Wenn der letzte Optimist kapituliert

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Wenn der letzte Optimist kapituliert

 
13.09.01 07:12

Wenn der letzte Optimist kapituliert, geht es aufwärts


Von Horst Fugger

Wer die Geschichte der Börsen eingehend studiert hat, weiß: Rabenschwarzer Pessimismus signalisiert Kaufkurse.

Die fünf gefährlichsten Worte für Börsianer lauten bekanntlich: "Dieses Mal ist alles anders." Anleger am Neuen Markt müssen das jetzt schmerzlich erfahren. Die Bewertungen vieler Firmen waren jenseits von Gut oder Böse, herkömmliche Bewertungsmethoden zählten nicht! Das war der Grundtenor. Doch kaum eine Aktie ist ihr Geld wert, wenn das betreffende Unternehmen mit dem 20fachen des Jahresumsatzes bewertet wird und operative Gewinne allenfalls ferne Ahnung sind. Mit solchen Titeln hat man nicht nur in jüngster Zeit sein letztes Hemd verloren, sondern schon 1873, 1929, 1961 und 1974. Und daran wird sich nichts ändern. Der Trost: Keine Baisse dauert ewig - auch da wird alles beim Alten bleiben. Je schlechter die Stimmung und je schwärzer die Zukunftsaussichten für Aktienengagements sind, desto größer sind die Verdienstmöglichkeiten an der Börse.


Keine Baisse dauert ewig


Nun ist es in der Tat schwierig, die noch anhaltende Abwärtsbewegung historisch einzuordnen oder gar eine Wende zu prognostizieren. Die Kursverluste waren in der Tat enorm: Innerhalb von 18 Monaten hat ein viel beachtetes Börsensegment wie der Neue Markt im Schnitt etwa 90 Prozent verloren. Vergleichbares gab es in der jüngeren Börsengeschichte nur von 1929 bis 1932 - und damals dauerte es 25 Jahre, bis das Indexhoch wieder erreicht wurde. Dieser Vergleich ist aber nicht statthaft, weil der extreme Crash seit März 2000 nicht den Gesamtmarkt, sondern in erster Linie ein Segment betrifft. Die breitgefassten Indizes haben zwar auch erheblich verloren - der Dax etwa 35 Prozent -, aber es gab im gleichen Zeitraum auch viele hochkapitalisierte Titel, die dreistellige Kursgewinne erzielt haben - darunter Philip Morris und Reebok. Erfahrungsgemäß bringt es auch nur geringen Nutzen, bestimmte Börsenphasen miteinander zu vergleichen. Börsengeschichte wiederholt sich zwar in gewisser Weise, aber die Entwicklungen in verschiedenen Zeiträumen sind niemals deckungsgleich.


Nüchterne Analysen


In der aktuellen Situation möchten sich viele Anleger gern auf Fakten verlassen; auf nachvollziehbare, nüchterne Analysen. Gerade hier gibt es aber nicht zu übersehende Schwierigkeiten. Die Charttechniker haben sich in den vergangenen anderthalb Jahren reichlich blamiert. Kaum besser schnitten die fundamental orientierten Analysten ab. Wer das nicht glaubt, sollte einmal die Mitte 1999 veröffentlichten Gewinnschätzungen für das Jahr 2000 mit den dann tatsächlich von den Unternehmen ausgewiesenen Ergebnissen vergleichen.

Auch wird die Börse oft als eine rein rationale Veranstaltung dargestellt. Tatsächlich ist die Börse eine höchst irrationale Angelegenheit. Wer das einmal begriffen hat, ist auf einem guten Weg, in Zukunft zu den Gewinnern zu gehören. Beispiel Deutsche Telekom: Im April 2000 wurde in deutschen Börsenmagazinen gesagt, die Aktie befinde sich nun schon seit längerem in einem Seitwärtstrend im Bereich von 90 Euro. Es könne zwar noch eine Weile dauern, bis die alten Höchstkurse von 105 Euro wieder übertroffen würden, aber das sei nur eine Frage der Zeit. Das damalige Kurs-Gewinn-Verhältnis betrug 160. Dennoch wurden vollmundige Kursziele von 130, 150 oder 160 Euro in die Welt gesetzt. Heute steht der Titel bei 17 Euro, und es gibt Analysten, die ein Absacken bis auf zehn Euro befürchten.

Analysten wie Privatanleger neigen dazu, die Entwicklung der jeweils letzten paar Monate fortzuschreiben. Sie messen jüngsten Kursveränderungen ungleich höhere Bedeutung bei als der langfristigen Entwicklung. Diese Einstellung ist ebenso verbreitet wie irreführend.


Pessimismus hat sein Gutes


All diesen Widrigkeiten zum Trotz bleibt festzuhalten: Es herrscht derzeit rabenschwarzer Pessimismus an den Börsen - und das ist gut so. Denn die Börsengeschichte lehrt, dass noch keine Aufwärtsbewegung zu Stande kam, ehe nicht die letzten Optimisten kapituliert hatten. Und wir sind sehr nahe an diesem Punkt. Der Neue Markt wurde ausgemistet. Doch Aktien wie Singulus oder Pfeiffer Vacuum, die sich in dem Inferno einigermaßen behauptet haben, besitzen Substanz genug, um in den kommenden Jahren vielleicht tatsächlich die hochfliegenden Erwartungen zu rechtfertigen, die man vor noch nicht einmal zwei Jahren in sie gesetzt hat.

Die ganz großen Gewinne erzielt man nur, wenn man die Panik kauft und die Gier verkauft. Allgemein wird aktuell dazu geraten, sein Pulver trocken zu halten und erst dann einzusteigen, wenn sich die Märkte stabilisiert haben. Soll heißen: Wenn sie 20 oder 30 Prozent höher stehen als jetzt. Dann aber wird der wirklich vorausschauende Anleger bei bestimmten Titeln schon wieder an erste Verkäufe denken. Natürlich kann man nicht ausschließen, dass es zunächst noch ein wenig weiter in den Keller gehen wird, aber das verbleibende Abwärtspotenzial ist gering.

Die massiven Leitzinssenkungen der US-Notenbank werden früher oder später Wirkung zeigen. Auch das ist so ein Faktum, das jeder kennt, das aber noch längst nicht in den Kursen enthalten ist. Desto stärker dürften sich die Auswirkungen in den kommenden Monaten zeigen.

Also nur keine Panik. Man sollte immer ein wenig früher ein- und aussteigen als die Masse der Börsianer, die sich nicht viel intelligenter als eine Schafherde benimmt. Wenn man aus der Börsengeschichte etwas lernen kann, dann dies: Jetzt genau ist ein guter Zeitpunkt, um Aktienpositionen aufzubauen.

ftd.


Nokiacrash:

@Arbeiter

 
13.09.01 07:19
"Jetzt genau ist ein guter Zeitpunkt, um Aktienpositionen aufzubauen."

Sollten wir nicht noch den Gegenschlag der USA abwarten? Ich denke, das wäre ein noch besserer Zeitpunkt.

Gruß
NC
Arbeiter:

@Nokiacrash

 
13.09.01 15:42
Und wenn der Gegenschlag erst im nächsten Jahr stattfindet? Wenn es überhaupt zu einem Gegenschlag kommt.
Es gibt keine neuen Beiträge.


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