Wetten auf den Umschwung

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Wetten auf den Umschwung

 
10.02.02 13:23
Viele angeschlagene Konzerne bieten Anlegern gute Einstiegschancen - Das Risiko: Statt zum Höhenflug kann es auch zur Pleite kommen

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Turnaround-Spezialist: Rolf Eckrodt soll Misubishi wieder flott machen.

EuramS Frankfurt/M. - Die Lage scheint hoffnungslos: In der gesamten Branche bricht die Nachfrage ein, die Umsätze des Unternehmens fallen auf 980 Millionen Euro, ein Minus von 30 Prozent im Jahresvergleich. 120 Millionen Euro Verlust stehen in den Büchern. Börsianer sprechen von Sanierungsfall und Pleite. Der Kurs fällt von umgerechnet 60 auf weniger als 20 Euro. So war es im Jahr 1993. Der Name des Unternehmens: Porsche.

Dann kam mit Wendelin Wiedeking ein neuer Mann auf den Chefsessel. Und der riss das Steuer herum. Wiedeking führte ein knallhartes Kostenmanagement ein. Die Sparmaßnahmen und ein neues Modell, der Porsche Boxster, brachten den Umschwung. Und: Aktionäre, die mit Wiedeking eingestiegen sind, machten hohe Gewinne. Inzwischen liegt der Kurs beim Zwanzigfachen.

«Umschwung-Spekulationen bieten oft Gewinnchancen von mehreren hundert Prozent», sagt Peter Huber von Starcapital. Er betreut den Starpoint Fonds und investiert unter anderem in so genannte Turn-around-Unternehmen.

Woran erkennen Börsianer aussichtsreiche Werte? «Bei einem erfolgreichen Turnaround spielt das Management eine wichtige Rolle», erklärt Franz Josef Leven, Direktor beim Deutschen Aktieninstitut DAI und Experte für Finanz- und Aktienanalysen. Anleger sollten sich fragen: Kommt ein neuer Chef? Hat der schon bewiesen, dass er ein Unternehmen flottmachen kann?

Ein Mann nach dem Geschmack der Turnaround-Spezialisten ist Rolf Eckrodt. Der 59-Jährige soll das Debakel bei Mitsubishi Motors beenden, das die Aktie der Mutter Daimler-Chrysler nach unten zog. Der Mitsubishi-Umsatz fiel in den vergangenen drei Jahren um 20 Prozent. 2001 lag der Verlust bei rund drei Milliarden Euro. Eckrodt zieht jetzt alle Register: Er wechselte fast das gesamte Top-Management aus, schloss eine Fabrik und stellte eine Produktlinie ein. Jeder siebte der 73 000 Mitarbeiter muss sich eine neue Arbeit suchen. Der Sanierer bastelt auch mit neuem sportlichen Design am Image.

«Wichtig bei Turnaround-Spekulationen ist auch die Marktstellung und die Unternehmensgröße», sagt Spezialist Huber. Soll heißen: Finger weg von Pennystocks und dubiosen Firmen. Am liebsten sind Huber Marktführer, die ins Straucheln geraten sind. Aktuelles Beispiel: Lucent Technologies. Das Unternehmen mit Sitz in Murray Hill in New Jersey ist weltweiter Marktführer bei der Ausrüstung von Telekommunikations-Unternehmen. Wegen der Krise bei den Telekoms sank der Umsatz um 25 Prozent. Die Aktie fiel ins Bodenlose, bis der Aufsichtsrat die neue starke Frau an Bord holte.

Seit Januar ist Patricia Russo Chefin. Sie bringt Erfahrung aus Vorstandsetagen, etwa bei AT & T oder bei Eastman Kodak, mit. Und sie soll den Umschwung beschleunigen. Langsam sind die Warenlager abgebaut, neue Bestellungen der Telekom-Firmen sind zu erwarten. Und dann sollte es bei Lucent schnell wieder nach oben gehen. «Die Marktführer profitieren von einer Belebung als Erste. Wenn die Nachfrage wieder anzieht, steigen die Gewinne wegen der Restrukturierungsmaßnahmen überproportional an», sagt Huber.

Auf Beutefang können die Umschwungs-Spezialisten auch in Deutschland gehen, beispielsweise bei Hochtief. Der größte deutsche Baukonzern leidet seit Jahren unter der Krise am heimischen Bau. Doch inzwischen hat das Management das Unternehmen wetterfest gemacht. Der Bauspezialist aus Essen kehrt Deutschland den Rücken, schon heute macht er 80 Prozent des Umsatzes im Ausland.

Der deutsche Hochbau, Verlustbringer Nummer 1, wird weiter reduziert. Der Umsatzanteil beträgt neun Prozent, rotzdem ist die Sparte für einen Verlust von rund 170 Millionen Euro verantwortlich. Dazu kommen für das vergangene Jahr noch einmal rund 100 Millionen Restrukturierungskosten. Folge: Die Kapazität wird weiter gesenkt, Verluste sollten hier bald der Vergangenheit angehören.

Auch Kamps gilt als heimische Turnaround-Wette. Der deutsche Großbäcker ist seit 1998 durch den Kauf von 19 Unternehmen stark gewachsen. Doch Firmenchef Heiner Kamps hat dabei vergessen, dass man erst kauen muss, bevor man schluckt. Allein zwischen 1998 und 2000 stiegen die Verbindlichkeiten bei Banken von rund 48 auf 220 Millionen Euro. Der Kurs der Aktie ist seit ihrem Hoch bei 40 Euro vor zwei Jahren auf inzwischen rund zehn Euro gefallen. Ein Finanzierungspaket sowie die Schuldentilgung sollen die angespannte Finanzlage lockern.

MG Technologies galt schon vor drei Jahren als Turnaround-Kandidat. Damals konnte der Zusammenbruch der Metallgesellschaft nur knapp vermieden werden. Sanierer Kajo Neukirchen gab der MG Technologies eine neue Richtung: Chemie und Anlagenbau. In wenigen Monaten stieg der Kurs von zehn auf über 20 Euro. Die Wende war offenbar geschafft.

Doch seither fällt MG wieder zurück. Auf Kritik stößt die Konglomeratsstruktur. Großaktionär Otto Happel fordert eine Aufteilung in zwei Bereiche. Die Allianz und die Deutsche Bank könnten sich schon bald von ihrem Anteil an MG in Höhe von zusammen etwa 20 Prozent trennen. Kein Wunder, dass Übernahmegerüchte aufkommen, die den Kurs beflügeln könnten.

«Etwa 20 bis 30 Prozent der Kandidaten gehen Pleite», weiß Spezialist Huber. «Niemand kann garantieren, dass ein Unternehmen die Wende schafft», sagt Leven. Sein Rat: «Nur einen kleinen Teil des Vermögens in Turnaround-Spekulationen investieren und auf möglichst viele Kandidaten streuen.» Wer dann noch einige Jahre wartet, könnte sich über so manchen Porsche im Depot freuen.
hjw2:

Bei Kamps bin ich sehr skeptisch....!!?? o.T.

 
10.02.02 14:40
Happy End:

...aber immer noch sehr aufschlussreich!

 
10.02.02 14:52
Gruß
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