Wie die Clausewitz AG Millionen scheffelt

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Wie die Clausewitz AG Millionen scheffelt

 
24.04.02 14:35
Weil das US-Verteidigungsministerium nicht genug Leute hat, übernehmen zunehmend private Militärberater das Training ausländischer Alliierter. Für die Kriegs-Consultants ist das Geschäft äußerst lukrativ, Kritiker warnen jedoch davor, dass die Zahl der Kriegsverbrechen ansteigen könnte.

New York - Wenn die Amerikaner aus Afghanistan abziehen, werden sie voraussichtlich einen Haufen hochdekorierter Generäle und Colonels zurücklassen. Doch diese Männer gehören nicht zur US-Army, sondern arbeiten auf eigene Rechnung. Für eine stattliche Summe werden sie das von den US-Truppen begonnene Werk fortführen: Sie sollen eine disziplinierte afghanische Armee aufbauen, die die Ordnung im eigenen Land aufrecht erhalten kann.
Outsourcing spielt auch im Pentagon eine immer größere Rolle. Private Söldnerfirmen springen ein, wo die US-Armee nicht mehr kann oder nicht mehr will. Sie trainieren ausländische Truppen im Umgang mit Waffen, führen Schlachtsimulationen mit Offizieren durch und entwerfen Militär-Doktrinen. Die Söldner sind meist ehemalige GIs, die im Zuge des Truppenabbaus entlassen wurden und jetzt ihre Kriegskünste gegen Bares anbieten.

Söldnerfirmen machen keinen Unterschied zwischen den Kriegsparteien

Seit dem Ende des Kalten Krieges ist eine ganze Söldnerbranche entstanden. Allein in den USA gibt es 200 Firmen, schätzt Ed Soyster, Sprecher von Military Professional Resources Inc. (MPRI), einem der Marktführer. In Russland sollen es sogar mehrere tausend sein. Frei von nationalen Emotionen, sind diese Firmen schlicht käuflich: So hat MIPR das Kunststück fertig gebracht, sämtliche Kriegsparteien im früheren Jugoslawien außer den Serben zu beraten.

Der Anti-Terror-Feldzug der Bush-Regierung wird den Söldner-Boom noch anheizen. Mindestens ein Dutzend zusätzliche Länder erhalten ab sofort amerikanische Militärhilfe. Allein das Sofortpaket für "Länder unter direkter terroristischer Bedrohung" ist 27,1 Milliarden Dollar schwer. Ein Gutteil davon wird in die Taschen der privaten Ausbilder wandern. Der Grund ist simpel: "Die Army hat ein Personalproblem, sie schafft es nicht allein", sagt Soyster. MPRI hat 930 feste Mitarbeiter und kann für jedes Projekt auf eine Datenbank von 15.000 Profis zurückgreifen.

Beobachter sehen die Privatisierung des Kriegshandwerks mit Sorge. Die Renaissance der Söldner werde über kurz oder lang zu einem Anstieg der Kriegsverbrechen führen, prognostizieren sie, weil Unternehmen sich nicht ans internationale Recht gebunden fühlten. "Zwischenfälle sind unvermeidlich", warnt Chris Hellman vom unabhängigen Center for Defense Information (CDI) in Washington.

Einsatzgebiet: die blutigen Bürgerkriege in Sierra Leone oder Angola

Eine der berüchtigsten Söldnerfirmen, Executive Outcomes aus Südafrika, hat bereits in den blutigen Bürgerkriegen von Angola und Sierra Leone mitgemischt. Den US-Firmen ist ein solches Engagement offiziell nicht erlaubt. Sie dürfen keine Waffen tragen und nicht an Gefechten teilnehmen. Jeder einzelne Auftrag muss vom Pentagon genehmigt werden. MPRI zum Beispiel bekam 1994 keine Erlaubnis, sich in Angola zu engagieren.

Aber die Grenze zwischen reiner Beratung und Kampfeinsatz verschwimmt in der Praxis. So fliegen Mitarbeiter der US-Firma DynCorp, die im Auftrag des Pentagons die kolumbianische Armee trainieren, auch schon mal mit ihren Kampfhubschraubern Einsätze gegen die Drogenmafia, sagt Hellman. Auch bei zahlreichen MPRI-Einsätzen sei es zu Verstößen gekommen, behauptet der Betreiber der Webseite mprisucks.com, laut Soyster ein ehemaliger Mitarbeiter.

Die großen amerikanischen Firmen setzen alles daran, nicht mit marodierenden Plünderer-und-Vergewaltiger-Banden verglichen zu werden. Aus Imagegründen wollen sie daher nicht einmal Söldner genannt werden. Sie bevorzugen die harmlose Kennung "Sicherheitsberater". Sie operieren auch nicht im Geheimen, sondern haben ganz normale Büros, Webseiten und Marketing-Experten. Einige sind sogar an der Börse notiert.

Die meisten haben einen direkten Draht in die höchsten amerikanischen Militärzirkel. MPRI, deren Firmenlogo ein blankes Schwert ist, etwa wurde 1987 von sieben amerikanischen Ex-Generälen gegründet. Firmensprecher Soyster war bis zu seinem Ausscheiden vor zehn Jahren Direktor der Defense Intelligence Agency, der im Pentagon angesiedelten Konkurrenz zur CIA.

Profite bleiben Geheimsache

Jetzt profitieren die Generäle von ihren alten Kontakten. MPRI wächst laut Soyster jährlich um 15 Prozent, im vergangenen Jahr erzielte sie einen Umsatz von 90 Millionen Dollar. Über den Gewinn schweigt Soyster sich aus. Seit dem 11. September brauche man sich um Aufträge jedoch nicht mehr zu sorgen.

Eine finanzielle Analyse der meisten Söldnerfirmen ist schwierig, denn die Marktführer sind alle Teil von größeren Rüstungskonglomeraten, die ihre Einzelaktivitäten nicht detailliert aufführen. MPRI startete zwar als unabhängige Beratung, wurde aber vor zwei Jahren von L-3 Communications gekauft. Die börsennotierte L-3 erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 2,35 Milliarden Dollar, daneben verschwindet der Umsatz von MPRI.

Auch die von Vietnam-Veteranen gegründete Pionierfirma Vinnell, die mit einer Kongress-Erlaubnis 1975 als erste eine ausländische Armee (die saudi-arabische Nationalgarde) trainieren durfte, ist von einem Giganten geschluckt worden. Die Rüstungs- und Autofirma TRW hatte im vergangenen Quartal einen Umsatz von vier Milliarden Dollar. Da lassen sich die Einnahmen der Söldnertochter gut in der Bilanz verstecken.

Ähnlich sieht es bei den Wettbewerbern DynCorp, Armor Holdings und Science Applications International (SAIC) aus: Die Beratungstätigkeit rangiert nur unter ferner liefen. Doch nach dem US-Militärprogramm zu urteilen, steht die Nischenbranche vor einem explosiven Wachstum. Der Bedarf nach Training ist hoch. "Das Problem in vielen Dritte-Welt-Ländern ist: Sie kaufen Waffen für viel Geld und wissen dann nicht, wie sie eingesetzt werden", sagt Soyster.

Zivile Militärberater kommen als Geschäftsleute, GIs als Besatzer

Doch der Trend zum Söldnertum sei nicht nur negativ zu bewerten, sagt Hellman. Letztendlich sei die entscheidende Frage nicht, wer das Training ausführe - schließlich halte sich auch die US-Armee nicht an internationale Verträge -, sondern wer es erhalte. Dies müsse stärker reguliert werden. So dürften weder Truppen noch Söldner in instabile Regionen entsendet werden - wie es jetzt in zahlreichen Ländern leider wieder geschehe.

Abgesehen davon könnten private Firmen viele Aufgaben, wie etwa Logistik und technische Unterstützung, effizienter lösen als die Armee, fügt Hellman hinzu. In einigen Regionen, darunter auch Afghanistan, würden zivile Militärberater vielleicht sogar besser empfangen als die verhassten GIs. "Die Söldner kommen nicht als Besatzer, sondern als Geschäftsleute."

spiegel.de
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