Ein Bankkunde macht sich nicht strafbar, wenn er trotz einer von ihm erkannten Fehlbuchung vor der Stornierung durch der Bank über den ihm gutgeschriebenen Betrag verfügt.
Vorliegend wurde dem Bankkunden versehentlich ein Betrag in Höhe von 12.369.769,- DM gutgeschrieben. Der Bankkunde verfügte mit insgesamt 25 Überweisungen über das Guthaben und löste dann das Konto bei der Bank auf. Der BGH sah hierin keinen strafrechtlich relevanten Vorwurf.
(Quelle: www.wdr.de/tv/recht/rechtneu/rn9901/rl02065.htm )
Fehlbuchung oder Geldsegen?
Wird einem Bankkunden auf seinem Girokonto versehentlich eine Buchung (hier: 30 000 DM) gutgeschrieben, dann darf er dieses Geld nicht behalten. Selbst dann nicht, wenn er zwischenzeitlich dieses Geld ausgegeben hat. Da der Bankkunde eine solche Fehlbuchung hätte erkennen können und im Bankwesen mit Fehlbuchungen immer zu rechnen sei, muss er diesen Geldsegen wieder zurückzahlen, und zwar plus vier Prozent Zinsen (Oberlandesgericht Dresden, Az: 7 U 1648/98).
Betrug, § 263
Überblick:
Allgemeines
Objektiver Tatbestand
Subjektiver Tatbestand
Insbesondere: Provisionsvertreterfälle (BGHSt 21, 384)
Rechtswidrigkeit und Schuld
Besonders schwerer Fall (§ 263 Abs.3 und 4)
Strafantrag
I. Allgemeines
Betrug ist die zur Erlangung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils mittels Täuschung unternommene und durch Herbeiführung einer irrtumsbedingten Verfügung erzielten Schädigung fremden Vermögens (=Vermögensverschie-bungsdelikt). Geschütztes Rechtsgut ist das Vermögen als ganzes (nicht Dispositionsfreiheit). Verletzter (und damit antragsberechtigt) ist der in seinem Vermögen Geschädigte (nicht unbedingt der Getäuschte). § 263 ist ein sog. kupiertes Erfolgsdelikt, weil der Vermögensvorteil nicht zum obj. Tatbestand gehört. Zu unterscheiden ist beim Betrug die Vollendung von der Beendigung. Vgl. auch den Aufsatz in der JURA 1992, 66 (Grundprobleme des Betrugs).
II. Objektiver Tatbestand
1. Täuschungshandlung
Nach dem Wortlaut ist “eine Vorspiegelung falscher oder Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen” nötig. Dieser Wortlaut ist aber nicht anwendbar. Zu prüfen ist deshalb, ob eine Täuschung über Tatsachen vorliegt. Beachte: Täuschungsobjekt können nur Menschen sein (ansonsten Computerbetrug, § 263a, s.u.).
a) Tatsachen sind konkrete Vorgänge oder Zustände der Vergangenheit oder Gegenwart, die dem Beweise zugänglich sind. Keine Tatsachen sind demnach zukünftige Ereignisse (Prognosen) sowie Meinungen und Werturteile, weil sie nicht beweisbar sind. Als Tatsachen iSd. § 263 werden aber angesehen:
Dispositive Tatsachen (wie z.B. Zerbrechlichkeit, Abnehmen)
Innere Tatsachen (Willensfähigkeit, Bereitschaft, Motive)
Nach BGH (BGHSt 34, 199) auch Fakten, die im Rahmen von Werturteilen behauptet werden, wo aber nicht sicher ist, ob sie falsch oder wahr sind, als Tatsachen angesehen.
juristische Fakten und Ansprüche (str.)
b) Täuschung ist objektiv das Einwirken auf den Intellekt und subjektiv die Vorspiegelung eines falschen Sachverhalts. Eine Täuschung ist möglich durch:
(ausdrückliches) positives Tun
konkludentes Handeln: Ein Handeln ist konkludent, wenn einer speziellen Handlung ein spezieller Erklärungswert zukommt. Maßgeblich ist dabei, wie die Verkehrsauffassung dieses Verhalten versteht und bei objektiver Beurteilung verstehen darf. So liegt zB in der Benutzung eines Schecks die konkludente Zusage der Zahlungsbereitschaft, beim Ablegen von Waren an der Kasse in einem SB-Laden die Zusage keine weitere Waren mehr haben, durch den Abschluß eines Vertrages die Zusage der Erfüllungsmöglichkeit/-bereitschaft, durch die Bestellung von Speisen und Getränken die Zusage der Zahlungsfähigkeit/-bereitschaft. Auch bei der Abgabe eine Wettscheins bei Pferderennen nach einer Bestechung der Jockeys ist eine konkludente Täuschung möglich, da die Wettchance eine dispositive Tatsache ist und durch die Abgabe des Tippscheins ein konkludentes Versprechen abgegeben wird, daß eine Gewinnchance besteht. Dasselbe gilt auch für Warentermin- und Optionsgeschäfte mit derart hohen Vermittlungsgebühren, daß der andere keinen Gewinn erzielen kann.
Unterlassen: Voraussetzung für einen Betrug durch Unterlassen ist eine Garantenstellung (=Rechtspflicht zum Handeln). Eine Garantenstellung kann sich aus Gesetz (zB § 666 BGB), aus einem vertraglich begründetem Vertrauensverhältnis oder aus pflichtwidrigem vorausgegangenem Tun ergeben. Allerdings begründet nicht jeder Vertrag ein Vertrauensverhältnis. Das gleiche gilt bei einer Garantenpflicht aus § 242 BGB (allgemeine Aufklärungspflicht). Nach der Rechtsprechung (BGHSt 39, 398) müssen besondere vertrauensbildende Umstände zukommen, v.a. wenn die Nichtaufklärung einen erheblichen Schaden verursacht, es dem Partner erkennbar auf einen Umstand ankommt oder der Partner erkennbar unerfahren ist (zB langjährige Geschäftsverbindung, Tätigkeit in einer Gesellschaft, enge natürliche Verbundenheit, bei größeren Werten, Zurückhalten von Expertisen bezüglich eines Bildes, Nichterwähnen des Wegfalls eines Grundes für Eigenbedarfskündigung). Keine Garantenstellung liegt zB bei Nichtherausgabe von zuviel zurückbekommenen Geld und bei Weiterbezug von Rentenzahlungen nach dem Tod vor. Wird jemand nach Einmietung in ein Hotel zahlungsunfähig, so kann darin kein Betrug liegen, da die Zahlungsunfähigkeit nicht zum Zeitpunkt des Einmietens vorlag und keine Garantenstellung bezüglich später eintretender Zahlungsunfähigkeit bestehen kann.
c) Besonders problematisch sind die Fälle der Fehlüberweisung und Fehlbuchung:
Bei der Fehlüberweisung erfolgt eine Gutschrift infolge einer irrtümlichen Überweisung eines Geldbetrages durch einen Dritten. Nach der Rechtsprechung (BGHSt 39, 396) erlangt der Kunde hier einen Anspruch auf die Auszahlung der irrtümlichen Gutschrift des Dritten gegen die Bank. Rechtsgrundlage dafür ist der Girovertrag mit der Bank (st. Rspr.). Daher macht der Kunde gegenüber der Bank einen rechtmäßigen Anspruch geltend, wenn er das eingegangene Geld abhebt. Es ist mangels Täuschung kein Betrug gegenüber der Bank möglich. Auch scheidet ein Betrug durch Unterlassen zum Nachteil des Überweisenden aus, weil der (getäuschte) Bankangestellte keine Garantenpflicht für das Vermögen des Überweisenden hat. Der Dritte hat lediglich zivilrechtliche Ansprüche (z.B. § 812). Beachte: Möglich ist jedoch ein untauglicher Versuch, wenn der Kunde subjektiv glaubt, keinen Anspruch gegen die Bank zu haben.
Unter Fehlbuchung ist ein Vorgang zu verstehen, bei dem dem Konto durch ein bankinternes Versehen ein falscher Betrag gutgeschrieben wird (zB anstatt 50.000 DM werden 500.000 DM gebucht). Durch eine solche Fehlbuchung erlangt der Kontoinhaber keinen Anspruch gegen die Bank, da die Gutschrift der Bank ohne Wirkung ist. Hebt der Kontoinhaber mit dieser Kenntnis einen Geldbetrag ab, liegt eine konkludente Täuschung gegenüber dem Bankangestellten vor und er begeht einen Betrug zum Nachteil der Bank (tatbestandlich nicht möglich sind § 246 und § 266). Beachte: Bei Weitergabe des durch Betrug erlangten Geldes ist Hehlerei möglich.