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Die Krise in der westafrikanischen Elfenbeinküste könnte Naschkatzen und Weihnachtsbäcker teuer zu stehen kommen. Der Aufstand im weltweit stärksten Kakaoanbaustaat und die damit verbundenen Sorgen um Engpässe haben den Preis für das braune Pulver auf den höchsten Stand seit 17 Jahren steigen lassen. Während Farmer im Konfliktland selbst um ihre Ernte bangen, frohlocken die Nachbarstaaten. Sie profitieren von den Unruhen.
»Tendenz steigend«
Ihr Ausbruch ließ den Preis für die gelben Bohnen seit dem 19. September aus seinem größten Tief seit Mitte der 80er Jahre in ungeahnte Höhen steigen: Um zwölf Prozent kletterte er bisher. Nach den Kämpfen um das Kakaohandelszentrum Daloa wurde die Tonne Bohnen am Wochenanfang an der Londoner Kakaobörse mit umgerechnet 2577,90 Euro notiert. »Tendenz steigend«, prophezeien die meisten Händler.
Gastarbeiter davongelaufen
»Die Käufer fürchten nicht nur, dass ihnen der Versorgungsweg zu den Kakaoproduzenten der Elfenbeinküste abgeschnitten wird«, sagte eine Händlerin aus New York dem Radiosender BBC. »Nach den Übergriffen auf Ausländer infolge der Soldatenrevolte sind den Farmen zur einsetzenden Erntezeit auch tausende von Gastarbeitern aus Burkina Faso davongelaufen.« Die Arbeitskräfte aus dem nördlichen Nachbarland wiederum sind das Rückgrat für die Ernte, mit der die Elfenbeinküste sonst 40 Prozent der weltweit vertriebenen Kakaobohnen einfährt.
Langfristige Auswirkungen
Rund eine Million Tonnen Kakao pro Jahr werden dort in Friedenszeiten produziert und exportiert. Doch während die Rebellen nun weite Teile der Kakaoregion kontrollieren, beherrscht die Regierungsarmee weiterhin die Ausfuhrhäfen. Nach Schätzungen von Marktexperten ist derzeit rund ein Drittel der Kakaoproduktion des Landes lahm gelegt. »Dies hat aber allenfalls langfristige Auswirkungen auf dem Kakaomarkt«, meint ein Experte der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) im Nachbarland Ghana. »Denn auf Grund jahrelanger Überproduktion liegen rund 40 Prozent der gesamten Kakaoernte auf Halde.«
Mit Mineraldünger hat gerade die Elfenbeinküste ihre Produktion auf 1,4 Millionen Tonnen Kakaobohnen im Jahr gesteigert. Verschreckt durch die dortige Krise erkunden die Käufer derweil neue Quellen in der Nachbarschaft: Zusammen mit der Elfenbeinküste fahren die westafrikanischen Länder Ghana, Nigeria und Kamerun über zwei Drittel der jährlichen weltweiten Kakaoernte ein. Die Kakaofarmer dort bekommen zur Zeit die für sie positiven Seiten des Konflikts zu spüren. So verdoppelten die Farmer in Kamerun in den vergangenen drei Wochen ihre Einkünfte.
Mehr verkauft als produziert
Bestärkt durch den neuen Boom versprach auch der staatliche Kakao-Ausschuss des drittgrößten Produzenten Ghana seinen Farmern Ende vergangener Woche mehr Geld für Tropen-Gewächse. Doch während die Kakaobauern in Ghanas Ashanti-Region schon von einem Rekordjahr sprechen, ahnen die meisten Ghanaer noch nichts von Gerüchten, die für einen bitteren Beigeschmack sorgen: Mitarbeiter des Kakao-Ausschusses sollen bereits vor dem Preisanstieg per Termingeschäft 320 000 Tonnen Kakaobohnen verhökert haben. Die Kakaoernte beträgt jedoch gerade mal 300 000 Tonnen. Für das dicke Geschäft mangelt es Ghana nun an Bohnen. Mehrere verarbeitende Industrien, darunter die unter deutscher Leitung stehende »West African Mills Company« (WAMCO), der größte Kakaoverarbeiter des Landes, mussten ihre Arbeit bereits über mehrere Wochen einstellen.