" tagte.
Inzwischen ist das natürlich ein bisschen teurer geworden. Ein "Sitz" an der New York Stock Exchange (NYSE), so vermeldet das Haus, koste neuerdings exakt eine Million Dollar. Die Börsianer finden das allerdings gar nicht teuer, um hier aufs Parkett zu dürfen - ganz im Gegenteil. "Ein nachweihnachtliches Schnäppchen", mokierte sich das "Wall Street Journal" jetzt vielmehr. "Ein Sonderangebot."
NYSE-Mitgliedsbeiträge sind wie Devisenkurse, sie ändern sich mit Angebot und Nachfrage. Eine Million Dollar sind dabei heutzutage in der Tat ein Ramschpreis. Vor einem Jahr noch hatte die Börsenführung 1,5 Millionen Dollar dafür verlangen können - und vor dem Crash von 2000 sogar über 2,5 Millionen Dollar. Die neue Gebühr ist die niedrigste in neun Jahren.
"Chef-Austrockner" Thain
Der Grund für den dramatischen Rabatt ist an der Wall Street allen klar: Die New Yorker Börse - obwohl mit fast 18 Billionen Dollar Kapitalisierung immerhin auch weiter die größte, wichtigste Weltbörse - ist nicht mehr das, was sie mal war. Allen Beteuerungen des noch taufrischen Chefs John Thain zum Trotz. "Die NYSE steht im Herzen der globalen Vermögensbildung", sagte der noch neulich.
Und sie geht jetzt in ein entscheidendes Jahr. Nach den Endlos-Skandalen von 2003 und 2004 um den fett gepolsterten Absturz des Thain-Vorgängers Dick Grasso und die Selbstbereicherung der einst so ruhmreichen Parkett-Specialists, nach Anleger-Revolten und Management-Reform findet die NYSE auch in ihrem 213. Bestehensjahr kaum Frieden.
So sind die Modernisierungspläne, mit denen Thain sein Haus gegenüber der Techbörse Nasdaq und neuen elektronischen Handelsplattformen wie Instinet und ArcaEx konkurrenzfähig machen will, intern weiter umstritten: Die Boys auf dem Parkett fürchten die Elektronik. Wer drängelt sich schon noch um einen der 1366 Börsensitze, wenn die bald sowieso obsolet sind? "Die Nachfrage trocknet aus", begründete Jamie Selway, ein Direktor bei der Brokerfirma White Cap Trading, die NYSE-Beitragsflaute im "Wall Street Journal" jetzt. "John Thain ist der Chef-Austrockner."
Das Ende der Börse?
Die NYSE selbst macht dagegen allein die "Marktbedingungen" dafür verantwortlich, dass sie sich dergestalt unter Wert verhökern muss. "Sitzpreise sind zyklisch", sagt ein Sprecher. "Im Moment hängen sie am niedrigen Handelsvolumen, niedriger Volatilität und dem anhaltenden Druck auf die Kommissionen."
Aber auch aus Washington droht der NYSE neue Unbill: Die Börsenaufsicht SEC plant, die Regeln für den US-Aktienhandel gründlich umzukrempeln - und das Geschäft vielleicht komplett auf Elektronik umzustellen. Das soll für eine Transparenz zu Gunsten der Aktionäre sorgen, wie sie in den geheimnisumwitterten Hallen der Stock Exchange bisher ungewohnt war. Der NYSE, die den Mythos der Anonymität zum Geschäftsprinzip erhoben hat, kommt so was gar nicht zupass. Und den wegrationalisierten Specialists erst recht nicht.
Also schickt Thain - der dagegen einen "Zwitter-Markt" aus Parkettauktion und elektronischem Handel bevorzugt - in diesen Tagen fleißig Leitartikel und Leserbriefe an die US-Wirtschaftspresse. "Unser Erfolg kommt nicht von SEC-Regeln", schrieb er etwa ans "Wall Street Journal". In einer Schaltkonferenz mit Börsenreportern legte er nach, gar das rüde Ende einer Institution beschwörend: Unter den neuen Vorgaben "fiele es uns sehr schwer, das Auktionsmodell beizubehalten".
Handcomputer gegen Müdigkeit
Um seinen bedrängten Parkett-Herren neuen Mut zu geben, dachte sich Thain etwas Besonderes aus: Er besorgte ihnen für mehrere Millionen Dollar insgesamt 3000 neue PDA-Handcomputer. Die Dinger haben, neben ihrer Schnelligkeit, einen Vorteil: "Mit weniger als 1,8 Pfund Gewicht", prahlt der Hersteller IBM, "helfen sie gegen Ermüdungserscheinungen."
New York - Die Sache begann bekanntlich mit einer Platane und 25 Dollar. Der Baum wuchs früher einmal an der Wall Street, darunter gründeten 1792 zwei Dutzend Kaufleute in Puderperücken die Vorläuferin der New Yorker Börse. 25 Dollar waren die Aufnahmegebühr für eine Mitgliedschaft im Händlerklübchen, das vorerst im nahen Kaffeehaus "Tontine" tagte.
Inzwischen ist das natürlich ein bisschen teurer geworden. Ein "Sitz" an der New York Stock Exchange (NYSE), so vermeldet das Haus, koste neuerdings exakt eine Million Dollar. Die Börsianer finden das allerdings gar nicht teuer, um hier aufs Parkett zu dürfen - ganz im Gegenteil. "Ein nachweihnachtliches Schnäppchen", mokierte sich das "Wall Street Journal" jetzt vielmehr. "Ein Sonderangebot."
NYSE-Mitgliedsbeiträge sind wie Devisenkurse, sie ändern sich mit Angebot und Nachfrage. Eine Million Dollar sind dabei heutzutage in der Tat ein Ramschpreis. Vor einem Jahr noch hatte die Börsenführung 1,5 Millionen Dollar dafür verlangen können - und vor dem Crash von 2000 sogar über 2,5 Millionen Dollar. Die neue Gebühr ist die niedrigste in neun Jahren.
"Chef-Austrockner" Thain
Der Grund für den dramatischen Rabatt ist an der Wall Street allen klar: Die New Yorker Börse - obwohl mit fast 18 Billionen Dollar Kapitalisierung immerhin auch weiter die größte, wichtigste Weltbörse - ist nicht mehr das, was sie mal war. Allen Beteuerungen des noch taufrischen Chefs John Thain zum Trotz. "Die NYSE steht im Herzen der globalen Vermögensbildung", sagte der noch neulich.
Und sie geht jetzt in ein entscheidendes Jahr. Nach den Endlos-Skandalen von 2003 und 2004 um den fett gepolsterten Absturz des Thain-Vorgängers Dick Grasso und die Selbstbereicherung der einst so ruhmreichen Parkett-Specialists, nach Anleger-Revolten und Management-Reform findet die NYSE auch in ihrem 213. Bestehensjahr kaum Frieden.
So sind die Modernisierungspläne, mit denen Thain sein Haus gegenüber der Techbörse Nasdaq und neuen elektronischen Handelsplattformen wie Instinet und ArcaEx konkurrenzfähig machen will, intern weiter umstritten: Die Boys auf dem Parkett fürchten die Elektronik. Wer drängelt sich schon noch um einen der 1366 Börsensitze, wenn die bald sowieso obsolet sind? "Die Nachfrage trocknet aus", begründete Jamie Selway, ein Direktor bei der Brokerfirma White Cap Trading, die NYSE-Beitragsflaute im "Wall Street Journal" jetzt. "John Thain ist der Chef-Austrockner."
Das Ende der Börse?
Die NYSE selbst macht dagegen allein die "Marktbedingungen" dafür verantwortlich, dass sie sich dergestalt unter Wert verhökern muss. "Sitzpreise sind zyklisch", sagt ein Sprecher. "Im Moment hängen sie am niedrigen Handelsvolumen, niedriger Volatilität und dem anhaltenden Druck auf die Kommissionen."
Aber auch aus Washington droht der NYSE neue Unbill: Die Börsenaufsicht SEC plant, die Regeln für den US-Aktienhandel gründlich umzukrempeln - und das Geschäft vielleicht komplett auf Elektronik umzustellen. Das soll für eine Transparenz zu Gunsten der Aktionäre sorgen, wie sie in den geheimnisumwitterten Hallen der Stock Exchange bisher ungewohnt war. Der NYSE, die den Mythos der Anonymität zum Geschäftsprinzip erhoben hat, kommt so was gar nicht zupass. Und den wegrationalisierten Specialists erst recht nicht.
Also schickt Thain - der dagegen einen "Zwitter-Markt" aus Parkettauktion und elektronischem Handel bevorzugt - in diesen Tagen fleißig Leitartikel und Leserbriefe an die US-Wirtschaftspresse. "Unser Erfolg kommt nicht von SEC-Regeln", schrieb er etwa ans "Wall Street Journal". In einer Schaltkonferenz mit Börsenreportern legte er nach, gar das rüde Ende einer Institution beschwörend: Unter den neuen Vorgaben "fiele es uns sehr schwer, das Auktionsmodell beizubehalten".
Handcomputer gegen Müdigkeit
Um seinen bedrängten Parkett-Herren neuen Mut zu geben, dachte sich Thain etwas Besonderes aus: Er besorgte ihnen für mehrere Millionen Dollar insgesamt 3000 neue PDA-Handcomputer. Die Dinger haben, neben ihrer Schnelligkeit, einen Vorteil: "Mit weniger als 1,8 Pfund Gewicht", prahlt der Hersteller IBM, "helfen sie gegen Ermüdungserscheinungen."