Wer stoppt Heribert Faßbender?
Von Erik Eggers
Zur Kultfigur hatten ihn einige
Zeitungen vor der Weltmeisterschaft
erhoben, Heribert Faßbender,
den Prähistoriker unter den
Sportkommentatoren. Das hat ja
schon überhaupt niemand verstanden,
der den WDR-Sportchef in den
letzten zehn Jahren beim Fußballgucken
nüchtern mitbekommen
hat. Beim Spiel Deutschland gegen
Paraguay hat er nun seiner nicht
nachvollziehbaren Karriere die
Krone aufgesetzt.
Selbst meinen äußerst fußballkompetenten
Kumpel Kai, der aus
dem hohen Norden kommt und
selbst unterirdische Phrasen mit einem
beängstigenden Gleichmut
quittiert, hatte Faßbender aus der
Fassung gebracht. Grund war die
Szene nach dem Schneider-Freistoß,
der von der Bande zurückprallte
und hinter dem Tor im Netz
liegen blieb. Satte 19 Millionen
deutsche Zuschauer hatten die
Szene realisiert, waren enttäuscht
zurückgefallen auf den Stuhl am
Frühstückstisch, da brüllte Onkel
Heribert Sekunden später tatsächlich
dieses unfassbare „Toooor“ in
sein Mikrophon. Nun gibt er Fehler
ja nur ungern zu, aber es muss ihn
dann doch jemand via Kopfhörer
überzeugt haben, dass der Ball hinter
dem Tor lag und nicht darin. Es
muss ihm jemand geflüstert haben
– Heribert selbst scheint ja nicht
mal dazu in der Lage, an der Reaktion
des Torwarts oder der Spieler
ein Tor zu erkennen.
Das war also die Situation, in der
mein Kumpel Kai richtig auf Touren
kam und, was sonst während des
Spiels eine Todsünde ist, zum Telefonhörer
griff. „Wer stoppt endlich
diesen Mann?“, fragte er, ohne auch
nur ein Wort der Begrüßung zu sagen.
Da erzählte ich ihm die Ge-schichte
von der letzten Weltmeisterschaft,
als Heribert seinen Rückzug
bekannt gegeben hatte und alle,
wirklich alle in WM-reifen Jubel
ausgebrochen waren. Aber Heribert,
damals 57, setzte seine Reporterkarriere
unverdrossen fort.
Das ist das größte Problem an
Faßbender: Dass er sich als WDR-Sportchef
selbst einwechseln kann.
Keiner kann ihn stoppen. Das war
meine Antwort an Kai. Obwohl
Deutschland tatsächlich noch ein
Tor schoss und ins Viertelfinale
kam, fiel Kai am Samstag in
schwere Depressionen. Nur ein
Trost blieb ihm: Das Endspiel überträgt
das ZDF.
aus der ftd vom 17.6.2002
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