wie gewünscht eröffne ich den Steffens-Thread

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daxbunny:

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26.09.06 19:10
Systeme sind auch nur schlechte Analysten

von Jochen Steffens

Gestern legten die amerikanischen Indizes, nach einem kleinen Zwischeneinbruch, noch einen beachtlichen Kursanstieg hin. Und das obwohl Öl wieder anzog. Hier wirken sich Gerüchte um eine Förderungsverknappung durch die Opec massiv preistreibend aus. Das ist es, was ich gemeint hatte, als ich vor zwei Wochen schrieb, ich meide Öl.

Am Montag letzter Woche kam es zu dem von mir erwarteten Bodenversuch. Dann hat Bush mit seiner Rede den Ölpreis noch eine Ebene tiefer rutschen lassen, der Boden war zerstört. Nun war alles nach unten offen. Gestern dann ließ ein Gerücht über eine Förderkürzung den Ölpreis ebenso unmotiviert wieder nach oben schnellen.

Der Ölpreis ist einfach zu sehr abhängig von externen Nachrichten, wobei einfache Kommentare einer Vielzahl von Menschen (Ölminister, Staatspräsidenten, Ölfirmen, Fed-Gouverneure, berufene oder weniger berufene Analysten etc..) schon einen gravierenden Einfluss nehmen können. Derart nachrichten- und gerüchteanfällige Indizes sollten Sie zumindest im kurzfristigen Bereich meiden.

Aber auch der Anstieg der US-Indizes wurde mit einer Aussage von Dallas Fed-Präsident Richard Fisher begründet, der in einer Rede die US-Wirtschaft als weiterhin in einer guten Verfassung einstufte und schon stieg der Dow Jones wieder auf 11575 Punkte.
Gefährliche Kerzen im letzten Moment verhindert

Im Dax hatten sich durch den Zwischeneinbruch bei den amerikanischen Indizes kurz vor Toresschluss „gefährliche“ Tageskerzen ausgebildet, die sich dann aber zum Glück wieder neutralisierten. Ich hatte in diesem Moment zu einem Kollegen gesagt, wenn es jetzt noch ein wenig weiter abwärts geht, wird es heikel (kurzfristig). Doch genau in dem Moment, wo ich das sagte, fand der Markt einen Boden.
Die Bären nutzen ihre Chancen nicht

Wie sagte letztens ein Kollege: „Wenn die Bären die Chance auf Umkehrsignale oder den nachhaltigen Bruch wichtiger Marken nicht nutzen, dann ist das einfach bullish zu werten.“ Der Satz geht mir in den letzten Wochen nicht aus dem Kopf. Öfters in den letzten Wochen konnte man gerade bei einzelnen Aktien erkennen, dass es zunächst zu massiven Verkäufen kam, denen aber dann keine Anschlusskäufe folgten.
Die ehemals schwachen Titel laufen – Trendfolgesystem in Gefahr

Interessant ist auch, dass nun so solche Aktien wie Deutsche Telekom starten. Immerhin ist die Telekom vom Augusttief bei ca. 10,60 € auf 12,60 € angestiegen – knapp 20 % in eineinhalb Monaten – nicht schlecht für einen Daxwert – erste Anzeichen der Mauerblümchen-Rallye. Auch das die Versorger E.ON und RWE, die alten High Flyer im Dax, in dem gleichen Zeitraum eher abwärts notierten, spricht dafür, dass wir einen Favoriten-Wechsel erleben.

Das kann heikel für die Trendfolger werden. Wenn nun tatsächlich die Werte laufen, welche die ganze Zeit über eher ein Mauerblümchendasein geführt haben, die gut gelaufenen Werte jedoch relative Schwäche zeigen, gehen die Trendfolgesysteme in die Knie. Mittlerweile sind mir auch wieder viel zu viele Trendfolger unterwegs. Ich erhalte mittlerweile Mails von Lesern, die mir die Börse erklären wollen – immer hübsch den Aktien folgen, die schon lange gut gelaufen sind. Das ist zwar kein schlechtes System, keine Frage, aber es gibt auch Phasen, da versagen die Trendfolgesysteme.
Wie immer, wenn die Masse etwas entdeckt...

Es ist leider immer so. Wenn irgendein System an der Börse als Allheilmittel gegen Verluste Einzug in die Köpfe der meisten Anleger gefunden hat, naht das Ende dieses System. Ich erinnere mich noch an die vielen Hedgefonds, die zwischen 2000-2003 auf fallende Märkte ebenfalls trendfolgend gesetzt hatten, und damit eine gewisse Zeit große Gewinne erzielten. Short war hipp – Hedgefonds die einzige Alternative, die auch von fallenden Märkten überproportional profitieren konnten. Die Mittelzuflüsse in diese Fonds waren erheblich!

Dann kam die Gegenbewegung von September 2002/März 2003. Hier gingen die ersten Fonds in die Knie. Anleger, die nun nach den guten Jahren für diese Hedgefonds endlich überzeugt waren, hierin ihr Seelenheil gefunden zu haben, investierten genau zum falschen Zeitpunkt. Aber einige dieser Fonds schafften es sogar noch auf steigende Märkte umzuschalten.

Kurs nachdem diese Fonds die größten Mittelzuflüsse hatten, kam die Seitwärtsbewegung ab Dezember 2003 bis August/Oktober 2004. Eine Seitwärtsbewegung, die folgen musste, weil einfach zu viele das gleiche System spielten. Fast alle dieser Hedgefonds gingen in dieser Zeit mit ihrer Performance dick ins Minus.
Jedes Phase hat ihr System

Es ist leider so, es gibt für jede Phase an den Börsen ein System, das funktioniert. Keine Frage. Wenn man Glück hat spielt man gerade das System, das zur aktuellen Situation passt. Wenn aber die aktuelle Situation sich ändert, dann wird man schmerzhafte Verluste machen, wenn man dann nicht in der Lage ist, das System schnell anzupassen.

Das kreide ich auch den Computersystemen an. Da testet man dieses System zurück in die Vergangenheit und feilt und justiert und es läuft auch zwei/drei Monate ganz gut, dann geht jedoch die Performance in die Knie und ruck zuck sitzt man im Minus. Eigentlich müsste man, um mit solchen Systemen wirklich nachhaltig Geld zu verdienen, wissen, in welche Phase der Markt nun eintritt: Seitwärts, steigend, fallend – und das sind nur drei Grobunterteilungen. Nur, ich frage mich, wenn man weiß, in welche Phase der Markt übergeht, wozu braucht man dann noch ein Computersystem?

Ich verlasse mich da lieber auf meinen Instinkt, auf die Nähe zum Markt, auf den gesunden Menschenverstand. Dann bin ich wesentlich flexibler. Vielleicht erinnern Sie sich, ich hatte damals diese Seitwärtsbewegung vorher gesagt – ohne System. Ich glaube fest daran, dass wir Menschen dem Computer zumindest was Börse anbetrifft überlegen sind. Aber ich weiß, dass ich mit dieser Ansicht in unserer technikgläubigen Welt nicht viele Freunde finden werde.
Noch einmal kurz zum Markt:

So lange der Dow Jones an diesem Allzeithoch festhängt, wird es schwierig etwas zum Markt zu sagen, ohne sich ständig zu wiederholen. Also schauen wir, was die Märkte heute so machen. 200 Punkte sind es vom Schlusskurs gestern aus gesehen. Nicht einmal 2 % fehlen also. Wie lange wird der Dow Jones noch brauchen, um diese Marke aus dem Markt zu nehmen? Es kann auch sehr schnell gehen. Gerade steht er auf 11630, noch 120 Punkte – vielleicht bricht er gleich sein letztes Hoch, das ungefähr bei dieser Marke lag – dann wäre die 11750 sozusagen eingeloggt. Spannendes Finish! 11632, das Hoch ist durch! 11634, 38 - 40 – hey, go go go! Aber heute schon? Nein, so einfach wird es uns die Börse nicht machen. Erst wird noch mal in diese und jene Richtung angetäuscht!

Viele Grüße

Jochen Steffens

P.S. Da ich in den letzten Wochen wieder sehr, sehr viele Mails erhalten habe: Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich nicht auf alle Ihre Mails antworten kann. Es ist vom Zeitaufwand einfach nicht realisierbar. Aber, und das kann ich Ihnen versprechen, ich lese jede einzelne! Diese Zeit muss einfach sein. Hin und wieder, wenn Zeit bleibt, antworte ich auch. Denken Sie auch immer daran, der Investor´s Daily ist ein kostenloser Dienst!
Happy End:

Bitte nicht ;-)

 
26.09.06 19:15
"Die Aktienkurse werden steigen - es könnte aber auch sein, dass sie fallen..."
daxbunny:

meine Antwort lautet: JIMPS :-)

 
26.09.06 19:26
deine Antwort hatten wir gestern schon :-)
*fg*

Einige wollten das so und irgendwie muss ich heute noch die 10xxx an meinem Geburtstag vollknallen :-)
Röckefäller:

Danke daxbunny...

 
26.09.06 20:28
... wirklich sehr nett! Aus reiner Neugier lese ich die Kolumne gerne, auch wenn Jochen Steffens sich aus Happy's Sicht nicht festlegt, aber welcher Analyst tut das schon wirklich. Also, nicht traurig sein HappyEnd, einfach überlesen ;)

Wäre nett wenn Du die Jochen Steffens Kolumne dann mit einem Eintrag

  JS xx.xx.xxxx

so oft wie möglich einstellen könntest.

Cu
Röckefäller
Kicky:

Mauerblümchen-Rallye

 
27.09.06 08:12
interessant!
Anti Lemming:

Was da beim DAX läuft

 
27.09.06 08:38
scheint mir ein Spiegelbild des Geschehens in USA zu sein. Die Frankfurter Strategen kopieren die Wall Streeter, die jetzt Energiewerte verkaufen und in Tech-Werte (ja, auch Dt. Telekom ist ein Techwert) umschichten.

Die großen US-Fonds haben das Problem, zu stark in Energie und Rohstoffen investiert gewesen zu sein. Da haben sie im jüngsten Abverkauf, der sehr schnell ging, den Absprung nicht rechtzeitig und vollständig geschafft. Trotzdem verkaufen die Fonds immer noch Ölwerte, um solche "Loser" im September-Kontoauszug nicht mehr den Investoren vorzeigen zu müssen.

Das freiwerdende Geld stecken die Fonds jetzt in "High Beta" Big-Tech (Microsoft usw.), weil sie mit diesen hochliquiden Titeln die Performanceverluste aus den Ölwerten zu kompensieren versuchen. Auch auf die Dt. Telekom wird sich bei 10,60 Euro mancher Fond und vor allem Hedgefond gestürzt haben. So kommt es zur Mauerblümchen-Rallye (Big Tech lief in USA auch lange Zeit sehr schlecht...).

Da die Fonds nur hochliquide "Big Tech"-Titel kaufen, machen die vielen kleinen US-Aktien (für die großen Fonds zu illiquide) die jüngste Rallye kaum mit: Der Russell 2000 steht immer noch rund 10 % unter seinem Allzeithoch im Mai. Die Rallye beschränkt sich daher auf einige "Hip"-Aktien, während die große Masse der Aktien seitwärts läuft oder gar fällt. Es ist typisch, dass die großen Indizes wie der DOW als Letzte toppen.
daxbunny:

Steffens 2006_09_27 o. T.

 
27.09.06 19:19
daxbunny:

hier :-)

 
27.09.06 19:20
Kauflaune unter den Verbrauchern

von Jochen Steffens

Vom Schlusskurs im August bei 5859 Punkten bis zum heutigen Hoch bei 6000 Punkte hat der September bis jetzt ein Plus von 2,41 % gebracht. Immerhin! Wenn man sich anschaut, wie bearish die Meute vor dem September war. Vom Tiefpunkt am 11. September bei 5737 Punkten bis zum heutigen Hoch sind es bereits 4,58 %. Gut, alles keine wirklichen Bullenzahlen, aber ein ordentliches Ergebnis. Doch abgerechnet wird zum Schluss. Und der ist erst am Freitag. Es kann also sein, dass der September auf Monatssicht doch noch ins Minus rauscht.

Der S&P500 ist, wie gestern bereits beschrieben, über das Maihoch hinaus. Der Dow Jones ist gestern in einem Rutsch genau an das Hoch vom Mai gelaufen, ein eher steiler Anstieg in den letzten beiden Tage. So etwas lässt mich immer aufhorchen. Sollte es so dynamisch weiter gehen, kann es an der 11750er Marke eng werden, erst einmal. Mir sind, wie Sie wissen, die langsamen Anstiege an so eine Marke lieber, denn diese sind oft nachhaltiger (Zum Dow gleich mehr).

Der Dax hat hingegen noch Platz bis zum Maihoch, die Outperformance zu den Amis ist wie erwartet nach der WM etwas zurückgegangen. Er hält sich damit eher an den Nasdaq100 der auch noch Platz hat, sein Hoch allerdings schon im Januar ausgebildet hatte. Doch für mich bleibt der Dow Jones und die 11750 Punkte Marke die entscheidende Marke.
Es fängt schon an: Überraschend hohe Kauflaune bei den Deutschen

Die Deutschen kaufen wieder. Das hat die Gesellschaft für Konsumforschung (GFK) ermittelt. Der GFK Konsumklimaindex stieg auf 8,8 Punkte, nach 8,6 Punkten im Vormonat. Analysten hatten lediglich mit einem unveränderten Wert von 8,6 Punkten gerechnet.

Wichtiger Teilaspekt, der dann auch die Überschrift rechtfertigt: Die Anschaffungsneigung der Verbraucher stieg im September auf 62,3 Punkten, nach 56,1 Punkten im Vormonat. Das ist der höchste jemals in dieser Umfrage gemessene Wert! Kaufrausch!

Ich sagte doch, Konsumtitel sind es. Die Konsum-Aktie, die ich dann auch meinen Kunden empfohlen habe, ist allerdings schon seltsamerweise gestern vor Veröffentlichung dieser Zahlen, aus ihrer langen, engen Seitwärtsbewegung massiv ausgebrochen (+3,5 %). Wusste da jemand wieder vorher mehr?
Ein heikles Thema

Man sieht es immer wieder, dass kurz vor irgendwelchen Daten Bewegungen stattfinden, die eigentlich erst nach Veröffentlichung der Daten Sinn machen. Oft vergisst man aber auch, dass viele institutionelle Anleger sehr genau arbeitende Researchabteilungen besitzen und es manchmal gar nicht so schwer ist, Zahlen vorherzusehen. Ich will damit nicht sagen, dass es keine Insiderinformationen und Klüngel (wie wir Kölner sagen) an der Börse gäbe. Aber ich glaube, dass vieles auch einfach andere Gründe hat, der richtige Klüngel gar nicht so leicht zu erkennen ist und in den allermeisten Fällen auch nie an die Öffentlichkeit gelangt.
Das Offensichtliche leugnen

Auszüge aus einem US-Geheimdienstbericht sind an die Öffentlichkeit gedrungen, aus denen hervorgeht, dass der Irakkrieg die terroristischen Kräfte der islamischen Welt deutlich „gestärkt“ habe (wenn der US-Geheimdienst schon zu solchen Ergebnissen kommt...).

Bush sah sich aufgrund massiven Drucks der Öffentlichkeit genötigt, den Bericht, beziehungsweise Teile des Berichtes freizugeben und widerspricht der Interpretation seiner politischen Gegner, welche die Gerüchte in Umlauf gebracht hatten, vehement, dass der Irakkrieg den Terrorismus gefördert hätte.

Die Demokraten wiederum warfen Bush anschließend vor, wichtige Passagen des Berichts nicht veröffentlicht zu haben.

Natürlich hat der Irakkrieg, aber auch die gesamte US-Außenpolitik während der Regierung Bushs dem muslimischen Terrorismus in die Hände gespielt und eine zum Teil doch sehr ausgeprägte antiamerikanische Stimmung in vielen muslimischen Ländern entstehen lassen, beziehungsweise die vorhandenen Ressentiments massiv verstärkt. Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, bedarf es meiner Meinung nach keines Geheimdienstberichtes.

Dass Bush den Zusammenhang leugnet und sich auf den Standpunkt stellt, ohne den Irakkrieg hätte es auch nicht weniger Terrorismus gegeben, mag aus seiner Weltsicht vielleicht sogar stimmig erscheinen. Es dürfte aber auf jeden Fall wahlkampftechnisch sinnvoll sein, so zu argumentieren. Wirklich zu klären ist jedoch nicht, was ohne den Irakkrieg gewesen wäre. Wer weiß schließlich schon was gewesen wäre, wenn ein Ereignis nicht stattgefunden hätte.

Einigen wir uns also darauf: Der Wahlkampf zu den Kongresswahlen in den USA ist in die heiße Phase eingetreten.

Viele Grüße

Ihr

Jochen Steffens

P.S. Ich sehe gerade der Dow Jones steht bei 11715 Punkte, es fehlen nur noch 35 Punkte - ob heute die Sektkorken knallen? Ohne Widerstand der Bären? Hm....
Röckefäller:

Prima! Weiter so daxbunny...

 
28.09.06 00:50
... thanks!

Cu
Röckefäller
daxbunny:

Steffens 2006_09_28

 
28.09.06 18:48
Ein unnötiger Aufschrei

von Jochen Steffens

Heute musste ich bei mehreren Analysten einen „Aufschrei“ zu den Hausverkäufen „neuer Häuser“ lesen. Darunter natürlich auch besonders unsere bearischen Kollegen. Es ging um folgendes: Gestern wurde veröffentlicht, dass die Zahl der Häuserverkäufe um 4,1 % auf 1,050 Mio. gestiegen sei. Gleichzeitig wurde der Vormonatswert von zuvor geschätzten 1,072 Mio. auf nun 1,009 Mio. Häuser „revidiert“.

Nimmt man diese „Revision“ heraus, dann wäre jedoch unter dem Strich ein weiterer Rückgang verblieben, nämlich von 1,072 auf 1,050 Mio. Häuser. Soweit ist das richtig.
Revisionen sind Normalität

Falsch ist es hingegen, den Eindruck vermitteln zu wollen, die Revisionen sei willkürlich oder sogar absichtlich motiviert. Die Zahlen, die hier veröffentlicht werden, sind vom August. Wir haben Mitte/Ende September. Es sind zunächst Schätzungen, wie so oft bei Konjunkturdaten, die früh veröffentlicht werden. Es ist zudem ein völlig normales Prozedere, dass die Zahlen von Monat zu Vormonat revidiert werden.
Der Wert ist hohen Schwankungen unterworfen

Die Zahlen zu den Hausverkäufen sind generell hohen Schwankungen unterworfen. Tatsächlich muss man Wetter und andere Faktoren einbeziehen. Zwar sind die Zahlen „saisonbereinigt“ aber gerade aus diesem Grund kann es aufgrund einzelner Phänomene zu starken Verzerrungen kommen.

Deutlich wird das, wenn man sich ansieht, wie solche Zahlen überhaupt errechnet werden. Es handelt sich um einen mehrstufigen, sehr komplexen Prozess. Zunächst wird zum Beispiel erfasst, wie viele Baugenehmigungen es in einem bestimmten Monat gegeben hat (ein geschätzter Wert). Dieser Wert ist dann eine Grundlage für die spätere Hochrechnung. Anschließend werden stichprobenartig (!) Erbauer und Eigentümer von neuen Häusern befragt, ob ihre Häuser bereits verkauft sind oder noch zum Verkauf stehen. Wenn sie verkauft sind, werden Monat und Jahr abgefragt, wann sie verkauft wurden. Und das ist einer der Gründe für die Revisionen. Ein weiterer ist: Es kommt dann noch zu Anschlussbefragungen, die das Bild wieder verändern.

Diese ermittelten Zahlen werden dann anhand eines bestimmten, etwas komplizierten Schlüssels hochgerechnet und ergeben einen bestimmten Wert, der monatlich veröffentlicht wird. Gleichzeitig wird die Revision des Vormonatswertes angegeben. Und wer die Hochrechnungen bei Wahlen kennt, weiß, dass Endergebnis und Hochrechnungen immer differieren.

Chart

Schaut man sich die Werte der letzten 12 Monate an, sieht man, dass es zum Beispiel auch im Februar zu einem starken Einbruch nach unten gekommen ist. Wie gesagt, eine hohe Volatilität ist normal. Also an dem Juli-Wert, der revidiert wurde, ist soweit nichts ungewöhnliches. Wie ich mehrfach schon zu den Immobilienmarktdaten geschrieben hatte, muss man bei diesen Zahlen immer eine längere Tendenz abwarten. Trotz allem können die Zahlen von gestern eine Wende einleiten, dazu einmal der Langfristchart:
Die Millionengrenze

Chart

Sie sehen, dass es ab 2003, nach dem die Millionengrenze gebrochen wurde, zu einem scharfen Anstieg gekommen ist (die allseits bekannte Immobilienblase), der dann anschließend wieder seit Mitte 2005 zurückgekommen ist. Schaut man sich die Werte ab 1998 an, dann sieht man, dass die Millionengrenze seit dieser Zeit im Spiel ist. Insofern ist nicht viel passiert. Man könnte von einer Beruhigung sprechen, auf einen fairen Wert (die Millionengrenze), der seit Jahren Gültigkeit hat. Natürlich können die Verkäufe neuer Häuser auch noch unter die Millionen fallen, aber es sieht doch alles danach aus, als würde sich die Entwicklung um dieses Niveau herum stabilisieren. Und dies ist das eigentlich Interessante an diesen Zahlen.
Für den Markt war etwas anderes entscheidend:

Wichtig für den Markt war bei diesen Zahlen übrigens nicht der absolute Wert, sondern, dass die Erwartungen der Analysten von 1,02 bis 1,04 Mio. gelegen hatten, der tatsächliche Wert mit 1,05 Mio. also über den Erwartungen gelegen hat. Und wie wir wissen, reagieren die Märkte besonders auf Abweichungen von den Erwartungen der Analysten. Alles in allem also viel Wind um Nichts...
Zum Markt:

Es ist wie immer überraschend, wie oft sich die verschiedenen Charts der internationalen Indizes gleichzeitig an wichtigen Widerständen aufhalten. Der Dow Jones versucht sich an seinem Allzeithoch und der Dax klebt an der 6000er Marke fest. Im Moment quält sich alles etwas dahin. Die Frage, ob der Dow Jones sein Allzeithoch bricht, bleibt im Raum – das große Theaterstück entwickelt nur im Moment in der Mitte etwas Längen, was aber normal für epochale Werke ist – Zeit, sich mit neuen Chips und Salzstangen zu versorgen.

Ich bin gespannt, was der Markt noch vor hat. Doch noch nach unten antäuschen, oder sogar nach oben?

Viele Grüße

Ihr

Jochen Steffens
daxbunny:

Steffens 2006_09_29/30

 
30.09.06 09:06
Einer fehlt noch...

von Jochen Steffens

Hinweis in eigener Sache: Am Montag wird mich mein Kollege Tom Firley vertreten, ich gönne mir eine Tag Urlaub und werde Ihnen dann nach dem Feiertag am Mittwoch wieder zur Verfügung stehen.

Ja, und nun sind sie alle durch, der Nasdaq100 durch seinen wichtigen Widerstand, der S&P500, heute schaffte der Dax es über die 6000 Punkte-Marke und nun warten wir nur noch auf den Dow Jones. Schafft er es, oder schafft er es nicht?
Das Quartalsende nährt Bedenken

Dummerweise endet heute auch noch das 3. Quartal. Nun kann man sich auf den Standpunkt stellen, dass einige Institutionelle, die quartalsweise abrechnen, noch ein wenig Kurskosmetik betrieben haben und aus diesem Grunde die Kurse noch etwas angestiegen sind.

Dann bestünde tatsächlich die Gefahr, dass wir heute zumindest ein Zwischenhoch gesehen haben. Der Dax mit einem schönen False Break über die 6000er, der S&P taucht auch noch einmal ab und der Dow Jones scheitert gar an seinem Hoch. Schließlich erwartet uns auch noch die Berichtssaison zum dritten Quartal und auch hier könnte es einige schlechte Nachrichten geben. Auf der anderen Seite stützt zumindest heute der wieder leicht rückläufige Erdölpreis die Kurse.
Dow Jones im Toleranzbereich

Aus charttechnischer Sicht würde sogar das gestrige Hoch von 11727 Punkten im Prinzip als ein Test der 11750er Marke durchgehen. Schließlich fehlten läppische 0,2 %. Diese Unschärfe liegt im Toleranzbereich. Nachtrag: Gerade sehe ich, der Dow hat eben ein neues Hoch bei 11741 Punkten gemacht – das gilt mittlerweile ohne Zweifel als Test der 11750er Marke. Einfach macht er es uns nicht, der Dow!
Der Bruch muss nachhaltig werden

Doch all das ist noch nicht wirklich relevant. Es muss zu einem nachhaltigen Überwinden kommen. Das bedeutet zumindest ein Schlusskurs über 11750 Punkte. Besser wäre noch eine komplette Kerze oberhalb der 11750 Punkten. Am eindeutigsten ist es, wenn die Marke nach oben aufgelöst wird und es anschließend noch einmal zu einem Test der 11750er Marke von oben kommen würde.
Jeder Kauf ist auch ein Verkauf

Also Quartalsende, direkt unter/an dieser Marke – heikel, heikel. Doch heikel ist es an der Börse immer! Es gibt immer viele Gründe zu verkaufen und mindestens ebenso viele Gründe zu kaufen. Anders wäre es wohl kaum möglich, dass Ihnen fast immer, wenn Sie gerade ein geniales und unübertroffenes Einstiegssignal sehen, jemand seine Aktien verkauft. Dieser muss schließlich gerade ein überzeugendes Ausstiegssignal entdeckt haben, warum sollte er sonst verkaufen?

Damit ist eins sicher: Jedes Mal wenn ein Aktienhandel stattgefunden hat, wird einer der beiden beteiligten Parteien mit seinem Handel falsch gelegen haben. Entweder hat der eine zu früh verkauft, oder der andere hat zu spät gekauft. So ist die Börse.

Nun gibt es verschiedene Zeitrahmen, in denen Menschen handeln. Es gibt aber auch andere Gründe Aktien zu verkaufen, einfach weil zum Beispiel die Frau mal wieder ihre Diamantohrringe beim Sambatanzen verloren hat und seitdem etwas rumnörgelt, oder weil der Ferrari die letzte innige Kontaktaufnahme mit einem Baum am Straßenrand nicht so wirklich gut vertragen hat. Doch generell bleibt Fakt: Jeder Aktienhandel hat einen Gewinner und einen Verlierer.
Sind meine Kaufgründe wirklich gut?

Manchmal hilft es, sich das bei jedem Aktienhandel bewusst zu machen. Also sich zu fragen, worin die andere Seite denn gerade die geeignete Verkauf/Kaufgelegenheit sieht. Das kann helfen, eine zu einseitige Sichtweise zu verhindern.
Sind wir nicht alle ein wenig gefärbt?

Und ich entdecke eigentlich bei all meinen Kollegen eine gewisse Färbung. Die einen sind immer tendenziell eher bearish ausgerichtet, die anderen eher bullish. Es ist sehr wichtig, in diesem Punkt ehrlich zu sich zu sein und seine Färbung zu erkennen. Dann muss man nur noch diese Neigung aus den eigenen Analysen herausrechnen.

Wenn ich Sie nun fragen würde, welche Tendenz Sie bei mir erwarten würden (und Sie mich noch nicht länger lesen) würden Sie sicherlich sagen: Der Steffens hat einen Touch ins Bullishe. Das ist aber grundfalsch. Ich habe eine grundsätzliche Neigung Charts tendenziell eher bearish zu interpretieren. Da ich das weiß, konzentriere ich mich allerdings verstärkt auf die bullishen Aspekte.
Auf dem Kopf zur Wahrheit

Zum Schluss noch ein Tipp, wie man gerade als Charttechniker vermeiden kann, eine zu einseitige

Sichtweise zu etablieren. Drucken Sie den Chart aus und drehen Sie ihn dann auf den Kopf. Nehmen wir an, Sie wären vorher überzeugt gewesen, dass die Aktie steigt, dann müsste der auf den Kopf gestellte Chart Ihnen nun deutlich einen fallenden Kurs signalisieren. Wenn es da Divergenzen in ihrem Chartgefühl gibt, dann sollten Sie ihre Analyse noch einmal überprüfen.

Viele Grüße

und Ihnen ein schönes Wochenende

Jochen Steffens
Wichtiges P.S.: Poole erwähnt Zinssenkung!

Ich erfahre gerade, dass eben Fed Mitglied Poole gesagt hat: Eine dauerhafte konjunkturelle Schwäche der US-Wirtschaft könne auch eine Zinssenkung erfordern! Die aktuelle Zinspause sei überdies Folge der "erwarteten" Konjunkturabkühlung.

Man sieht die Fed bereitete die Märkte auf eine erste Zinssenkung vor, es entwickelt sich genau so, wie ich es mir gedacht habe.

Ebenso war von Poole zu hören, dass das Risiko für eine Rezession in den USA zurzeit gering sei.

Nun kann man natürlich sagen, was interessiert mich, was die Fed sagt, doch der geneigte Beobachter kann nicht leugnen, dass die Fed oft sehr genau Dinge vorbereitet und vorhergesagt hat. Nicht umsonst heißt es: Never fight the Fed.
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