Wer JPEGs will, muss zahlen

Beiträge: 3
Zugriffe: 324 / Heute: 1
Happy End:

Wer JPEGs will, muss zahlen

 
23.07.02 06:00
Es hat schon die skurrilsten Versuche gegeben, mit dem Internet Geld zu verdienen: Da wurde versucht, "www" als Begriff zu schützen, Links abgabenpflichtig zu machen oder für die Nutzung von Standard-Dateiformaten zu kassieren. In den USA versucht das nun eine Firma mit JPEGs - mit vollem Recht und Erfolg.
 
In den Schränken der Rechtsabteilungen unzähliger Unternehmen ticken Zeitbomben. Ab und zu erkennt jemand beim Abstauben alter Akten, dass diese oder jene schwammige Formulierung in Patentanmeldung XYZ doch ganz verblüffend an irgendetwas erinnert, das heute millionenfach genutzt wird. Das sind die Augenblicke, in denen in Juristenaugen die Dollarzeichen rotieren wie die Zahlwalzen in einem Einarmigen Banditen. Für Vollblutjuristen ist der Rest keine Frage mehr: Wer ein Patent hält, sollte sein Recht auch in Anspruch nehmen.
Doch nicht jeder Fall "ausgegrabener" Patente ist gleich gelagert. Seit einigen Monaten verlangt das US-Unternehmen Forgent Lizenzgebühren für JPEGs - das wohl verbreitetste Bildformat im Internet. Was aberwitzig klingt, hat wohl durchaus eine rechtliche Grundlage: Tatsächlich verfügt Forgent durch Zukauf über das US-Patent 4.698.672, das 1986 von Compression Labs zwar angemeldet, aber nie als Basis für Lizenzgebühr-Forderungen genutzt wurde.

Das Patent beschreibt das Kernstück der Komprimierungstechnologie, die JPEGs zu Grunde liegt - aber nicht nur: "Gefährdet" sind nun auch MPEG-komprimierte Filme und WAV-Tondateien. Forgent folgt mit seinen Forderungen dem Vorbild von Unisys, die vor zwei Jahren erfolgreich begannen, von Softwareherstellern Lizenzgebühren für die Nutzung des GIF-Formates zu fordern.

Das hat auch Forgent vor: Ziel der Geldforderungen sind die Hersteller von Browser- und Bildbearbeitungssoftware, Digitalkameras, PDAs, Telefonen oder Scannern - kurz alle, die gern auf die hoch komprimierten Dateien zurückgreifen, um aus ihren Produkten eine ordentliche Leistung herauszukitzeln.

Immerhin geht Forgent damit an die Firmen heran, die das Dateiformat als Bestandteil eigener Produkte nutzen, und nicht an die "Nutzer" von JPEG-Bildern: Der "Fall Forgent" ist somit keine Parallele zum Sündenfall der British Telecom, die seit Anfang des Jahres versucht, ein Patent auf das Konzept der Hyperlinks einzuklagen.

Darüber verfügt die British Telecom tatsächlich seit 1976 - was nur den Schönheitsfehler hat, das Hyperlinks bereits 1965 beschrieben und 1968 erstmalig an der Standfort University implementiert wurden. Weithin wird die Klage der BT gegen den US-Provider Prodigy folglich als wenig aussichtsreicher Versuch gewertet, aus einem Patent, das schon bei Anmeldung veraltet war, Kapital zu schlagen - auf Kosten von Internet-Providern und Intranet-Betreibern, von denen BT Lizenzgebühren kassieren will.

Forgent hingegen kann mit Fug und Recht behaupten, Rechte aus einer originären Kreativleistung einzufordern. Daran ist wenig zu rütteln: Angeblich zahlen bereits mehrere Unternehmen.

Eines davon findet sich im letzten Quartalsbericht von Forgent sogar namentlich verewigt: Sony soll den Amerikanern 15 Millionen Dollar gezahlt haben, jetzt drängt Forgent darauf, dass andere noch mehr hinterherwerfen.

Wie lukrativ der Aufkauf solcher Patent-Zeitbomben sein kann, zeigt gerade dieses Beispiel überdeutlich: Wenige Monate nach "Entdeckung" des Patentes, das die Firma bereits seit 1997 besaß, machten die Lizenzzahlungen aus dem Patent bereits 68 Prozent des gesamten Firmenumsatzes aus. Bisher verdiente Forgent an Entwicklung und Verkauf von Bild- und Videosoftware. Künftig verdient Forgent an den ehemaligen Konkurrenten.  
Happy End:

JPEG wehrt sich

 
23.07.02 06:09
Das JPEG-Kommitee hat in einer ersten www.jpeg.org/newsrel1.htm target="_new" rel="nofollow">Stellungnahme Widerstand gegen das "Lizenzprogramm" der texanischen Firma www.forgent.com/ target="_new" rel="nofollow">Forgent angekündigt. Das eigentlich auf Video-Netzwerke spezialisierte Unternehmen wähnt sich im Besitz eines Patents, das einen wesentlichen Schritt bei der Erzeugung von JPEG-Grafiken beschreibt, nämlich die Art der Kodierung.  

Das Kommitee habe die Ansprüche von Forgent kurz geprüft und sei derzeit der Ansicht, dass die im Patent beschriebenen Techniken schon vor der Patentierung im Bereich der digitalen Bildverarbeitung genutzt wurden. Daher sucht die Joint Photographic Experts Group jetzt intensiv nach Beispielen für die so genannte "Prior Art": In Kürze soll eine spezielle Website eingerichtet werden, um solche Quellen aufzulisten und zur Mitarbeit aufzurufen. Damit will sich das JPEG-Kommitee nicht nur gegen die aktuellen Forderungen wehren, sondern sich und vor allem die Nutzer des JPEG-Standards gegen die Begehrlichkeiten potenzieller Nachahmer schützen. Speziell Lucent und Philips trauen die Hüter des JPEG nicht über den Weg. Erst im vorigen Jahr hatte Philips versucht, im Zusammenhang mit JPEG eigene Rechte anzumelden.

Derweil seien Interessierte auf die Website burnalljpegs.org/ target="_new" rel="nofollow">Burn All.JPEGs verwiesen -- ein kleiner Vorgeschmack aufs JPEG-freie Internet ... (atr/c't)
Elan:

naja

 
23.07.02 06:54
Wer JPEGs will, muss zahlen 728676

 
solange niemand auf die Idee kommt fürs Unterhosentragen Geld zu verlangen, oder fürs Augenreiben nach dem Aufstehen oder für die Morgenlatte gehts ja noch:-)
Es gibt keine neuen Beiträge.


Börsen-Forum - Gesamtforum - Antwort einfügen - zum ersten Beitrag springen
--button_text--