Wer wird neuer Präsident der EZB?
London, 18. April (Bloomberg) - Noch rätseln die Märkte darüber, ob der Präsident der europäischen Zentralbank, Wim Duisenberg, seine volle Amtszeit durchzieht oder nach vier Jahren Platz macht für Jean-Claude Trichet, wie 1998 informell vereinbart wurde. Die Franzosen, die ihren eigenen Kandidaten durchsetzen wollten, akzeptierten Duisenberg unter der Bedingung, dass er nur die ersten vier Jahre dieses Amt bekleidet und dann den Weg für den gegenwärtigen französischen Zentralbankpräsidenten Trichet frei macht.
Ob diese Vereinbarung noch gilt, kann niemand sagen. Bei einer Gelegenheit sagte Duisenberg, dass er nicht damit rechnet, die ganzen acht Jahre Präsident zu sein, ein anderes mal sagte er, dass er nicht nach vier Jahren zurücktreten werde. Reporter, die bei der EZB-Pressekonferenz letzte Woche um Klarstellung baten, wurden auf diese beiden Antworten verwiesen. Bei einer Angelegenheit von unbestreitbarem öffentlichen Interesse - wer der nächste Präsident der EZB sein wird - war dies eine äußerst unkooperative Antwort. Duisenberg muss hier endlich für Klarheit sorgen. Denn das politische Taktieren, wer nächster Präsident der EZB werden soll, hat bereits begonnen.
Die Chancen stehen gut, dass er gehen wird. Die Franzosen werden auf der Vereinbarung von 1998 bestehen. Auch bietet Duisenberg einige Angriffsflächen. Er ist für die Devisenmärkte weder glaubhaft noch eine wichtige Kraft. Die geldpolitischen Zügel hat er nur zaghaft in die Hand genommen. Außerdem fand er nicht die richtigen Worte oder Bilder, um den Bürgern die neue Währung näher zu bringen.
Aber auch bei Trichet gibt es zwei Probleme. Erstens wird untersucht, welche Rolle er bei dem Beinahe-Zusammenbruch des Credit Lyonnais SA spielte. Als Chef des französischen Finanzministeriums von 1987 bis 1993 saß Trichet im Aufsichtsrat des Credit Lyonnais. Der Staat musste für diese Bank musste mit rund 17 Mrd. Euro an öffentlichen Geldern in die Bresche springen. Zweitens ließ die französische Konjunkturentwicklung in seiner Amtszeit zu wünschen übrig.
Das spricht nun nicht gerade für seine Qualitäten als oberster Währungshüter für den gesamten Euroraum. Genauso gut könnten die Briten Nick Leeson zum Gouverneur der Bank of England ernennen, oder Präsident Bush könnte einen der Finanzjongleure von Long Term Capital Management anheuern, die Nachfolge von Alan Greenspan anzutreten.
Aber es kommt noch schlimmer. Bei der Gerichtsverhandlung des früheren französischen Außenministers Roland Dumas, dem Korruption vorgeworfen wurde, kam der Morast zu Tage, in den das Regime von Francois Mitterrand in den letzten Jahren versunken ist. Verständlicherweise kann niemand aus diesem Dunstfeld Präsident der EZB werden. Selbst die Franzosen scheinen zu ahnen, dass Trichets Glaubwürdigkeit für immer angeschlagen ist. In den letzten Tagen haben sie sich nach Alternativen umgesehen. Zwei Namen tauchten dabei auf. Laurent Fabius, der gegenwärtige französische Finanzminister, und Jean Lemierre, der Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Jeder von den beiden wäre besser als Trichet, allerdings nicht um Klassen. Lemierre ist wie Trichet ein Karrierebeamter aus dem französischen Finanzministerium. 1995 wurde er Chef des französischen Finanzministeriums und letztes Jahr rückte er an die Spitze der EBRD.
Fabius könnte da schon mehr bieten: er war bereits Premierminister und Präsident der Nationalversammlung. Als Sozialist hat er sich für freie Märkte und ausgeglichene Haushalte eingesetzt. Er würde für den Job das nötige politische Fingerspitzengefühl mitbringen. Aber warum sollte die Auswahl auf die französische Behörden- und Politikelite begrenzt werden? Greenspan hatte keine Karriere bei der Zentralbank gemacht, bevor er amerikanischer Notenbankpräsident wurde. Und vor Sir Edward George wurden die Präsidenten der Bank of England aus dem Finanzdistrikt und nicht aus den eigenen Reihen rekrutiert.
Europa ist groß und birgt viele unterschiedliche Talente. Warum sollte die EZB nicht Jean-Marie Messier in Erwägung ziehen, der Vivendi Universal SA in einen weltweit führenden Medienkonzern verwandelte? Oder Michel Pebereau, der als Vorstandsvorsitzender von BNP Paribas SA zur Neugestaltung und Modernisierung des französischen Bankensektors beigetragen hat?
Außerhalb von Frankreich gibt es da noch Emilio Botin, der als einer der Vorsitzenden der Banco Santander Central Hispano SA eine von Europas führenden neuen Banken geschaffen hat. Oder Charlie McCreevy, der irische Finanzminister? Als Steuermann der erfolgreichsten Volkswirtschaft in der Eurozone versteht er was von Wachstum und geht keinem Konflikt aus dem Weg. Die EZB braucht einen Präsidenten mit Format, Charakter und Stil - nur nicht einen französischen Karrierediplomaten, der beim nächsten Spitzenjob an der Reihe ist.
London, 18. April (Bloomberg) - Noch rätseln die Märkte darüber, ob der Präsident der europäischen Zentralbank, Wim Duisenberg, seine volle Amtszeit durchzieht oder nach vier Jahren Platz macht für Jean-Claude Trichet, wie 1998 informell vereinbart wurde. Die Franzosen, die ihren eigenen Kandidaten durchsetzen wollten, akzeptierten Duisenberg unter der Bedingung, dass er nur die ersten vier Jahre dieses Amt bekleidet und dann den Weg für den gegenwärtigen französischen Zentralbankpräsidenten Trichet frei macht.
Ob diese Vereinbarung noch gilt, kann niemand sagen. Bei einer Gelegenheit sagte Duisenberg, dass er nicht damit rechnet, die ganzen acht Jahre Präsident zu sein, ein anderes mal sagte er, dass er nicht nach vier Jahren zurücktreten werde. Reporter, die bei der EZB-Pressekonferenz letzte Woche um Klarstellung baten, wurden auf diese beiden Antworten verwiesen. Bei einer Angelegenheit von unbestreitbarem öffentlichen Interesse - wer der nächste Präsident der EZB sein wird - war dies eine äußerst unkooperative Antwort. Duisenberg muss hier endlich für Klarheit sorgen. Denn das politische Taktieren, wer nächster Präsident der EZB werden soll, hat bereits begonnen.
Die Chancen stehen gut, dass er gehen wird. Die Franzosen werden auf der Vereinbarung von 1998 bestehen. Auch bietet Duisenberg einige Angriffsflächen. Er ist für die Devisenmärkte weder glaubhaft noch eine wichtige Kraft. Die geldpolitischen Zügel hat er nur zaghaft in die Hand genommen. Außerdem fand er nicht die richtigen Worte oder Bilder, um den Bürgern die neue Währung näher zu bringen.
Aber auch bei Trichet gibt es zwei Probleme. Erstens wird untersucht, welche Rolle er bei dem Beinahe-Zusammenbruch des Credit Lyonnais SA spielte. Als Chef des französischen Finanzministeriums von 1987 bis 1993 saß Trichet im Aufsichtsrat des Credit Lyonnais. Der Staat musste für diese Bank musste mit rund 17 Mrd. Euro an öffentlichen Geldern in die Bresche springen. Zweitens ließ die französische Konjunkturentwicklung in seiner Amtszeit zu wünschen übrig.
Das spricht nun nicht gerade für seine Qualitäten als oberster Währungshüter für den gesamten Euroraum. Genauso gut könnten die Briten Nick Leeson zum Gouverneur der Bank of England ernennen, oder Präsident Bush könnte einen der Finanzjongleure von Long Term Capital Management anheuern, die Nachfolge von Alan Greenspan anzutreten.
Aber es kommt noch schlimmer. Bei der Gerichtsverhandlung des früheren französischen Außenministers Roland Dumas, dem Korruption vorgeworfen wurde, kam der Morast zu Tage, in den das Regime von Francois Mitterrand in den letzten Jahren versunken ist. Verständlicherweise kann niemand aus diesem Dunstfeld Präsident der EZB werden. Selbst die Franzosen scheinen zu ahnen, dass Trichets Glaubwürdigkeit für immer angeschlagen ist. In den letzten Tagen haben sie sich nach Alternativen umgesehen. Zwei Namen tauchten dabei auf. Laurent Fabius, der gegenwärtige französische Finanzminister, und Jean Lemierre, der Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Jeder von den beiden wäre besser als Trichet, allerdings nicht um Klassen. Lemierre ist wie Trichet ein Karrierebeamter aus dem französischen Finanzministerium. 1995 wurde er Chef des französischen Finanzministeriums und letztes Jahr rückte er an die Spitze der EBRD.
Fabius könnte da schon mehr bieten: er war bereits Premierminister und Präsident der Nationalversammlung. Als Sozialist hat er sich für freie Märkte und ausgeglichene Haushalte eingesetzt. Er würde für den Job das nötige politische Fingerspitzengefühl mitbringen. Aber warum sollte die Auswahl auf die französische Behörden- und Politikelite begrenzt werden? Greenspan hatte keine Karriere bei der Zentralbank gemacht, bevor er amerikanischer Notenbankpräsident wurde. Und vor Sir Edward George wurden die Präsidenten der Bank of England aus dem Finanzdistrikt und nicht aus den eigenen Reihen rekrutiert.
Europa ist groß und birgt viele unterschiedliche Talente. Warum sollte die EZB nicht Jean-Marie Messier in Erwägung ziehen, der Vivendi Universal SA in einen weltweit führenden Medienkonzern verwandelte? Oder Michel Pebereau, der als Vorstandsvorsitzender von BNP Paribas SA zur Neugestaltung und Modernisierung des französischen Bankensektors beigetragen hat?
Außerhalb von Frankreich gibt es da noch Emilio Botin, der als einer der Vorsitzenden der Banco Santander Central Hispano SA eine von Europas führenden neuen Banken geschaffen hat. Oder Charlie McCreevy, der irische Finanzminister? Als Steuermann der erfolgreichsten Volkswirtschaft in der Eurozone versteht er was von Wachstum und geht keinem Konflikt aus dem Weg. Die EZB braucht einen Präsidenten mit Format, Charakter und Stil - nur nicht einen französischen Karrierediplomaten, der beim nächsten Spitzenjob an der Reihe ist.