Controlling? Risikomanagement? Wertschaffung, gesteuert mit Kennzahlen? Bei etlichen Firmen am Neuen Markt, der Börse für die vermeintlich zukunftsträchtigsten unter den deutschen Aktiengesellschaften, ist die tiefere Bedeutung dieser Begriffe offenbar weitgehend unbekannt.
Chaotische Zustände: In "eine Firma, bei der nicht einmal die Buchhaltung läuft", sei er geraten, stellte der Frankfurter Insolvenzverwalter Dirk Pfeil erstaunt fest, als er erstmals die Unterlagen des zahlungsunfähigen Unternehmens Gigabell sichtete. Kein computergestütztes Rechnungswesen, noch nicht einmal ein Sammelordner. Nur vereinzelte lose Blätter in Schubladen.
"Am Neuen Markt zählte immer nur Schnelligkeit", sagt Wilfried Beeck, Finanzchef von Intershop. Viele CFO seien vor allem damit beschäftigt gewesen, an der "Story" ihrer Unternehmen für den Börsengang zu feilen. "Das war wie ein Schnellkurs für Finanzvorstände", sagt Beeck,
"in den Firmen am Neuen Markt gab es niemanden, der das schon einmal gemacht hatte."
Einen, der kontrollierte, hinterfragte, auf die Kostenbremse trat, habe es dagegen in den seltensten Fällen gegeben, klagt der auch als Chief Operating Officer (COO) für das Tagesgeschäft zuständige Beeck.
"Wie auch?" fragt er. "Während des Börsenbooms ging es doch nur darum, so schnell wie möglich zu investieren, zu übernehmen, zu wachsen." Wer das nicht machte, so Beeck, wurde mit Missachtung abgestraft.
Verheerende Folgen: Nicht nur für Pleitefirmen wie Gigabell waren Controlling und Rechnungslegung offenbar Fremdwörter. Auch vermeintliche Stars des Neuen Marktes wie das Medienunternehmen EMTV begingen gröbste Bilanzierungsfehler.
Erst heute, nachdem die Börsenblase geplatzt ist, interessieren sich die Anleger weniger für eine schöne Wachstumsvision als für solide Zahlen. "In den Diskussionen mit Analysten geht es fast nur noch um Profitabilität", sagt Georg Heusgen, Vorstandssprecher und zugleich CFO beim Internet-Buchhändler Mediantis.
Warum machen Sie Verlust, wann werden Sie profitabel, wie wollen Sie das erreichen, erlaubt Ihnen das die Marktstellung? Das sind heute die Themen im Gespräch mit Investoren.
Unangenehme Fragen, da den meisten Internet-Firmen durch die extrem gesunkenen Börsenkurse die Möglichkeit verwehrt ist, sich über die Börse frisches Geld zu besorgen. "Wir müssen mit den gegebenen Mitteln auskommen, sprich: sparen", sagt Heusgen. Wer diese Disziplin nicht beherrscht, der fliegt.
Entlassungswelle: Die Liste der Finanzvorstände, die ihr Unternehmen vorzeitig verlassen mussten, ist lang. Vergangenes Jahr erwischte es am Neuen Markt außer Florian Haffa von EMTV noch 27 weitere Finanzvorstände; dieses Jahr wurden bislang ein rundes Dutzend gegangen.
Im kalifornischen Silicon Valley bieten Wagnisfinanziers einen besonderen Service an: "Rent a CFO", miete einen Finanzchef. Eine Geschäftsidee, die wohl auch am Neuen Markt in Deutschland Erfolg verspricht.
Chaotische Zustände: In "eine Firma, bei der nicht einmal die Buchhaltung läuft", sei er geraten, stellte der Frankfurter Insolvenzverwalter Dirk Pfeil erstaunt fest, als er erstmals die Unterlagen des zahlungsunfähigen Unternehmens Gigabell sichtete. Kein computergestütztes Rechnungswesen, noch nicht einmal ein Sammelordner. Nur vereinzelte lose Blätter in Schubladen.
"Am Neuen Markt zählte immer nur Schnelligkeit", sagt Wilfried Beeck, Finanzchef von Intershop. Viele CFO seien vor allem damit beschäftigt gewesen, an der "Story" ihrer Unternehmen für den Börsengang zu feilen. "Das war wie ein Schnellkurs für Finanzvorstände", sagt Beeck,
"in den Firmen am Neuen Markt gab es niemanden, der das schon einmal gemacht hatte."
Einen, der kontrollierte, hinterfragte, auf die Kostenbremse trat, habe es dagegen in den seltensten Fällen gegeben, klagt der auch als Chief Operating Officer (COO) für das Tagesgeschäft zuständige Beeck.
"Wie auch?" fragt er. "Während des Börsenbooms ging es doch nur darum, so schnell wie möglich zu investieren, zu übernehmen, zu wachsen." Wer das nicht machte, so Beeck, wurde mit Missachtung abgestraft.
Verheerende Folgen: Nicht nur für Pleitefirmen wie Gigabell waren Controlling und Rechnungslegung offenbar Fremdwörter. Auch vermeintliche Stars des Neuen Marktes wie das Medienunternehmen EMTV begingen gröbste Bilanzierungsfehler.
Erst heute, nachdem die Börsenblase geplatzt ist, interessieren sich die Anleger weniger für eine schöne Wachstumsvision als für solide Zahlen. "In den Diskussionen mit Analysten geht es fast nur noch um Profitabilität", sagt Georg Heusgen, Vorstandssprecher und zugleich CFO beim Internet-Buchhändler Mediantis.
Warum machen Sie Verlust, wann werden Sie profitabel, wie wollen Sie das erreichen, erlaubt Ihnen das die Marktstellung? Das sind heute die Themen im Gespräch mit Investoren.
Unangenehme Fragen, da den meisten Internet-Firmen durch die extrem gesunkenen Börsenkurse die Möglichkeit verwehrt ist, sich über die Börse frisches Geld zu besorgen. "Wir müssen mit den gegebenen Mitteln auskommen, sprich: sparen", sagt Heusgen. Wer diese Disziplin nicht beherrscht, der fliegt.
Entlassungswelle: Die Liste der Finanzvorstände, die ihr Unternehmen vorzeitig verlassen mussten, ist lang. Vergangenes Jahr erwischte es am Neuen Markt außer Florian Haffa von EMTV noch 27 weitere Finanzvorstände; dieses Jahr wurden bislang ein rundes Dutzend gegangen.
Im kalifornischen Silicon Valley bieten Wagnisfinanziers einen besonderen Service an: "Rent a CFO", miete einen Finanzchef. Eine Geschäftsidee, die wohl auch am Neuen Markt in Deutschland Erfolg verspricht.
