Wie glaubwürdig können Analysten sein?
Seit die Kurse in den Keller rauschen, geraten Aktienexperten immer stärker in die Kritik enttäuschter Anleger. Selbst renommierte Research-Abteilungen haben sich mit krassen Fehlurteilen blamiert.
So prognostizierten Analysten der Deutschen Bank im Juni 2000, der Deutsche Aktienindex (Dax) werde in den nächsten zwölf Monaten bis zu 8700 Punkte erreichen. Von dieser Marke ist er zurzeit rund 2600 Punkte entfernt. Noch eklatanter, die Fehleinschätzungen für den Neuen Markt: Im November schätzten Experten der DG-Bank, der Nemax-All-Share werde auf 8000 Punkte klettern. Tatsächlich pendelt der Neue-Markt-Index heute um 1900 Zähler.
Der Unmut vieler Kleinanleger über die Branchenexperten hat auch die Bundesregierung alarmiert. Im Wirtschaftsministerium plant Staatssekretärin Margareta Wolf (Grüne) einen so genannten Ethikkatalog für Wertpapieranalysten, um Investoren besser zu schützen. Die Finanz-Experten sollen sich freiwillig bestimmten Verhaltensregeln unterwerfen. Bis Juni wollen der Wirtschaftsprofessor Wolfgang Gerke und der Chef des Deutschen Aktieninstituts, Rüdiger von Rosen, Vorschläge für Standesregeln ausarbeiten. Ziel ist es, die Unabhängigkeit von Analysten zu stärken und mögliche Interessenkonflikte für die Anleger durchschaubarer zu machen. So könnten Investmentbanken verpflichtet werden, ihre Geschäftsbeziehungen zu den von ihnen analysierten Unternehmen publik zu machen.
"Zum Schweigen verurteilt"
Fraglich ist, ob solche Maßnahmen ausreichen, unseriöse Prognosen von Analysten zu verhindern. Einer derjenigen, die den Analysten-Kodex in der Praxis kaum für anwendbar halten, ist Joachim Goldberg, Geschäftsführer der Gesellschaft für verhaltensorientierte Kapitalmarktanalyse, Cognitrend. Wenn nur noch Aktien analysiert werden dürfen, die sich nicht im Portfolio des Arbeitgebers befinden, dann wären bei der breiten Streuung vieler Bank-Portfolien vermutlich ganze Analystenteams zum Schweigen verurteilt, kritisiert Goldberg in der "Börsen-Zeitung".
80 Prozent der Empfehlungen von Analysten sind Kaufempfehlungen. Nur selten stufen sie eine Aktie auf "Halten" und nur in absoluten Ausnahmefällen raten sie zum "Verkaufen". Die Gründe für den Überhang an optimistischen Prognosen sind in Bankenkreisen ein offenes Geheimnis. Verkaufsempfehlungen werden von den betroffenen Unternehmen äußerst sensibel aufgenommen. Sie können je nach Größe des Bankhauses und Ansehen des Analysten erheblichen Einfluss auf den Kurs einer Aktie haben.
Konflikte mit dem Arbeitgeber
Das kann zu Interessenkonflikten mit dem eigenen Arbeitgeber führen. Die meisten Analysten sind für Investmentbanken tätig, die Firmen bei der Abwicklung wichtiger Finanzgeschäfte unterstützen. Sie organisieren zum Beispiel Börsengänge und kümmern sich bei Kapitalerhöhungen darum, dass die neu ausgegebenen Wertpapiere auch Abnehmer finden. Bewerten Analysten ein Unternehmen negativ, besteht die Gefahr, dass die Firma ihre Geschäfte künftig über eine andere Bank abwickelt.
"Gleichzeitig Research zu betreiben und Aktienemissionen zu betreuen ist immer problematisch", sagt der vom Wirtschaftsministerium mit dem Gutachten zum Analysten-Kodex betraute Bank- und Börsenexperte Wolfgang Gerke. Aktionärsschützer raten darum, Empfehlungen von Analystenhäusern, die nicht an der Börseneinführung beteiligt waren, höher zu bewerten als die Empfehlungen der Konsortialbanken.
Quelle: www.ftd.de/bm/ga/FTD4ZKWOFMC.html?nv=hptn
Seit die Kurse in den Keller rauschen, geraten Aktienexperten immer stärker in die Kritik enttäuschter Anleger. Selbst renommierte Research-Abteilungen haben sich mit krassen Fehlurteilen blamiert.
So prognostizierten Analysten der Deutschen Bank im Juni 2000, der Deutsche Aktienindex (Dax) werde in den nächsten zwölf Monaten bis zu 8700 Punkte erreichen. Von dieser Marke ist er zurzeit rund 2600 Punkte entfernt. Noch eklatanter, die Fehleinschätzungen für den Neuen Markt: Im November schätzten Experten der DG-Bank, der Nemax-All-Share werde auf 8000 Punkte klettern. Tatsächlich pendelt der Neue-Markt-Index heute um 1900 Zähler.
Der Unmut vieler Kleinanleger über die Branchenexperten hat auch die Bundesregierung alarmiert. Im Wirtschaftsministerium plant Staatssekretärin Margareta Wolf (Grüne) einen so genannten Ethikkatalog für Wertpapieranalysten, um Investoren besser zu schützen. Die Finanz-Experten sollen sich freiwillig bestimmten Verhaltensregeln unterwerfen. Bis Juni wollen der Wirtschaftsprofessor Wolfgang Gerke und der Chef des Deutschen Aktieninstituts, Rüdiger von Rosen, Vorschläge für Standesregeln ausarbeiten. Ziel ist es, die Unabhängigkeit von Analysten zu stärken und mögliche Interessenkonflikte für die Anleger durchschaubarer zu machen. So könnten Investmentbanken verpflichtet werden, ihre Geschäftsbeziehungen zu den von ihnen analysierten Unternehmen publik zu machen.
"Zum Schweigen verurteilt"
Fraglich ist, ob solche Maßnahmen ausreichen, unseriöse Prognosen von Analysten zu verhindern. Einer derjenigen, die den Analysten-Kodex in der Praxis kaum für anwendbar halten, ist Joachim Goldberg, Geschäftsführer der Gesellschaft für verhaltensorientierte Kapitalmarktanalyse, Cognitrend. Wenn nur noch Aktien analysiert werden dürfen, die sich nicht im Portfolio des Arbeitgebers befinden, dann wären bei der breiten Streuung vieler Bank-Portfolien vermutlich ganze Analystenteams zum Schweigen verurteilt, kritisiert Goldberg in der "Börsen-Zeitung".
80 Prozent der Empfehlungen von Analysten sind Kaufempfehlungen. Nur selten stufen sie eine Aktie auf "Halten" und nur in absoluten Ausnahmefällen raten sie zum "Verkaufen". Die Gründe für den Überhang an optimistischen Prognosen sind in Bankenkreisen ein offenes Geheimnis. Verkaufsempfehlungen werden von den betroffenen Unternehmen äußerst sensibel aufgenommen. Sie können je nach Größe des Bankhauses und Ansehen des Analysten erheblichen Einfluss auf den Kurs einer Aktie haben.
Konflikte mit dem Arbeitgeber
Das kann zu Interessenkonflikten mit dem eigenen Arbeitgeber führen. Die meisten Analysten sind für Investmentbanken tätig, die Firmen bei der Abwicklung wichtiger Finanzgeschäfte unterstützen. Sie organisieren zum Beispiel Börsengänge und kümmern sich bei Kapitalerhöhungen darum, dass die neu ausgegebenen Wertpapiere auch Abnehmer finden. Bewerten Analysten ein Unternehmen negativ, besteht die Gefahr, dass die Firma ihre Geschäfte künftig über eine andere Bank abwickelt.
"Gleichzeitig Research zu betreiben und Aktienemissionen zu betreuen ist immer problematisch", sagt der vom Wirtschaftsministerium mit dem Gutachten zum Analysten-Kodex betraute Bank- und Börsenexperte Wolfgang Gerke. Aktionärsschützer raten darum, Empfehlungen von Analystenhäusern, die nicht an der Börseneinführung beteiligt waren, höher zu bewerten als die Empfehlungen der Konsortialbanken.
Quelle: www.ftd.de/bm/ga/FTD4ZKWOFMC.html?nv=hptn